Protocol of the Session on June 27, 2018

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es sein müssen - die De mokraten in diesem Land, die starke Zivilgesellschaft -, die sich darum kümmern und den Menschen sagen: Wir sind diejenigen, die eure Probleme glaubhaft lösen wollen, die eure Sorgen ernst nehmen und die dafür auf demokratischen Wegen Lösungen finden. Das ist harte Arbeit - Ingo Senftleben hat davon berich tet -, und wir alle sind in dieser Frage gefordert. Wir alle sind dafür viel unterwegs, aber ich glaube, das ist es wert.

Es ist aber auch die Arbeit von vielen Brandenburgerinnen und Brandenburgern. Es ist unverzichtbare Arbeit, die wir für ein

gutes und friedliches Miteinander benötigen und die auf Dauer Sicherheit schafft. Dort aktiv zu werden, wo Missgunst und Rassismus entstehen, ist der zentrale Ansatz. Meine sehr ver ehrten Damen und Herren, dieser Ansatz hat sich nicht nur bis heute bewährt, sondern wird heute dringender gebraucht als jemals zuvor. Helfen statt hetzen - mit dieser Überzeugung wenden sich seit 20 Jahren Tausende Brandenburger den Herausforderungen im Zusammenleben der hier lebenden Men schen zu.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eines kann ich Ihnen heute hier versichern: Brandenburg steht weiter zu seiner hu manitären Verpflichtung, wenn Menschen in Not sind. Bran denburg ist bereit, auch den Menschen zu helfen, die sich mo mentan unter unsäglichen Umständen auf der „Lifeline“ befinden.

(Beifall SPD, DIE LINKE, B90/GRÜNE sowie verein zelt CDU - Zuruf des Abgeordneten Galau [AfD])

Brandenburg hat dazu die Kapazitäten, Brandenburg hat dazu die Möglichkeiten.

(Kalbitz [AfD]: Das Geld! - Galau [AfD]: Das Geld vor allem!)

Deswegen haben wir auch die Verpflichtung dazu. Allerdings müssen die rechtlichen Voraussetzungen dafür vom Bundesin nenminister geschaffen werden.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE - Zuruf des Ab geordneten Königer [AfD])

In den letzten Tagen, meine sehr verehrten Damen und Herren, hatten wir gleich mehrfach Gelegenheit, uns zu bedanken: Bei der Verleihung des Bandes für Mut und Verständigung sowie beim Festakt „20 Jahre Tolerantes Brandenburg“ stand vor al lem die Brandenburger Zivilgesellschaft im Vordergrund.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, als vor drei Jahren die Zahl der Geflüchteten stark angestiegen war, war unser Land, das tolerante Brandenburg, zur Stelle. Wir haben erlebt, wie unglaublich wertvoll dieses vielfältige Engagement und wie wichtig es vor allem auch für das friedliche Zusammenle ben ist. Wie hätten wir es sonst hinbekommen sollen, diese Menschen zu unterstützen, ihnen zu helfen, sie nicht nur aufzu nehmen, sondern auch in unserer Gesellschaft ankommen zu lassen und sie vielleicht auch mal in den Arm zu nehmen? So etwas kann ein Staat nicht schaffen. Dafür ist er auf eine starke Zivilgesellschaft angewiesen. Dafür an alle, die sich engagiert haben und sich auch weiter engagieren, noch einmal von dieser Stelle ganz herzlichen Dank.

(Beifall SPD, DIE LINKE sowie vereinzelt CDU und B90/GRÜNE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, seitdem sind Flucht und Migration ein weiterer Schwerpunkt der Beratungsarbeit. Mit dem Bündnis für Brandenburg haben wir einen zweiten Grundpfeiler geschaffen, der Hand in Hand mit dem „Toleran ten Brandenburg“ arbeitet.

