Protocol of the Session on June 14, 2019

Deshalb stehe ich dem Programm des Toleranten Branden burgs heute entspannter gegenüber und will es keinesfalls mehr abschaffen. Vielmehr glaube ich, dass es wichtige Extremismu saufklärung betreibt, die erweitert werden sollte, um den Vor wurf der Einseitigkeit zu entkräften. Ihrem Entschließungsan trag entnehme ich auch solches.

Linksextremismus und religiöser Fanatismus bedrohen in glei cher Weise unsere vor 30 Jahren errungene Freiheit. In einer Demokratie sollte immer die Freiheit des Andersdenkenden gelten. Wenn in einer Demokratie alle einer Meinung sind, braucht man dringend eine zweite. Die große Gefahr dabei ist, dass die zweite Meinung von Andersdenkenden vertreten wird, die die Demokratie zerstören wollen. Das Tolerante Branden burg soll dafür auch in Zukunft sensibilisieren.

Herr Vizepräsident, jetzt darf ich einmal ganz legal meine Re dezeit überziehen. Auch ich möchte mich an dieser Stelle ver abschieden und bedanken. Ich gebe zu, ich scheide mit Weh mut aus diesem Parlament. Die letzten fünf Jahre waren für mich eine aufregende Zeit. Ich erinnere mich noch, wie ge spannt die Landtagsmitarbeiter und auch die Kollegen der - ich sage jetzt einmal - Altparteien auf die Neuen von der AfD ge schaut haben.

Nun, wir wissen alle, es lief nicht so, wie ich mir das vielleicht gewünscht hätte. Die AfD ist eben keine Oppositionspartei mit klarer Kante geworden, sondern hat sich in der Rolle des bo ckigen Kleinkindes eingerichtet. Trotzdem geht mein allerers

ter Dank an jene in der AfD-Fraktion, die das konservative Va kuum in diesem Parlament füllen wollten.

Wenn wir alle hier im Saal einmal ehrlich sind, so müssen wir zugeben, dass wir Abgeordneten auf unsere Mitarbeiter ange wiesen sind, ohne die wir den Berg an Arbeit nicht bewältigen könnten. Mein Mitarbeiter heißt Heiko Zander. Er stand mir in den vergangenen Jahren immer treu zur Seite.

(Lachen bei der AfD)

Heiko, du hast eine tolle Arbeit gemacht. Ich danke dir dafür.

Nicht vergessen will ich an dieser Stelle die kleinen Rädchen, die das große Getriebe des Landtags am Laufen halten. Einen ganz herzlichen Dank den Kollegen der Kantine und des Bist ros, die mir meine zusätzlichen Kilos beschert haben, den flei ßigen Kollegen, die das Haus sauber halten, den Technikern der IT und der BAM, dem Besucherdienst, natürlich dem Wachschutz und der Landtagsverwaltung.

Ein ganz besonderer Dank gilt den Damen und Herren des Ste nografischen Dienstes, die ich mit manchen Reden glatt zur Verzweiflung gebracht habe.

Auch bei den Referaten „meiner“ Ausschüsse AIK, AASGF und ABJS bedanke ich mich. Ingo: Hang Loose und Mast- und Schotbruch!

Mir wird vieles fehlen, etwa das mir unten immer entgegenge flötete „Herr Köööniger“. Sie wissen schon, wen ich meine.

Weil ich nicht nachtragend bin, bedanke ich mich auch bei un serer Landtagspräsidentin Frau Stark, auch wenn sie mir einige Ordnungsrufe verpasst hat und das Mikrofon abstellte.

(Zuruf der Abgeordneten Lieske [SPD])

Dem Abgeordneten Schulze verdanke ich den einen oder ande ren parlamentarischen Tipp und die Einsicht, dass es keine lee re Formel sein muss, seinem Gewissen verpflichtet zu sein.

Minister Schröter hat mir bewiesen, dass er ein Ehrenmann ist, der seine parlamentarischen Wettschulden begleicht - Herr Mi nister, das Kirschbier steht im Kühlschrank.

