Protocol of the Session on June 28, 2017

(Zuruf: Polizeireform!)

- ja, die Polizeireform steht dazu im Kontext -, nämlich dass ein Personalmangel beim Verfassungs- und beim Staatsschutz im Land Brandenburg besteht. Das wissen Sie. Dieser Perso nalmangel in Brandenburg spiegelt sich sprachlich beispiels weise darin wider, dass in der Antwort auf die Große Anfrage von einer notwendigen gefährdungsorientierten Priorisierung bei den Sicherheitsbehörden berichtet wird.

Klar ist: Ja, die linksextremistischen Aktivitäten sind im Ver gleich zum Rechtsextremismus erheblich geringer; das ist so. Dennoch hat auch die Gefahr durch den Linksextremismus in Brandenburg zugenommen. Und wenn extreme Phänomene zunehmen, dann ist diese Landesregierung in der Pflicht, dies ernst zu nehmen und mit entsprechenden Maßnahmen gegen diese Zunahme auch beim Linksextremismus vorzugehen.

(Beifall AfD)

Selbstverständlich ist, dass dies nicht - das sage ich ganz klar - zulasten der Bekämpfung von Rechtsextremismus geschehen darf.

Herr Innenminister, da sehen Sie Ihr Dilemma, Ihr persönliches Dilemma: Ihnen fehlt im Verfassungsschutz, Ihnen fehlt im po lizeilichen Staatsschutz in Brandenburg schlicht das Personal, um den gewachsenen Problemen bei der Extremismusbekämp fung hier im Land Brandenburg zu begegnen.

(Beifall AfD)

Der jahrelange Personal- und Sicherheitsabbau zwingt die Be diensteten der Sicherheitsbehörden zu solchen Priorisierungen und führt im Ergebnis dazu, dass gesetzliche Aufgaben dieser Behörden nicht vollumfänglich erfüllt werden können.

Wie ist nun die Lage im Bereich des Linksextremismus im Einzelnen? Von 2009 bis 2014 wurden jährlich etwa 15 bzw. 30 politisch motivierte Gewaltdelikte von Links registriert; im Jahr 2016 waren es schon 53 Gewaltdelikte. Zudem wurden bei Demonstrationen und Aufzügen Gewalt- und Straftaten von linksextremer Seite registriert. In den beiden vergangenen Jah ren waren dies rund 180 Taten. Zudem ist eine Verjüngung der linksextremen Szene festzustellen. Festzustellen ist auch, dass sich deren Gewaltgeneigtheit im Anstieg befindet. Die gewalt bereite linksextreme Szene nutzt ihre Kommunikationsnetz werke zur Koordination gemeinsamer Aktivitäten: zum Aufruf zu Straf- und Gewalttaten, zur ideologischen Propaganda und Konfrontationsgewalt. Polarisierungstendenzen zwischen den verschiedenen extremistischen Lagern nehmen leider zu.

Meine Damen und Herren, rechtsextremistische und linksext remistische Ideologien sind nicht gleichzusetzen. Das will ich hier auch nicht tun. Es gibt aber durchaus strukturelle Gemein samkeiten am äußersten rechten und am äußersten linken Rand. Für die Christlich Demokratische Union ist klar: Es gibt das Gebot, es gibt die Erforderlichkeit der konsequenten Beob achtung und Bekämpfung des Rechtsextremismus und des Linksextremismus. Beides darf nicht zu einer unterschätzten Gefahr werden.

(Beifall CDU und AfD)

Der Rechtsstaat darf auf keinem Auge blind sein und muss sich zu allen Seiten hin wehren. Ob Rechtsextremismus, ob Links extremismus, ob religiös motivierter Extremismus: Jedwede extremistische Erscheinung steht im Widerspruch zu unserer Demokratie und im Widerspruch zu unserem Rechtsstaat. Ext remismus jeglicher Couleur muss konsequent beobachtet und bekämpft werden.

Abschließend werde ich auf das Erstarken der sogenannten mi litanten Linken und auf die deutliche Zunahme des Gefahren potenzials eingehen, welches von der sogenannten militanten Linken ausgeht.

Ich halte es im gemeinsamen Kampf gegen Extremisten jegli cher Couleur und im Sinne eines ganz selbstverständlichen Einstehens für unsere freiheitlich-demokratische Grundord nung für notwendig, dass sich politische Parteien, die im Ver dacht stehen, die militante Linke zu dulden oder gar zu unter stützen, klar von dieser distanzieren. Ich halte es für selbstver ständlich, dass der Verfassungsschutz als ein wesentlicher Be standteil der deutschen Sicherheitsarchitektur anerkannt wird,

und ich halte es für selbstverständlich, dass das aktive Eintreten für Demokratie immer und überall konsequent gegenüber je dem Extremisten erfolgt - gegenüber den Rechtsextremisten ge nauso wie gegenüber den Linksextremisten. Dazu gehört auch, dass sich beispielsweise friedliche Versammlungsteilnehmer klar von militanten Linken und Krawallmachern distanzieren.

(Beifall CDU und AfD)

Klar ist: Der Extremismus in Brandenburg kann nicht Arm in Arm mit Extremisten bekämpft werden. - In diesem Sinne vie len Dank.

(Beifall CDU und AfD)

Wir danken Ihnen und setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht die Abgeordnete Johlige für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Als ich die Große Anfrage der AfD las, dachte ich tatsächlich zu erst an Paranoia. Quasi überall sitzen nach dem Weltbild der AfD Linksextremisten: in den Parteien DIE LINKE, SPD, bei den Grünen, in der Landesregierung, in den Universitäten und besonders in den Studierendenverbänden, in den Vereinen und Verbänden, in den Willkommensinitiativen - einfach überall.

