Protocol of the Session on June 27, 2018

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abge ordneten! Verehrte Gäste! Nach der 1. Lesung wurde der Ge setzentwurf im Januar dieses Jahres an den Ausschuss für Inne res und Kommunales überwiesen. Dort fand am 24.05. eine Anhörung zum Gesetzentwurf statt. Dabei haben die Spitzenor ganisationen der Gewerkschaften, die kommunalen Spitzenver bände, weitere Interessenvertreter sowie von den Fraktionen benannte Sachverständige Änderungen angeregt bzw. erbeten. Nach abschließender Befassung im Innenausschuss sind einige davon übernommen worden und in die Beschlussempfehlung des Innenausschusses eingeflossen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Zeit zwischen der Einbringung des Gesetzentwurfs und der heutigen Beschluss fassung hat das Bundesverfassungsgericht in zwei Grundsatz entscheidungen noch einmal auf die Besonderheiten des Beam tenverhältnisses hingewiesen, hat sie hervorgehoben und in Teilen klargestellt. Zum einen ging es um die Frage, warum Beamtenverhältnisse grundsätzlich auf Lebenszeit gelten müs sen, zum anderen, warum Beamte einen Anspruch auf eine Ali mentation für sich und ihre Familien haben, dafür aber kein Streikrecht.

Die Richter des höchsten deutschen Gerichts haben dabei her vorgehoben, dass es hier nicht um Privilegien der Beamten geht. Vielmehr ist der besondere Status der Beamten notwen dig, weil wir alle - der Staat und unsere Gesellschaft - auf die Loyalität, die Leistungsbereitschaft und die Pflichterfüllung unserer Beamtenschaft angewiesen sind. Genau dazu liefert

dieses Gesetz mit seinen sinnvollen und konstruktiven Ände rungen einen wichtigen Beitrag.

Es würde den Rahmen meiner Redezeit deutlich sprengen, wollte ich an dieser Stelle auf all die Änderungen, die Sie ja zum Teil schon vorgetragen haben, eingehen. Ich möchte bei spielhaft nur drei nennen, nämlich die Übernahme von Schmer zensgeldansprüchen, die Erleichterung bei der Abgeltung von Mehrarbeit und die Regelung der Altersgrenzen.

Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte bereits zur 1. Lesung einen Änderungsantrag eingebracht. Dabei geht es - kurz gesagt - um die Einführung einer Wahlmöglichkeit zwischen pauschaler und herkömmlicher Beihilfe. Für mich ist es nach wie vor ein sehr interessanter Vorschlag. Dennoch konnte er in diesem Gesetzentwurf noch nicht berücksichtigt werden. Wie so oft steckt nämlich die Tücke im Detail.

Vor der Einführung einer solchen Regelung muss zum einen die technische Umsetzbarkeit geklärt werden, was eines gewissen zeitlichen Vorlaufs bedarf. Zum anderen müssen die nicht uner heblichen finanziellen Mehrbelastungen genauer betrachtet werden. Ich bin mir aber sicher, dass Ihnen die Landesregierung in Erledigung des vorliegenden Entschließungsantrags dazu zeitnah einen sachgerechten Vorschlag vorlegen wird. Ich bitte Sie deshalb darum, das Gesetz mit den vom Ausschuss für In neres und Kommunales vorgeschlagenen Änderungen anzu nehmen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion „Aufhebung von Buchstabe j in Nummer 1, Einführung des neuen Absatz 6 in § 62, Stichwort Beihilfe, Aufhebung der Sät ze 3 und 4 in § 67a Absatz 2, Änderung von § 76 Absatz 2, Stichwort Mehrarbeit und Zeitausgleich, Änderung von § 88 Absatz 3 Satz 2, Stichwort Nebentätigkeit, Aufhebung von Nummer 27, Änderung von § 110 Überschrift, Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3, Stichwort Altersgrenzen, Aufhebung von Ab satz 5, Änderung von § 110 Absatz 5 neu, Stichwort Altersgren ze für Polizeivollzugsbeamte, Ersetzung von § 117 Satz 2, Al tersgrenze für Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes, Aufhebung der bisherigen Nummer 32 und Einführung eines neuen Artikels 2, Stichwort Änderung des Brandenburgischen Beamtenversorgungsgesetzes“ auf Drucksache 6/9059. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einer Reihe von Enthaltungen ist dieser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Inneres und Kommunales „Zweites Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes“ auf Drucksache 6/9038 auf. Wer stimmt dieser Beschlussemp fehlung und dem Bericht des Ausschusses für Inneres und Kommunales zu? - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Enthaltun gen? - Bei einer Reihe von Enthaltungen ist der Beschlussemp fehlung mehrheitlich gefolgt und das Gesetz in 2. Lesung ver abschiedet.

