Elfi Jantzen

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Richter-Kotowski! Ich glaube, Sie und wir alle tun uns keinen Gefallen, wenn wir den fast leeren Saal hier dazu benutzen, uns über Sachen zu streiten, in denen wir uns im Wesentlichen, denke ich, doch einig waren.
Wir, Bündnis 90/Die Grünen, stehen jedenfalls zu der Zielsetzung, den Anteil der freien Träger im Kitabereich zu erhöhen, und wir werden uns in der nächsten Legislaturperiode auch sehr intensiv weiter darum kümmern, dafür die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen.
Die Diskussion in der Stadt ist aber inzwischen auch schon weiter gegangen als das, was Ihr Antrag beinhaltet. Die Expertenkommission Staatsaufgabenkritik hat gerade ihren zweiten Zwischenbericht vorgelegt, mit sehr weit reichenden Vorschlägen für den Kitabereich, über die wir sehr kritisch diskutieren müssen. Dort wird vorgesehen, den Anteil der freien Träger gar auf 80 % zu erhöhen und den Rest der Kitas in eine gemeinsame Landesgesellschaft zu übergeben, was wir vom Grundsatz her, was die gemeinsamen öffentlichen Träger für das ganze Land Berlin angeht, ablehnen. Wir werden die Diskussion um strukturelle Veränderungen im Kitabereich in der nächsten Legislaturperiode sehr intensiv führen müssen. Und ich hoffe ganz einfach, Frau Richter-Kotowski – ich denke, Sie kommen jetzt auch wieder in dieses Haus –, dass wir die Auseinandersetzungen wirklich so sachlich und problemangemessen führen, wie das in der Vergangenheit schon der Fall war, und dass wir dann vielleicht auch die verkrusteten Strukturen, die hier anscheinend noch aus der Zeit der großen Koalition vorhanden sind, aufbrechen können und für die Kinder und die Eltern in dieser Stadt eine angemessene Kita-Bildungslandschaft dann eben auch erreichen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was lange währt, wird endlich gut. Jahrelang haben Bündnis 90/Die Grünen und die PDS – namentlich Herr Köppl – in diesem Hause dafür gestritten, dass Berlin als Ganzes dem Gesunde-Städte-Netzwerk beitritt. Neue Mehrheiten machen neue Entscheidungen möglich. Ich freue mich sehr, dass wir heute beschließen, dass Berlin dem Gesunde-Städte-Netzwerk beitritt.
Ich werde es Ihnen ersparen, Sie noch einmal aufzuklären, was es bedeutet. Das haben mir Frau Simon und Frau Helbig abgenommen. Wir haben auch in der nächsten Legislaturperiode noch sehr viel damit zu tun, das umzusetzen, was jetzt als Leitlinie für eine gesunde Stadt anerkannt wird. Wir werden uns in der nächsten Legislaturperiode dafür einsetzen, dass es diesen Absichtserklärungen des Senats besser ergeht als den Leitlinien, die wir bisher verabschiedet haben. Ich denke da an die Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt, für eine barrierefreie Stadt und für die Seniorenpolitik. Wir werden uns dafür einsetzen, damit Berlin für Alt und Jung lebenswert bleibt bzw. wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin heute der CDU ausnahmsweise einmal dankbar, weil sie mir die Gelegenheit gibt, noch kurz vor den Sommerferien hier fünf Redebeiträge halten zu dürfen. Wunderbar!
Insbesondere bin ich Herrn Schlede dankbar, weil er hier dargestellt hat, wie „erfolgreich“ die große Koalition in letzter Zeit mit ihren Sonntagsreden Ernst gemacht hat, die Versorgung der schwerstmehrfachbehinderten Kinder zu sichern und zu fördern. Es war die große Koalition, die zehn Jahre verpennt hat. 1989 wurde unter Rot-Grün festgelegt, was an Therapeuten, Logopäden, Ärzten usw. in den Schulen sein soll, damit die schwerstmehrfachbehinderten Kinder in den Schulen gefördert werden können. Es war die große Koalition, die es verpasst hat, das umzusetzen. Sie haben das Geld lieber in die Bankgesellschaft, in Entwicklungsgebiete und sonstwohin geschickt.
Dann ist es sehr simpel, wenn Sie einen Antrag von uns in der Zeit, als Sie noch mit der SPD in der großen Koalition waren, in einen Änderungsantrag zu Konzept und Bericht umwandelten und dann, wenn die große Koalition platzt, meinen, Sie könnten uns mit unserem Ursprungsantrag unter Druck setzen oder in Verlegenheit bringen, dass wir nun anders stimmen müssten. Da haben Sie sich in den Finger geschnitten, mitnichten! Mit diesem Konzept, das wir zum Jahresende erwarten, wird die therapeutische Versorgung der Kinder in den öffentlichen Sonderschulen und in denen der freien Träger gesichert werden. Davon bin ich überzeugt. Wenn es nach den Wahlen Rot-Grün gibt,
werden wir auch Ernst damit machen, die Integration wie begonnen fortzuführen und die Versorgung für die schwerstmehrfachbehinderten Kinder in den Sonderschulen sicherzustellen und auch die Beschäftigung, wenn sie aus der Schule heraus sind.
Da können Sie sicher sein. Sie sollten sich einen Ruck geben und dem Änderungsantrag, den Sie uns mit der SPD zusammen aufgedrückt haben, jetzt zustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, mit welcher Begeisterung die CDU ihre neue Rolle einnimmt, und wünsche Ihnen für die nächsten fünf Jahre weiterhin viel Spaß dabei.
Frau Bart hat schon darauf hingewiesen: Unser Antrag ist im Mai letzten Jahres mit unserer Großen Anfrage zu Kinder brauchen Kinder hier eingebracht worden. Sie hätten in der Tat über ein Jahr Zeit gehabt, sich mit Ihrem Koalitionspartner zu einigen und es durchzusetzen, unserem Ursprungsantrag zuzustimmen. Das haben Sie nicht geschafft. Nun wundern Sie sich nicht, dass wir das in drei Wochen nicht schaffen! Wir haben es aber immerhin geschafft – und darauf können wir auch stolz sein –, dass überhaupt ein Beschluss noch vor Ende der Legislaturperiode gefasst wurde
und dass wir einen dezidierten Bericht bekommen werden darüber, wie die Angleichung der Finanzierung der Kitas in freier und kommunaler Trägerschaft stattfinden kann.
Es wissen nicht alle im Hause, aber diejenigen, die die Hauptausschussvorlagen ordentlich lesen, die wissen, dass bereits seit etwa einem Jahr ein Auftrag besteht, diesbezüglich Ergebnisse vorzulegen. Wir wissen auch, dass in den Bezirken schon einige Gesprächsrunden stattfinden sowie Überlegungen, wie man die bezirklichen Kitas in anderer Trägerschaft besser organisieren und auch gleich finanzieren kann. Ich bin sicher, dass wir auch Entscheidungen treffen werden, wenn der Bericht vorliegt. Ihr Antrag ist im Grunde Teil unseres Antrags, deswegen können wir ihn ruhigen Gewissens ablehnen und verschenken damit nichts.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Krankenhausplan legt die Rahmenbedingungen für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung in Berlin fest. Im Zusammenhang mit der anstehenden Umstrukturierung im Krankenhausbereich wird der Krankenhausplan von 1999 sicherlich modifiziert und fortgeschrieben werden. Das ist eine Selbstverständlichkeit, und es bedarf auch nicht des Auftrages dieses Hauses, wenn ich das Krankenhausgesetz inzwischen richtig verstanden habe. Was man allerdings nicht machen kann, ist das, was die CDU hier vorschlägt, nämlich im Hoppla-Hopp-Eilverfahren eben einmal den Krankenhausplan anzupassen an eine Konzeption der neu gegründeten Krankenhausgesellschaft. Da stehen noch viel zu viele Abstimmungen, Gespräche und Diskussionen davor. Ich erlaube mir daher die Frage, warum die Fraktion der CDU, nachdem sie mit der SPD und gegen unseren Willen dem Krankenhausplan und der Privatisierung zugestimmt hat, ausgerechnet jetzt im Schnellverfahren einen dringenden Handlungsbedarf sieht. Mit dem Neuwahltermin, meine Damen und Herren von der CDU, hatten Sie es doch so eilig auch nicht! Trauen Sie heute Ihren eigenen Beschlüssen nicht mehr?
