die gesamten Gutachten und z. B. das ViEW-Projekt auf den Weg gebracht hat, ohne das wir heute keine fachliche und sachliche Diskussionsgrundlage hätten.
Ohne diese Gutachten – das wage ich zu behaupten – wären wir nicht in der Lage, heute das Gesetz parlamentarisch zu diskutieren.
Wir haben in einem parlamentarischen Prozedere innerhalb der Koalitionsfraktionen um die beste Lösung für die Rechtsform und den Inhalt des Gesetzes gerungen. Ich verhehle keineswegs, dass Mitglieder der CDU-Fraktion lieber eine HoldingLösung in der GmbH-Form als den Einheitsbetrieb mit HoldingElementen gehabt hätten, wie es jetzt Gesetzesinhalt ist. Wir haben einen Konsens gefunden. Ich denke, sowohl die Handschrift der CDU wie die der SPD ist in diesem Gesetz enthalten, und ich würde nicht von Verlierern und Gewinnern sprechen. Wichtig für mich ist, dass das Land Berlin und die Berliner Bevölkerung die Gewinner sind. Das ist das Wichtigste.
Zu den Zielen der GmbH: Die GmbH ist verpflichtet – und so steht es im Gesetz –, die hohe Behandlungsqualität der Bevölkerung zu gewährleisten. Die Betriebswirtschaftlichkeit ist als zweiter Punkt zu nennen. Hier hapert es noch an manchen Standorten. Aber vergessen Sie bitte auch nicht, dass durch die GmbHGründung Arbeitsplätze hier im Land Berlin gesichert werden! Auch das ist eine wichtige Komponente.
Mit dem Start der GmbH hat die jetzige Gesundheitssenatorin Frau Schöttler eine enorme Verantwortung. Sie muss den Start politisch so begleiten, dass dabei nichts schiefgeht und das
Gesetz – so es heute im Hohen Hause verabschiedet wird, aber davon gehe ich aus – auch dezidiert umgesetzt wird, so dass der Start dieser GmbH eine Perspektive im Gesundheitswesen dieser Stadt eröffnet. – Ich danke Ihnen!
In der zweiten Runde hat Herr Czaja dann noch 15 Minuten für seine Rede. – Das Wort hat nun Herr Dr. Köppl!
Schönen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich denke, die Sache ist im Wesentlichen ausgekämpft und ausdiskutiert. Heute geht es noch einmal darum, dass die Fraktionen ihre Positionen darstellen. Es wird heute eine Mehrheitsentscheidung im Sinne der Koalition geben. Sie haben das noch hinbekommen. Aber letztendlich – wenn Sie ehrlich sind – geht es heute zuallerletzt um das Krankenhaus, sondern im Kern geht es darum, einen Konfliktpunkt Ihrer Koalition aus dem Weg zu räumen. Die Mehrheit der CDU-Fraktion war lange auf der Seite einer anderen Struktur. Sie sind zusammengestampft worden mit dem Argument: „Es muss ja hier weiterregiert werden. Verprellt mir bitte nicht meinen Koalitionspartner!“ – ohne Rücksicht auf Verluste und ohne ein Eingehen auf die Sachargumente. Es hieß: „Es wird jetzt das gemacht, was die SPD-Seite will, damit wir in anderen Punkten auch mal wieder das durchsetzen können, was die CDU-Seite will.“
Das ist die Grundlage der heutigen Entscheidung, und die Opfer sind die Krankenhausbeschäftigten, die später in diesem Betrieb arbeiten und die Patienten, die sich dort pflegen lassen müssen. Denn sie wissen nicht – und das werde ich Ihnen gleich erklären –, ob die Konstruktion, die Sie uns heute vorlegen, überhaupt eine realistische Überlebenschance hat. Nach unserer Meinung hat sie diese Chance nicht.
Zuerst müssen wir uns einmal darüber klar werden, warum wir in Berlin überhaupt in diese Situation gekommen sind. Wir hatten doch noch vor drei Jahren einen gesunden Krankenhaussektor mit Rücklagen von 80 Millionen DM. Wir hatten sozusagen „blühende Landschaften“ im Berliner öffentlichen Krankenhaussektor, aber innerhalb von drei Jahren haben Sie es in der Koalition geschafft – erst unter der Verantwortung einer CDU-Senatorin, dann unter Verantwortung der SPD –, dass aus diesen „blühenden Landschaften“ einer öffentlichen Krankenhausstruktur mit 80 Millionen DM Rücklagen nun marode Krankenhäuser entstanden sind.
