Protocol of the Session on June 22, 2023

Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Abgeordneter Rostock.

(Beifall B90/GRÜNE - Abgeordneter Keller [SPD] niest. - Heiterkeit - Zuruf: Gute Besserung! - Keller [SPD]: Die Grü- nen lösen etwas bei mir aus! - Zuruf: Du wolltest ihm Rü- ckenwind verschaffen!)

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Frau Wernicke, nach Ihrem Vortrag hätte ich eigentlich eine Pause gebraucht; das muss ich wirklich sagen. An der Stelle - ich drücke es mal so aus -: Vielen Dank für die Deutlichkeit, mit der Sie die Energiewende in ein ähnliches Licht rücken, wie es Ihre Partner zu Ihrer Linken tun!

(Beifall B90/GRÜNE - Zuruf: Oh!)

Es fällt mir wirklich schwer, da noch Unterschiede festzustellen.

(Stefke [BVB/FW]: Geschenkt, Herr Rostock!)

Ich will mit einem Dank an die Linksfraktion für diesen Antrag beginnen, der ja gleich ein ganzes Potpourri an Forderungen beinhaltet. Grundsätzlich würde ich zustimmen, dass wir Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger noch besser beteiligen müssen; da ist seit Beginn der Energiewende noch Luft nach oben.

In der Zwischenzeit ist allerdings ein bisschen was passiert, und ich finde, das muss man auch anerkennen: Zum Beispiel gibt es jetzt - auch auf bündnisgrünes Drängen hin - nach § 6 EEG die Möglichkeit der Beteiligung der Kommunen. Viele Unternehmen wissen das und gehen früh in den Austausch und auf die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger zu. Es gibt auch gute Beispiele dafür, wie die Unternehmen von vornherein sehr offen damit umgehen, frühzeitig informieren, die Verträge zur Verfügung stellen und sogar die Anwaltskosten für die Kommunen bezahlen, die frei einen Anwalt oder eine Anwältin wählen können, der bzw. die die Verträge durchgeht. - Ich kann nur allen Unternehmen empfehlen, das genau so zu machen, denn dann gelingen die Projekte auch.

Auch hinweisen möchte ich auf gute Beispiele, bei denen die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger vor Ort die Chancen nutzen, die der rechtliche Rahmen schon bietet - man muss ja nicht immer alles bis ins Letzte regeln; die Bürgerinnen und Bürger können den Rahmen auch selbst ausfüllen -: Ich möchte hier noch einmal das viel zitierte Beispiel Schlalach vorstellen, wo dank einer Bürgerstiftung auch diejenigen am Ertrag der Windkraftanlagen beteiligt werden, die eben nicht als Grundstückseigentümer direkt durch eine Pacht von ihnen profitieren. So profitieren sehr viele Menschen im Ort; damit können Vereinsheime erneuert, Spielplätze gebaut oder Dorffeste veranstaltet werden.

(Zuruf der Abgeordneten Wernicke [BVB/FW])

In Brandenburg sind wir beim rechtlichen Rahmen sogar noch weiter als der Bund: Rot-Rot hat mit dem schönen Windenergieanlagenabgabengesetz und dem Windkraft-Euro eine gute Sache eingeführt. - Jetzt fordern Sie, das Prinzip auf PhotovoltaikFreiflächenanlagen zu erweitern. Es wurde ja schon von Vorrednern gesagt: Da sind wir schon dran. Wir diskutieren tatsächlich seit einem Jahr über einen Gesetzentwurf; wir sind recht weit, und wir werden in genau diese Richtung gehen. Aber wir wollen das Prinzip nicht nur schlicht und einfach übertragen, sondern es gleich noch weiterentwickeln.

Im Moment ist es ja so: Die Kommunen erhalten pauschal 10 000 Euro pro Anlage und Jahr - unabhängig davon, was es für eine Anlage ist und wie viel sie produziert. Wir wollen die Summe aber an die Leistung der Anlage koppeln, um den Kommunen einen Anreiz zu geben, möglichst effektive Anlagen zu bauen. Das kann man entweder über die produzierte Strommenge oder - vielleicht etwas einfacher - über die Nennleistung erreichen.

Darüber hinaus - das hat Frau Ludwig angesprochen -: Noch einmal über die Zweckbindung zu sprechen, ist - glaube ich - ebenfalls sinnvoll, weil es im Moment ja nur eine Positivliste dazu gibt, wofür die Gemeinden das Geld einsetzen können; das schränkt natürlich vieles ein. Vor Ort stoße ich immer wieder auf viele Ideen, wofür man das Geld nutzen könnte, aber nicht alles findet sich auf der Positivliste. Ich sehe es schon als fraglich an, ob diese Einschränkung nötig ist.

