Protocol of the Session on November 30, 2000

Prinzip der sogenannten Allzuständigkeit. – Dafür gibt es auch technische Lösungen. Dieses Bedürfnis war es – darin stimmen nahezu alle Fraktion überein –, weshalb wir im Verwaltungsreformausschuss gesagt haben: Jetzt, mit diesem Gesetz kann der erste Schritt getan werden, auch hin zur Allzuständigkeit, hin dazu, dass die Meldestellen auch in die Bürgerämter integriert werden, was ja mit dem Gesetz noch gar nicht der Fall ist. Da werden sie erst einmal kommunalisiert bzw. in die Bezirksämter delegiert. Das Gesetz sagt ja noch nichts in dem Sinne aus, dass die Aufgabe in die Bürgerämter kommen soll. Aber der Weg ist dazu offen, und das war der Grund, dass wir gesagt haben: Ja, wir wollen dieses Gesetz.

Die Fragen des Datenschutzes sind auch bei uns diskutiert worden. Wir haben uns in anderen größeren Städten umgesehen, wir haben über den Sommer eine Untersuchung über Bürgernähe der Berliner Verwaltung gemacht und haben das auch mit Erfahrungen anderer größerer Städte verglichen. In den dortigen Stadtbüros, Bürgerbüros, wo es schon lange üblich ist, dass alle Aufgaben in dem von mir beschriebenen Sinne aus einer Hand realisiert werden, sind solche Konflikte im Sinne des Verwertungsverbotes relativ selten vorgekommen. Wir haben das auch mit Fachleuten beraten und haben deshalb den Antrag gestellt, dass in jedem Bürgeramt, jedem Bürgerbüro, wo das möglicherweise koordiniert wird, einer der Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter als Datenschutzbeauftragter qualifiziert wird, um die dort auftretenden Einzelfälle im Laufe eines Jahres genau zu qualifizieren, Ratschläge zu geben, um dann möglicherweise gesetzliche Initiativen in dieser Richtung zu ergreifen. Aber wir haben uns auch in einer gewissen Weise beruhigt. Wir haben die Zahlen, den großen Bedarf gesehen. Und ich will Ihnen das sagen: In den nächsten zwei, drei Jahren werden in Berlin etwa 1 Million Personalausweise, nämlich alle aus Ostberlin, ablaufen; die 10 Jahre sind vorbei. In den nächsten Jahren wird es auch einen großen Bedarf geben, was Reisepässe, Führerscheine und dergleichen betrifft; dieser Bedarf, der gewissermaßen danach ruft, diese Aufgaben in Bürgerämter hineinzubringen und mit einer relativen Breite zu erfüllen.

Aber auf der anderen Seite haben wir uns beruhigt und gesagt: Wir haben Fachleute. Der Innenausschuss hat einen Unterausschuss Datenschutz.

[Wieland (Grüne): Ja, da ist es nicht gewesen!]

Und da haben wir gesagt, selbstverständlich, dort müssen diese Vorschläge zur Datenschutz-Übergangsregelung beraten werden, die im Verwaltungsreform-Ausschuss keine Mehrheit fanden, die wir vorgeschlagen hatten. Wir verstehen es ganz einfach nicht, dass die Koalition diese Chance vertan hat. Und das ist der Grund, weshalb unsere Fraktion gewissermaßen ein doppeltes, ein unterschiedliches Stimmverhalten bisher gezeigt hat, die Zustimmung im Verwaltungsreform-Ausschuss und die Enthaltung im Hauptausschuss und im Innenausschuss. Und jetzt lese ich, dass in der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses das Einführungsdatum noch verlängert wird. Da ist es doch eigentlich das Normalste von der Welt, wenn wir einen solchen Konflikt haben in einer Sache, die eigentlich alle gemeinsam wollen, den Vorschlag der Grünen aufzugreifen, den Monat Januar zu nutzen, der steht noch zur Verfügung, und diese Datenschutzprobleme dort auszudiskutieren, auf Relevanz zu prüfen und anderes mehr.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Wir empfehlen also, diesem Vorschlag der Fraktion der Grünen zu folgen. Das wäre ein guter und ein gütlicher Weg zur möglichen Konfliktlösung, und den sollten wir nicht ausschlagen.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Vielen Dank, Herr Dr. Zotl. – Für die Fraktion der SPD hat die Abgeordnete Frau Flesch das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selten ist ein Gesetz so lange und so ausführlich beraten worden wie das heute zur II. Lesung anstehende. Wir haben vor gut zweieinhalb Jahren beschlossen, der Senat habe unverzüg

