Protocol of the Session on May 31, 2001

Ich glaube schon, Herr Goetze, und da habe ich eine ganz andere Wahrnehmung als Sie, dass, wenn wir dort eine Tiefgarage haben, die Ein- und Ausfahrten braucht, die Ablüftungsschächte hat etc. auch wenn Rücksicht genommen wird auf das vorhandene Kunstwerk, es nicht gut ist, wenn wir die Gesamtsymbolik dieses Kunstwerkes, das sich einbezieht in den Ort, zerstören. Ich könnte gut auf die geplante Entwicklung verzichten, denn man muss sagen, Herr Goetze, – er hört mir sowieso nicht zu, aber vielleicht die anderen Kollegen – –

[Cramer (Grüne): Das ist die demokratische Kultur der CDU! Herr Goetze, man spricht mit Ihnen!]

Ja! – hier ist ein authentischer Ort, weil es eben nicht an jedem Ort in dieser Stadt Bücherverbrennungen gegeben hat. Mit dieser Bücherverbrennung verbindet sich eine besondere martialische, bestialische Art der Ignoranz der Nazis, mit dem geistigen Eigentum anderer umzugehen. Deswegen finde ich, kann man hier besondere Sensibilität von den Stadtplanern und Bauplanern in Berlin erwarten. Ich hätte mir gewünscht, dass das schon viel früher geschehen wäre, und kann nur hoffen, dass es uns jetzt noch gelingt, hier alle Beteiligten zur Einsicht zu bringen und Abstand zu nehmen von den bisherigen Planungen.

Sie müssen jetzt zum Schluss kommen!

Ja, das ist mein letzter Satz, Herr Präsident! – Ich glaube, dass es uns gelingen sollte, auf die Tiefgarage zu verzichten. Wenn das nicht der Fall ist, weil ja davon die Rede ist, dass schon solche Verträge geschlossen worden sind, dass womöglich Regressansprüche der Investoren vorhanden sind, ehe man die ganzen sensiblen Fragen geklärt hat, dann ist es allerdings höchste Zeit, jeden Schritt, der jetzt getan wird, abzustimmen mit dem Künstler und entsprechende Beratungen vorzunehmen. Denn wir können nicht hinterher einen protestierenden Künstler haben in Berlin, der sich nicht mehr mit seinem eigenen Kunstwerk und dem Denkmal am Ort der Bücherverbrennung identifizieren kann.

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Vielen Dank, Frau Ströver! – Für die Fraktion der SPD spricht jetzt Frau Dr. Neef zum gleichen Thema – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Abermals haben wir Nachhilfeunterricht von der PDS im Umgang mit der Vergangenheit erhalten.

[Beifall des Abg. Schöneberg (CDU)]

Diese Vorbemerkung sei mir gestattet. Es erinnert mich in Diktion und Inhalt an ein verflossenes Zeitalter. Ich möchte gerne, dass wir auf eine sachliche Ebene zurückkehren.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Es ist schwer, zum Schluss zu diesem im Grunde klarliegenden Punkt zu reden, weil alles, was an Emotionen und an Fakten existiert, hier bereits gesagt worden ist. Die Entscheidung über die Baugenehmigung liegt beim Bezirk. Der Bezirk wird diese erteilen, wenn sich die Anliegerin des Platzes, die Humboldt-Universität, und die Baufirma über den Konflikt eventueller Bauschäden geeinigt haben. Die Abstimmung mit dem Künstler ist übrigens längst erfolgt, hat bereits stattgefunden. Sein Berliner Mittelsmann hat entsprechende Unterlagen. Das Kunstwerk selbst gehört der Stadt bzw. dem Tiefbauamt des Bezirks. Hinsichtlich der Erhaltung der Aura des Bebelplatzes gibt es vertragliche Sicherungen bis hin zu den historischen Pflastersteinen. Das ist auch wichtig. Die öffentliche Wahrnehmung des Kunstwerkes, das Gedenken an die Bücherverbrennung, soll nicht beeinträchtigt werden, ebensowenig der besondere Charakter des Platzes, der gerade nach der Wende einen bestimmten Stellenwert bekommen hat. Ich kann mich erinnern, dass früher dort massenhaft Autos parkten und dass die Universität durch Baulärm etwa bei der Errichtung des Palastes der Republik über Jahre beeinträchtigt war. Das sind Randerscheinungen, die in einer wachsenden Stadt immer wieder auftreten werden. Aber der Charakter dieses Platzes wird oder soll erhalten werden, muss erhalten werden. Er ist nicht nur der Ort dieses wertvollen Denkmals, er ist auch in der letzten Zeit Ort gewesen von Protesten, von Veranstaltungen ähnlich historisch bedeutender Art. Die Gefahr der Entwertung eines lebendigen Andenkens in dem so eindrucksvollen Kunstwerk inmitten städtischen Lebens kann ich nicht nachvollziehen, denn das ist es ja gerade, dass es in den städtischen Alltag eingebaut, integriert ist. Kunst findet doch nicht im alltagsleeren Raum statt. Wenn die Umgebung dieses Ortes, das Straßenbild von parkenden Autos freigemacht wird, entspricht das genau diesem historischen Flair des Raumes, des Platzes und des Umfeldes, was mit dem Forum Fridericianum gegeben ist. Insgesamt sind Tiefgaragen die eleganteste Art, die Innenstadt zu höherem Schauwert zu bringen. Wir sehen jedenfalls keinen Anlass, dass der Senat im Sinne des Antrags auf das Bezirksamt einwirkt. – Danke!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Frau Dr. Neef! – Wir kommen nun zur Abstimmung, denn die Fraktion der PDS hat sofortige Abstimmung beantragt. Wer also diesem Antrag der PDS-Fraktion seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um