Ich rufe zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der SPD-Fraktion, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜND

NIS 90/DIE GRÜNEN „Einführung des Hamburger Modells zur Krankenversicherung für Beamtinnen und Beamte als Schritt hin zur solidarischen Gesundheitsversicherung“ auf Drucksa che 6/9049, Neudruck, auf. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen ist der Entschließungsantrag mehrheitlich ange nommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungs punkt 9 auf:

Drittes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Ausbildungsförderungsgesetzes

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 6/8938

1. Lesung

Die Aussprache wird von der Abgeordneten Koß eröffnet. Sie spricht für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Gast! Wir diskutieren heute über den Gesetz entwurf zur dritten Änderung des Brandenburgischen Ausbil dungsförderungsgesetzes - das sogenannte Brandenburgische Schüler-BAföG - und die Erhöhung des Grundförderbetrags auf 125 Euro im Monat. Auch dank der Unterstützung durch das Schüler-BAföG konnten seit 2010 zahlreiche Schülerinnen und Schüler aus einkommensschwachen Familien ihren Fachhoch schul- bzw. Hochschulabschluss erreichen.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Damals wie heute, meine Damen und Herren, geht es im Kern darum, gleiche Zugangschancen zu Bildung für alle Kinder und Jugendlichen im Land zu schaffen. Hierfür haben wir in der laufenden Legislaturperiode unter anderem auch die frühkindli che Bildung in den Mittelpunkt unserer Politik gestellt. Heute wollen wir bei einem weiteren Baustein, und zwar dem Ausbil dungsförderungsgesetz, nachsteuern.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, jetzt nicht. - Das, meine Damen und Herren, ist eine Er folgsgeschichte, die wir uns auch heute nicht von der Oppositi on schlechtreden lassen werden,

(Vereinzelt Beifall SPD)

eine Erfolgsgeschichte, die zu mehr Bildungsgerechtigkeit in Brandenburg beigetragen hat und auch in Zukunft beitragen wird.

(Dr. Redmann [CDU]: Davon seid ihr so überzeugt, dass Sie keine Zwischenfrage zulassen!)

Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass die Inanspruchnahme des Schüler-BAföGs, die in den ersten Jahren kontinuierlich gestie gen ist, seit 2015 rückläufig ist. Das bedeutet aus meiner Sicht allerdings nicht, dass die Attraktivität des Schüler-BAföGs sinkt, sondern vielmehr, dass es mehr Familien in Brandenburg finanziell besser geht. Diejenigen, die auch in Zukunft vom Schüler-BAföG profitieren, werden die Erhöhung zu schätzen und sinnvoll einzusetzen wissen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist doch unbestritten, dass Kinder aus einkommensschwachen Familien erheblich größere Probleme bei der finanziellen Absicherung des Schul besuchs haben, als dies für Kinder von Eltern mit höherem Ein kommen der Fall ist. Das gilt für die Anschaffung von Lernma terialien und heute, in Zeiten der Digitalisierung, insbesondere für die Anschaffung von PCs oder Notebooks. Das alles kostete damals und kostet heute Geld, das nicht alle Familien aufbrin gen können. Diese Kosten für Lernmaterialien wie auch für neue Medien sowie für die Lebenshaltungskosten insgesamt sind in den vergangenen Jahren gestiegen und machen aus un serer Sicht eine Erhöhung des monatlichen Förderbetrags not wendig.

(Beifall SPD)

Daher schlagen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vor, den monatlichen Förderbetrag von derzeit 100 auf 125 Euro an zuheben.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich möchte jetzt nicht; ich möchte weitermachen. - Mit der Er höhung des monatlichen Grundförderbetrags um 25 Euro stel len wir nicht nur sicher, dass damit der Kostenentwicklung der vergangenen Jahre Rechnung getragen wird, sondern auch, dass der Förderbetrag weiterhin nicht auf die Sozialleistungen angerechnet wird.