Statt der Rücklagen in Höhe von 80 Millionen DM vor drei oder vier Jahren haben wir heute 200 Millionen DM Schulden. Das heißt, 280 Millionen DM sind im Rahmen Ihrer Verantwortlichkeit in diesem Betrieb faktisch vernichtet worden. Die notwendigen strukturellen Änderungen, die der Krankenhausplan mit sich gebracht hat, haben Sie nur ungenügend durchgesetzt. Die notwendigen Härten, die Sie natürlich auch im Rahmen eines öffentlich betriebenen Krankenhaussektors hätten durchsetzen müssen, haben Sie nicht durchgesetzt. Sie haben Verträge mit den Krankenkassen abgeschlossen, deren notwendige Konsequenz Sie im öffentlichen Sektor nicht untersetzt haben. Das Ergebnis ist, dass wir heute in einer ökonomisch ausweglosen Situation sind und wir im öffentlichen
Krankenhaussektor faktisch nicht mehr anders können, als diesen gesamten Bereich aus dieser unverantwortlichen Struktur, wie sie jetzt besteht, in eine private Gesellschaftsform zu übergeben, wo wir zwar Eigentümer bleiben, aber eine private Geschäftsführung eingesetzt wird, damit sie diesen Sektor reorganisiert.
Es gibt andere Beispiele in der Bundesrepublik, wo man es unter ebenfalls harten ökonomischen Bedingungen geschafft hat, den öffentlichen Sektor so modern zu führen und so zu restrukturieren, dass er am Markt bleiben kann. Nur Sie in Berlin haben es nicht geschafft. Das ist erst einmal die Ausgangssituation. [Beifall bei den Grünen – Braun (CDU): Was schlagen Sie vor?]
Nachdem Sie uns in diese missliche Ausgangslage gebracht haben, über die Sie heute nicht gesprochen haben – weder die SPD noch der Kollege von der CDU hat über diese missliche Ausgangssituation gesprochen, dass wir nämlich heute faktisch keine eigene Alternative mehr haben, als zu privatisieren –, verkaufen Sie uns die Privatisierungslösung als das Größte überhaupt. Nein! Die Privatisierung ist aus einer absoluten Notsituation geboren. Wir haben einen Krankenhausbetrieb, der erhebliche ökonomische Schwierigkeiten hat, und die werden nicht dadurch verschwinden, dass wir eine private Geschäftsleitung einsetzen und eine privatrechtliche Organisationsstruktur haben, sondern diese miesen ökonomischen Ausgangsbedingungen werden in die neue GmbH überwälzt.
Das möchte ich Ihnen nun im Einzelnen erklären: Wir haben erstens die Verschuldung – 200 Millionen DM. Das sind eigentlich Schulden des Trägers, muss ich Ihnen klipp und klar sagen. Das sind eigentlich Schulden des Landes, aber das Land entledigt sich dieser elegant und sagt: „Okay, macht nichts! Das ist zwar unsere Verantwortung, aber diese Schulden übergeben wir jetzt dem neuen Betrieb. Der soll sehen, wie er damit klarkommt.“ – Das ist für eine Gründung eines neuen Betriebs, der sich am Markt behaupten muss, eine nicht gerade optimale Ausgangssituation, bei einem Umsatzvolumen von etwa 1,6 Milliarden DM – oder etwas weniger, das wissen wir noch nicht genau – eine Verschuldungssituation von 200 Millionen DM, die finanziert und abgetragen werden muss.
Das zweite Argument: Wir haben in der jetzigen Struktur ein strukturelles Defizit von etwa 85 Millionen DM pro Jahr. Rechnet man Buch heraus, das nicht mit übertragen wird, dann sind es immer noch zwischen 50 Millionen DM und 60 Millionen DM für den neuen Betrieb. Dieses strukturelle Defizit wird ebenfalls in die neue GmbH überwälzt. Wir gründen also einen Betrieb mit 200 Millionen DM Verschuldung und strukturellen Defiziten – bei der Eröffnungsbilanz – von etwa 50 Millionen DM bis 60 Millionen DM. Auch dies ist nicht optimal, eine schlechte ökonomische Ausgangsbedingung und gefährdet den neuen Betrieb in seiner privatrechtlichen Struktur. Ich kann Ihnen kein Beispiel nennen, wo eine privatrechtliche Struktur in der Bundesrepublik gegründet worden ist, die solch hohe Überschuldung hat und gleichzeitig strukturell ein Problem mit sich herumschleppt, das nur ganz schwer bewältigt werden kann.
