Protocol of the Session on June 14, 2019

Der Gesetzentwurf ist schon einige Monate alt; er stammt aus dem November 2017. Der Ausschuss für Wirtschaft und Ener gie hat dazu am 23. Mai 2018 eine intensive Anhörung durch geführt. Mir sind die Worte von Dietrich Klein, dem früheren Vorstandsvorsitzenden der Stadtsparkasse Schwedt, noch sehr gut in Erinnerung. Er beschrieb eindrücklich, wie er als ehren amtlicher Rechnungsprüfer der IHK seine Aufgaben wahr nimmt. Ich finde, das hat er eindrucksvoll gemacht.

In den Folgemonaten gab es eine ganze Reihe von Gesprächen. Vertreter der Landesregierung haben mit Vertretern der Indus trie- und Handelskammern gesprochen. Die Regierungsfraktio nen haben unabhängig voneinander, aber auch gemeinsam ei nen Austausch mit den Industrie- und Handelskammern ge führt. Es gab auch Gespräche zwischen den Abgeordneten und dem Landesrechnungshof.

Darüber hinaus liegt uns ein Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes vor. Dieser kommt zu dem Ergebnis, dass der besagte Absatz 3 in § 5 keinen Ausschluss der umfassenden Prüfungsbefugnisse des Landesrechnungshofes mit sich brin ge.

Aber das Entscheidende ist aus meiner Sicht, dass die Haupt geschäftsführer und die Präsidenten der Industrie- und Han delskammern erklärt haben, das Prüfungsrecht des Landes rechnungshofes anzuerkennen.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Sollte der Landesrechnungshof die Industrie- und Handels kammern prüfen wollen, werden sie diesem Wunsch nachkom men. Damit gibt es aus unserer Sicht keinen Regelungsbedarf.

(Vogel [B90/GRÜNE]: Ha, ha!)

Wir sehen keine Notwendigkeit, das vorliegende Gesetz zu än dern. Ich bitte Sie, der vorliegenden Beschlussempfehlung zu zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank. - Für die Fraktion der CDU spricht der Abgeord nete Bommert.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Loehr hat schon einiges vorweggenommen. Irgendwie besteht immer ein Misstrauen der Grünen gegenüber den Industrie- und Handels kammern. Dieses Misstrauen ergibt sich vielleicht aus einem Vorfall in Potsdam, ist aus unserer Sicht jedoch nicht gerecht fertigt.

Die Industrie- und Handelskammern erhalten zur Wahrneh mung ihrer Kernaufgaben keine staatlichen Gelder; sie finan zieren sich allein aus Mitgliedsbeiträgen und Gebühren. Ihr Wirtschaftsplan wird von einem ehrenamtlichen Gremium, dem Haushaltsausschuss, erarbeitet und von der Vollversamm lung beschlossen. Ein prüfungsfreier Raum existiert nicht. Es gibt die Rechnungsprüfungsstelle in Bielefeld, und das Wirt schaftsministerium übt die Rechtsaufsicht aus. Parallelprüfun gen würden keine neuen Erkenntnisse bringen. Abgesehen da von besteht nach Auffassung des Landesrechnungshofes Bran denburg bereits eine Prüfungskompetenz in Bezug auf die In dustrie- und Handelskammern. Kollege Loehr hat es ausge führt: Wenn der Landesrechnungshof prüfen will, erkennen die Industrie- und Handelskammern dieses Recht an.

Aus den genannten Gründen halten wir den Gesetzentwurf der Grünen für überflüssig. Wie vom Wirtschaftsausschuss emp fohlen lehnen wir ihn ab. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Für die AfD-Fraktion spricht die Abgeordnete Schade.

Herr Präsident! Kollegen! Fakt ist, dass die von den Pflichtbei trägen ihrer Mitglieder lebenden Industrie- und Handelskam mern nicht frei von der Selbstbedienungsmentalität Einzelner sind. Ich erinnere nur an die Veruntreuungsvorwürfe gegenüber dem ehemaligen IHK-Präsidenten von Potsdam.