Zudem gilt im Gegensatz zum Bundes-BAföG die Förderung auch für Schülerinnen und Schüler, die bei ihren Eltern leben. Mit diesem Schüler-BAföG haben wir in Brandenburg ein bun desweites Alleinstellungsmerkmal. Auch das muss heute noch einmal besonders betont werden.

Damals wie heute ist unser Bestreben, sicherzustellen, dass der Geldbeutel der Eltern nicht darüber entscheidet, welchen weite ren Bildungsweg eine Schülerin oder ein Schüler nach der 10. Klasse einschlägt.

(Beifall SPD)

Vielmehr sollen die Leistung, die individuellen Neigungen und die Fähigkeiten einzelner Schülerinnen und Schüler über den Bildungserfolg entscheiden.

Zum Entschließungsantrag der CDU ist Folgendes zu sagen: Eine umfassende Evaluierung haben wir erst im Jahr 2013 durchgeführt. Darum sehen wir derzeit keine Notwendigkeit, das Ausbildungsförderungsgesetz erneut zu evaluieren, zumal

aus unserer Sicht die Mittel für eine umfassende Evaluierung an anderer Stelle besser eingesetzt werden können.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich möchte jetzt bitte nicht. - Wir lehnen also diesen Ent schließungsantrag ab. Ich freue mich auf die weitere Diskussi on im Bildungsausschuss. Hierfür bitten wir die Landesregie rung, den Sachstand zum Schüler-BAföG in einem schriftlichen Bericht darzulegen. Dann können wir intensiv darüber diskutie ren. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeord nete Hoffmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor ein paar Tagen wurde der aktuelle Bildungsbericht vorgestellt. Dem konnte man entnehmen, dass dort, wo die El tern Akademiker sind, 79 % der Kinder - also fast 80 % - ein Studium aufnehmen, dass aber dort, wo die Eltern eine berufli che Ausbildung und kein Abitur haben, nur 24 % der Kinder studieren.

Bei allem Streit gibt es doch einen Punkt, wo wir uns einig sind: Wir haben, wie dieser Befund zeigt, ein Problem mit der Chan cengerechtigkeit. Darum müssen wir uns kümmern.

(Beifall CDU, SPD und DIE LINKE)

Das Schüler-BAföG war die Antwort der SPD darauf, und ihr Ziel war es, damit mehr Kinder aus einkommensschwachen Fa milien für den Weg zum Abitur zu begeistern. Das Ziel ist eh renwert, wir müssen uns trotzdem fragen, ob das alles wirklich nur am Geld liegt.

Das Schüler-BAföG geht ja davon aus, dass die Schüler deshalb kein Abitur machen, weil den Familien das Geld fehlt. Die Ex perten sagen, ganz so einfach sei es nicht; das Problem liege eher darin, dass die Begabungen nicht rechtzeitig entfaltet wer den. Dazu gibt es verschiedene Studien. In einer Studie bei spielsweise hat man eine Wortschatzuntersuchung gemacht. Dabei hat man untersucht, wie viele Wörter Dreijährige ken nen, und hat festgestellt: Kinder aus einem Akademikerhaus halt kennen 45 Wörter, Kinder aus einem Arbeiterhaushalt hin gegen kennen nur 32 Wörter.

Man hat darüber hinaus festgestellt, dass sich diese Schere im mer weiter öffnet, je älter die Kinder werden. Der Unterschied wird zunehmend größer. Deshalb wäre es gerade mit Blick auf die Chancengerechtigkeit so wichtig, dass wir prüfen, ob das Schüler-BAföG tatsächlich so wirkt, wie wir uns das wünschen. Dass die Empfänger dieses Geld gut gebrauchen können, ver stehe ich natürlich. Das stelle ich gar nicht in Abrede. Dennoch müssen wir prüfen, ob das Geld wirklich zielgerichtet einge setzt wird.

Die Evaluation, die Sie angesprochen haben, Frau Koß, sollten Sie vielleicht noch einmal lesen. Diese Evaluation hatte gravie rende methodische Mängel. Zu dem Zeitpunkt nämlich, als man die Schüler befragt hat, ob sie sich wegen des Schüler-BAföGs für das Gymnasium entschieden haben, waren sie schon am Gymna sium, und zwar noch bevor das Schüler-BAföG eingeführt wurde. So entstand diese Evaluation! Das können Sie nachlesen.