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Mit der Ablehnung Ihres Antrages – das möchte ich noch einmal deutlich sagen – lehnen wir keine Fortschreibung des Krankenhausplanes an sich ab. Zuerst muss aber ausführlich über die Vorschläge diskutiert werden. Es ist noch viel zu vieles unklar und im Entwurfsstadium. Wir werden an der Vivantes-Konzeption kritisch prüfen müssen, wie weit die Änderungen von den Rettungsstellen tatsächlich nicht die schnelle Versorgung bei Unfällen gefährden. Wir werden den Zuschnitt der geplanten drei Versorgungsregionen prüfen müssen und insbesondere auch über die Umstrukturierung in der psychiatrischen Versorgung reden müssen. Da sehen wir Handlungs- und Abstimmungsbedarf. Die Ergebnisse werden wir hier im Hause diskutieren und dann auch entscheiden. Das bedarf aber einiger Zeit, deswegen lehnen wir den Antrag ab.
Wenn Sie sich alle wieder etwas beruhigen können, kann ich Sie begrüßen und meinen Redebeitrag halten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Geschichte von Frau Simon hat gezeigt, das Thema Ausbildungsplätze in gesundheits- und sozialpflegerischen Berufen ist ein Dauerbrenner in diesem Haus. Das Thema ist zu Recht ein Dauerbrenner. Mit der Gründung der Vivantes, dem Verkauf von Buch an Helios, der Schließung von Moabit und anderen strukturellen Anpassungen im Krankenhausbereich besteht die Gefahr eines weiteren Ausbildungsplatzabbaus in diesen Berufsfeldern.
Angesichts der vielen Jugendlichen, die Jahr für Jahr bei der Lehrstellensuche trotz einiger sehr erfolgreicher Programme der neuen rot-grünen Bundesregierung leer ausgehen, ist die Sicherung von Ausbildungsplätzen auch in diesem Bereich weiterhin nötig. Das ist insbesondere im Interesse der jungen Frauen nötig, die in diesen Berufen hauptsächlich vertreten sind. Wir werden uns, wie zuletzt bei dem drohenden Verlust von 22 Plätzen bei der Ausbildung der Hebammen, auch weiterhin für die Sicherung der Ausbildungsplätze in diesem Bereich einsetzen. Wir werden aber im gesundheits- und sozialpflegerischen Bereich – da sind wir, wie die anderen Fraktionen in diesem Haus auch, realistisch – nicht weiterhin in dem bisherigen Ausmaß über Bedarf ausbilden können, auch dies insbesondere im Interesse der jungen Menschen. Eine Ausbildung ist nur der erste Schritt ins Berufsleben. Dieser Schritt darf nicht in eine Sackgasse führen.
Deshalb müssen wir den jungen Frauen und Männern Ausbildungsplätze in Bereichen anbieten, in denen sie nach dem erfolgreichen Abschluss ihrer Lehre – es ist störend, wenn die Herren sich unterhalten –
auch einen Arbeitsplatz, und zwar hier in Berlin und nicht in Bayern oder der Schweiz, wie es in den krankenpflegerischen Berufen derzeit üblich ist, finden. Dazu werden erhebliche Anstrengungen der zukünftigen Regierung nötig sein. Eine rot-grüne Regierung im Land wird sich ebenso wie die Bundesregierung den Abbau von Arbeitslosigkeit insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit zu ihrem zentralen Ziel machen. Das Ziel wird nur in enger Zusammenarbeit von Wirtschafts-, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik erreicht werden. Mit dem Sofortprogramm JUMP der rot-grünen Bundesregierung wurden die Chancen für Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung für 100 000 Jugendliche verbessert. Wir werden in Zukunft auch im Land Berlin weiterhin Arbeitsplätze sowohl in gesundheits- und sozialpflegerischen Berufen als auch in IT-Berufen und anderen Bereichen sichern.
Mit der 6. Gebührenanpassungsverordnung zur Anpassung der Höhe der Vergütungen nach der Gebührenordnung für Ärzte, der Gebührenordnung für Zahnärzte sowie nach der Hebammenhilfe-Gebührenordnung in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Sechste Gebührenanpassungsverordnung – 6. GebAV) werden die Gebühren ab 2002 auf 90 % erhöht.
Obwohl auch wir der Ansicht sind, dass diese Anhebung des Vergütungsniveaus nur ein Zwischenschritt bis zur vollständigen Anpassung sein kann, lehnen wir den Antrag der CDU auf eine Bundesratsinitiative zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab. Wir sind überzeugt, dass eine vollständige Angleichung des Vergütungsniveaus Ost an das Westniveau im Bundestag und Bundesrat beschlossen werden wird, wenn die Rahmenbedingungen, insbesondere die gesamtwirtschaftlichen Verhältnisse in den neuen Ländern, dies zulassen.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Migration – federführend – und an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten und BerlinBrandenburg. Wer der Überweisungsempfehlung folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Überweisung beschlossen.
Die lfd. Nrn. 24 bis 26 sind durch die Konsensliste erledigt.
Wir kommen nun zur
lfd. Nr. 27, Drucksache 14/1394:
Antrag der Fraktion der CDU über Bebauung des Spreedreiecks
Die Fraktion hatte keinen Beratungsvorbehalt mehr. Wer der Überweisung an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr federführend und an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag überwiesen.
Die lfd. Nr. 28 ist durch die Konsensliste erledigt.
Wir sind bei der
lfd. Nr. 29, Drucksache 14/1396:
Antrag der Fraktion der CDU über Montags- und Sommerbespielung der Opernhäuser
Eine Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten und an den Hauptausschuss. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe auf
lfd. Nr. 30, Drucksache 14/1397:
Antrag der Fraktion der CDU über Kultur ins Stadtschloss
Eine Beratung ist auch hier nicht mehr vorgesehen. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten – dieser soll federführend sein – und an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Wer dem so folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann haben wir das so beschlossen.
Wir kommen zu
lfd. Nr. 31, Drucksache 14/1398:
Antrag der Fraktion der CDU über Einrichtung weiterer neuer Informatik-Lehrstühle
Auch hier wird auf die Beratung verzichtet. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung – dieser soll federführend sein –, an den Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen und an den Hauptausschuss. Wer der Überweisungsempfehlung folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Die Überweisung ist so beschlossen.
Wir sind dann bei
lfd. Nr. 31 A, Drucksache 14/1417:
Antrag der Fraktion der Grünen und der Fraktion der SPD auf Annahme einer Entschließung über Neuwahlen in Berlin am 21. Oktober 2001
in Verbindung mit
Drucksache 14/1450:
Antrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der PDS und der Fraktion der Grünen auf Annahme einer Entschließung über Neuwahlen in Berlin am 21. Oktober 2001
Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist offensichtlich nicht der Fall.
Wird das Wort in der Beratung gewünscht? – Das Wort in der Beratung wird gewünscht. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wruck. – Bitte sehr!
Nach unserer Geschäftsordnung!
Herr Staatssekretär! Halten Sie es nicht auch angesichts der eben von Frau Barth erfragten Problematik und der Haushaltslage für sinnvoller, einen klaren Schnitt zwischen Elementarbildung in den Kitas und in den Schulen zu ziehen, wenn das Schuleingangsalter auf fünfeinhalb Jahre vorgezogen wird? Macht das nicht auch für die Eltern und für die Kinder klarer, wohin sie zu welchem Zeitpunkt gehören, und entbindet sie von schwierigen Entscheidungen, unter denen sie heute oft noch leiden müssen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte heute besonders die Gäste im Publikum begrüßen, die nicht immer und überall selbstverständlich an Veranstaltungen – auch nicht an politischen – teilnehmen können, die Menschen mit Behinderungen, die sich seit vielen Jahren für die Gleichstellung der Menschen mit Behinderungen einsetzen.
Auf Ihre Anregung findet heute diese Debatte statt, darauf wurde bereits von den einzelnen Rednerinnen hingewiesen. Es war allen Fraktionen ein Anliegen, dass nicht einzelne Fraktionen Anträge, Anfragen stellen, sondern dass wir gemeinsam eine Große Anfrage einbringen, um deutlich zu machen, dass uns das Thema wichtig ist.
