Protocol of the Session on July 12, 2001

[Unruhe – Zuruf: Das ist eine Fragestunde!]

Was haben wir als nächstes als Erbe der großen Koalition zu erwarten, welche Firmen gehen als nächstes den Bach runter?

Herr Senator Strieder! Nun können Sie in Kontinuität beantworten. – Bitte sehr!

Frau Abgeordnete Hämmerling! Ich weiß gar nicht, warum Sie so aufgeregt sind.

[Rabbach (CDU): Gar nicht!]

Nur weil der Abgeordnete Weichert gern möchte, dass es in Berlin Parallelen zu Brandenburg gibt, gibt es es sie noch lange nicht. Deswegen müssen Sie keine Sorge haben, Frau Hämmerling. Die BLEG wird von uns so aufgestellt, dass sie nicht die Probleme von Brandenburg erhalten wird. Sie arbeitet gut und immer effizienter. Wir haben dort einen Umstrukturierungsprozess in die Wege geleitet. Nach allem, was wir wissen, ist dieser sehr erfolgreich.

[Niedergesäß (CDU): Warum wird umstrukturiert, wenn alles läuft?]

Das unterscheidet von den Hoffnungen der CDU im Moment, die die Stadt ein wenig herunterreden will.

[Niedergesäß (CDU): Das machen Sie schon seit Jahren!]

Die Koalition sollte sich daran nicht beteiligen.

[Beifall bei der SPD]

Weitere Fragen liegen nicht vor.

Wir kommen damit zur nächsten Frage des Abgeordneten Gaebler über

innovative Tarifangebote bei BVG und S-Bahn

Ich frage den Senat: Welche Verbesserungen werden die ab 1. August gültigen neuen Tarife bei den öffentlichen Verkehrsmitteln bringen, insbesondere für Familien?

Zur Beantwortung hat Herr Senator Strieder das Wort, bitte sehr!

[Over (PDS): Der Mann ist Wahlkämpfer!]

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Der Senat ist insgesamt sehr froh darüber, dass es gelungen ist, endlich innovative Tarifmodelle bei den Berliner Verkehrsbetrieben einzuführen. Es gibt eine Reihe von guten Nachrichten für den 1. August 2001. Wir sind insbesondere froh darüber, den Preis der Schülermonatskarte von 60 DM auf 45 DM senken und dafür sorgen zu können, dass die Geschwisterkinder nur noch 30 DM zahlen.

[Niedergesäß (CDU): Das hätten Sie schon lange machen können!]

Das ist eine Halbierung des bisherigen Preises. Eine Familie mit drei Schulkindern musste bisher 180 DM für die Schülermonatskarten ihrer Familie ausgeben. In Zukunft werden es nur noch 105 DM sein. Die Familie spart 75 DM im Monat. Das ist ein großer Erfolg!

Zum Zweiten ist es gelungen, das Berlin Ticket A für Empfänger von Arbeitslosenhilfe zum gleichen Preis wie bisher, für 45 DM, beizubehalten. Neu eingeführt wird eine Berlin-Karte zum Preis von 69 DM im Jahr. Mit dieser Berlin-Karte ist jeder Inhaber berechtigt, überall die Ermäßigungstarife zu nutzen. Wir wollen damit erreichen, dass möglichst viele zeitweilige Kunden von S-Bahn und BVG stärker an Busse und Bahnen gebunden werden. Die Karte sollte jeder bei sich haben, nach dem Motto: Das leiste ich mir! Jede Strecke, die spontan mit den öffentlichen Nahverkehrsmitteln gefahren wird, kann dann zum Ermäßigungstarif befahren werden. Dies ist deutlich preisgünstiger, als es bisher der Fall ist. Das ist ein Angebot an alle Benutzer des öffentlichen Nahverkehrssystems, die nicht aus beruflichen Gründen die Monatskarte brauchen, sondern vielmehr zum Einkaufen, nur an bestimmten Tagen zur Arbeitsstätte fahren oder die Freizeit mit der BVG oder der S-Bahn erleben wollen. Die Berlin-Karte für 69 DM ist eine sehr wichtige Errungenschaft. Jeder Fahrschein ist zum Ermäßigungstarif gültig.

