Protocol of the Session on June 22, 2023

(Keller [SPD]: Oh! Skandal!)

In ihrem Inhalt wird klargestellt:

„Fällt das Ergebnis [der Nutzen-Kosten-Analyse] positiv aus, stehe auch aus Sicht des Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke dem Ausbau nichts im Weg.“

(Zuruf des Abgeordneten Keller [SPD])

„Er verwies vor allem aber auch auf das nationale Interesse des Infrastrukturprojekts.“

Genau hier liegt der Hund begraben: Wir haben es nicht mit einer Äußerung des Privatmannes Dr. Dietmar Woidke, sondern mit einer offiziellen Aussage des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg zu tun -

(Keller [SPD]: Wegen einer Pressemitteilung von Schöne- feld?!)

und deshalb, meine Damen und Herren, haben wir den vorliegenden Antrag gestellt.

Die Kosten für das Projekt belaufen sich laut der bereits vorliegenden Machbarkeitsstudie auf rund 800 bis 900 Millionen Euro. Die Pressemitteilung schließt mit:

„Rund 600 Millionen Euro würden aufgrund des erheblich größeren Streckenabschnitts auf das Land Brandenburg entfallen.“

Meine Damen und Herren! Alles deutet darauf hin, dass Brandenburg das Projekt nicht einfach dem Landkreis überlassen

wird. Doch wir sprechen hier von 600 Millionen Euro - kein Pappenstiel, um das einmal deutlich zu sagen! Selbst wenn die vollen Bundesmittel in Höhe von 90 % bewilligt werden sollten, sind es immer noch 60 Millionen Euro, die hier im Raum stehen.

(Keller [SPD]: Nicht schlecht, Herr Specht!)

Unter Berücksichtigung der derzeitigen Preissteigerungen, zeitlichen Verzögerungen und der bei Bauprojekten dieser Art grundsätzlich vereinbarten Preisgleitklausel dürften wir am Ende bei einem Kostenanteil von rund 100 Millionen Euro für Brandenburg liegen - mindestens, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Für was? Für ein im Grunde komplett überflüssiges Luxusprojekt, mit dem in allererster Linie Berliner Interessen befriedigt werden. Die Hauptnutzer der U7 werden Berliner Fluggäste oder Berlin-Touristen sein.

Kaum ein Schönefelder wird die U 7 nutzen, um eine Fahrt zum BER zu unternehmen. Potsdamer werden - wie bisher - mit der Regionalbahn zum BER anreisen. Fluggäste aus anderen Brandenburger Regionen werden höchstwahrscheinlich nicht erst nach Berlin fahren, um dann mit der U-Bahn von Berlin zum BER anzureisen.

(Zuruf des Abgeordneten Keller [SPD])

Wer behauptet, die zukünftigen Schönefelder Neubürger würden die U-Bahn nutzen, um zu ihren Arbeitsplätzen in Berlin zu gelangen, der lässt die Realität außer Sicht. Es ist überhaupt nicht klar, wo die Menschen tatsächlich arbeiten werden - in Berlin oder im BER-nahen Umfeld. Tatsächlich ist Letzteres anzunehmen, zumindest wenn man den Prognosen zur Schaffung von Arbeitsplätzen durch den BER Glauben schenken darf. Selbst wenn ein Großteil dieser Menschen künftig tatsächlich mit der U 7 nach Berlin hineinfahren sollte, wäre dies ebenfalls wieder in erster Linie ein Nutzen, den Berlin daraus zöge.

(Beifall AfD)

Dies dient, meine sehr geehrten Damen und Herren, eindeutig der Entlastung des Berliner Straßenverkehrs und stellt somit einen klaren Nutzen zugunsten Berlins dar.

Selbst der Betrieb und die daraus resultierenden Einnahmen der Linie kämen der Berliner BVG zu, da die Verlängerung der U 7 ja lediglich eine Erweiterung des schon bestehenden Berliner UBahn-Netzes darstellen würde. Und das wird nun einmal von der berlineigenen BVG betrieben.

Es sind, meine sehr geehrten Damen und Herren, keinerlei Vorteile, keinerlei wirklicher Nutzen zugunsten des Landes Brandenburg durch den Weiterbau dieser Linie erkennbar. Daraus schlussfolgern wir, dass das Interesse an der Übernahme der Baukosten aus Brandenburger Sicht nahezu bei null liegen müsste.

Allein die Tatsache, dass der Großteil der künftigen Bahntrasse auf dem Brandenburger Gebiet liegt, rechtfertigt es noch lange nicht, dass Brandenburg auch den Großteil der anteiligen Länderkosten zu tragen hat. Ganz im Gegenteil!

Damit, meine Damen und Herren, komme ich zu einem ganz wesentlichen Punkt, der bislang kaum Beachtung gefunden hat: Al

lein dadurch, dass der BER - als einziger Flughafen der Metropolregion Berlin-Brandenburg - in Schönefeld steht, hat Brandenburg nämlich schon eine wesentliche Last übernommen und Berlin in gleichem Maße entlastet. Ich spreche von der verkehrsbedingten CO2-Emission.

Dazu gibt es übrigens eine sehr klare Feststellung im Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030. In dieser Veröffentlichung des Berliner Senats aus dem Jahr 2017 heißt es zu der Schließung des Flughafens Tegel und der Eröffnung des BER - ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin -:

„Mit der zukünftigen Schließung des Flughafens Tegel und der Inbetriebnahme des BER würden gemäß der statistischen Methodik die CO2-Emissionen nach dem Territorialprinzip dem Land Brandenburg zuzurechnen sein.“

(Keller [SPD]: Weil Ihnen das mit dem CO2 so wichtig ist!)