Auch die - ich glaube, Sie haben es selbst angesprochen, Frau Schwarzenberg - von Ihnen genannten Direktzahlungen könnte man sich in dem Zusammenhang noch einmal anschauen. Außerdem wäre es gut, zu verankern, dass bei Gemeinden, die aus vielen Ortsteilen bestehen, die Einnahmen insbesondere den Ortsteilen zugutekommen, in denen die Anlagen stehen.

Jetzt habe ich viel zur finanziellen Beteiligung gesagt. Ich möchte aber noch auf die anderen Punkte eingehen: Vieles, was Sie sich wünschen, macht die Energieagentur ja bereits; an der Stelle möchte ich auch noch einmal Danke sagen. Sie haben die Energiesteckbriefe genannt, aber den Kommunen werden auch viele andere Dinge zur Verfügung gestellt. - Ja, die Energieagentur muss zu einer Energie- und Klimaagentur ausgebaut und dafür auch personell aufgestockt werden. Darüber können wir dann bei der nächsten Haushaltsdebatte sprechen.

Berlin ist ja nun einmal ein Stadtstaat; wir sind ein Flächenland. Bei den Solardachbörsen habe ich mich daher gefragt: Müssen wir das wirklich auf die Landesebene ziehen, oder muss man so etwas nicht doch eher lokal und regional organisieren?

Zur fairen Verteilung der Netzausbaukosten - das wurde auch schon dargestellt -: Das macht Brandenburg seit jeher. Bei den Übertragungsnetzen haben wir es geschafft; bei den Verteilnetzen müssen wir tatsächlich ebenfalls dort hinkommen. Aber auch das ist nichts, wofür es extra diesen Antrag braucht.

Klar ist: Es kann natürlich nicht sein, dass die Länder, die den Ausbau der Erneuerbaren vor allen Dingen vorantreiben, nicht von den niedrigen Gestehungskosten profitieren, sondern - im Gegenteil - im Moment wegen der höheren Netzentgelte sogar mehr für den Strom zahlen müssen.

Letzter Punkt: Zur Förderung der Bürgerenergie tut die Ampel auf Bundesebene schon einiges, Stichworte: Energy Sharing, Aufbau eines Fonds zum Risikoabbau, Ausnahmen von den EEGAusschreibungen - die Frau Ludwig erwähnte - oder auch ein BAFA-Förderprogramm.

Das Fazit lautet also: Vieles, was Sie verlangen, gibt es schon. Bei einigen Vorschlägen sind Sie sogar zu zaghaft; dort wollen wir noch deutlich weiter gehen. Deswegen lehnen wir den Antrag ab. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Danke schön. - Herr Abgeordneter Drenske hat eine Kurzintervention angemeldet. Bitte schön.

(Beifall AfD)

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Ich bin ja völlig entzückt darüber, was ich heute hier von Ihnen höre! Allein: Was für eine Farce! Was für ein Schauspiel, wenn ich das im Vergleich zu unserer Debatte zu den Bürgerenergiegesellschaften vor vier Wochen sehe!

Herr Rostock, ich stimme Ihnen vollkommen zu: Auch ich frage mich, warum Frau Wernicke bzw. die Freien Wähler vor vier Wochen nicht unserem Antrag zugestimmt haben, wenn sie so nah bei unseren Überzeugungen und Zielen sind, die wir in unserem Antrag formuliert haben.

(Beifall AfD)

Was mich aber viel, viel mehr beschäftigt, ist: Sie haben sicherlich die Debatte aufmerksam verfolgt und mitbekommen, dass ich Ihnen erklärt habe, dass allein bei den Ausbauzielen für Photovoltaik 165 Millionen m2 versiegelte Fläche zusammenkommen. Angesichts der Debatte und der Tatsache, dass Sie natürlich von Hause aus schon für einen schnelleren Ausbau, eine weitere Forcierung und zusätzliche Mittel sind, die das Ganze beschleunigen - ich sagte es ja: die Grünen fordern hier mehr Beratung usw. -, frage ich mich: Wie stehen Sie denn zum Umweltschutz, der dadurch ja konterkariert wird?