Vielleicht noch kurz zu Frau Sarantis-Aridas: Auch wenn ich als sozialpolitische Sprecherin hier stehe – ich bin eigentlich ganz stolz darauf –, heißt das für meine Fraktion nicht, dass wir
Behindertenpolitik nicht als Querschnittspolitik verstehen. Ich erinnere an Herrn Cramer, der sich für jeden behindertengerechten Zugang in der U-Bahn seit vielen Jahren einsetzt, Herrn Mutlu, der beim Schulgesetz für die Gleichstellung kämpft und Frau Oesterheld und andere, die dies in der Bau- und Stadtplanung tun. Insofern finde ich es auch nicht schlimm, dass ich jetzt sprechen darf.
Ich freue mich, das heute wirklich so viele Menschen mit Rollstühlen in den Plenarsaal hineinkommen durften. Wir wissen alle, das Haus ist behindertengerecht restauriert worden, dennoch sind manchmal die Rollstuhlplätze beschränkt. Aber auf Anfrage können Gebärdensprachdolmetscher bestellt werden, im Fahrstuhl sagt uns allen eine freundliche Stimme, in welcher Etage wir uns befinden und ob die Tür auf- oder zugeht. Blinde können die Etagenangaben ertasten und sich relativ selbstständig bewegen. Wir erleben heute hier, was nach Ansicht meiner Fraktion Alltag in allen Lebensbereichen sein sollte. Alltag in Rathäusern, in Tagungszentren, Opernhäusern, Kinos, Theatern und allen Freizeiteinrichtungen für Jung und Alt. Menschen mit und ohne Behinderungen sollen gleichberechtigt am politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichem Leben teilhaben.
Ein selbstbestimmtes Leben und die selbstständige Teilhabe an allen Lebensbereichen ist das Ziel unserer Gleichstellungspolitik für Menschen mit Behinderungen, dafür werden Bündnis 90/ Die Grünen auch bei knappen Kassen kämpfen.
Die Realität sieht trotz der von der Senatorin aufgezeigten Erfolge in Berlin leider immer noch anders aus. Für Menschen mit Behinderungen beginnt und endet leider die Gleichstellung oft im Alltag. Die kleine mehrfachbehinderte Britta steht im Rollstuhl am Rande des Spielplatzes und schaut den anderen Kindern zu, weil der Zugang zur Sandgrube nicht so ausgerüstet ist, dass sie dorthin gerollt werden könnte. Für Frank, ein Kind mit Down-Syndrom, entscheidet möglicherweise das Los nach erfolgreicher Integration in Kita und Grundschule, dass er zur Sonderschule wechseln muss. Der blinde Herr Jedermann steht hilflos an der mit Tastrillen behindertengerecht ausgestatteten Kreuzung, weil Autofahrer einfach nicht daran gedacht hatten, dass sie hier nicht parken sollten. Ein spontan beschlossener Besuch einer Kneipe abends mit einer Freundin im Rollstuhl wird zur abenteuerlichen und frustrierenden Stadtrallye.
„Behindert ist man nicht, behindert wird man.“ – Dieser Slogan der Behindertenbewegung ist leider noch immer allzu wahr. Obwohl das Benachteiligungsverbot Verfassungsrang hat, werden Menschen nach wie vor auf Grund ihrer Behinderung an der selbstbestimmten und freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gehindert. Im Alltag müssen behinderte Menschen diverse Vorurteile, Bevormundungen und Ausgrenzungen erleben, gegen die sie sich nicht wehren können. Zwar konnten in den letzten Jahren wie im Nahverkehr zahlreiche Barrieren in Berlin abgebaut werden – Frau Schöttler hat darüber ausführlich berichtet –, aber trotzdem versperren viele Barrieren behinderten Menschen immer noch den Weg, auch zu kulturellen und Freizeitangeboten. Durch einen Beschluss dieses Hauses besteht die Gefahr, dass gerade in U- und S-Bahnhöfen neue Barrieren für Blinde, rollstuhlgebundene und gehbehinderte Menschen entstehen. Das dürfen wir nicht zulassen!
Gleichwertigen Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderung sind wir, Frau Schöttler, allenfalls einige Schritte näher gekommen, erreicht haben wir sie noch nicht. Das vor zwei Jahren in diesem Haus verabschiedete Landesgleichberechtigungsgesetz ist aber in der Tat ein wichtiger und großer Schritt zur Gleichstellung der Menschen mit und ohne Behinderung in Berlin. – Ich möchte die Gelegenheit hier nutzen, für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen all jenen zu danken, die sich jahrelang in Berlin für ein solches Gesetz eingesetzt haben, die sich an der Erarbeitung und an den vielen Diskussionen hier
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beteiligt haben. Ohne das Engagement der Behinderten und ihrer Verbände wäre Berlin ganz sich nicht das erste und bisher leider einzige Bundesland mit einem Gleichstellungsgesetz.
Die Verabschiedung des Gesetzes war das zumindest vorläufige Ende eines sehr, sehr langen Diskussionsprozesses, und es war der Beginn einer zögerlichen und wie wir heute schon gehört haben –
ja, einer endlosen Geschichte, der Beginn der schwierigen Umsetzung. Der Landesbeauftragte Herr Marquard – ich möchte Sie auch sehr herzlich begrüßen im Namen unserer Fraktion – erklärte zum Welttag der Behinderten im Dezember 2000:
Nichts geschieht jedoch im Selbstlauf. Gleichberechtigung für Menschen mit Behinderungen muss täglich neu erkämpft und erfahrbar gemacht werden.
Er sprach sicher aus leidvoller Erfahrung aus den ersten Monaten seiner Amtszeit. Zunächst einmal musste er nämlich selbst dafür sorgen, dass die Senatsverwaltungen ihn an den Gesetzen und sonstigen Vorhaben, wie es im Gesetz steht, beteiligen, sofern sie die Belange Behinderter berühren. Das ist eine sehr weitgehende Formulierung. Und ich hoffe, dass die Debatte hier heute dazu beiträgt, dass die Verwaltungen, die Senatoren, von denen manche nicht hier sind, aber man kann es ihnen ja weitersagen, tatsächlich in Zukunft daran denken, den Landesbeauftragten frühzeitig zu beteiligen. Auch wenn es Ihnen, Herr Marquard, viel Arbeit macht, wo Sie mir schon wieder leid tun, ist es wichtig, frühzeitig die Behinderten selbst zu beteiligen, damit viele Regelungen, die nachher umständlich zurückgenommen werden müssen, gar nicht erst entstehen.
Es wurde schon angesprochen, wer sich da nicht an das Gesetz gehalten hat: Herr Branoner, der gerade zum Telefon greift, hat ein Rundschreiben erlassen für Ausnahmegenehmigungen nach der Gaststättenverordnung, ohne dass der Landesbeauftragte beteiligt war. Herr Stölzl – vorhin war er noch da, jetzt ist er weg – hat die Regelung zur Ausbildung der Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher auch zunächst ohne die Beteiligung des Landesbeauftragten hinzukriegen versucht. Und selbst die Senatssozialverwaltung ist betroffen. Wenn das stimmt, ist das wirklich ein Skandal. Wie wir gehört haben, wurde noch nicht einmal an dem Bericht, der endlich am Dienstag im Senat beschlossen wurde, der Landesbeauftragte beteiligt. Das finde ich ein Unding. Ich halte es auch für ein Unding, dass wir den Verstößebericht immer noch nicht bekommen haben. Auch der sollte uns längst vorliegen, er ist jährlich zu erstellen.
Frau Schöttler sagt gerade, dass der Landesbeauftragte den Verstößebericht mache. Das ist richtig. Herr Marquard hat, meines Wissens, seinen Beitrag am 28. Februar an die Senatsverwaltung zur weiteren Veranlassung gegeben.
Angesichts der bevorstehenden Debatte hätten sich die Senatsverwaltungen alle mit ihren Stellungnahmen beeilen können. Ich hoffe, wir bekommen den Bericht bald. Dann wird er sicher hier noch zum Thema gemacht werden.
Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Landesgleichberechtigungsgesetzes müssen wir nämlich heute leider feststellen, dass viele Senatsverwaltungen das Benachteiligungsverbot noch lange nicht begriffen und durchgesetzt haben. Das beim Übergang zur Oberschule von der Schulverwaltung angewendete Verfahren, die raren Integrationsplätze durch Losentscheid zu vergeben, stellt nicht nur nach unserer Auffassung eine massive
Ungleichbehandlung der Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen dar, er verstößt eklatant gegen das Benachteiligungsverbot.