(Dr. Gauland [AfD]: Ist das nicht so?)

Und weil sie überall sitzen, schützen sie natürlich auch die an deren Linksextremisten vor strafrechtlicher Verfolgung, beför dern deren Aktivitäten und beeinflussen die Medien.

Wenn man aber weiterliest, merkt man, dass es hier nicht oder nicht nur um Paranoia geht. Es ist die gleiche Strategie, wie wir sie bei der Hetze der AfD gegen Geflüchtete allzu oft beobach ten müssen: Behauptungen, so falsch sie auch sein mögen, werden immer wiederholt, es werden immer die gleichen Un terstellungen herausgeholt, und immer wieder wird ein kleines oder großes Tabu gebrochen, um den politischen Diskurs zu verschieben, in der Hoffnung, dass mit jeder Wiederholung ein paar Menschen mehr an die Hetze glauben. Genau diese Strate gie wird auch hier gefahren, nur eben diesmal nicht gegen die Flüchtlinge, sondern gegen den politischen Gegner.

Meine Damen und Herren von der AfD, Sie wollten gar nicht wissen, welche Informationen vorliegen, Sie wussten vorher,

(Kalbitz [AfD]: Wie Sie immer wissen, was wir wollen!)

dass ein Großteil der Anfrage gar nicht beantwortet werden kann. Sie wollten spalten. Sie haben kein Interesse an gesell schaftlichem Diskurs - im Gegenteil: Sie wollten die Polarisie rung, weil Sie ganz genau wissen, dass nur eine aufgeheizte Anhängerschaft auch zur Wahl geht.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Sie wissen, dass Sie Hass säen müssen, um Wahlerfolge zu er zielen, und genau deshalb haben Sie diese Anfrage gestellt,

(Galau [AfD]: Wer ist denn hier paranoid?)

und nicht, weil Sie irgendein Erkenntnisinteresse haben. Genau deshalb versuchen Sie, all jene in die extremistische Ecke zu stellen, die Ihnen nicht genehm sind. Das sieht man im Übrigen auch an Ihrem Entschließungsantrag. Die Antworten ergeben zwar keinen Handlungsbedarf, aber Sie stellen trotzdem einen Antrag.

Was mich aber am meisten stört, ist die Anmaßung, dass gera de die, die gesellschaftliche Gruppen seit Monaten gegenein ander aufhetzen, die mit „Merkel-Diktatur“ und „Lügenpresse“ hantieren, sich nun auf die wehrhafte Demokratie berufen. Aber - und das sage ich nicht ohne Stolz - die wehrhafte Demo kratie ist stärker als Ihre Hetze,

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

sie hält eine ganze Menge aus, und sie wird aus der Auseinan dersetzung mit Ihnen stärker hervorgehen, als sie vorher war.

Ich will Ihnen noch eins sagen: Wenn Sie versuchen, gesell schaftlich Aktive zu diskreditieren, Menschen, die Ihnen nicht in den Kram passen, anzugreifen, oder Menschen aus unserem Land vertreiben wollen, werden wir uns Ihnen immer entge genstellen. Wir antworten mit etwas, was viel durchdringender und viel erfolgreicher ist als Ihre Hetze: Wir antworten mit So lidarität.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD - Galau [AfD]: Das ist billig!)

Wen Sie auszugrenzen versuchen, an dessen Seite sind wir. Wenn Sie gegen jemanden hetzen - beispielsweise gegen mei ne Kollegin Vandre -, stehen wir ihm bei,

(Galau [AfD]: Haben wir das Foto gemacht oder Sie?)

und wenn Sie versuchen, jemanden mundtot zu machen, dann stehen wir neben ihm und bringen das Megaphon noch mit.

(Zuruf von der AfD)

Wir halten dagegen, da können Sie sicher sein.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, klar ist, politisch motivierte Straftaten sind Straftaten und müssen und werden selbstverständlich strafrechtlich verfolgt werden. Klar ist auch: Gewalt darf kein Mittel der politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung sein. Anschläge auf Bahntrassen oder Ge walt bei Demonstrationen sind, egal aus welcher politischen Ecke sie kommen, indiskutabel.

(Beifall DIE LINKE sowie der Abgeordneten Lieske [SPD] und Nonnemacher [B90/GRÜNE])

Niemand in unserer Gesellschaft hat das Recht, andere zu ge fährden, und Gewalt kann und darf kein Mittel politischer Aus einandersetzung sein.

(Beifall DIE LINKE)

Auch deshalb werden Sie in diesem Haus niemanden finden, der politisch motivierte Gewalt gutheißt.

Meine Damen und Herren, die Gefahr für die persönliche und öffentliche Sicherheit und die Demokratie in unserem Land kommt dennoch von rechts außen. Sie malen ein linkes Feind bild, um es dann anzugreifen.

Frau Abgeordnete, lassen Sie eine Frage zu?

Nein, die haben genug Fragen gestellt. - Aber ich sage Ihnen: Linksmotiviert ist noch kein Mensch in Brandenburg umge bracht worden, rechtsmotiviert gibt es in der noch jungen Ge schichte des Landes - das wurde eben schon zitiert - 18 Todes opfer. Linksmotivierte Gewaltstraftaten erreichten zu keinem Zeitpunkt die Dimension rechter Gewaltstraftaten, teilweise lagen die rechtsmotivierten zehnmal so hoch wie die linksmoti vierten. Und egal, meine Damen und Herren von der AfD, ob Ihnen das gefällt oder nicht, diese Tatsachen liegen auf dem Tisch, und Sie werden sie auch mit 210 Einzelfragen nicht wegwischen. - Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Es gibt eine Kurzintervention von Herrn Schröder. Bitte schön.