Die nächste Neuerung ist die übertragbare Freizeitkarte. Diese gilt werktags ab 18.30 Uhr sowie an Wochenenden ganztags ohne jede weitere Zuzahlung. Wir haben insbesondere für diejenigen ein sehr preiswertes Angebot geschaffen, die in ihrer Freizeit kulturelle Veranstaltungen besuchen, die ins Umland fahren und Ausflüge machen wollen. Für 45 DM im Monat kann man jeden Werktag ab 18.30 sowie das ganze Wochenende kostenlos fahren.

Eine weitere Verbesserung ist die Mitnahme eines Kindes tagsüber bei der Premium-Karte. Inzwischen ist auch Einvernehmen erzielt worden, mit der nächsten Tarifrunde die Kleingruppenkarte wiedereinzuführen. Insgesamt bringen diese innovativen Vorteile insbesondere Familien mit Kindern, den Gelegenheitsfahrern, die in der Freizeit kulturelle und sportliche Angebote Berlins nutzen wollen sowie den Senioren erhebliche Vorteile. Es ist ein wesentlicher Durchbruch gelungen, den öffentlichen Personennahverkehr für die Berliner auch preislich wieder attraktiver zu machen.

[Beifall bei der SPD]

Die erste Zusatzfrage hat der Fragesteller. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Senator! Sie haben vorhin die normalen Zeitkartenkunden angesprochen. Ist absehbar, dass in Fortsetzung der von Ihnen genannten Verbesserungen auch für diese Verbesserungen in den nächsten Monaten eingeführt werden? Haben Sie dazu bereits konkrete Vorstellungen?

Herr Senator, bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Es gibt eine Vereinbarung mit dem Verkehrsverbund, der BVG und der S-Bahn, im nächsten Jahr ein sogenanntes Power-Pricing-System einführen zu wollen. Es soll dafür gesorgt werden, dass der Preis der Monatskarte sinkt, je mehr Menschen in Berlin die Monatskarte abonnieren. Wenn viele Menschen BVG und S-Bahn regelmäßig mit der Monatskarte fahren, kann der Preis auch sinken. Angebot und Nachfrage regulieren den Preis. Das ist eine Methode, die wir im nächsten Jahr gut durchführen können. Es ist eine Werbekampagne für den öffentlichen Personennahverkehr. Je mehr Menschen sich die Monatskarte leisten, umso mehr Einnahmen erzielen die öffentlichen Verkehrsunternehmen und umso preiswerter kann dieses Angebot auch werden.

Der Fragesteller hat keine Frage mehr. Die nächste Zusatzfrage geht an Frau Matuschek. – Bitte sehr!

(A) (C)

(B) (D)

Vielen Dank! – Herr Strieder! Ihre Ausführungen waren wie das Auspacken eines Weihnachtsmannsackes. Haben Sie auch eine Erleichterung im Preissystem für die Fahrradfahrer als Geschenk dabei? Warum wurde die Kleingruppenkarte überhaupt abgeschafft, wenn sie in einem Jahr wieder eingeführt wird? Warum wird sie nicht anlässlich der Euro-Umstellung eingeführt? Das wäre ein realistischer Zeitrahmen gewesen, um die Panne vom Frühjahr wieder auszumerzen.

Herr Senator Strieder, bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Wir wollen uns für die nächste Legislaturperiode auch noch ein paar Verbesserungen beim öffentlichen Nahverkehrssystem vorhalten.

[Niedergesäß (CDU): Die werden Sie nicht überstehen!]

Infolgedessen werden wir eines nach dem anderen tun. Das, was wir jetzt – wie Sie sagen – ausgepackt und – ich sage – mit erheblichem Aufwand durchgesetzt haben, ist ein großer Vorteil für Berlin. Es macht unser öffentliches Nahverkehrssystem attraktiver und vor allem für die Familien preisfreundlicher. Das sollten wir als erstes betonen. Bei der Kleingruppenkarte gab es Dissonanzen insbesondere mit der BVG. Diese sind inzwischen beigelegt. Die Kleingruppenkarte wird im nächsten Jahr wieder eingeführt.