(A) (C)

(B) (D)

Vizepräsident Dr. Luther

das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Keine Enthaltungen! Die Gegenstimmen waren die Mehrheit. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 19, Drucksache 14/1226:

Antrag der Fraktion der PDS über Unterstützung der Bundesratsinitiative des Landes NordrheinWestfalen zum Erlass eines Gesetzes zur tariflichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen

Im Ältestenrat wurde mitgeteilt, dass sich der Senat am Dienstag darauf verständigt hat, der Bundesratsinitiative des Landes Nordrhein-Westfalen beizutreten. Damit – und dies wurde im Ältestenrat in Aussicht genommen – kann heute eine Beratung entfallen. Wir können sofort über den Antrag abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion der PDS – Drucksache 14/ 1226 – seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei einer Enthaltung ist das dann mit großer Mehrheit so beschlossen.

Die lfd. Nr. 20 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 20 A, Drucksache 14/1238:

Antrag der Fraktion der PDS über Sicherung des Schienenpersonenfernverkehrs

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das höre ich nicht. Beratung ist nicht vorgesehen, dafür aber die Überweisung an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr. Wer das so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Beides ist nicht der Fall. Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 20 B, Drucksache 14/1241:

Antrag der Fraktion der Grünen über Aktionsprogramm „Let’s clean the air in Berlin!“ – Nichtraucherschutz als Aufgabe der Drogenbeauftragten

Warum diese Kampagne in Englisch ist, weiß ich nicht. – Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Beratung ist vorgesehen. Es beginnt Frau Dr. Klotz für die Fraktion Bündnis 90/Grüne. Ich gehe aber davon aus, dass die Redebeiträge in Deutsch gehalten werden.

[Zurufe von den Grünen und der CDU]

Herr Dr. Köppl, formaljuristisch dürfte ich Sie gar nicht reden lassen. Sie wissen das. Sie sind uns als Redner nicht gemeldet. Aber Sie sind jetzt dran. Wenn Sie versprechen, es kurz zu machen und in Deutsch zu sprechen, dann sind wir einverstanden.

Schönen Dank! – Meine Damen und Herren! Ich bin etwas außer Atem.

[Schlede (CDU): Vom Rauchen!]

Ich habe nicht damit gerechnet, dass es hier so schnell geht.

Meine Fraktion legt Ihnen heute einen Antrag zur Verbesserung der Situation des Nichtraucherschutzes in Berlin vor. Überschrift – Neudeutsch: Let’s clean the air in Berlin! – Für unseren Innensenator kann das natürlich übersetzt werden: Lasst uns endlich die Luft für Nichtraucherinnen und Nichtraucher in Berlin verbessern, lasst sie uns säubern!

[Beifall von allen Seiten des Hauses – Cramer (Grüne): Bravo!]

