Was Sie immer behaupten, wird durch die Anzahl der Wieder holungen nicht besser. Hier werden nicht nur ein paar Land kreisgrenzen ausradiert. Es geht um jeden Lebensbereich. Lesen Sie die Post, die wir alle bekommen haben! Dort ma chen sich Menschen darüber Gedanken. Es geht um den Bus verkehr, die Schulentwicklungsplanung vor Ort, um jeden eh renamtlichen Bereich - von Feuerwehr bis Sport. Jeder Bereich wird sich diesen Strukturen unterordnen müssen.
Herr Finanzminister, die Ankündigung, das Sparkassengesetz zu ändern, zeigt, dass wir Recht haben, dass Sie genau wissen: Die se Strukturen werden vor Ort nicht akzeptiert. Deswegen gehen Sie schon jetzt auf Tauchstation und wollen Dinge im Prinzip im Voraus anders handhaben, meine Damen und Herren.
Spätestens, wenn nach dem ersten Akt der Zwangsfusion von Landkreisen und kreisfreien Städten aus der heutigen - angeb lichen - Freiwilligkeit der zweite Akt der Zwangsfusion von Dörfern und Städten folgt, wird klar: Sie setzen auf Zentralis mus, auf Fernsteuerung aus Potsdam. Wir setzen auf Eigen ständigkeit und Vertrauen in die Menschen vor Ort. Das ist der eigentliche Unterschied zwischen uns und Ihnen, meine Da men und Herren, hier in Brandenburg.
Sie haben davon gesprochen, wie viel Geld Sie für dieses Pro jekt in die Hand nehmen wollen. Es gäbe so viel bessere Pro jekte, um in Brandenburg auch in den strukturschwächeren Landesteilen voranzukommen. Sie könnten zum Beispiel für die Lausitz, wo viele von uns herkommen, auch ich persönlich, die Strukturentwicklung endlich einmal aktiv unterstützen, an statt nur mit warmen Worten und Gutachten von Universitäten, meine Damen und Herren.
(Beifall CDU, AfD sowie der Abgeordneten Frau Schülz ke [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe] und Frau von Ha lem [B90/GRÜNE])
Sie könnten dafür sorgen, dass es auf der A13 nicht mehr Fun klöcher als Abfahrten gibt. Dort kann nämlich nicht überall gut telefoniert werden, meine Damen und Herren. Das ist die Rea lität!
Da ich Kollegen aus dem Norden hier sehe und nicht nur über den Süden reden möchte: Auch mit einem Prignitz-Express, der jeden Tag fährt, kommt man schneller zur Arbeit nach Ber lin und zurück. Das ist doch mal ein Angebot an die Regionen im Norden und Süden des Landes Brandenburg, meine Damen und Herren!
Wenn wir die Eigenverantwortung der Menschen, das Vertrau en in die Dinge vor Ort stärken, dann werden sie auch irgend wann uns als Politik wieder mehr Vertrauen schenken. Auch das muss eine Konsequenz aus den letzten Monaten und Jahren sein. Offensichtlich haben wir nicht genug hingeschaut und hingehört.
Meine Damen und Herren, in unserer Verfassung steht, dass wir für gleichwertige Lebensverhältnisse im Land zu sorgen haben. Als Bürgermeister, der ich elf Jahre sein durfte, weiß ich, dass sich eigentlich jedes Dorf und jede Stadt darum bemüht, dass die Familien da, wo sie in Brandenburg zuhause sind, auch gern zuhause sein können. Viele Gemeinden haben sich auf den Weg gemacht: Sie zahlen zum Beispiel Baukinder geld, sind bereit, in Kindertagesstätten kostenlose Angebote zu unterbreiten. Sie machen noch viel mehr, auch in diesen Berei chen, für ihre Familien, für die Brandenburger Kinder.
Ich sage nochmals, weil mich das immer noch ärgert: Sie ge hen nicht nur als Regierung in die Geschichte ein, die mit Geld nicht umgehen kann, sondern auch als eine, die sogar Steuern erhöht hat. Sie setzen bei der Grunderwerbssteuer nur auf einen Einmaleffekt, verteuern Familien das Bauen, wohinge gen die Kommunen sie halten wollen. Das ist ein Widerspruch zwischen Landes- und Kommunalpolitik. Da haben die kom munalen Leute mehr Weitblick als Sie in der Landespolitik hier in Brandenburg!