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter Rostock, möchten Sie darauf reagieren? - Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! -

(Anhaltende Unruhe)

Zum Schluss haben Sie noch eine Frage gestellt - ich weiß gar nicht, was Sie mit der ersten Hälfte Ihrer Kurzintervention eigentlich zum Ausdruck bringen wollten -: Wir haben sehr viel Flächenkonkurrenz - in der Tat. Aber gerade wir als Fraktion setzen uns dafür ein, die versiegelten Flächen zu nutzen. Wir haben zum Beispiel gerade die Diskussion um die Landesbauordnung, in der wir über eine Solarpflicht nachdenken, die schon im Gesetzentwurf enthalten ist. - Das ist genau das Thema: Wir kümmern uns eben an verschiedenen Stellen um den Ausbau der Erneuerbaren.

Zum Umweltschutz - das haben Sie so allgemein gesagt; ich weiß jetzt nicht, was Sie meinen -: Wir haben grundsätzlich immer wieder Zielkonflikte in vielen Politikbereichen, ja auch zwischen Klimaschutz, Artenschutz und Umweltschutz. Gerade wir Grüne führen da aber sehr konstruktive, sachliche Debatten. Wir

spielen nicht das eine gegen das andere aus. Das tun Sie, weil Ihnen beides egal ist.

(Hohloch [AfD]: Dafür braucht man aber auch Sachver- stand!)

Wir gucken, dass wir beides in Einklang bringen, also die Zielkonflikte gut auflösen. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE - Zurufe von der AfD)

Vielen Dank. - Jetzt erhält Herr Prof. Dr. Steinbach das Wort. Er spricht für die Landesregierung. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Gäste! Ich will versuchen, möglichst schnell durch den Antrag zu kommen, um dann noch zwei grundsätzliche Bemerkungen zu machen. Von vielen wurde es schon gesagt, Frau Schwarzenberg: Der Antrag enthält viele positive Elemente. Das einzige kleine Problem, das er hat - damit greife ich eine Bemerkung von heute Morgen auf -, ist: Einen Großteil der Dinge gibt es schon; es sind also schon andere darauf gekommen, dass das wohl sinnvolle Ideen sind.

Ich will das an ein paar Punkten festmachen: Nehmen wir das Beispiel, dass Unterstützungsangebote gefordert werden, damit Kommunen und Landkreise eigene Wind- und Solarparks errichten können. - Das gibt es mit einem Erlass aus dem Jahr 2012 bereits seit zehn Jahren, und dieser Erlass ermöglicht zur Realisierung sogar im Fall von Haushaltssicherung oder vorläufiger Haushaltsführung Kommunalkredite. So etwas gibt es also schon seit zehn Jahren.

Ein Förderprogramm für die Bürgerenergiegesellschaften gibt es bereits auf Bundesebene. Die flächendeckenden Beratungsstellen gibt es in Form der Energieagenturen. Zum Thema faire Verteilung der Netzentgelte: Ich weiß gar nicht, wann ich in den letzten Wochen nicht über dieses Thema gesprochen habe - auch gestern im Rahmen der Wirtschaftsministerkonferenz wieder. Und Herr Habeck hat uns deutliche Zusagen gemacht, dass bis Ende des Jahres vernünftige Regelungen auf dem Tisch liegen werden. Insofern: Von den Grundaussagen ist vieles absolut richtig, Frau Schwarzenberg, aber ein Großteil der Punkte ist unterdessen erfüllt. - Was ist die Schlussfolgerung? Ich glaube nicht, dass wir diesen Antrag an der Stelle brauchen, und empfehle der Koalition seine Ablehnung.

(Einzelbeifall)

Ich will kurz zu zwei anderen Dingen etwas sagen, weil mir das eben beim Zuhören durch den Kopf gegangenen ist. Das eine ist: Wenn man auf die Demoskopie guckt, stellt man bei aller Kritik am GEG - es kann ja nun niemand leugnen, dass es sie, zum Teil auch berechtigterweise, gibt und gegeben hat - fest: In der Summe sind 70 % der Menschen in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich für Klimaschutzpolitik und für die Energiewende.

(Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE)

Das Erstaunliche ist: 60 % geht es zu langsam - das ist auch eine spannende Aussage.

(Zuruf des Abgeordneten Günther [AfD])

Dann kann man sich einmal eine Sekunde lang überlegen, woher das kommt.

(Zuruf des Abgeordneten Günther [AfD])

Da bitte ich diejenigen, die sich heute hier so kritisch geäußert haben, darum, sich mit der jüngeren Generation intensiv auseinanderzusetzen,

(Beifall B90/GRÜNE)