Frau Nonnemacher, selbst wenn wir politisch wie Hund und Katze sind, mit Ihnen zu streiten war für mich immer eine wunderbare Herausforderung. Oder - wie Sie es einmal gesagt haben -: „Man muss ihn nur reden lassen.“

Mein besonderer Dank gilt auch Frau Saskia Ludwig, einer langjährigen Freundin und Weggefährtin, einer echten Konser vativen, die sich nicht zu schade war, sich 2016 in der Flücht lingskrise mit mir zusammen in meiner Heimatstadt Werder den Bürgern zu stellen.

Meine Zeit im Landtag endet im September, und ich bin stolz darauf, die Brandenburger fünf Jahre lang in diesem Hohen Haus vertreten zu haben. Ich glaube auch, dass ich mich weder dem Zeitgeist angebiedert habe noch durch politische Bosheit korrumpieren ließ. Wenn ich heute meine letzte Rede halte, mache ich das in dem Bewusstsein, mich nicht verbogen und nicht den Mut zur Wahrheit verloren zu haben.

Liebe Kollegen, ich danke Ihnen für die gemeinsamen fünf Jahre und wünsche Ihnen allen einen erfolgreichen Wahlkampf und gutes Gelingen in der 7. Legislaturperiode. Vielen Dank und auf Wiedersehen!

(Beifall CDU sowie vereinzelt SPD und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Das Wort erhält jetzt noch einmal die Landesre gierung, Herr Staatssekretär Gorholt.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erstens: Herr Jung, was Ihnen passiert ist, ist zurückzuweisen und zu verur teilen. Ich weise aber auch zurück, dass es da einen Zusam menhang mit dem Toleranten Brandenburg, mit dem Hand lungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ gebe.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Denn was Ihnen da passiert ist, läuft den Werten und Zielstel lungen, die das Tolerante Brandenburg hat, eindeutig zuwider.

Zweitens: Herr Kalbitz, Sie haben viele Vorwürfe in Bezug auf die Finanzierung erhoben. Sie haben - ich weiß es nicht mehr genau - geschätzt 30 Kleine Anfragen zum Toleranten Bran denburg gestellt, die wir auch alle gut und richtig beantwortet haben.

(Kalbitz [AfD]: Da kommen noch mehr!)

Darin haben wir schon alles, was Sie hier auch wiederholt ha ben, zurückgewiesen. Insofern kann das auch öffentlich nach gelesen werden.

Drittens: Es geht hier nicht um die Kategorien Links- oder Rechtsextremismus, sondern - Sie haben es richtig gesagt - um den Verfassungsauftrag. Es geht um den Artikel 1 Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ - die Würde eines jeden Menschen, egal, welcher Hautfarbe, welcher Herkunft und welchen Geschlechts. Dafür einzustehen ist unsere Aufga be. Nur so halten wir unsere Gesellschaft zusammen. Es geht insofern um Verfassungsgrundsätze, und es geht um Werte, auf deren Grundlage ein gutes Zusammenleben möglich ist.

Aber ich möchte hier noch einen weiteren Aspekt anführen. Wir haben uns in der brandenburgischen Landespolitik - das tue ich jetzt auch noch einmal - auf den amerikanischen Wirt schaftswissenschaftler Richard Florida berufen, der vor über zehn Jahren eine Theorie dazu entwickelt hat, welches die Vor aussetzungen für eine erfolgreiche Entwicklung einer Region sind. Es sind drei T, die er genannt hat: Talente, Technologie und Toleranz.

Wir sind in Brandenburg darauf angewiesen, dass auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten Menschen zu uns kommen und sich als Arbeitskräfte, als Fachkräfte in der Pflege, als Ärz te oder als Programmierer einbringen. Da müssen wir uns at traktiv aufstellen. Dazu gehört auch das aktive Eintreten für Toleranz.

Von den in den letzten zwei Jahren neu geschaffenen 15 000 Jobs sind mehr als die Hälfte von Ausländern besetzt worden -

nicht deswegen, weil sie deutsche Arbeitskräfte verdrängt hät ten, sondern weil deutsche Arbeitskräfte nicht zur Verfügung standen. Deshalb tragen diese ausländischen Arbeitskräfte jetzt zur Wohlstandvermehrung im Land Brandenburg bei.