Trotz dieser Erfolge lässt uns der vorgelegte Bericht zum „To leranten Brandenburg“ auch heute - auch in dieser Debatte - wieder spüren: Wir dürfen uns nicht zurücklehnen. Wir müssen

weiter aktiv bleiben. Wir müssen für eine offene und tolerante Gesellschaft kämpfen. Wir müssen im Kampf gegen rechte Ideologien und erst recht gegen rechte Gewalt geschlossen blei ben. Die Zunahme rechtsextremer Gewaltdelikte seit 2014 ist ein Beleg dafür.

(Galau [AfD]: Das ist unser Hauptproblem, nicht wahr?)

Andere Redner sind darauf schon eingegangen.

Mit der Erfahrung der letzten 20 Jahre und auf Grundlage unse res bewährten Handlungskonzeptes werden wir in Branden burg - dessen bin ich mir sehr sicher - auch diesen Herausforde rungen begegnen. Wir Brandenburger können täglich zeigen: Wo wir Toleranz leben, haben Hass und Gewalt keinen Platz - übrigens völlig egal, von wem sie ausgehen.

(Zuruf von der AfD)

Wir als Landesregierung werden nicht wegsehen und uns auch nichts schönreden. Deshalb erarbeiten wir aktuell ein Hand lungskonzept gegen islamistischen Extremismus. Ich bin opti mistisch, dass wir den Entwurf im Laufe dieses Jahres noch vorlegen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissen, dass es Kräfte gibt, die unsere Gesellschaft spalten und daraus ihr poli tisches Süppchen kochen wollen.

(Königer [AfD]: Merkel! - Galau [AfD]: Oder Woidke!)

Wir haben die große Chance und auch die große Verpflichtung, zusammenzuhalten, weiter klare Linien zu ziehen und den Het zern und Aufwieglern zu zeigen, dass wir dieser Aufgabe auch in Zukunft gewachsen sein werden.

(Zuruf des Abgeordneten Königer [AfD] - Beifall SPD)

Das Gift, von dem ich eingangs sprach, wird heute in anderer Form verabreicht als noch vor 20 Jahren. Rechtspopulisten hül len ihre menschenverachtende Ideologie in das Gewand des Kümmerers. Scheinheilige Kümmerer! Sie versuchen, Wunden in unsere Gesellschaft zu schlagen, und zwar nach der einfa chen Formel: Vorurteile bedienen, Ängste schüren, Hass säen und im Zweifel auch Gewalt ernten.

(Zuruf von der AfD)

Aber was kann helfen?

(Zuruf des Abgeordneten Schröder [AfD])

Was hilft gegen die Angst? Was hilft gegen den Hass? Was hilft gegen nachvollziehbare Verunsicherung? Ich sage: Wir müssen vor allem Licht ins Dunkel bringen und genau hinsehen.

(Zuruf des Abgeordneten Königer [AfD])

Vieles, was bedrohlich erscheint, wandelt sich dann durchaus zu lösbaren Aufgaben. Ich denke, das gilt auch für die Koalition in Berlin und den Streit zwischen CDU und CSU. Deshalb bitte ich Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, weiter mitzuhel fen. Lassen Sie uns die Bürger im Land weiter mit Fakten auf klären und mitnehmen.

(Zuruf von der AfD)

Lassen Sie uns mit den Menschen reden. Es ist unsere Aufgabe im parteiübergreifenden Schulterschluss, die Formel des Rechtspopulismus immer und überall zu entzaubern.

(Zuruf von der AfD)

- Dass Ihnen das nicht gefällt, ist mir vollkommen klar.

(Königer [AfD]: Gucken Sie mal in den Spiegel, Herr Woidke! Gucken Sie mal rein!)

Einen Schulterschluss brauchen wir auch und gerade hier im Parlament des Landes Brandenburg. Lassen Sie uns die Dinge offen beim Namen nennen. Lassen Sie uns den Menschen noch besser zuhören und glaubhafte Politik machen. Lassen Sie uns weiterhin jeden Tag aufs Neue einen engen Schulterschluss von Staat, Politik und Zivilgesellschaft suchen. Lassen Sie uns nicht warten und hoffen, dass sich Rechtsextremismus und Fremden feindlichkeit von alleine erledigen. Das wird nicht passieren.