Das dritte Argument bezieht den Gründungsakt ein. Sie haben eine Form gewählt, die Grundstücke zu übertragen, denn irgendetwas müssen sie schließlich der GmbH mitgeben, nicht nur Schulden, sondern auch ein bisschen Sicherheit, das Grundstücksvermögen der GmbH von etwa 2,1 Milliarden DM. Dies wollen Sie in einer Form überführen, das es privatrechtlich dem Betrieb zugerechnet wird. Das löst als Erstes schon einmal Grunderwerbsteuer aus, in Höhe von ungefähr 80 Millionen DM. Dies muss also den 200 Millionen DM Schulden und den 50 Millionen DM bis 60 Millionen DM strukturellen Unkosten zugerechnet werden. Finden Sie das für die Gründung eines neuen Betriebs optimal? Wer von Ihnen mit ökonomischer Erfahrung würde für einen solchen Betrieb Verantwortung tragen wollen? Dabei weiß die GmbH noch nicht einmal, weil sie noch keinen Abschluss mit den Krankenkassen hat, wie das Gesamtbudget aussehen soll. Zusammenfassung: Das ist eine sehr waghalsige und wacklige Unternehmung.
Dazu gab es Alternativen, zum Beispiel bei der Frage der Übertragung der Grundstücke. Natürlich müssen Sie, wenn Sie Schulden in dieser Höhe übergeben, der GmbH auch Sicherheiten mitgeben. Aber wer sagt denn, dass die Grundstücke in dieser Form übertragen werden müssen? Es hätte auch andere Formen gegeben, zum Beispiel das Modell Behring-Krankenhaus und Oskar-Helene-Krankenhaus, indem die Grundstücke nicht formell in das Eigentum der neuen Gesellschaft übergehen, sondern die Grundstücksvermögen zusammengefasst werden, im Besitz des Landes verbleiben, damit keine 80 Millionen DM Grunderwerbsteuer anfallen. Das Land hätte sich in einem Vertrag verpflichten müssen, Grundstücke etwa in der Höhe 200 Millionen DM zu verkaufen, die dann dem neuen Betrieb bilanztechnisch zugeführt werden können. Dies wäre nach unserer Auffassung eine betriebswirtschaftlich sehr viel elegantere Lösung gewesen. Es hätte nicht zusätzliche Kosten von 80 Millionen DM ausgelöst und dem Betrieb die gleiche Sicherheit gegeben, einen Ausgleich für die Schulden zu erhalten. Das alles haben Sie aber nicht gemacht.
Der letzte Punkt und schwerste Fehler besteht nach unserer Meinung in der gewählten Betriebsform. Sie gründen einen zentralistischen Einheitsbetrieb, der wirklich das Wort „Kombinat“ verdient. [Heiterkeit bei den Grünen]
Sie gründen einen großen Betrieb mit etwa 17 000 Beschäftigten mit einem Umsatzvolumen von – wie gesagt – 1,6 Milliarden DM, und zwar in 9 Standorten. Es gibt keinen Grund, die Krankenhäuser in dieser Form zusammenzufassen, und dies macht auch keinen ökonomischen Sinn. Der Kollege von der CDU-Fraktion hat angedeutet, dass es dort heftige Debatten gegeben hat, hier eine andere betriebswirtschaftliche Grundstruktur anzulegen, die sehr viel dezentraler, sehr viel ökonomischer ausgerichtet ist. Die regionale Versorgung der Patienten: Jedes Krankenhaus hat seinen Schwerpunkt, entweder in Spandau und Umgebung oder in Mitte und Umgebung oder in Schöneberg und Umgebung. Dort liegt der Schwerpunkt der zukünftigen Arbeit der jeweiligen Krankenhäuser. Sie aber gründen eine Betriebsstruktur, die sozusagen davon ausgeht, als hätten diese Krankenhäuser eine Aufgabe für die gesamte Stadt. Das haben sie aber nicht, und somit liegt ein schwerer Fehler vor. Sie hätten eine Holdingstruktur gründen müssen.