(Beifall SPD, B90/GRÜNE sowie vereinzelt DIE LIN KE)

Deswegen ist Toleranz Voraussetzung für Zusammenhalt und gutes menschliches Miteinander in Brandenburg, aber auch Voraussetzung für ein soziales und wirtschaftlich erfolgreiches Brandenburg. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE - Zuruf der Abgeordneten Schade [AfD])

Vielen Dank. - Das Wort erhält für die AfD-Fraktion noch ein mal der Abgeordnete Kalbitz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Staatssekretär Gorholt, Sie vermengen da Dinge. Es geht überhaupt nicht um ausländische Arbeitskräfte; das ist völliger Unsinn. Keiner in der AfD hat etwas gegen ausländische Ar beitskräfte.

(Beifall AfD)

Meine Frau hat selbst keine deutsche Geburtsurkunde, aber das nur am Rande. Deshalb bringt diese klischeehafte Kategorie sierung nichts.

Zwei Dinge hat uns diese Debatte unzweifelhaft vor Augen ge führt: Sie - ich meine damit die anderen Fraktionen - wollen keine inhaltliche Diskussion. Ich bleibe dabei: das Konzept „Tolerantes Brandenburg“ ist unausgewogen. Sie negieren die Verbindungen, die es nachweislich zu Linksextremismus und Linksextremisten gibt.

Des Weiteren ist der uns vorliegende Entschließungsantrag der offenkundige Beweis dafür, was dahintersteckt. Es geht im Grunde um eine Ausweitung der Begrifflichkeiten. Es geht um eine bestimmte Verwendung der Sprache, nämlich darum, den Begriff des Rechtsextremismus zu erweitern, um das parteipo litisch gegen die AfD, gegen die demokratische und im Übri gen auch demokratisch gewählte Opposition zu instrumentali sieren. Wir haben uns in den fünf Jahren an diese Worthülse gewöhnt: Die „demokratischen Kräfte“ meint ja im Umkehr schluss, dass wir nicht dazugehören. Entschuldigung, ich kann mich nicht erinnern, dass wir uns in irgendein Parlament hin eingeputscht hätten. Wir sind demokratisch gewählt worden. Es ist auch völlig verfehlt, fast ein Viertel der Wähler in diesem Land zu Steigbügelhaltern von Antidemokraten zu erklären. Das wird seine Wirkung zeitigen.

(Beifall AfD)

Es geht also darum, sämtliche Akteure jenseits des linken Mili eus mundtot zu machen. Alles, was einem politisch unliebsam erscheint, wird auch aus Gründen des Machterhalts in die rechtsextreme Schmuddelecke gedrängt.

(Zuruf: Da kommen Sie doch her!)

Wie praktisch, denn dann muss man nicht mehr diskutieren; das ist sehr billig. Sie machen das unter Einsatz sämtlicher zur Verfügung stehender legaler und weniger legaler Mittel. Ich bin mir ganz sicher, dass die Quittung bei den Wahlen kommt.

Eine letzte Bemerkung muss ich machen: Bei Rot-Dunkelrot war zu erwarten, dass diese Versuche unternommen werden, und das wird sich im Vorlauf der Wahlen bis zur Hysterie stei gern - davon bin ich völlig überzeugt. Argumente funktionieren nicht mehr; da bleiben nur noch die Nazi-Keule und persönli che Angriffe.

(Domres [DIE LINKE]: So ein Unsinn!)

Das ist ein Armutszeugnis, weil es Ihre Versagensbilanz ist, die unseren Erfolg ausmacht.

Ich muss sagen, ich finde es ein bisschen billig, wie sich die CDU da hat reinkaufen lassen. Sie haben recht, Frau Richstein: Im Entschließungsantrag steht: „Gewalt ist kein legitimes Mit tel der politischen Auseinandersetzung.“ - völlig einverstanden - „[…] egal ob von links, von rechts oder religiös motiviert […].“ Einen Satz weiter steht aber: „Die gemeinsame Bearbei tung der Phänomene Rechtsextremismus, Antisemitismus und Islamismus […].“ - da ist Linksextremismus schon raus. Dar um geht es eben.

(Zuruf der Abgeordneten Richstein [CDU])