Da mutet der Vorschlag einer Gesetzesänderung vermeintlich sinnvoll an, wonach der Landesrechnungshof auch die IHKn des Landes prüfen soll. Laut Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes kann er dies ohnehin schon, wie bereits aus geführt wurde.

Die Haushalts- und Wirtschaftsprüfung der Industrie- und Han delskammern erfolgt durch die Rechnungsprüfungsstelle der IHK Bielefeld. Ob es sinnvoll ist, dass eine IHK-Rechnungs prüfungsstelle Mitglieder ihrer eigenen Institution prüft, ist si cherlich fraglich. Allerdings kann man sich auf den Transpa renz-Webseiten des Deutschen Industrie- und Handelskammer tages schon heute über Aktivitäten der IHKn in unserem Land informieren. Da lässt sich einiges herauslesen, was nach ganz anderen Forderungen förmlich schreit:

So stiegen die Personalkosten in der IHK Potsdam in den Jah ren 2011 bis 2017 von rund 5,2 Millionen Euro auf 6,9 Millio nen Euro. Im gleichen Zeitraum sank die Zahl der Beratungen für Gründer von 2 600 auf rund 1 500. Noch rapider ging die Zahl der Rechtsauskünfte zurück: von knapp 10 000 im Jahr 2011 auf nur noch ein Fünftel, knapp über 2 000, im Jahr 2017. Die Unternehmensbesuche gingen von knapp 1 600 auf 1 450 zurück.

Ähnliches trifft auf die IHK Frankfurt (Oder) zu: Zwischen 2011 und 2017 stiegen die Personalausgaben um rund 1 Milli on Euro auf 4,8 Millionen Euro, während im gleichen Zeitraum die Zahl der Gründungsberatungen von knapp 1 500 auf 1 300 sank und die Zahl der Rechtsauskünfte von 2 000 auf 1 000 nahezu halbiert wurde. Die Unternehmensbesuche gingen in Frankfurt (Oder) von 1 100 auf 750 zurück.

Viel grundsätzlicher als die Prüfung der Industrie- und Han delskammern durch den Landesrechnungshof erscheint vor dem Hintergrund der genannten Fakten die Frage nach einer generellen Reformierung der Kammern. Denn solche Zahlen kommen nur zustande, wenn der Kontakt zu den Pflichtmit gliedern verloren gegangen ist.

Bei einer freiwilligen Mitgliedschaft müssten die Kammern Leistungen erbringen, die einen wirklichen Mehrwert für die Unternehmer haben. Vor dem Hintergrund der großen Heraus forderungen aufgrund der vielen anstehenden Unternehmens nachfolgen wäre das eine wichtige Aufgabe zur Sicherstellung der wirtschaftlichen Stabilität in Brandenburg. Mit der Ab schaffung der Pflichtmitgliedschaft in den Industrie- und Han delskammern könnte Brandenburg erstmals eine tatsächlich sinnvolle Vorreiterrolle einnehmen.

Herr Vogel, die von Ihnen beantragte Gesetzesänderung, die übrigens im Jahr 2014 schon einmal abgelehnt wurde, ist unse rer Meinung nach nicht erforderlich. Eine grundlegende Refor mierung der Industrie- und Handelskammern wäre nötiger. Lassen Sie uns darüber im Gespräch bleiben! Das hätte Sinn. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Vogel.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie werden mir verzeihen, aber das ist so ziemlich die skurrilste Beschluss vorlage, die ich in dieser Legislaturperiode gesehen habe, vor allem, wenn ich bewerte, welche Sätze hier gefallen sind.

