Das war eine sehr verschlungene Frage. Ich kann mich jetzt nicht im Detail an jeden Antrag für irgendwelche Bundesratsinitiativen erinnern. Es mag sein, dass es so war. Wir haben aber nicht solche Anträge gestellt. Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass wir eine bundesgesetzliche Entscheidung brauchen, damit wir hier herangehen können. Deswegen muss ich noch mal auf meinen Antrag zurückkommen und unterstreichen, dass wir uns, solange auf Bundesebene die Weichen nicht gestellt werden, zu solchen Themen enthalten müssen. - Aber wir haben das Thema Sterblichkeit angesprochen, und dazu wollten wir ja noch weiter sprechen.
Das war jetzt ein abruptes Ende. Dann kommen wir jetzt zum Redebeitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Für sie spricht Herr Abgeordneter Rostock.
Sehr geehrte Vizepräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Mal wieder ein Antrag der AfD zur Kernenergie. Ich habe leider nur drei Minuten Redezeit, sodass ich einfach ein paar Fakten herunterrasseln werde.
Erstens: Traditionelle Kernkraft, die Kernspaltung, ist natürlich nicht nachhaltig. Wir haben jetzt in drei Generationen Kernenergie genutzt, haben aber radioaktiven Müll für 30 000 Generationen geschaffen. Das ist weder ökonomisch noch sozial noch ökologisch nachhaltig, ganz zu schweigen von den Vorfällen in Tschernobyl oder Fukushima - nachhaltig sind dort nur die Schäden für Mensch und Umwelt.
Zweitens: Der Ausstieg aus der traditionellen Kernkraft, Kernspaltung ist in Deutschland politisch unumkehrbar. Rot-Grün hat ihn 2000 beschlossen, Schwarz-Gelb hat ihn 2010 erst aufgehoben, nach Fukushima 2011 erneut beschlossen - übrigens zu deutlich höheren Kosten -, und die aktuelle Ampelregierung hat ihn schließlich abgeschlossen.
Drittens steht Deutschland damit überhaupt nicht allein da - das ist völliger Quatsch. Ich zähle auf: Dänemark entschied sich 1985 gegen die Nutzung der Kernkraft, Griechenland stellte 1983 die Planung ein, Luxemburg brachte die Planung für ein Kernkraftwerk auch nicht zu Ende, Irland gab Kernkraftpläne nach Bürgerprotesten bereits in den 70ern auf, Portugal beendete 1984 die Pläne für Kernkraft, in Litauen wurden 2009 die letzten Blöcke abgeschaltet und in einer Volksbefragung 2012 sprachen sich zwei Drittel gegen einen Neubau aus,
in Österreich wurde der Einstieg in die Kernenergie von vornherein durch einen Volksentscheid verhindert, in Italien wurden die Kernkraftwerke Ende der 80er nach einem Volksentscheid abgeschaltet.
Ich würde gern meinen Abschlusssatz sagen, dann lasse ich die Zwischenfrage zu. - Also ja, es gibt Länder, die einen anderen Weg gehen, aber es gibt sehr viele, die auch den deutschen Weg gehen - es gibt hier keinen deutschen Sonderweg.
Vielen Dank, Herr Kollege Rostock, folgende Frage: Sie sagten, in Deutschland sei der Ausstieg aus der Kernenergie unumkehrbar. Würden Sie mir zustimmen, dass mit neuen Mehrheiten im Bundestag und neuen Beschlüssen der Einstieg wieder möglich wäre?
Ja, ich habe die politische Einschätzung abgegeben, dass es diese Mehrheit nicht geben wird - Punkt.
Das schöne Beispiel Frankreich wurde angesprochen. Im Sommer wird es in Frankreich wieder heiß sein, dort wird das Wasser knapp sein, und Frankreich wird sich sehr über den erneuerbaren Strom freuen, den es dann aus Deutschland bekommen wird, damit es genug Strom hat. In der Summe exportieren wir deutlich mehr Strom nach Frankreich, als wir von dort importieren.
Viertens, Deutschlands Strommarkt hat den Ausstieg sehr gut verkraftet. Es sind keine Blackouts aufgetreten und der Strompreis ist gesunken.
Die Reserve wurde auch angesprochen. Schauen Sie sich doch die Auslastungszahlen der Kraftwerksblöcke in der Reserve an - die hätte man nicht gebraucht.