Hier ist der Senat in Gänze gefordert, endlich Abhilfe zu schaffen. Das Mindeste ist, dass die von Herrn Böger für die Fortsetzung der Integration geforderten 60 Lehrerstellen im nächsten Schuljahr finanziert werden. Da stehen auch wir Abgeordneten in der Pflicht und in der Verantwortung.
Den aktiven Gleichstellungsauftrag unserer Verfassung haben die Verwaltungen allenfalls in Ansätzen begriffen. Auch hier, darauf wurde schon hingewiesen, ist die Senatsschulverwaltung ein schlechtes Beispiel. Im Entwurf des neuen Schulgesetzes wird endlich der Integration der Vorrang eingeräumt. Darauf haben viele Menschen in dieser Stadt lange gewartet. Diese positive Änderung wird aber im nächsten Atemzug wieder zunichtegemacht. Der Haushaltsvorbehalt wird festgeschrieben, und Schulleiterinnen und -leiter sollen Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Zukunft nicht aufnehmen dürfen, wenn dem so genannte schutzwürdige Belange der Kinder ohne Behinderungen entgegenstehen. Solche diskriminierenden Vorbehalte, Herr Staatssekretär Härtel – in Vertretung von Herrn Senator Böger – darf es in den Köpfen der Verantwortlichen in Politik und Verwaltung schlicht und einfach nicht geben. Diese Regelung muss aus dem Gesetz gestrichen werden.
Und ich empfehle der Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport – Familie ist ja gestrichen –, dass endlich innerhalb der Verwaltung oder der unterschiedlichen Teilressorts besser zusammengearbeitet wird. Wie Integration aktiv gefördert und weitgehend Realität werden kann, das kann die Schulverwaltung in der Tat von der Jugendabteilung lernen. Im Kitabereich besuchen mittlerweile 75 Prozent der Kinder integrative Einrichtungen. Allein vom letzten Jahr zu diesem Jahr sind 100 neue Integrationsplätze dazugekommen. Woran das liegt, hat uns Frau Schöttler erklärt, wahrscheinlich haben Sie nicht alle gut aufgepasst: Es ist gelungen, in der Kitapersonalverordnung festzulegen, welchen Anteil an zusätzlichem Personal und Stützerzieherinnen einem Kind zusteht. Und da, wo die Plätze eingerichtet werden, wird dieses Personal auch zur Verfügung gestellt.
Und wie ist es in der Schule? Da ist die Zahl der Lehrerstunden festgelegt, und je nachdem, wie die Organisationsrichtlinien jedes Jahr gemacht werden, kommen entweder alle Kinder rein oder nicht. Wir wissen, die meisten oder viele bleiben immer noch außen vor, insbesondere in den Sekundarstufen I und II. Auch da ist dieses Haus in der Verantwortung, wenn es um die nächsten Haushaltsberatungen geht, dafür zu sorgen, dass das in der Schule so selbstverständlich wird wie in der Kita, dass Kinder mit Behinderungen und Kinder ohne Behinderungen oder Beeinträchtigungen von vornherein zusammen miteinander lernen und spielen.
Verstöße gegen das Gleichberechtigungsgesetz – auch darauf wurde schon hingewiesen – finden sich auch in vielen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens. Der SFB lehnt es immer noch ab, wenigstens die „Abendschau“ für Gehörlose in Gebärdensprache zu übersetzen. Bei wichtigen öffentlichen Bauvorhaben ist die Zugänglichkeit für Behinderte nicht gesichert. Das Olympiastadion wurde genannt, da sind die Logen für die sogenannten very important persons wichtiger als die klare Sicht für Rollstuhlfahrer. Und beim Holocaust-Mahnmal muss über die geplanten Steigungen noch einmal nachgedacht werden. Solche wichtigen Bauten und Mahnmale müssen für alle Menschen zugänglich sein.
Die Debatte hat gezeigt, dass in Berlin für die Gleichstellung der Menschen mit und ohne Behinderung viel erreicht wurde. Es bleibt aber auch noch viel zu tun. Es gilt, heute die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass in Zukunft Menschen mit körper
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lichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen in allen Lebensbereichen gleichberechtigt teilhaben können – in der Kita, in der Wohnumgebung, im Verkehr, bei der Ausbildung und Arbeit, in der Politik und in den Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen. Dazu gehören insbesondere der weitere Ausbau Berlins zur barrierefreien Stadt und die Erhaltung des Fahrdienstes für Behinderte, und zwar mindestens in seinem heutigen Umfang.
Das ist eine entscheidende Voraussetzung für die Teilhabe aller am politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Stadt. Dazu gehört aber auch der Abbau von Barrieren und Vorurteilen in den Köpfen. Dafür ist eine wichtige Voraussetzung, dass Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung auf Spielplätzen und in Kindergärten und Schulen gemeinsam spielen und lernen. So erfahren und begreifen sie ihre Verschiedenheit als Normalität und gegenseitige Hilfe als etwas Selbstverständliches. Dann werden sie auch als Erwachsene mit und ohne Behinderung selbstverständlich und gleichberechtigt miteinander umgehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ziel der vorliegenden Anträge über Modernisierung der Sozialämter ist die Verbesserung der Situation und der Arbeit in den Sozialämtern der Berliner Bezirke. Volle Flure, lange Warteschlagen, lange Bearbeitungszeiten, Beschwerden der Hilfesuchenden und selbst von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sozialämter machen deutlich: Hier ist dringender Handlungsbedarf; Verbesserungen in den Berliner Sozialämtern sind dringend notwendig. Wir unterstützen deshalb ausdrücklich die Intention der vorliegenden Anträge.
Die Integration der erwerbstätigen Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger in Arbeit ist eine der wichtigsten Aufgaben der Sozialhilfe bzw. der Sozialämter. Sie ermöglicht den Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern ein eigenständiges Leben und die gesellschaftliche Teilhabe, und sie entlastet – sicher zur Freude von Herrn Kurth und uns allen hier – den Landeshaushalt. Entgegen von Seiten der CDU meist aufgestellten Behauptungen wollen die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger arbeiten. Sie wollen aber nicht jede Arbeit annehmen, Frau Herrmann. Sie wollen eine für sich selbst und die Gesellschaft sinnvolle Arbeit, und sie wollen eine Arbeit, die ihnen eine von der Sozialhilfe unabhängige Lebensführung ermöglicht.
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Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind jedoch mehr als schlecht. Viele der erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger sind seit Jahren ohne Beschäftigung. Mindestens jeder zehnte hat keinen Schulabschluss und etwa jeder zweite keinen Berufsabschluss. Diese Menschen brauchen in der Tat intensive Beratung und Begleitung bei ihrem Weg in Arbeit, und sie brauchen ein differenziertes Angebot an Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen. Das können ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Sozialämtern leider nicht bieten. Bei 160 bis 200 zu bearbeitenden Fällen fehlt ihnen die Zeit für intensive Beratung. Trotz des von Frau Schöttler immer wieder hervorgehobenen Straußes von Maßnahmen gibt es zum einen viel zu wenige Qualifizierungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten, und diese brechen dann auch noch regelmäßig weg: durch zu spät verabschiedete Haushalte, fehlende Kofinanzierungen und alle Jahre wieder verhängte Haushaltssperren. So kann und darf man mit Menschen, die bereits viele Enttäuschungen erlebt haben, nicht umgehen.
Von der frohen Botschaft: „Wir ebnen erfolgreich Wege aus der Sozialhilfe“, die Sie am Montag, den 2. April im „Landespressedienst“ verkündet haben, Frau Schöttler, ist Berlin leider noch meilenweit entfernt. Die überwiegende Mehrheit der etwa 70 000 erwerbsfähigen und auch erwerbswilligen Hilfeempfängerinnen und -empfänger muss diese Meldung für einen verspäteten Aprilscherz halten.
