Sie haben zu Beginn der Kreisgebietsreform gesagt, die Fi nanzsituation erfordere es, dass wir uns in Brandenburg verän dern. Jetzt schauen wir uns einmal an, wie sich die Finanzsitu ation verändert: Wir sind bei 11,4 Milliarden Euro. Bei sechs Steuerschätzungen in Folge gingen die Werte nach oben, und wir haben das größte Risiko für den Landeshaushalt, nämlich die Reform des Länderfinanzausgleichs, so gestaltet, dass bei uns bei jeder kritischen Rechnung ein Plus in dreistelliger Mil lionenhöhe herauskommt.
Herr Ministerpräsident, das haben Sie verhandelt. Darüber sind wir froh. Wir sind auch froh darüber, dass der Bund das alles mitgemacht hat. Da musste der Bund springen. Der Bund ist gesprungen, auch Westländer sind gesprungen; und das ist gut so. Wir freuen uns darüber, dass wir durch den Länderfinanz
ausgleich nicht nur mehr Geld für den Landeshaushalt, sondern vor allen Dingen auf Dauer eine solide Basis zum Planen ha ben. Sowohl was die demografischen Prognosen als auch und noch viel mehr die Begründung für die Kreisgebietsreform, der Zwangsfusionen, sowie die finanzielle Lage des Landes be trifft, wird es Zeit, dass Sie die Realitäten anerkennen, die Sie selbst verhandelt haben. Nein, Herr Ministerpräsident, es gibt gute Nachrichten für das Land Brandenburg „hinter den Bü schen“. Wir werden nicht so wenig Einwohner haben, wie Ihr Innenminister uns glauben machen will, und wir werden eine viel bessere Finanzsituation haben, als uns das der Innenminis ter noch vor zwölf Monaten erzählt hat.
Dann wird noch eins „hinter in den Büschen“ diskutiert: die Frage der Funktionalreform. Sie haben das gestern auch ange sprochen. Vergleichen wir diese Zahlen einmal mit denen, die am Anfang ventiliert wurden: Jetzt sind wir bei 1 003 Stellen. Nach dem Görke-und-Schröter-Plan sollen zehn Einheiten üb rig bleiben. Das MIK überträgt eine Stelle in der Ordnungsver waltung und im Personenstandswesen. Über die eine Stelle werden sich die zehn Landkreise und die eine kreisfreie Stadt richtig freuen. Ich bin gespannt, wie sie sie aufteilen werden.
(Beifall CDU - Gelächter bei der CDU sowie des Abge ordneten Schulze [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe - Zu ruf von Minister Schröter)
- Herr Schröter, Sie haben uns viel erklärt. In dieser Regierung wird überhaupt viel erklärt. Ich erinnere an den interaktiven Funkstreifenwagen.
Das MASGF wird drei Stellen beim Einladungs- und Rück meldewesen für Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern und Jugendlichen übertragen. Drei durch zehn, das wird auch ein starker Wert. So kann man die ganze Liste durchgehen. Wenn das die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung ist - das ist es doch wohl, Sie schauen ja jetzt nicht umsonst nach unten
(Beifall CDU und BVB/FREIE WÄHLER Gruppe - Ge lächter bei der CDU und bei der BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)
da gibt es keine positiven Nachrichten. Das ist doch ein Place bo. Mehr ist diese Funktionalreform nicht.
Nein, meine Damen und Herren, es wird nicht funktionieren, den Menschen ernsthaft glauben zu machen, dass das kommu nale Selbstverwaltung stärken wird.