Wer es nachlesen möchte: Berliner Abgeordnetenhaus, Drucksache 18/0423, im Originaldokument Seite 94, im PDF-Dokument Seite 96. Und wer es ganz schnell finden möchte: Es ist der Absatz drei.

Und so, meine Damen und Herren, trägt heute das Land Brandenburg einen wesentlichen Teil der ursprünglich auf Berlin entfallenden CO2-Fracht, was definitiv einen immensen positiven Faktor zugunsten Berlins darstellt und gleichzeitig einen klaren Nachteil für Brandenburg bedeutet.

Ich denke, meine Damen und Herren, nach allen vorgebrachten Argumenten ist klar - so klar wie das Wasser des Cottbuser Ostsees -,

(Beifall AfD)

dass Brandenburg nicht in der Pflicht steht, den Löwenanteil der Kosten für den Weiterbau der U 7 zu tragen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Für die Koalitionsfraktionen spricht Herr Abgeordneter Rüter.

(Keller [SPD]: Ein kurzes „Nein“, Ablehnung, hinsetzen!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sie werden sich nicht wundern, dass ich dem Ausbau von Infrastruktur des öffentlichen Nahverkehrs insgesamt immer sehr aufgeschlossen gegenüberstehe; das ist auch in diesem Fall so. Eine spannende Sache! Den Infrastrukturausbau haben wir und natürlich auch unsere Nachbarn in Berlin in den jeweiligen Koalitionsverträgen verankert. Es wird hart daran gearbeitet, dass wir damit vorankommen.

(Lachen des Abgeordneten Dr. Zeschmann [BVB/FW])

Meine Damen und Herren! Ich möchte das Thema richtig einsortieren. Der BER ist, das sei gesagt, auch und gerade im Vergleich

mit anderen europäischen Flughäfen, insbesondere Hauptstadtflughäfen, schon relativ gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. Er ist auch relativ günstig erreichbar; denn hier gelten normale Tarife und nicht - wie anderswo - Mondtarife von 20 oder 30 Euro, wenn man vom Flughafen in die Stadt fahren möchte. Das ist vorbildlich. Die Kosten tragen Berlin und Brandenburg gemeinsam. Ich denke, darauf können wir zu Recht stolz sein.

(Beifall SPD sowie vereinzelt CDU)

Meine Damen und Herren! Der BER ist gut angebunden und wird demnächst noch besser angebunden sein, wenn nämlich im Jahr 2025 die sogenannte Dresdner Bahn in Betrieb genommen wird. Sie verläuft von Berlin-Südkreuz über Blankenfelde in Richtung Dresden. In diesem Zusammenhang wird es noch einiges Neues geben.

Im Zuge des gesamten Infrastrukturausbaus ist nun auch die Verlängerung der U 7 im Gespräch. Damit der Bau einer Netzerweiterung - diese U-Bahn ist ja statt dem Schienenverkehr eigentlich dem Straßenverkehr zugeordnet - vom Bund überhaupt gefördert werden kann, ist wie bei allen Vorhaben eine positive Nutzen-Kosten-Untersuchung notwendig. Das ist sicherlich relativ unstrittig.

Die Vergabe der Untersuchung wird aktuell von der zuständigen Berliner Senatsverwaltung vorbereitet. Die Wirtschaftlichkeit, die Kosten und der Nutzen der Verlängerung werden dabei überprüft. Die Kosten der Untersuchung werden anhand der Streckenlänge im jeweiligen Land aufgeteilt. Den Brandenburger Anteil übernimmt nicht das Land Brandenburg allein, sondern auch hierbei erfolgt noch einmal eine Aufteilung zwischen Land, Landkreis, an der Verlängerung sehr interessierten Kommunen und anderen Beteiligten. Das finde ich recht fair. Auch die Gemeinde Schönefeld und der Landkreis übernehmen also anteilig Kosten.

Die Aufgabenträgerschaft - das wurde schon gesagt; aber es ist ja auch wirklich nicht ganz unwichtig - ist indessen geklärt. Bis vor einer Woche klang das bei Ihnen, Herr Münschke, noch ein wenig anders. Sie läge in Brandenburg bei den Landkreisen.

Bei einem positiven Ergebnis der Untersuchung gäbe es übrigens 75 % Förderung; die Förderung von 90 % bezieht sich auf ein anderes GVFG-Projekt; aber das ist jetzt egal. Im Falle der Verlängerung würde der Bund 75 % der Kosten tragen. Diese Förderung wäre möglich. Und genau das meinte der Ministerpräsident, als er in Schönefeld zitiert wurde. Sie haben das Zitat gerade gebracht, wollten es aber leider aus dem Zusammenhang reißen; das ist Ihnen nicht gelungen. Es geht darum: Wenn der Bund bezahlt - was soll Brandenburg dagegen haben?

(Beifall des Abgeordneten Keller [SPD])

Bei einem negativen Ergebnis - das sage ich auch ganz ehrlich - muss wirklich neu darüber nachgedacht werden. Ohne Bundesmittel - die Summen sind genannt worden - halte ich das Ganze für nicht realisierbar.

Nicht realistisch ist auch der vorliegende Antrag. Der Ablauf ist genau festgelegt. Es gibt eine Planung. Daran halten wir uns. Wir werden es nicht dulden, dass Sie sich hier hinstellen und uns gegen unsere Nachbarn ausspielen. Dabei machen wir nicht mit. Für diesen Antrag, meine Damen und Herren, sehe ich wirklich kein Licht am Ende des Tunnels. Wir lehnen ihn ab.

(Beifall SPD sowie vereinzelt CDU und B90/GRÜNE)