Dieser Antrag folgt einer einfachen Grundregel: Immer dann, wenn Nichtraucherinnen und Nichtraucher auf Raucherinnen

und Raucher treffen, wenn sie sich gemeinsam in Räumen aufhalten oder wenn Raucherinnen und Raucher Kinder betreuen, dann soll und darf nicht geraucht werden.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der SPD]

Das baut auf einem Programm auf, das schon seit längerer Zeit propagiert wird. Es gibt dazu WHO-Vorschläge, die weltweit versuchen, dieses Prinzip durchzusetzen.

In Berlin kann man nicht sagen, dass wir in der letzten Zeit nicht vorwärts gekommen sind. Gerade hier im Parlament hat es eine wesentliche Verbesserung in den letzten Jahren gegeben, indem wir in einem rauchfreien Kasino sitzen und Gespräche führen können, ohne dass wir durch Zigarettenrauch belästigt werden. Es gibt rauchfreie Schulen. Es gibt rauchfreie Rathäuser. Es gibt eine rauchfreie BVG. Aber wir müssen kontinuierlich daran arbeiten, dass sich dieses Prinzip als neue kulturelle Verhaltensweise durchsetzt. Diese Durchsetzung bedarf einer politischen Unterstützung. Dieses Parlament ist der Ort, an dem politische Initiativen diskutiert und vorbereitet werden. Wir legen Ihnen mit dieser Grundphilosophie ein Programm vor, wo letztendlich dieses selbstverständliche neue Verhältnis von rauchenden und nichtrauchenden Bevölkerungsteilen niedergelegt wird. Dies soll als Anstoß gesehen werden. Wir haben dazu eine Reihe von Beispielen beschrieben, wo man das umsetzen kann. Im Prinzip geht es immer sehr einfach: Die öffentlichen Gebäude oder die Einrichtungen, wo sich Raucher und Nichtraucher begegnen, erklären sich zu rauchfreien Zonen. Die Kollegen, die nikotinabhängig sind oder weiter rauchen wollen, bekommen spezielle Flächen oder Räume, wo sie dann rauchen können und die anderen nicht stören. Der übrige Teil wird rauchfrei sein.

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Dr. Rogall (SPD) – Zuruf des Abg. Borgis (CDU)]

Wenn wir diese Grundphilosophie akzeptieren, kommen wir auch aus diesem Gegensatz heraus. Das ist kein Programm zur Unterdrückung der Raucher. Es soll kein Massenentwöhnungsprogramm sein. Es soll die Raucher auch nicht öffentlich diskriminieren, sondern es soll einfach einen neuen Umgang kreieren. Vor allen Dingen soll es die Nichtraucher in den Stand versetzen, dass sie gleichberechtigt sind.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der SPD]

Bisher sind sie in der Situation eines elenden Bittstellers. Überall, wo sie hinkommen, ob sie ins Kino oder ins Theater gehen, ob sie sich in politischen Parteien treffen oder wenn sie das Pech haben, im Gefängnis zu sitzen, überall dort werden sie zugequalmt, weil es offenbar das selbstverständliche Recht der anderen, die rauchen, gibt. Diese Kultur ist dominant, das setzt sich durch, und die anderen sind in der Haltung des Bittstellers. Der Antrag ist also ein Programm zur Emanzipationsbewegung und Gleichberechtigung der Nichtraucher. Diese neue Kultur sollte sich auch in Berlin durchsetzen. Wir sollten hier als Hauptstadt beispielgebend sein.

Ich möchte Ihnen eine Mitteilung machen; deswegen bin ich eben zu spät gekommen: Eine Sekunde, bevor dieser Tagesordnungspunkt aufgerufen wurde, hat der Bundestag heute mit großer Mehrheit beschlossen, dass dieses Prinzip, das ich Ihnen gerade vorgetragen habe, als verbindende Richtlinie bei den Arbeitsstätten durchgesetzt wird.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der SPD – Dr. Rogall (SPD): Bravo!]

Im dritten Anlauf ist es jetzt gelungen. Es hat zweieinhalb Legislaturperioden gedauert, bevor dieses selbstverständliche Grundprinzip jetzt durchgesetzt wurde. Das oberste politische Gremium dieser Republik hat, wie gesagt, vor fünf Minuten beschlossen, dass das Prinzip des rauchfreien Arbeitsplatzes in die Arbeitsstättenverordnung eingeführt wird. Damit bekommen die Nichtraucher einen Rechtsanspruch und werden aus der Bitthaltung herausgenommen. Dies möchte ich mit diesem schönen Antrag, den meine Fraktion beschlossen hat