Ich werbe in den verbleibenden 40 Sekunden für den Altan schließerantrag. Meine Damen und Herren von Rot-Rot - es ist gut, dass der Kollege Christoffers gerade hereinkommt -, Sie haben heute die Chance, einen großen Schritt in Richtung Rechtsfrieden zu gehen, der nicht nur - wie Sie es vorhaben - dort Hilfe gibt, wo Sie helfen müssen, bei rechtswidrigen nicht bestandsbekräftigen Bescheiden, sondern der allen Menschen,
die einen rechtswidrigen Bescheid haben, eine Perspektive im Umgang mit dieser Problematik gibt. Sie wissen, dass unser Vorschlag besser ist, Sie wissen, dass er den Landeshaushalt marginal belastet, und ich glaube, Sie werden in der Folge, selbst wenn Sie ihn heute ablehnen, nicht umhinkommen, unserem Vorschlag zu folgen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Kol leginnen und Kollegen! Postfaktisch - das Wort hatten wir ges tern mehrfach in der Debatte.
den Ersatz der Vernunft durch Emotionen, und das impliziert, dass eine Lüge wahr wird, wenn man sie nur oft genug teilt und wiederholt. Postfaktisch ist das Ende jeder modernen Gesell schaft.
Wenn wir die Tendenzen, die dazu führen, dass derartige An sichten real werden, nicht abstellen, dann wird es ganz schwie rig.
Das Gegenteil von postfaktisch - ja, ich muss nur noch sagen, was das Gegenteil ist - ist das, worüber wir in den letzten zwei Tagen intensiv diskutiert haben. Nehmen wir beispielsweise den Einzelplan 20, die Allgemeine Finanzverwaltung. Das ist alles sehr spröde, sehr trockene Materie. Es ist sicherlich nichts, was sich dem Normalbürger sofort erschließt. Und doch ist es die Grundlage jedes modernen Staates: Exakte Zahlen, nachlesbar, abrechenbar, natürlich diskutabel und immer zu hinterfragen, natürlich auch immer mit der Möglichkeit zu sa gen: Das wollen wir nicht, das wollen wir anders, da wollen wir mehr oder weniger. - Aber immer sind es Fakten, über die wir reden, zugegebenermaßen trockene Fakten.
Jetzt, wenn es um trockene Fakten geht, darf der Kollege Schulze sehr gern seine Zwischenfrage stellen.
Herr Kollege Holzschuher, Sie haben gerade von Fakten, Zah len und dem Postfaktischen gesprochen. Ich habe drei Fragen an Sie:
Erstens: Kennen Sie irgendeine Studie oder haben irgendeinen Beleg oder Nachweis, dass Gemeindegebietsreformen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in Deutschland einen re levanten wirtschaftlichen Erfolg im Sinne von Kosteneinspa rungen oder Verwaltungseffizienzsteigerung gebracht haben?
Zweitens: Gibt es irgendeine wissenschaftliche Evaluation der Kreisgebietsreform von 1993 oder der Gemeindegebietsreform von 2003 in Brandenburg, die irgendwelche Anhaltspunkte lie fert, um daraus Schlussfolgerungen für das von Ihnen mitgetra gene Vorhaben der Kreisgebietsreform zu ziehen?
Drittens: Kennen Sie die Ergebnisse der Studie des ifo Instituts Dresden, das sich mit 12 nationalen und internationalen Studi en zur Gebietsreform befasst hat?
Ja, Kollege Schulze, Letztere kenne ich, und ich habe durchaus auch einige Erkenntnisse zu den möglichen Einsparungen bei Kreisgebietsreformen. Allerdings ist das ein wunderbares Bei spiel dafür, wie man mit Emotionen und teilweise grob fal schen Argumenten versucht, Stimmung zu machen.
(Beifall der Abgeordneten Bischoff und Lüttmann [SPD] - Zuruf des Abgeordneten Schulze [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe])
Herr Kollege Schulze, übrigens ist das Gutachten des ifo Insti tuts sogar schon im Gesetzentwurf enthalten; den können Sie inzwischen einsehen. Das ist erwähnt, man hat sich damit aus einandergesetzt. Ich will jetzt nicht, auch wenn ich noch 35 Minuten Zeit habe, über die Kreisgebietsreform reden. Aber es gibt in der Tat für unsere konkrete Situation, in der wir im Land Brandenburg
und der Schwierigkeiten in einigen Regionen des Landes sind, sehr konkrete Ansätze dafür, dass diese Reform in einigen Jah ren auch sehr substanzielle Einsparungen bringt.