Die nächste Zusatzfrage geht an Herrn Abgeordneten Müller-Schoenau. – Bitte!

Herr Strieder! Ich teile Ihre Auffassung, dass begrüßenswerte Verbesserungen für Fahrgäste eingeführt werden. Meinen Sie nicht auch, dass in der nächsten Legislaturperiode weitere drastische Verbesserungen im Angebot für BVG-Kunden erforderlich sind, um die 200 Millionen Fahrgäste zurückzugewinnen, die während der großen Koalition der BVG weggelaufen sind?

[Niedergesäß (CDU): Daran ist natürlich Herr Strieder schuld, das ist doch klar!]

Herr Senator, bitte!

Die Unterstellung in dieser Frage ist nicht ganz richtig, Herr Müller-Schoenau. Ich freue mich, dass Sie es freut, dass wir beim öffentlichen Nahverkehrssystem zu erheblichen Verbesserungen gekommen sind. Das ist auch gut so. Wir müssen aber auch konzedieren, dass die U-Bahn und Busse erhebliche Konkurrenz durch die Inbetriebnahme neuer S-Bahnstrecken bekommen haben und dass es die Durchbindung der Regionalbahn durch Berlin schlichtweg attraktiv sein lässt, mit der Regionalbahn von Spandau ins Zentrum der Stadt zu fahren, weil es die zeitlich kürzeste Verbindung ist. Insofern hat sich das Potential insgesamt für den öffentlichen Nahverkehr in Berlin nicht verringert, sondern auf mehrere Verkehrsträger verteilt. Gerade deshalb ist die Initiative des Regierenden Bürgermeisters sinnvoll, mit der Deutschen Bahn Gespräche aufzunehmen, um ein Verkehrsangebot zwischen BVG, S-Bahn und Regionalbahn aus einer Hand anbieten zu können.

Weitere Zusatzfragen habe ich nicht.

Dann kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage von Frau Abgeordneter Holzheuer-Rothensteiner über

Zukunft der Tief- und Verkehrsbau GmbH

Bitte sehr, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Worin bestanden die Zusagen, die der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit der Berliner Tief- und Verkehrsbau GmbH nach Anmeldung der Insolvenz gemacht hat, welche Maßnahmen zum Erhalt der 430 Arbeitsplätze wurden eingeleitet, und wie ist der gegenwärtige Stand?

2. Trifft es zu, dass öffentliche Auftraggeber säumige Zahler sind und dass Außenstände in Höhe von 5,6 Millionen DM die zur Abwendung des Insolvenzverfahrens benötigte und von den Banken nicht bewilligte Kreditsumme übersteigen, und, wenn ja, um welche öffentlichen Auftraggeber für welche Bauvorhaben und welche Summen handelt es sich?

Zur Beantwortung hat Senator Strieder das Wort, bitte sehr!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Der Senat bedauert die außerordentlichen Schwierigkeiten dieses Unternehmens sehr. Der Regierende Bürgermeister hat sich mit den beiden Geschäftsführern, dem Betriebsratsvorsitzenden und dem Landesvorsitzenden der zuständigen Gewerkschaft IG Bau, Agrar und Umwelt getroffen und dabei die Unterstützung des Landes Berlin angeboten. Er hat dabei auch angeboten, dass das Unternehmen trotz der angemeldeten Insolvenz im Wettbewerb um Aufträge bleiben sollte. Wir prüfen derzeit, ob das Unternehmen trotz der Insolvenz auch im Unternehmensleistungsverzeichnis und Lieferantenverzeichnis verbleiben kann.

Es trifft aber – und das will ich an der Stelle in aller Deutlichkeit sagen – nicht zu, dass öffentliche Auftraggeber säumige Zahler sind.