Reformen bei der Sozialhilfe und in den Sozialämtern tun also Not. Einige wichtige Aspekte sind in den Anträgen der PDS angesprochen. Ich nenne die Evaluierung der von den Bezirken ergriffenen Maßnahmen und aufgestellten Programme, die Qualifizierung der Sozialamtsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die Verbesserung der personellen Ausstattung der Ämter und die verstärkte Einführung von Fallmanagerinnen und -managern. Eine umfassende Diskussion der Anträge wird in den Ausschüssen stattfinden. Dabei werden wir sortieren müssen, was wir auf Landesebene regeln können und was in die Zuständigkeit der Bezirke fällt. Es werden auch weitere Aspekte einbezogen werden, zum Beispiel das von Frau Herrmann genannte leidige Thema „Basis 3000“, auf das die Ämter seit vielen Jahren warten. Eine der Folgen ist, dass das Land Berlin über keine exakten Daten für die Struktur der Hilfeempfängerinnen und -empfänger verfügt, die wir auf Landesebene für die politische Steuerung und eine zielgerichtete Maßnahmeplanung auf Landes- und Bezirksebene brauchen.
Lassen Sie uns die Beratungen der Anträge in den Ausschüssen dazu nutzen, die Rahmenbedingungen für erfolgreiche Wege aus der Sozialhilfe in Berlin zu verbessern.
Vielleicht wird die Frage ja auch nicht beantwortet. – Herr Präsident, ich frage jetzt den Senat als Zusatzfrage: Wie verträgt sich die Antwort, die Schulsenator Böger uns heute gegeben hat, mit der gestrigen Antwort des neuen Staatssekretärs für Gesundheit und Arbeit im Ausschuss, dass sich im Prinzip in Berlin in diesem Jahr nichts bei der Altenpflegeausbildung ändern werde, weil die Fragen auf Bundesebene noch nicht endgültig geklärt seien?
Vielen Dank Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie ist die Ankündigung des Regierenden Bürgermeisters im Rechtsausschuss zu werten, die pauschale Kürzung der freien Träger werde beispielsweise bei Projekten der Resoziali
sierung von Straffälligen zurückgenommen; gilt sie auch für alle anderen Ressorts, und bedeutet sie eine eindeutige Abkehr von der pauschalen 5-%-Kürzung der Summe der Zuwendungen?
2. Was hat der Senat unternommen oder wird er unternehmen, um die Mehrheitsfraktionen im Abgeordnetenhaus von der aus seiner Sicht offenbar notwendigen Änderung des Haushaltssanierungsgesetzes bezüglich der 5-%-Kürzung der Zuwendungen zu überzeugen?
Das war eine recht kryptische Antwort. – Deswegen frage ich Sie, Herr Kurth: Wäre es nicht doch angesichts der vielen Ungereimtheiten und deutlichen Abweichungen vom Gesetz, wie das Beispiel im Bereich Justiz zeigt, geboten, unserem Antrag auf Streichung der Regelung des § 10 Haushaltssanierungsgesetz 2000 zuzustimmen, um damit Klarheit für alle zu schaffen?
Sie werden verstehen, dass wir mit dieser Antwort nicht sehr zufrieden sind. Ich möchte sie fragen: Sie tun so, als seien die freien Träger geradezu von Kürzungen ausgenommen gewesen. Sie wissen aber doch genau wie alle anderen, dass dem in den vergangenen Jahren nicht so gewesen ist. Können sie mir ein Jahr der zurückliegenden sechs oder sieben Jahre nennen, in denen die Zuwendungsempfänger nicht wie alle anderen Bereiche auch von Kürzungen betroffen gewesen sind?
Herr Senator Böger! Ist Ihnen eigentlich das Papier aus Ihrer Schulverwaltung bekannt, das da heißt „Jugendhilfe und Schule – Kooperationsformen entwickeln und stärken“, und die allgemeinen Aussagen Ihrer Verwaltung, dass die Schule sich öffnen soll auch in Richtung freier Träger?– Wie vereinbart sich dann eigentlich diese Ablehnung, einen Schulhort in freie Trägerschaft zu geben, um da wirklich mal Kooperation von Schule und Jugendhilfe in Schule dann auch konkret zu machen, mit diesen Papieren?
Herr Präsident! Ich bitte darum, dass Herr Böger anwesend ist bei dieser Großen Anfrage, er ist nämlich nicht nur der Schulsenator, sondern auch der Jungendsenator. interjection: [Atzler (CDU): Er ist da!]
Gut, er wollte auch einmal herbeizitiert werden, okay! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Im internationalen Vergleich abgehängt. Armutszeugnis für die deutsche Bildung“, so lautete eine der Schlagzeilen zum
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neuesten Bildungsbericht der OECD. Der Aufschrei des Entsetzens nach internationalen Bildungsvergleichen ist nicht neu, auch nicht der Ruf nach mehr und besserer Bildung. Seit Jahrzehnten beklagen Ausbildungsbetriebe und Berufsschulen, dass die Schulabgänger den an sie gestellten Anforderungen nicht mehr genügen, und zwar egal ob sie von Gymnasien, Hauptoder Realschulen kommen. Die Oberschulen schieben den Schwarzen Peter den Grundschulen zu, die Grundschullehrerinnen und -lehrer weisen ebenso wie die Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas seit vielen Jahren immer wieder darauf hin, dass immer mehr Kinder mit Defiziten in der psychomotorischen Entwicklung, im Sozialverhalten und im Sprachgebrauch in die Kitas und Schulen kommen. Sie auszugleichen sind sie auf Grund von Kürzungsmaßnahmen der großen Koalition immer weniger in der Lage.
Schon hat man die wahren Schuldigen gefunden. Da heißt es dann vorschnell, die Eltern kämen ihrer Erziehungsverantwortung nicht mehr nach, besonders die Frauen, denen Beruf und Familie inzwischen wie den Männern gleich wichtig geworden ist und ohne deren Erwerbsarbeit heute übrigens kaum noch eine Familie mit mehreren Kindern zu ernähren ist. Den Eltern nichtdeutscher Herkunft wird vorgeworfen, sie wollten sich nicht integrieren, sie sollten ihre Kinder doch in die Kita schicken und zu Hause mit den Kindern Deutsch sprechen.
Erinnern Sie sich an die Debatte um den Sozialstrukturatlas 1997: Der Regierende Bürgermeister berief eine erste Innenstadtkonferenz zur schulischen Bildung ein. Die vorschulische Bildung wurde als wichtiges Element hervorgehoben, eine verstärkte Werbung für den frühzeitigen Kitabesuch angekündigt und für die Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache rief man gar nach einer Kitapflicht. Was ist daraus geworden? – Heute, zwei Jahre danach: Von offensiver Werbung für die Kitas keine Spur. Und statt wie von uns und den Eltern seit Jahren gefordert das Anmeldeverfahren zu vereinfachen und den Zugang zu den Kitas zu erleichtern, legt die Senatsverwaltung eine Rechtsverordnung zum Antragsverfahren vor, mit dem sie das Anmeldeverfahren noch einmal verschärfen und den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für die Drei- bis Sechsjährigen endgültig auf ein vier- bis fünfstündiges Angebot beschränken.
„Kinder brauchen Kinder“, so ist der Titel unserer Großen Anfrage und unserer Anträge. Wissenschaftliche Studien belegen seit Jahren, dass Kinder für die Entwicklung motorischer, kognitiver und sozialer Fähigkeiten den Kontakt mit Gleichaltrigen und mit anderen Bezugspersonen als ihren Eltern brauchen.
Dies ist heute nicht mehr so selbstverständlich gegeben. Das muss von Eltern oft mühsam organisiert werden. Es gibt immer mehr Einzelkinder, und durch die in der Arbeitswelt geforderte Mobilität sind immer mehr junge Eltern ohne Großeltern oder andere Verwandte in ihrer Nähe. Die Orte, wo sich die Kinder ganz automatisch trafen und miteinander spielten, die großen auf die kleinen aufpassten und die kleinen von den großen lernten, nämlich die Hinterhöfe, Straßen und Bürgersteige, da fahren oder parken heute die Autos. Das ist ein Ergebnis Ihrer verfehlten Verkehrspolitik.
Mit unserer Idee der autofreien Stadt und den von uns initiierten Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt, die Sie zwar verabschiedet, bisher aber nicht umgesetzt haben, wollen wir solche Orte für Kinder wieder schaffen und die Straßen mit Menschen statt mit Autos beleben.
Wie die Debatte aber vorhin in der Fragestunde gezeigt hat, schafft es diese große Koalition noch nicht einmal, sich auf drei autofreie Sonntage zu verständigen. Und noch schlimmer: Der Innensenator Werthebach erklärt gar im „Landespressedienst“ Berlin 2000 zur Hauptstadt der Autofahrer. Das ist im Anschluss an Ihre großmundigen Reden im UNICEF-Jahr 1999 unter dem Motto „Berlin – Hauptstadt für Kinder“ ein Skandal.
