Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Wahlprogramm der AfD zur Landtagswahl 2024 steht, dass sie die Grundkenntnisse der Brandenburger Schülerinnen und Schüler in den Kernfächern Deutsch und Mathematik stärken möchte. Dagegen habe ich natürlich nichts. Die Tatsache allerdings, dass hier und heute eine Sondersitzung stattfindet, lässt ernsthafte Zweifel daran aufkommen, dass diese Fähigkeiten – diese Grundfähigkeiten – in der AfD-Fraktion ausreichend vorhanden sind, denn Sie müssten ja eigentlich nur eins und eins zusammenzählen
und einmal den Koalitionsvertrag lesen, um auf das Abstimmverhalten der Landesregierung im Bundesrat zu kommen.
Das ist doch einfach: Es ist offensichtlich, dass BSW und SPD bezüglich der Abstimmung im Bundesrat am Freitag verschiedene Auffassungen vertreten. Das ist nichts Ungewöhnliches, denn wir sind ja zwei unterschiedliche Parteien.
Im Koalitionsvertrag steht sinngemäß, dass sich das Land, wenn sich die Koalitionspartner in bestimmten Fragen nicht einig sind, im Bundesrat der Stimme enthält. Das ist ein gängiges und erprobtes Verfahren, also nichts wirklich Aufregendes. Ich nehme aber gern die Gelegenheit, die Sie mir damit gewähren, wahr, um noch einmal die Position des BSW darzustellen.
Die Pläne von CDU/CSU, SPD und Grünen sehen vor, dass die Schuldenbremse für Ausgaben für das Militär nicht mehr gelten soll, wenn sie 1 % des Bruttoinlandsprodukts übersteigen.
Das tue ich nicht. – Das bedeutet im Klartext: Hier wird keine Grenze gezogen, wie viele Hundert Milliarden tatsächlich in die Aufrüstung fließen dürfen.
Das ist also ein mit Steuergeldern finanzierter Blankoscheck, über den sich nur die Rüstungsschmieden und ihre Großaktionäre freuen.
Im Übrigen lässt sich ein solcher Aufrüstungswahnsinn auch nicht mit der angeblichen Gefahr eines russischen Angriffs auf Deutschland und die EU im Fall eines militärischen Rückzugs der Vereinigten Staaten begründen. Zum einen verfügen die US-Geheimdienste über keinerlei Hinweise, dass Russland überhaupt vorhat, einen NATO-Staat anzugreifen. Dennoch schütten uns die Talkshow-Generäle hierzulande mit Propaganda zu, wonach der kommende Sommer der letzte Sommer im Frieden sein werde.
Zum anderen geben allein die europäischen NATO-Staaten – also ohne die USA – schon heute dreimal so viel für Rüstung aus wie Russland.
Die Notwendigkeit einer Zustimmung zu dieser geplanten Verfassungsänderung lässt sich im Übrigen auch nicht aus unserem
Brandenburger Koalitionsvertrag ableiten – im Gegenteil. Die Vereinbarung zwischen SPD und BSW ist klar auf Abrüstung hin orientiert. Zitat:
Selbstverständlich bekennen wir uns zu den Brandenburger Bundeswehrstandorten. Wir wollen eine gut ausgestattete Bundeswehr,
die ihre verfassungsmäßige Aufgabe der Landesverteidigung erfüllen kann. Dafür braucht es aber keine Hunderte von Milliarden Euro. Dafür muss man vor allem endlich den Beschaffungsfilz bei der Bundeswehr austrocknen und die Grundausrichtung der Bundeswehr ändern,
denn, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir debattieren ja schließlich nicht im luftleeren Raum: Die Rahmenbedingungen für eine Verbindung von Verteidigungsfähigkeit und Abrüstung können und müssen einfach geschaffen werden. Wer das erklärtermaßen absurd findet, Herr Kollege Redmann, sehe sich doch einfach noch einmal die Entspannungspolitik der jüngeren europäischen Geschichte an. Da ist genau das passiert.
