Sie haben Ihr Mandat als Senator niedergelegt und können an der Abstimmung nicht teilnehmen. Ich wäre gespannt gewesen, ob Sie als Parlamentarier Ihren Vorschlägen die Sie als Senator befürworten, Niederlagen bereitet hätten. Aber Ihre Genossen bekommen dies offensichtlich hin. Wir sind jedenfalls gespannt, wie die SPD votieren wird.
Bei der Bernauer Straße ist es so, dass dies auch im Koalitionsvertrag steht und dass die CDU – obwohl das immer schon gewollt ist – das Vorhaben 10 Jahre lang boykottiert hat. Seit einem Jahr ist offensichtlich, dass die Bernauer Straße nicht verbreitert wird, sondern die einzige Möglichkeit der Realisierung im bestehenden Querschnitt liegt. Dass Sie das angepackt haben, Planungsdaten vorgelegt haben, und weil wir wissen, wie labil die große Koalition in dieser Frage ist, dafür erhalten Sie die Unterstützung der gesamten Opposition, wenn sich das Votum aus dem Ausschuss wiederholt.
Beim dritten Antrag ist die Situation etwas anders. Die Verlängerung vom Eckernförder Platz zum S-Bahnhof Beusselstraße steht nicht im Koalitionsvertrag, aber das Parlament kann ja auch Dinge beschließen, die nicht im Koalitionsvertrag stehen.
Anlässlich der S-Bahneröffnung von Jungfernheide nach Westhafen hat der Regierende Bürgermeister im Beisein von Journalisten unsere Forderung aufgegriffen und gesagt: Jawohl, die Straßenbahn vom Eckernförder Platz bis zum S-Bahnhof Beusselstraße muss realisiert werden, diese Lücke muss geschlossen werden. Sie amortisiert sich auch schnell. – Und er begründete es mit seiner Jugenderinnerung, denn früher sei er immer dort umgestiegen. Als im Ausschuss dieses Ansinnen des Regierenden Bürgermeisters abgelehnt wurde, habe ich ihm geschrieben, ich hätte mich für seine Forderung eingesetzt, aber seine eigene Fraktion widerspräche seinem Anliegen. Darauf hat er mir freundlich zurückgeschrieben, sich bedankt, dass ich mich für diese Maßnahme einsetze, hat sich bei Herrn Strieder rückversichert und gehört, sie würde mit hoher Priorität verfolgt, eine Machbarkeitsstudie gäbe es im ersten Quartal 2001, und er hofft, dass das schnellstmöglich realisiert wird – was der Abgeordnete Kaczmarek von der CDU immer vehement bestreitet und als überflüssig bezeichnet.
Wir als Parlament wollen jetzt wissen, ob Reden Taten folgen, ob Sie, Herr Senator Strieder, in diesem Haus eine Mehrheit
haben, ob Ihre Planungsdaten eine verlässliche Größe sind und ob diese widersprüchlichen Äußerungen von CDU und SPD zu den Ansinnen ihrer eigenen Senatoren der Wahrheit entsprechen oder nicht. Deshalb diese Anträge, und weil wir das dokumentieren wollen, wird hierüber namentlich abgestimmt. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Cramer, das ist sehr lieb von Ihnen, dass Sie Senator Strieder unterstützen wollen.
Ich fürchte bloß, Herr Cramer, er braucht Ihre Unterstützung nicht. Und wenn er auf Ihre Unterstützung angewiesen wäre, dann könnte er morgen schon zurücktreten. Gott sei Dank hat er die Unterstützung der großen Koalition, und die trägt auch etwas weiter als Ihre.
Ich will etwas zu Ihrem Versuch sagen, einen Keil zwischen die beiden Koalitionsfraktionen zu treiben. Das ist ja nett überlegt, und wenn Sie sogar die Jugenderinnerungen des Regierenden Bürgermeisters heranziehen, ist das schön. Vielleicht können wir an dieser Stelle auch einmal über Ihre Jugenderinnerungen beschließen. Ich glaube aber nicht, dass das die Aufgabe des Parlaments ist. Sondern Aufgabe des Parlaments ist es, vernünftige Verkehrspolitik zu machen, und diese große Koalition hat in ihrer Koalitionsvereinbarung auch sehr sinnvolle Vorgaben gemacht; Sie bestreiten das auch nicht. Nun werden wir uns aber von Ihnen nicht unsere Koalitionsvereinbarung zur Absegnung vorlegen lassen. Wir haben darüber schon abgestimmt. Herr Cramer, ich habe es Ihnen im Ausschuss schon einmal gesagt: Wenn Sie wollen, dass wir hier zustimmen, dann legen Sie die Koalitionsvereinbarung in allen ihren Teilen vor, und da steht an erster Stelle: Die U 5 wird bis 2006 fertig gebaut. Und dann kommen die Straßenbahnlinien. – Da wird die CDU-Fraktion in großer, breiter Mehrheit zustimmen und sagen: Das machen wir. Komischerweise kommt dieser Vorschlag von Ihnen nicht.