Dabei haben Sie von der CDU und der SPD doch offensichtlich erkannt, dass Familien- und Kinderfreundlichkeit nicht nur für die Familien in dieser Stadt, sondern auch für Berlin zwingend erforderlich ist. So steht es jedenfalls in Ihrer Koalitionsvereinbarung. Ihre Versprechungen zur Kinder- und Familienpolitik versuchen Sie aber gar nicht erst umzusetzen, sondern machen das Gegenteil. Sie haben bei der Familienbildung in diesem Haushalt kräftig gestrichen und mit Ihrem Beschluss, ab 2001 die Zuwendungen in jedem Einzelressort um jährlich 5 % auf drei Jahre zu kürzen, die weitere Reduzierung der Projekte im Kinder- und Jugendbereich vorprogrammiert. So verspielen Sie die Zukunft der Kinder und Jugendlichen und die Zukunft unserer Stadt.
Weiß Gott, skandalös! – Für Ihr hochgestecktes Ziel, die Zahl der Kitas in freier Trägerschaft durch weitere Übertragung bis zum Ende der Legislaturperiode zu verdoppeln, haben Sie die haushaltsmäßigen Voraussetzungen in den vergangenen Jahren nicht geschaffen. Und wenn Sie für diesen Prozess weiterhin auf die Ergebnisse der Kosten- und Leistungsrechnung im Rahmen der Verwaltungsreform warten, dann gute Nacht, Herr Böger! Dann können Sie die dringend notwendigen Veränderungen noch drei bis vier Jahre länger verschlafen.
Bündnis 90/Die Grünen wollen, dass alle Kinder die Kita als vorschulische Bildungseinrichtung besuchen können. Das heißt, dass die Eltern über die Ansprüche ihrer Kinder informiert werden und das Antragsverfahren wesentlich vereinfacht werden muss. Wir wollen, dass die Betreuungszeit wirklich den Bedürfnissen der Familien entspricht, wie es übrigens im Kitagesetz steht. Das heißt, Beteiligung von Eltern ernst nehmen und den von den Eltern angemeldeten zeitlichen Förder- und Betreuungsbedarf anerkennen.
Wir wollen, dass Kinder, die aufgrund ihres sozialen Umfeldes benachteiligt sind, eine besondere Förderung erhalten. Die dafür vorgesehenen Personalzuschläge dürfen dann aber nicht auf die Wohngebiete reduziert werden, die für ein begrenztes Programm wie das Quartiersmanagement vom Stadtentwicklungssenator festgesetzt wurden und nicht etwa von der Jugendverwaltung.
Zu allen diesen Punkten liegen Ihnen unsere Anträge vor. Uns ist sehr wohl bewusst, dass nicht alle Probleme und Herausforderungen im Kitabereich angesprochen sind. Ich nehme hier nur einmal die notwendige Verbesserung der Aus- und Weiterbildung der Erzieherinnen. Wir sind gespannt, ob Sie von CDU und SPD gewillt sind, Ihre Wahlversprechen und Koalitionsaussagen umzusetzen und unseren Vorschlägen zuzustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Böger, Ihre Antwort war eher von Polemik als von dem Wissen um die Situation der Kinder und Familien in dieser Stadt geprägt. interjection: [Beifall bei den Grünen]
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Ihre Antwort zeigt auch, dass die SPD und die CDU Kitas immer noch in erster Linie als Betreuungseinrichtungen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie begreifen.
Unbestreitbar ist das eine wichtige Aufgabe und eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Frauen und Männer endlich gleichberechtigt an Erwerbstätigkeit und Erziehung teilhaben können. Im Ostteil der Stadt waren die Voraussetzungen übrigens einmal besser, als sie heute sind. Wenn Sie von 10 000 neuen Kitaplätzen sprechen, die im Westteil der Stadt neu aufgebaut wurden, dann sagen Sie bitte dazu, dass im gleichen Zeitraum 30 000 bis 40 000 Plätze im Ostteil abgebaut wurden, nicht mit böser Absicht, sondern weil der Kinderrückgang dort so stark war.
Sie haben auch Recht, Herr Böger, dass wir immer weniger Kinder haben und Familien mit Kindern diese Stadt verlassen, und das ist eine Katastrophe für die Stadt. Aber das hat doch etwas mit Ihrer Politik zu tun.
[Frau Kind (SPD): Daran ist doch nicht Herr Böger schuld! – Bm Böger: Haben Sie mal gesehen, wie das flächendeckend ist? Bei Rot-Grün gibt es mehr Kinder oder was?]
Vielleicht auch nicht.
Tageseinrichtungen sind nicht nur als Betreuungseinrichtungen wichtig, sondern werden als familienergänzende Bildungs- und Erziehungseinrichtungen immer wichtiger. Viele Kitas in dieser Stadt haben diese Herausforderung angenommen und nehmen diese Aufgabe bereits in der Praxis wahr, insbesondere für die Kinder, die zu Hause, aus welchen Gründen auch immer, nicht oder nicht ausreichend gefördert werden können. Für diese Kinder ist die Kita wichtig. Für viele Kinder haben die Kitas die Funktion eines zweiten Zuhauses, und die Erzieherinnen sind oft die einzigen verlässlichen Bezugspersonen und Ansprechpartnerinnen für sie. Sie sind für die Eltern auch Ansprechpartner in Konfliktsituationen.
Die Kitas haben die Konzepte und Qualitätsstandards, die jetzt mit der Beteiligung am Bundesmodellprojekt noch einmal in Berlin entwickelt werden sollen, zum Teil schon längst entwickelt. Sie haben interkulturelle Konzepte und Konzepte zum Spracherwerb erarbeitet, wie Sie das in Ihrer Koalitionsvereinbarung fordern. Um das aber weiterhin machen zu können, brauchen sie die Unterstützung der Politik. Die bekommen sie von CDU und SPD nicht in ausreichendem Maße.
Natürlich hat Qualität, Herr Böger, nicht nur etwas mit der Aufenthaltszeit von Kindern in Kitas zu tun. Sie hat sehr viel mit Fortund Weiterbildung zu tun. Das hatte ich genau wie Sie angesprochen. Sie hat aber auch etwas damit zu tun, ob die Kitas in der Lage sind, Bildungsprozesse und soziales Miteinander und Angebote des miteinander Umgehens gestalten zu können. Das hat durchaus mit der Zeit zu tun die Kinder in den Kitas verbringen. Das ist in vier bis fünf Stunden, die möglicherweise noch versetzt in der Kita verbracht werden, nicht zu machen.
Das Antragsverfahren ist nicht grundsätzlich neu; da haben Sie Recht. Es gibt schon das Anmeldeverfahren. Es ist aber neu, dass aus dem alten Anmeldeverfahren eine Regelung weggefallen ist, die lautete: Wenn Eltern und Jugendamt sich nicht auf die vier bis fünf Stunden einigen können, die Berlin als Halbtagsplatz mal so eben definiert hat, dann soll automatisch sieben Stunden Betreuungszeit gelten, also der Teilzeitplatz. Das haben Sie jetzt hinausgekippt. Herr Böger, Sie haben auch Recht: Das Bundesgesetz schreibt nicht vor, dass alle einen Ganztagsplatz haben sollen. Bis heute streiten sich die Kommentatoren des Kinder- und Jugendhilfegesetzes darüber; es gibt nur die Hinwirkungspflicht auf Ganztagsplätze. Aber muss denn ein Halbtagsplatz aus vier bis fünf Stunden bestehen? In manchen Ländern umfasst der Halbtagsplatz sechs Stunden. Berlin hat es so definiert – wir waren damals dagegen –, aber Sie können jetzt nicht so tun, als wären diese vier bis fünf Stunden bundesgesetzlich vorgeschrieben. Da haben Sie Unrecht.
Die Planung des Angebots ist nichts Neues, die schreibt das Kitagesetz vor. Die Rechtsvorschrift macht nur dabei genauere Ausführungen zum Verfahren. Sie müssen dabei nicht, wie das jetzt gemacht wird, die bisherige Bewilligungspraxis so festschreiben oder gar verschärfen, sondern es reicht das Anmeldeverfahren so zu gestalten, wie wir es sagen: Die Eltern melden ihren Bedarf an, das Jugendamt prüft. Wir haben den Antrag so gestaltet: Wenn es mehr als sieben Stunden sind, gibt es einen besonderen Bedarf. Die Eltern brauchen dann nicht, was sie jetzt tun müssen oder in Zukunft verstärkt tun müssen, bei sich selbst oder in ihrer Familiensituation Defizite offenlegen, um einen besonderen Förderanspruch geltend zu machen. Wir finden, dass der Förderanspruch für diese sieben Stunden von Anfang an gegeben sein sollte.