Das „Tolerante Brandenburg“ ist erfahren und breit aufgestellt. 41 Kooperationspartner von A bis Z sind dabei - angefangen von der AOK bis zu Zalando; Rolls-Royce ist übrigens auch dabei. Ich bin mir sicher, weitere werden folgen; denn es gibt im ganzen Land eine unverändert hohe Nachfrage nach Ser vice- und Beratungsangeboten. Die Zivilgesellschaft, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist auch bereit, sich diesen neuen Herausforderungen zu stellen. Es ist unsere demokrati sche Pflicht, sie dabei mit aller Kraft, die wir haben, zu unter stützen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Brandenburgerinnen, liebe Brandenburger, jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, um klar dagegenzuhalten - egal ob beim Public Viewing, im Super markt, in der Schule, im Heimatverein oder hier im Parlament. Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Antisemitis mus dürfen und werden in Brandenburg keine Zukunft haben. Nur ein tolerantes Brandenburg kann eine gute Heimat für alle Menschen in unserem Land sein. - Danke sehr.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE sowie der fraktionslosen Abgeordneten Schülzke)

Zunächst möchte ich Schülerinnen und Schüler des EinsteinGymnasiums Angermünde begrüßen. Herzlich willkommen bei uns im Plenarsaal!

(Allgemeiner Beifall)

Zum Redebeitrag des Ministerpräsidenten sind zwei Kurzinter ventionen angezeigt worden. Wir starten mit der Kurzinterven tion der Abgeordneten Bessin, danach ist der Abgeordnete Schrö der an der Reihe.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, das war wohl die Rede, mit der Sie klargemacht haben, dass Sie bei der nächsten Land tagswahl kein Direktmandat in Ihrem Kreis gewinnen werden. Ich danke Ihnen schon einmal recht herzlich für diese Wahl kampfunterstützung!

(Beifall AfD)

Ich finde es unglaublich, dass Sie als Ministerpräsident hier ei nerseits von Toleranz sprechen und andererseits gegen uns als demokratische Kraft und damit auch gegen 22 % der in Bran denburg lebenden Menschen hetzen, die uns derzeit wählen würden, und sie damit auch verurteilen.

(Galau [AfD]: Und ausgrenzen!)

Wir stellen immerhin die stärkste Oppositionsfraktion im Deut schen Bundestag; das sollte auch Ihnen mittlerweile geläufig sein. Und anscheinend haben Sie nicht zugehört; denn Herr Kalbitz hat sich ganz klar und ausdrücklich gegen jede Form von Extremismus ausgesprochen. Aber wieder einmal ist der Linksextremismus heute vollkommen zu kurz gekommen.

(Beifall AfD - Zurufe von der SPD)

Da Sie Cottbus erwähnt haben: Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass dort friedliche Menschen ihr Grundrecht auf Versamm lungsfreiheit wahrnehmen, gegen die politische Fehlentwick lung im Land auf die Straße gehen und ihnen keiner dieses Recht versagen kann, auch Sie nicht. Wir werden auch zukünf tig jeden unterstützen, der sich friedlich gegen die Fehlentwick lungen in diesem Land stellt. Ich sage Ihnen: Es gibt noch mehr Orte wie Cottbus, wo dieser Protest zukünftig auf die Straße getragen wird.

Es ist traurig, dass nicht über Kinderschänder, die Steinewerfer der anderen Parteien, die Mauerschützen oder über die vielen Opfer, die wir in Cottbus schon zu beklagen haben, gesprochen wird, dass wir nicht über Opfer wie Mia und Maria und die Op fer des Anschlags auf dem Breitscheidplatzes sprechen und dass diese Debatte über das „Tolerante Brandenburg“ genutzt wird, um eine demokratische Kraft, unsere Alternative für Deutsch land, hier niederzumachen. Das ist dieses Hauses nicht würdig.