Herr Cramer, nehmen Sie es mir nicht übel, aber diese Anträge und dazu noch diese Änderungsanträge sind ein ziemlich deutliches Zeichen dafür, dass es mit den Grünen nicht so gut aussieht. [Ach! von den Grünen]
Ihre inhaltliche Leere und Ihre programmatische Desorientierung versuchen Sie durch Straßenbahnpolitik zu ersetzen. Straßenbahn als das Maß aller Dinge, Straßenbahn als der Endpunkt der verkehrstechnologischen Entwicklung, die Straßenbahn sozusagen als das verkehrspolitische Nirwana! Das kommt der Straßenbahn nicht entgegen, und das ist auch keine vernünftige Verkehrspolitik, die wir deswegen nicht unterstützen können.
Wir werden Ihre Anträge ablehnen, und wir werden auch Ihre Änderungsanträge dazu ablehnen. Das heißt nicht, dass wir nicht zur Koalitionsvereinbarung stehen. Dazu stehen wir allerdings, was von Ihnen nicht behauptet werden kann.
Ja, Sie sind, Gott sei Dank, am Aushandeln auch nicht beteiligt gewesen. Ein Glück! Sie sind auch nicht auch nicht in der Koalition. Aber auf diese Art und Weise werden Sie auch nicht in eine Koalition kommen, Herr Cramer, das muss ich Ihnen einmal deutlich sagen.
Nun kommen wir einmal zu den fachlichen Fragen, die hier zu Grunde liegen. Ich wundere mich schon, dass sich bei Ihnen Verkehrspolitik nur noch ausschließlich auf dem Gebiet der Straßenbahn abspielt. Hat eine Metropole tatsächlich keine anderen verkehrspolitischen Probleme? Hat die Stadt Berlin tatsächlich
keine anderen Themen verkehrspolitischer Art als immer nur Straßenbahn, Straßenbahn und nochmals Straßenbahn? Nichts gegen Straßenbahn da, wo sie sinnvoll ist. Nichts gegen die Straßenbahn da, wo sie auf eigenem Bahnkörper verkehren kann. Nichts gegen die moderne Straßenbahn, die eine wichtige Ergänzung des Verkehrssystems dieser Stadt ist. Aber alles gegen die Straßenbahn als ideologisches Kampfmittel gegen den Straßenverkehr.
Das wird die CDU-Fraktion nicht mitmachen, und deswegen werden wir Anträgen nicht folgen, die dazu führen würden, dass der innere Straßenring, der dazu dienen soll, letztendlich die Innenstadt vom Autoverkehr zu entlasten, entwertet und in seiner Leistungsfähigkeit herabgesetzt würde.
Nein, er kann ja noch eine Kurzintervention machen, wenn er noch etwas Neues zur Straßenbahn sagen kann, was ich bestreiten möchte.
Ich bin der Meinung, Sie sollten sich insgesamt um andere verkehrspolitische Themen kümmern. Das wäre hilfreich für dieses Haus, und das wäre auch hilfreich für die Verkehrspolitik in dieser Stadt. Ich sage es ganz deutlich: Die Straßenbahn ist ein ganz kleiner Ausschnitt der Verkehrspolitik. Sie haben keine Antwort auf die Fragen des steigenden Flugverkehrs in dieser Stadt, Sie haben keinerlei Antworten auf die Probleme des Bahnverkehrs. Rot-Grün regiert nun auf Bundesebene, Herr Cramer, und unter dieser Verantwortung werden Containerbahnhöfe geschlossen, werden die Interregios abgeschafft, wird das Angebot verschlechtert und werden die Fahrpreise erhöht. Das sind verkehrspolitische Antworten, die wir nicht gut finden und von denen ich bisher immer dachte, dass wir sie in diesem Hause im Konsens nicht gut finden.