Herr Bommert lehnt unseren ursprünglichen Gesetzentwurf ab. Dieser sah vor, aus § 5 des IHK-Gesetzes den Absatz 3 zu strei chen. Die Formulierung dieses Absatzes lautet:

„Die Haushalts- und Wirtschaftsprüfung der Industrie- und Handelskammern unterliegt nicht der allgemeinen Prüfung durch den Landesrechnungshof.“

Herr Bommert lehnt die Streichung mit der Begründung ab, er sei generell der Auffassung, dass alles bestens sei und es über haupt keiner zusätzlichen Prüfungen bedürfe. Der Inhalt der Beschlussvorlage rekurriert aber gerade darauf, dass es dieses Prüfungsrecht des Landesrechnungshofes bereits gibt.

Ich zitiere jetzt einfach mal umfassend aus der Begründung:

„Nach Auffassung des Landesrechnungshofs […] besteht die Prüfungskompetenz in Bezug auf die Industrie- und Handelskammern bereits.“

Das war auch der Anlass unseres Gesetzentwurfs.

Ich zitiere weiter:

„Ein Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdiens tes“

- ein Gutachten!

„kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass sich durch § 5 Abs. 3 AGIHKG kein Ausschluss der umfassenden Prü fungsbefugnisse des Landesrechnungshofs für die Indus trie- und Handelskammern ergibt.“

Also: Ein Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes!

Weiter heißt es:

„Diese Auffassung wird nun von den Kammern geteilt.“

Nur weil diese Auffassung von den Kammern geteilt wird, ist man jetzt der Auffassung, in § 5 Abs. 3 des IHK-Gesetzes die Formulierung stehenlassen zu können, dass es kein Prüfungs recht des Landesrechnungshofes gebe. Das heißt, das Prü fungsrecht wird zum Gnadenrecht der IHK-Präsidenten erklärt. Ich finde, das ist ein absolutes Unding.

Dann heißt es:

„Inwieweit zur Vermeidung von Problemen bei der Aus legung […]“

Es geht hier um eine exzessive Auslegung, weil man nämlich eine Auslegung finden muss, die im Gegensatz zum Wortlaut des Gesetzes steht.

„[…] und Anwendung des § 5 Abs. 3 AGIHKG eine ge setzgeberische Klarstellung notwendig sein sollte, kann von einem neu zu wählenden Landtag entschieden wer den.“

Wir alle wissen: Den neu zu wählenden Landtag wird es geben, spätestens nach der konstituierenden Sitzung im September dieses Jahres.

Ich muss ehrlich sagen: Eine Koalition, die zwar zugibt, dass eine bestimmte Regelung überflüssig ist und umfassende Aus legungsprobleme verursacht, aber nicht in der Lage ist, dies zu ändern, sondern diese Aufgabe an den nächsten Landtag dele giert, hat sich von der Politikgestaltung in diesem Lande schon verabschiedet. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Für die Landesregierung spricht Minister Prof. Steinbach.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich kann es relativ kurz fassen: Die Landesregierung teilt die Sichtweise des Parlamentarischen Beratungsdienstes, dass der Landesrechnungshof gegenüber den Industrie- und Handels kammern prüfungsbefugt ist. Wie bereits erwähnt, haben die drei Industrie- und Handelskammern dem MWE gegenüber si gnalisiert, die Prüfungsbefugnis des Landesrechnungshofes an zuerkennen. Diese Prüfungsbefugnis ist somit zwischen den relevanten Akteuren unstreitig. Aus unserer Sicht besteht daher kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf im Sinne des vorlie genden Gesetzentwurfs. - Ich bedanke mich.

(Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank. - Ich schließe die Aussprache und rufe zur Ab stimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie, Drucksache 6/11512, zu dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ergänzung des Rechts der Industrie- und Handelskammern im Land Branden burg, auf. Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung und dem Bericht zu? - Stimmt jemand dagegen? - Gibt es Stimmenthal tungen? - Bei einer Stimmenthaltung und einigen Gegenstim men ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich angenommen. Damit hat sich der Gesetzentwurf erledigt.