lich einen Gesetzentwurf zur Verlagerung der Meldestellenaufgaben auf die Bezirke vorzulegen. Und vor etwa anderthalb Jahren hatten wir im damaligen Sonderausschuss Verwaltungsreform bereits den Referentenentwurf. Wir haben ihn damals diskutiert, übrigens auch im Unterausschuss Datenschutz. Seit der ersten Diskussion über den Referentenentwurf mit Prof. Garstka haben wir mit Berufsverbänden, den Bezirken, dem Leiter des Landeseinwohneramtes, mit allen, die an dieser Frage überhaupt interessiert waren, immer wieder die betreffenden Fragen diskutiert, auch die von Prof. Garstka aufgeworfenen Fragen. Nur, Herr Garstka hat doch am Montag im Innenausschuss selbst gesagt, es sind keine Datenschutzfragen, sondern es sind Fragen der Vereinbarkeit mit Bundesrecht;

[Wieland (Grüne): Mit Bundesdatenschutzrecht!]

nicht datenschutzrechtlicher Art, sondern registerrechtlicher Art. Insoweit sehe ich eine Notwendigkeit einer Rücküberweisung an den Unterausschuss Datenschutz wirklich nicht ein.

[Wieland (Grüne): Völlig falsch verstanden!]

Herr Wieland, in diesen zwei Jahren ist auch aus Ihrer Fraktion nicht ein einziges Wort gekommen, dass Sie eine Idee hätten,

[Wieland (Grüne): Natürlich!]

wie man den grundlegenden Konflikt zweier verschiedener Systeme, nämlich des Senatsentwurfs und des Gesetzentwurfs, den Herr Garstka vorgestellt hat, heilen kann.

[Wieland (Grüne): Kann man!]

Es geht nicht um Änderungsanträge, die sind auch von Ihnen nicht gekommen, sondern es geht um zwei verschiedene Systeme. Und für eines dieser beiden Systeme muss man sich entscheiden. Nebenbei gesagt, die Erfahrung mit dem normalen Abschichtungsprozess zeigt mir, und da war der Senat noch einigermaßen auf unserer Seite, dass eine Verlagerung von Meldestellenaufgaben mit einem Gesetz, das im Wesentlichen nicht dem entspricht, was der Senat einbringt, noch viel schwieriger werden wird; denn da werden die Widerstände noch auf ganz anderen Ebenen sehr stark sein.

Ich denke, eine Rücküberweisung an den Unterausschuss Datenschutz, den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung wird uns hier keinerlei Hilfestellung mehr bringen.

[Cramer (Grüne): Warum denn nicht?]

Wir sollten jetzt dieses Gesetz beschließen. Der Unterausschuss Datenschutz hatte sich mit dem Entwurf befasst. Es hat daran keine wesentlichen Änderungen mehr gegeben.

Aber lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen, was wir eigentlich wollen mit dieser Aufgabenverlagerung.

[Wieland (Grüne): Das wissen wir!]

Sie wissen das. – Wir wollen einmal eine klare Trennung der Aufgaben. Wir wollen die Durchführungsaufgaben in möglichst vielen Bereichen des Verwaltungslebens in die Bezirke geben. Dadurch wollen wir auch die Bezirke stärken, dadurch dass sie klare eigene Aufgaben haben, das Ganze unter Beibehaltung des Allzuständigkeitsprinzips, Herr Dr. Zotl hat es erwähnt. Und gerade dieses Allzuständigkeitsprinzip hat die Probleme, die wir hier gerade diskutiert haben, auch hervorgerufen.

[Frau Oesterheld (Grüne): Es gibt Lösungen!]

Es gibt Lösungen, es gibt zwei Lösungswege, und wir haben uns mehrheitlich bzw. einstimmig im Verwaltungsreformausschuss für einen dieser beiden Wege entschieden.