Herr Böger, Sie haben sehr undifferenziert auf meine Begründung der Großen Anfrage geantwortet. Wir sehen keineswegs automatisch den Zusammenhang zwischen Einkommensarmut, Sozialhilfebezug und schlechter Förderung mit der Folge, dass dann alle Kinder in die Kitas müssten. Das haben wir nie so gesagt. Wenn Sie die Zeitung aufmerksam lesen, wissen Sie, dass es einen Zusammenhang zwischen Armut und Gesundheit gibt und dass lang anhaltende Arbeitslosigkeit dazu führt, dass das Selbstwertgefühl vieler Menschen leidet und sie eher zu psychischen Störungen als jemand neigen, der einen erfolgreichen Beruf hat und Selbstbestätigung erfährt.
Wir haben auch nie gesagt, alle Kinder sollten den ganzen Tag in die Kita gehen. Nein, wir sind sehr wohl der Meinung, dass es Eltern gibt, die die Bedingungen für das Aufwachsen ihrer Kinder so gestalten können, dass ein wesentlich kürzerer Aufenthalt in einer Kita ausreichen würde. Aber waren Sie doch, die große Koalition nämlich, die im Zuge der Angst, dass bei einem Rechtsanspruch nun alle Kinder in die Kita gegeben würden, die Miniclubs und von Eltern selbst organisierte Spielkreise faktisch abgeschafft haben, weil die halbe Erzieherin, die man damals dafür noch zur Verfügung stellte, nun in Ihrem Finanzierungssystem keine Rolle mehr spielt.
Zu unserem Antrag zur Finanzierung: Seit Jahren berichten Sie über die vorgenommenen Übertragungen im Ostteil der Stadt. Und seit Jahren steht in den Berichten, sie stocken. Und warum stocken sie? – Weil nicht geklärt ist, wie viel Geld die Bezirke ans Landesjugendamt übergeben sollen, damit das Landesjugendamt die freien Träger finanziert. Es gibt den Streit darum, was denn eigentlich aus den Globalhaushalten, so unübersichtlich wie sie sind – das haben Sie dargestellt –, herausgenommen und ans Landesjugendamt gegeben werden kann. Wenn man die Zahlen in Ihrem Bericht, den Sie erwähnt haben, ansieht – wenn in einem Bezirk 1 500 DM für einen Kitaplatz ausgegeben werden und im anderen 3 000 DM – wir wissen alle, dass die Berechnungen noch fehlerhaft sind und einige Kosten nicht richtig zugeordnet wurden, aber ungefähr stimmen die Zahlen – dann ist da doch etwas nicht in Ordnung. Ein durchschnittlicher Platz bei den kommunalen Trägern – das hat Burkhard Müller-Schoenau schon erwähnt – kostet nach dieser
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Rechnung 1 965 DM. Das Maximum, was an Kosten für die freien Träger – der Ganztagsplatz für die Krippenkinder mit dem höchsten Personalschlüssel – festgesetzt wird, sind 1 532 DM. Da hat Burkhard Müller-Schoenau wirklich Recht, dass hier eine Möglichkeit ist, Geld zu sparen ohne die pädagogische Versorgung in der Stadt zu verschlechtern. Deswegen müssen Sie über den Antrag, den wir dazu eingebracht haben, einfach noch einmal nachdenken. Er bietet einen Ausweg aus dem Dilemma. Sie können mehr Kitas übertragen, es würden in der Verwaltung mehr Kosten abgebaut, und die pädagogische Qualität in den Kitas würde sich nicht verschlechtern.
Herr Böger, Sie sind Schul- und Jugendsenator in diesem Land, und es ist unseres Erachtens die jugendpolitische Herausforderung in der Großstadt Berlin, die Kitas als ersten Baustein für Bildung, als ein Entwicklungsangebot für soziales und kognitives Lernen für Kinder zu begreifen und das Angebot, das wir haben, zu erhalten, möglicherweise zu erweitern.
Nutzen Sie das Interesse der Eltern und unsere Vorschläge, um bessere Rahmenbedingungen für Bildung, Erziehung und Förderung der Kinder bereits in der Kita zu schaffen. Reden Sie nicht nur davon, eine kinder- und jugendfreundliche Stadt Berlin schaffen zu wollen, tun Sie es auch!
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns viele autofreie Sonntage und gute Kitas!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie will der Senat den Teufelskreis: „Keine Arbeit, keinen Kitaplatz – keinen Kitaplatz, keine Arbeit“ durchbrechen, wenn er mit der geplanten Verordnung zum Antragsverfahren Kindern arbeitsloser Eltern keinen Krippen- oder Hortplatz und lediglich eine fünfstündige Betreuung im Kindergartenalter zugesteht?
2. Wie ernst meint der Senat eigentlich seine wiederholten Absichtserklärungen, sozial benachteiligte Kinder und Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache bzw. mit Sprachschwierigkeiten verstärkt in den Kindergärten zu fördern und mit einer verstärkten Öffentlichkeitsarbeit für den frühzeitigen Besuch von Kindergärten zu werben, wenn sie bei Arbeitslosigkeit eines Elternteils lediglich einen Rechtsanspruch auf eine fünfstündige Betreuung im Kindergartenalter haben?
Herr Senator, Sie brauchen mich nicht darüber aufzuklären, was im Kitagesetz steht. Ich mache seit vier Jahren Kitapolitik im Abgeordnetenhaus.
Im Entwurf der Verordnung Antragsverfahren steht, dass man einen Kitaplatz bei Arbeitsaufnahme im laufenden Kitajahr nur nach Maßgabe der freien Plätze erhält. Wie wollen Sie sicherstellen, dass Eltern, die Arbeit aufnehmen, auch einen Platz bekommen, den sie dringend benötigen?
Wir werden sehen, wie sich dieses Antragsverfahren in der Praxis auswirkt. Wie beurteilen Sie, Herr Böger, dass eine nach Berlin neu zugezogene Frau mit zwei Kindern im Kindergartenalter, schwanger, mit in Westdeutschland verbliebenem Mann, lediglich einen fünfstündigen Betreuungsplatz zuerkannt bekommt? Was meinen Sie, was die Jugendämter als soziale, familiäre und pädagogische Gründe anerkennen sollten, um einen anderen Bedarf festzustellen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Böger! Das war nun wirklich eine Märchenstunde statt des Ruckes, der angeblich bei Ihrem Amtsantritt durch die Stadt gegangen ist. interjection: [Zuruf: Angst!]
Da fragt man sich doch zum wiederholten Male: Wer hat eigentlich die letzten Jahre hier regiert, und wer war eigentlich Fraktionsvorsitzender der SPD in der vergangenen Legislaturperiode?
Da haben Sie den von Ihnen erwähnten Schulgesetzentwurf mal eben in die Diskussion gebracht, dann verschwand er wieder in der Versenkung. Unsere Reformvorschläge zum Schulgesetz und viele andere Anträge kamen nie auf die Tagesordnung des Hauses, zumindest nicht aus den Ausschüssen zur Abstimmung, weil Sie sich in Ihren internen Arbeitskreisen und Vorbesprechungen nicht einigen konnten. Mit dieser Blockadehaltung haben Sie die notwendigen Reformen verschleppt und die Bildungsmisere ständig verschlimmert. Für die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt ist diese große Koalition eine Katastrophe.
Dass trotz alledem, Herr Böger, die von Ihnen genannten positiven Beispiele in den Schulen stattfinden, dass viele Schulen gute pädagogische Arbeit leisten und Modelle entwickelt haben, das haben wir ganz bestimmt nicht Ihrer Bildungspolitik zu verdanken, sondern dem Engagement der Lehrerinnen und Lehrer, von Schulleitern, Eltern und auch Schülern und Schülerinnen selber. Wir unterstützen die Schulen, die erkannt haben, dass sie sich für die Probleme und außerschulische Lebenswelt der ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen öffnen müssen. Wir unterstützen die Schulen, die sich auf den Weg gemacht haben, ein Ort des Lernens und Lebens zu werden und ihre pädagogische Arbeit an aktuelle Anforderungen und Bedingungen anzupassen.