Mit einer solchen Holding hätten wir nämlich die Chancen gehabt, das, was notwendigerweise zu modernisieren und zu zentralisieren ist, in den Kopf der Gesellschaft zusammenfassen zu können. Dazu hätte natürlich das Rechnungswesen gehört oder die medizinischen Dienstleistungen, die man nicht in jedem Krankenhaus einzeln vorhalten muss, die man zentralisieren kann. Dazu hätte der Einkauf gehört und alles das, was ViEW uns vorgeschlagen hat. Diese zentralen Aufgaben hätten vom Geschäftsvolumen vielleicht 20 % ausgemacht, mehr nicht. Dann hätten wir aber genau den ökonomischen Benefit erreichen können, den jetzt die Senatsverwaltung unterstellt, wenn der neue Betrieb kommt. Das hätten wir genauso gut in der Holding machen können. Und die Krankenhäuser, dort, wo sie ihre Patienten versorgen, dort, wo sie Verträge schließen müssen, dort, wo sie als Gesundheitszentrum in den Regionen arbeiten müssen, hätten das auch gekonnt. Sie wären Vertragspartner gewesen, sie hätten in der Holdingstruktur das machen können, wozu sie als eigenständige, große Krankenhäuser fähig seien. Jedes einzelne Krankenhaus ist schließlich keine kleine Klitsche, sondern ein Großbetrieb mit einem Jahresumsatz in dreistelligem Millionenbereich, hat in der Regel mehrere Tausend Beschäftigte. Nehmen Sie beispielsweise das Krankenhaus Neukölln als das größte Haus. Das sind mit die größten Arbeitgeber in den einzelnen Regionen. Diese Großbetriebe in einem Kombinat zusammenzufassen, ist eine grundfalsche Entscheidung.
Ich vermute, dass diese grundfalsche Entscheidung der GmbH nicht helfen wird, sondern es zu dem führen wird, was in jedem Kombinat festgestellt werden kann, nämlich dass unten nichts mehr entschieden werden darf und Entscheidungen nach oben delegiert werden und zum Schluss 3, 4 oder 5 Geschäftsführer alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen müssen. Es wird sehr mühselig sein, es wird Abstimmungsprobleme mit
sich bringen. Dort, wo in der regionalen Versorgung eigentlich das Geschäft gemacht wird, fehlen den Leitungen dann die Kompetenzen, sie dürfen nicht entscheiden. Dies ist der Grundfehler.
Leider ist es nicht zu verhindern, und Sie werden hier heute diesen Grundfehler beschließen. Aber, meine Damen und Herren, wenn Sie sich das Thema der Aktuellen Stunde ansehen, „Soziale Verantwortung und ökonomische Vernunft“, dann müssen Sie sich sagen lassen, dass beides nicht gewahrt ist.
Die soziale Verantwortung für die Beschäftigten und die Sicherheit für die Patienten ist nur durch ökonomisch gut geführte und medizinisch hochwertige qualitative Krankenhäuser sicherzustellen. Sie können nicht die soziale Verantwortung für etwas übernehmen, was permanent auf Grund seiner inneren Strukturen ineffizient arbeitet und sich verschuldet. Und auch die ökonomische Vernunft ist nach meiner Meinung nicht gewahrt. Sie haben eine falsche Grundstruktur gewählt, was dem Betrieb erhebliche Schwierigkeiten bereiten wird. Sie kommen vielleicht damit über die Legislaturperiode, weil sie auch in der Bilanz erhebliche Grundstücksverkäufe eingestellt haben. Aber ich garantiere Ihnen, dass wir in zwei oder drei Jahren hier wieder stehen und über die Verlustsituation dieses Gesundheitskombinats sprechen müssen. Dass es dann auch noch um „soziale Verantwortung und ökonomische Vernunft“ geht, wage ich zu bezweifeln, denn dann stehen nämlich andere Fragen an, weil der Betrieb so marode geworden ist, dass er in Einzelteile verlegt und verkauft wird. Damit ist dann der öffentliche Krankenhaussektor ruiniert und zerschlagen.
Vielen Dank, Herr Dr. Köppl! Für Ihre zweite Runde verbleiben noch 7 Minuten Redezeit. – Nun hat die Senatorin für Arbeit, Soziales und Frauen das Wort. Bitte, Frau Schöttler!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Kollege Köppl! Eigentlich hatten Sie Recht
Ich hatte mir eigentlich auch vorgenommen, da im Laufe der Diskussion meine Erfahrung war, dass der Austausch von Argumenten mit Ihnen nicht möglich ist, denn Sie haben Ihren Standpunkt und erkennen keinen anderen an, auf eine Stellungnahme heute zu verzichten.
Aber ich möchte trotzdem hier erwidern, dass die Zahlen, die Sie hier nennen, und die Ausgangspositionen nicht zutreffend sind. Wenn Sie von „blühenden Landschaften“ reden, dann müssen Sie bitte auch zur Kenntnis nehmen, dass sich die Landschaft, in denen sich die Krankenhäuser befinden, verändert haben. Und wenn sie weiter blühen sollen, dann muss man für den Boden, auf dem sie blühen sollen, etwas tun. Man muss diesen Boden verändern; dieses tun wir heute.