Aber es geht ja hier und heute – und seit Jahren – nicht mehr um die bloße Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr, sondern darum, kriegstüchtig zu werden. Es geht darum, aus einer Armee der Landesverteidigung eine Interventionsarmee zu machen – und da machen wir natürlich nicht mit.
(Beifall BSW – Lars Hünich [AfD]: Aber da könnt ihr doch nicht Ja sagen! Da müsst ihr Nein sagen! – Weiterer Zuruf des Abgeordneten Lars Hünich [AfD])
Eine Abkehr von dem starren Verbot der strukturellen Verschuldung bei den Bundesländern ist unserer Auffassung nach grundsätzlich zu begrüßen. Es ist jedoch hochgradig erpresserisch, diese Lockerung bei den Ländern sowie das Sondervermögen für Investitionen an die Zustimmung zu einer neuen Form von Kriegskrediten und zu einem neuen Wettrüsten koppeln zu wollen.
Statt eines Blankoschecks für Schulden zur Hochrüstung fordert das BSW eine sogenannte goldene Regel. Nach dieser Regel soll der Staat Kredite nur aufnehmen dürfen, wenn diese ausschließlich dazu verwendet werden, zivile Investitionen zu finanzieren – beispielsweise in Schulen, Krankenhäuser, Straßen,
Brücken, in den Schienenausbau, in Pflegeeinrichtungen usw. Solche sinnvollen Investitionen würden übrigens auch nicht zu einer Überschuldung, sondern – im Gegenteil – zu Wirtschaftswachstum und langfristig sogar zu einem sinkenden Schuldenstand führen. Da stimme ich dem Kollegen Lüttmann zu.
Bröckelnde und zerfallende Infrastruktur wäre schließlich auch eine Hypothek für die kommenden Generationen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist doch bizarr: Es sollen für mehrere Hundert Milliarden Euro zusätzliche Waffen angeschafft werden – Waffen, die Unmengen an Strom, Kerosin und Ressourcen verbrauchen –, und gleichzeitig soll es 100 Milliarden Euro für nicht näher bestimmten Klimaschutz geben. Das ist ein vollkommen unlogischer Ablasshandel,
denn Aufrüsten mit Klimasiegel bleibt am Ende doch Aufrüsten und eine unnötige Verschwendung von Ressourcen. Alle, die diese Pläne unterstützen, sollen sich in Zukunft bitte hüten, mit dem Finger auf Bürger zu zeigen, die sich kein besonders verbrauchsarmes Auto leisten können, denn das, was die Rüstung verbraucht, ist ja wohl deutlich mehr.
(Beifall BSW und AfD – Lars Hünich [AfD]: Aber da könnt ihr doch nicht mehr mit Enthaltung stimmen!)
Außerdem stellt die gestrige Abstimmung im Bundestag, die für eine Grundgesetzänderung auf eine bereits abgewählte Mehrheit setzte, auch nach unserer Ansicht eine grobe Verletzung des Demokratieprinzips dar. Auch das ist für das BSW unakzeptabel.
Aber lassen Sie mich zum Schluss noch ein paar Worte zum vorliegenden AfD-Antrag sagen: Sie von der AfD legen sich ja in den letzten Tagen ziemlich ins Zeug, um so zu tun, als seien Sie gegen die massive Aufrüstung der designierten Bundesregierung. Aber Sie sind mit Herrn Merz und den Grünen im Grunde doch komplett einer Meinung.
Ihr Verteidigungspolitiker Herr Lucassen, der gleichzeitig Rüstungslobbyist ist, fordert ganz offen eine deutsche Atombombe, und Ihre Partei will 5 % und mehr des Bruttoinlandsprodukts in Aufrüstung stecken – jedes Jahr! Das sind jedes Jahr weit über 200 Milliarden Euro.