Modelle wie die Stadt als Schule, produktives Lernen und auch die Schule in erweiterter Verantwortung sind vor allem auch auf unsere Initiative hin entstanden.
Während CDU und SPD sich über Werte-Erziehung und die Stellung des Religionsunterrichts als Reaktion auf die Defizite im Sozialverhalten und zunehmende Gewalt an Schulen streiten, haben die Schulen längst reagiert. Viele haben sich auf den Weg gemacht, sich der Probleme angenommen, haben auf die Situation ihrer Schüler hin Schulprogramme entwickelt und neue Formen des Unterrichts und sozialen Lernens ausprobiert und umgesetzt. Viele Schulen haben sich der außerschulischen Lebenswelt der Kinder geöffnet und mit Hilfe von Elternvereinen und freien Trägern Schulstationen, Schülerclubs und Schülercafe´s eingerichtet. Sie haben damit – das haben Sie selber ja auch gesagt – eine Brücke zwischen der Lebenswelt Schule und der Lebenswelt Kiez und zur Jugendhilfe hin gebaut. Wir haben diese Entwicklung unterstützt und gefördert. Und, Herr Böger,
da können Sie sicher sein: Unsere Unterstützung in dem, was Sie vorhaben, haben Sie.
Ja, nicht bei den Mehrstunden. Wir beziehen uns im Moment auf die Schulstationen und die Schulsozialarbeit.
Aber was hat die große Koalition in den letzten Jahren in dieser Hinsicht getan? – Sie haben die Schulstationen nicht abgesichert in den letzten Jahren, Sie, Herr Böger, haben Ihre Schulsenatorin, als Fraktionsvorsitzender der SPD in der Vergangenheit mit ihren Bemühungen im Regen stehenlassen. Sie haben in unverantwortlicher Weise Lehrerstellen und Schulsozialarbeit abgebaut. Sie haben einen Schulgesetzentwurf vorgelegt, in dem der gesamte Bereich der Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe fehlt. Die Finanzierung der Schülerclubs und der Mäuse und Computer für die Schulen haben Sie der Lottostiftung und Sponsoren überlassen – das tun Sie auch weiterhin. Den Bezirken haben Sie die Hauptlast der Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen aufgedrückt und sehenden Auges die mangelhafte Instandhaltung und Ausstattung der Schulen in Kauf genommen. Jetzt kommen Sie mit einem 100-Millionen-DM-Programm. Das ist so typisch für diese große Koalition. Erst Wegkürzen, dann ein Sonderprogramm auflegen und hoffen, dass die Leute großartig applaudieren.
Warum haben Sie eigentlich mit schöner Regelmäßigkeit unsere wiederholten Anträgen zur Regelfinanzierung von Schulstationen, von Schülerclubs und auch zur Verbesserung der Ausstattung von Schulen abgelehnt? – Jetzt geht mit der Neuauflage der großen Koalition endlich ein Ruck durch die Koalition. Plötzlich merken auch Sie, dass die Schulen ungenügend ausgestattet sind, dass für den Unterricht die Lehrer eigentlich fehlen und der Lehrerstellenplan nicht ausfinanziert ist. Und ruckzuck hat der neue Schulsenator, Herr Böger, die Lösung parat. Alle Lehrerinnen und Lehrer arbeiten einfach einmal eine Stunde mehr, und dann streichen wir auch noch ein paar Anrechnungsund Ermäßigungsstunden, die aus guten Gründen zum Ausgleich für zusätzliche Belastungen gegeben werden. Sie wissen doch selbst – das haben Sie ja auch zugegeben –, dass das die falsche Antwort auf die Probleme in der Schule ist. Wenn Sie jetzt, nach der Erhöhung der Lehrerarbeitszeit, an die Lehrerverbände appellieren, mit Ihnen und Ihrer Verwaltung an Modellen für eine Neuregelung der Arbeitszeit zu arbeiten, dann muss das doch für die Lehrerinnen und Lehrer wie Hohn klingen.
Die Fraktion der Grünen will eine Neuregelung der Arbeitszeit für Lehrerinnen und Lehrer. Und es besteht auch Einigkeit unter den Lehrerverbänden, dass sie für die Entwicklung der Schule zu einem sozialen Lern- und Lebensort und zum Ausgleich der höchst unterschiedlichen Belastungen der Lehrerinnen und Lehrer notwendig ist. Wenn CDU und SPD unseren bereits im Januar 1999 dazu eingebrachten Antrag in der letzten Legislaturperiode mit uns beschlossen hätten, statt nach dem Rasenmäherprinzip jetzt allen eine Stunde mehr aufzudrücken, dann hätten die Schulen schon längst mit diesen Modellen beginnen können.
Wir wollen, dass die Schule den Kindern die notwendigen Kompetenzen und Qualifikationen für eine Ausbildung und die Gestaltung ihres Berufs- und Lebenswegs vermittelt. Die hohe Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss, die Klagen der Wirtschaft und auch der Berufs- und Hochschulen zeigen, dass sie es in allen Schulformen gleichermaßen nicht schafft. Der jetzt diskutierte Mangel an Fachkräften für die Informationstechnologie ist nur die Spitze des Eisbergs. Auch weitere internationale Vergleichsstudien wie PISA werden die Qualität von Unterricht nicht wesentlich verbessern. Führen Sie endlich strukturelle Änderungen im Bildungssystem ein, und setzen Sie endlich andere Prioritäten im Haushalt.
Wir werden ja dann in der Schlussrunde zum Haushalt 2000 sehen, ob Sie unsere Vorschläge mittragen und wirklich andere Prioritäten setzen wollen. Wir zeigen in unserem Antrag Alternati
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(B) (D)
ven zu der von Ihnen geplanten Stundenerhöhung auf. Der Lehrerstellenplan muss ausfinanziert werden, so weit sind wir uns einig. Wir wollen einen größeren Einstellungskorridor, um die jetzt ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer für die Absicherung des zukünftigen Lehrerbedarfs in Berlin zu halten. Das schafft ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen jungen und den älteren und erfahrenen Kolleginnen in der Schule.
Wir wollen aber auch mehr sozialpädagogische Kompetenz in den Schulen. Deshalb sollen die von uns zusätzlich geforderten 300 Lehrer eine sozialpädagogische Ausbildung machen und vorerst mit einem Teil ihrer Arbeitszeit im Bereich der Schulsozialarbeit eingesetzt werden, bis sie dann für den normalen Unterrichtsbetrieb gebraucht werden.
Wir wollen die bewährten Schulstationen erhalten, und zwar in der bisherigen Trägerschaft. Als Übergangslösung für die aktuell von der Schließung bedrohten Einrichtungen schlagen wir vor, Erzieherinnen aus dem Überhang einzusetzen. Langfristig sollen sie zum weiteren Ausbau von Schulstationen und anderen Formen der Schulsozialarbeit zur Verfügung stehen.
Das Modell „Schulen in erweiterter Verantwortung“ darf nicht bei der Verantwortung für die Verwaltung des Mangels bleiben. Ein Ansatz wäre schon, den Schulen einen Teil der Vertretungsmittel als Finanzmittel wirklich in Eigenverantwortung zur Verfügung zu stellen.
Zugegeben, Herr Böger, Sie haben begonnen, Ihre Fehler der Vergangenheit zu korrigieren – wie üblich mit Sonderprogrammen: 100 Millionen DM, die Sie den Bezirken in der Vergangenheit entzogen haben, zusätzlich für die Sanierung von Schulen und Sportanlagen. Sie haben die Stärkung der Medienkompetenz der Schülerinnen zu einem Schwerpunkt gemacht, und nun endlich wollen Sie das bisher über Lotto finanzierte Projekt „Computer in die Schulen“ im Haushalt absichern. Sie haben erkannt, dass zur Qualität von Schule auch die Qualifikation der Lehrerinnen, Fortbildung und Maßnahmen zur Konfliktbewältigung und vieles andere gehört. Wie gesagt, Sie haben nur begonnen, Ihre Fehler zu korrigieren. Die meisten Ihrer Absichtserklärungen müssen Sie erst noch umsetzen. Sie können sicher sein, dass wir gemeinsam mit den Eltern, Schülerinnen und Lehrerinnen weiterhin dafür streiten werden.