Die Preise sind übrigens aufgrund des AfD-Kumpels Putin und seiner Handlungen gestiegen; das haben wir schon oft genug besprochen.
Fünftens, es ist falsch, dass Deutschland nicht an der Kernfusion beteiligt sei. Ich möchte auch nochmals klarstellen, dass ich dafür grundsätzlich offen bin. Es wäre schön, wenn sie irgendwann in der Breite funktionieren würde, aber schauen wir uns doch die Realität an. Schauen wir uns ITER an - das zentrale Versuchsprojekt von EU, China, Indien, Japan, Südkorea, Russland und den USA. Zeit- und Kostenplanungen werden regelmäßig gerissen. Alle paar Jahre wird es um ein paar Jahre nach hinten verschoben; alle paar Jahre vervielfachen sich die Kosten. Einen Durchbruch werden wir frühestens in der zweiten Hälfte dieses
Jahrhunderts erleben. Die Klimakrise steht aber jetzt vor der Haustür, und da müssen wir jetzt handeln.
Darin liegt doch das große wirtschaftliche Potenzial für Ostdeutschland: Tesla in Grünheide, die Batteriefertigung von BASF, Rock Tech Lithium in Guben - das ist die Zukunft. Wind und Sonne bieten uns alle Voraussetzungen. Benötigt wird nur der uneingeschränkte Wille, das zu nutzen - und wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, haben ihn. - Vielen Dank.
Es wurde noch rechtzeitig eine Zwischenfrage angemeldet - würden Sie sie zulassen? - Ich sehe, der Abgeordnete Rostock schüttelt den Kopf. Von Frau Dr. Ludwig wurde eine Kurzintervention angezeigt.
Was die parlamentarischen Mehrheiten betrifft: Wir haben in der Bevölkerung eine steigende Zustimmung. Es sind mittlerweile über 60 %, die ganz klar sagen: Wir brauchen die Kernkraft.
Zu den Stromimporten und -exporten: Das, was Sie gesagt haben, Herr Rostock, erinnert mich daran, dass der Teich im Durchschnitt nur ein Meter tief war und die Kuh trotzdem ertrunken ist.
Das ist das Problem, vor dem wir stehen. Genau das Gleiche ist es, auf den letzten Winter zu verweisen. Da hatten wir die AKWs noch; die werden wir nicht mehr haben.
Sie sprachen darüber, wie sicher Wind und die anderen Erneuerbaren seien. Deshalb will ich gern auf den Punkt Sterblichkeitsraten pro Einheit der Stromerzeugung zurückkommen. Nochmals: Wir werden auf Kohle zurückgreifen müssen. Das ist weder klimatechnisch noch für die Gesundheit der Menschen sinnvoll. Da haben wir die höchste Sterblichkeitsrate, und ich habe mir erlaubt, das auszurechnen. „Unsere Welt in Daten“ hat das für alle Energieträger in Terawattstunden angegeben. Für die Produktion einer Terawattstunde - in Deutschland brauchen wir ungefähr 600 pro Jahr - sind es 24,6 Tote. Zu 30 % verbrauchen wir Kohle, und da sind es 5 000 Tote pro Jahr. Beim Nuklearen sind es nicht einmal drei. Ich denke, dieser Vergleich gehört auch in die Diskussion, wenn es um die Frage geht, ob es sicher ist.
Sie nennen immer wieder Fukushima. In Fukushima ist wegen des Atomkraftwerkes niemand gestorben, sondern wegen der dortigen Naturkatastrophe. Das wird immer wieder falsch interpretiert.
Dazu gehört Fukushima ganz genauso wie andere Energieproduzenten. Ich bitte einfach darum, das zu berücksichtigen, und ich möchte von Ihnen wissen, warum auf einen der schlechtesten Energieträger gesetzt wird, aber nicht auf die Kernenergie, obwohl da viele wieder einsteigen, die vorher Beschlüsse dagegen gefasst haben.
(Frau Dr. Ludwig [CDU]: Ja, danke, nur noch ein Schman- kerl … - Das Mikrofon wird ausgeschaltet. Die Abgeordnete beendet kurz darauf ihre Kurzintervention. - Beifall AfD und BVB/FW)
Frau Abgeordnete, die Diskussion habe ich auch regelmäßig mit Herrn Abgeordneten Hohloch: Es sind höchstens zwei Minuten. Jetzt erwidert Herr Abgeordneter Rostock. Bitte.