Dieses Gesetz, das wissen diejenigen, die sich ernsthaft damit befasst haben und nicht nur ein Thema ansprechen, ist immer noch nicht der große Wurf. Es fehlt noch jede Menge an Verlagerungen von Aufgaben. Es sind auch Sachen darin, wo ich sage, das sind keine Aufgabenverlagerungen. Es gibt keine Ordnungsaufgabe Entgegennahme von Anträgen. Das sehe ich als Herausforderung an uns, da weiterzuarbeiten, auch als Herausforderung an die sonst nicht so interessierten Fachausschüsse, selber mal zu gucken, was sie in ihren Aufgabenbereichen sehen, was verlagert werden kann.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

(A) (C)

(B) (D)

Ziel des Ganzen ist es immer noch, moderne, bürgerfreundliche Verwaltung in Bürgerämtern zu konzentrieren. Und dieser Gesetzentwurf bringt uns ein erstes Stück weiter. Wenn die Meldestellen bei den Bezirken sind, können sie die zukünftigen Kerne zukünftiger Bürgerämter sein. Und es ist dringend geboten, Herr Wieland, jetzt endlich dieses Gesetz zu beschließen.

[Wieland (Grüne): Ist doch nicht das Thema!]

Seit zwei Jahren sind Landeseinwohneramt, Bezirksämter und ganz besonders die Beschäftigten des Landeseinwohneramts in einem Zustand: „Wir wissen nicht, was wird.“ Dass wir jetzt einen Monat verschieben müssen, ist der Bundesdruckerei und ihren langen Vorlaufzeiten geschuldet. Mir wäre es lieber gewesen, wir hätten es hier mit den Ordnungskennzahlen der Bezirke, mit den Verfassungsnamen der Bezirke arbeiten können.

[Cramer (Grüne): Wir kriegen es doch noch hin!]

Ich finde es noch sehr gut, dass der Hauptausschuss mit Auflagenbeschlüssen die Probleme, die jetzt noch kommen, über die Verteilung der Ressourcen, der Personal- und Sachmittel auf die Bezirke, gefasst hat, dass der Hauptausschuss sich des Themas angenommen hat auch im Hinblick darauf, eine künftige Sicherung dieser staatlichen Aufgabe in finanzieller Art hinzubekommen.

Versuchen Sie, sich doch noch einmal einen Ruck zu geben.

[Frau Oesterheld (Grüne): Machen Sie’s doch!]

Machen Sie den Weg frei für eine moderne, bürgerfreundliche Verwaltung in Berlin, und stimmen Sie dem Gesetz zu. Und arbeiten Sie bitte doch in ihren eigenen Fachausschüssen auch mal daran, nachzugucken, nicht, was Sie alles selber behalten und behandeln wollen, sondern was Sie den Bürgerämtern zum besseren Arbeiten für die Bürger noch zu übertragen haben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Frau Flesch! – Wir haben jetzt zwei Abstimmungen. Sie haben gehört, der Abgeordnete Wieland hat zunächst die Rücküberweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung beantragt. Dann stelle ich zunächst dies zunächst zur Abstimmung. Wer Rücküberweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen; die Gegenstimmen waren die Mehrheit, dann ist die Rücküberweisung abgelehnt.

Ich schließe damit die Einzelberatung und verbinde die Einzelabstimmungen mit der Schlussabstimmung. Wer dem Gesetz zur Neuregelung der Zuständigkeiten des Landeseinwohneramts Berlin auf der Basis der Vorlage Drucksache 14/595 unter Berücksichtigung der Änderungen in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung unter weiterer Berücksichtigung der Neufassung des Artikels VII mit dem Inkrafttreten durch den Hauptausschuss, Drucksache 14/859, zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einigen Gegenstimmen und Stimmenthaltungen der Oppositionsfraktionen ist das so angenommen.

Die lfd. Nrn. 4 und 5 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Damit sind wir bei

lfd. Nr. 6:

a) Drucksache 14/828:

I. Lesung des Antrags der Fraktion der Grünen über Klimaschutz II – Niedrigenergiestandard bei Neubauten – Gesetz zur Änderung der Bauordnung für Berlin

b) Drucksache 14/826:

I. Lesung des Antrags der Fraktion der Grünen über Klimaschutz III – Berliner Energiespargesetz mit mehr Sonnenwärme – Gesetz zur Änderung des Berliner Energiespargesetzes

c) Drucksache 14/827:

Antrag der Fraktion der Grünen über Klimaschutz I – Neuorientierung der Fördermittel zur energetischen Altbausanierung