Wir werden uns um die wahren verkehrspolitischen Probleme dieser Stadt kümmern. Wir werden Senator Strieder an den Stellen, wo er sinnvolle verkehrspolitische Entscheidungen trifft, auch unterstützen, genauso wie wir seinen Vorgänger Klemann unterstützt haben, Herr Strieder, manchmal, immer, meistens,
fast immer, und wir werden uns an dieser Stelle zusammenraufen, und wir werden ihn sicherlich noch davon überzeugen, dass er seinen Widerstand gegen die Verlängerung der U-Bahnlinie 5 aufgibt und einsieht, dass das eine wichtige und sinnvolle verkehrstechnologische Maßnahme ist, die im Interesse der Stadt bis 2006 oder 2007 vollendet werden sollte
Wir werden für eine mobile Stadt sorgen, aber mit diesen Anträgen ist der mobilen Stadt nicht geholfen, ist der Verkehrspolitik nicht geholfen. Deswegen bitte ich Sie, sie abzulehnen. – Vielen Dank! [Beifall bei der CDU]
Vielen Dank, Herr Kaczmarek! – Für die Fraktion der PDS hat jetzt Frau Matuschek das Wort. Bitte schön, Frau Matuschek!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kaczmarek, was soll man denn dazu sagen! Ihre Fraktion hat ja nun geradezu geglänzt, wenn es darum ging,
Anträge ins Abgeordnetenhaus einzubringen, und wenn sie dann irgendwann im Bau- und Verkehrsausschuss gelandet sind, dann waren es zu 80 % wortgleiche Übernahmen aus dem Koalitionsvertrag, den Ihre Fraktion gerne durch dieses Parlament im Detail und abschnittsweise abgesegnet haben wollte. Und nun so eine Rede von Ihnen! Seien Sie doch froh, dass der Kollege Cramer diese Ihre Masche aufnimmt und das Gleiche einmal mit vernünftigen Sachen probiert, nämlich mit der Straßenbahn, die in der Koalitionsvereinbarung genauso enthalten ist wie zum Beispiel das Arbeitslosenticket für 40 DM. Das haben Sie sich auch absegnen lassen, da halten Sie nie solche Reden, dass Sie die Unterstützung der Opposition nicht nötig hätten.
Also, daran kann ich im Prinzip nichts Schlechtes finden, wenn hier der Versuch unternommen wird, den Senat in seinem Bemühen, die Koalitionsvereinbarung da, wo sie sinnvoll ist, zu unterstützen. In diesen drei Fällen bei den Straßenbahnen ist es durchaus sinnvoll.
Zu unserem Antrag nur zwei Sätze: In der vergangenen Legislaturperiode war es üblich, dass regelmäßig Bericht erstattet wurde, welche Straßenbahnen geplant werden und in welchem Planungszustand sich das Verfahren befindet. Diese Berichterstattung ist leider nicht fortgeführt worden. Wir möchten sie gerne wieder einführen, damit wir auf dem aktuellen Stand sind, was geplant wird, und damit solche Pannen, wie sie zurzeit an der Karl-Liebknecht-Straße passieren und passiert sind, nicht fortgeführt werden: Zwei Jahre lang ist geplant worden, und zwei Wochen vor Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens stellt man fest, dass es das Planwerk Innenstadt gibt, das da nicht einbezogen wurde. Also das Ganze zurück – und nun wieder doch. Wir möchten mehr Planungssicherheit auch für die Verwaltung, damit sie weiß, woran sie mit Priorität arbeiten und das dann auch zügig zu Ende führen soll.
Zu den einzelnen Anträgen, die hier von Bündnis 90/Die Grünen vorliegen: Es ist schon vorhin gesagt worden, aber Herr Kaczmarek, Sie sind doch sonst so ein Zahlenfreund, warum sagen Sie nicht einfach, wieviel Potential in der Linie in der Leipziger Straße liegt? – Es sind 70 000 Fahrgäste täglich. Sie beklagen doch immerzu den Stau am Brandenburger Tor in den Verkehrsverbindungen Ost-West,
dann haben Sie mit der Straßenbahn in der Leipziger Straße ein riesiges Potential, wo Sie günstige Verkehrsmöglichkeiten anbieten, die dann garantiert auch benutzt werden. Davon gehen wir aus.
Zur Beusselstraße: Sie reden doch gerne von „Lückenschlüssen“. Da haben wir tatsächlich eine Lücke zu schließen, nämlich die von der Straßenbahn bis zum S-Bahnhof. Das ist eine sinnvolle Systemverknüpfung. Und Sie, Herr Kaczmarek, sind doch Spezialist, wenn es um systemischen Charakter von Verkehrspolitik geht. Da sollten Sie sich einmal an Ihre eigene Nase fassen und dort die Verknüpfung, den Lückenschluss vorantreiben. Da ist er sinnvoll, da muss er hin.
Was die Bernauer Straße betrifft, darüber können Sie noch lange weiter reden, Sie kriegen die Straße nicht breiter, aber Sie können, wenn Sie dort keine Straßenbahn wollen, das Image Berlins mächtig niedertreten. Das wollen wir nicht, wir möchten die Straßenbahn dort schnell und möglichst bald bis zum Nordbahnhof und später, sobald es möglich ist, bis zum Lehrter Bahnhof.
da könnten wir uns diese Einigkeit im Parlament auch einmal gönnen und diesen Anträgen geschlossen zustimmen.