Sie hätten die gleichen Chancen wie Kommunen, Familien zu unterstützen. Sie könnten zum Beispiel unsere Vorschläge auf greifen.
- Die Drucksachen kann ich gern vorbeibringen, Herr Finanz minister! Wir haben zum Beispiel ein Stipendiensystem für Landlehrer vorgeschlagen, damit Lehrer auch aufs Land kom men. Wir haben schon vor vielen Jahren ein Stipendiensystem für Ärzte vorgeschlagen, damit sie wieder ins Dorf kommen können. Beides haben Sie abgelehnt. Das ist Ihr gutes Recht, Sie haben eine 3-Stimmen-Mehrheit. Wenn Sie einen Vor schlag ablehnen, haben Sie aber die verdammte Pflicht, mit Ihrer 3-Stimmen-Mehrheit einen anderen, besseren zu machen. Ein solcher fehlt bis heute in Brandenburg. Ich bin es leid, mir ständig nur anzuhören, was alles nicht geht. Sie müssen auch mal sagen, was und vor allem wie es geht, damit das in Bran denburg funktionieren kann.
Meine Damen und Herren, 2007 - gerade einmal neun Jahre ist das her - gab es das erste iPhone. Neun Jahre! Und wenn man sich das heute einmal vorstellt - ich habe das nicht selbst aus gerechnet, sondern mir das sozusagen anlesen dürfen -: Im Durchschnitt berühren wir heute am Tag hundertfünfzigmal unser Smartphone. Es kann sogar sein, dass die Zahl an Land tagsplenartagen im Durchschnitt noch einmal etwas höher ist. Aber das ist nur eine Vermutung. Sie können heute ja einmal nachzählen, wie oft Sie mit Ihrem Finger das Smartphone be rühren.
Aber das zeigt doch etwas ganz anderes: Es zeigt, dass sich in nerhalb von wenigen Jahren unser Kommunikationsverhalten komplett geändert hat, dass sich durch Apps, soziale Medien und alle diese technischen Möglichkeiten auch die Bedingun gen für Brandenburger komplett verändert haben. Deswegen sage ich - das kann man auf der einen Seite gut finden, man kann es auf der anderen Seite auch beklagen; aber es ist ein Zustand - , meine Damen und Herren, wir müssen diese Ent wicklung stärker aktiv steuern und die Dinge auch anpacken und gestalten.
- Das heißt ganz konkret: Investieren wir endlich mehr in For schung und in Lehre, denn jeder Euro mehr für die Wissen schaft macht nicht nur klüger, sondern ist auch ein Ticket in die Zukunft. Das ist die Ansage, die dahintersteht, meine Damen und Herren. Mehr Geld in Wissenschaft und Forschung!
- Ja, da war ich. Sie hätten mitkommen können, ich hätte Sie sogar mitgenommen. Dann hätten Sie dabei sein können, als ich vor Ort erfahren habe, wie sich die Kollegen dort in der Nähe zu Berlin Gedanken machen, dass in diesem Land eben nicht genü gend für junge Unternehmer getan wird, die neue Ideen haben, die wir vielleicht heute noch gar nicht für realistisch halten, die künftig in der Umsetzung aber Realität sein werden.
Sie halten an starren Fördermittelvorgaben fest und sind nicht bereit, flexibel auf die Entwicklungen zu reagieren. Das ist die
Ansage: neue Technik, neue Möglichkeiten. Auch die verschla fen Sie in Brandenburg, meine Damen und Herren.
Wenn ich gesagt habe, dass wir mehr in Wissenschaft investie ren müssen, weil das klüger macht, dann sage ich auch: Wir müssen bei der Aus- und Weiterbildung in allen Berufszweigen neue Wege gehen. Denn jedes Berufsbild wird sich aufgrund der neuen Technik verändern. Es ist doch etwas Schönes, wenn sich Menschen dann weiterqualifizieren können, um in ihrem Job zu bestehen und weiterführende Möglichkeiten zu finden.
Deswegen sage ich Ihnen auch: Wir brauchen in Brandenburg eine Strategie, wie Digitalisierung in Brandenburg gestaltet wird - in technischen, aber auch in ethischen Fragen. Hier, Herr Ministerpräsident, können Sie wirklich unsere Verfassung mit Leben erfüllen, nämlich mit Ihrer Richtlinienkompetenz. Ma chen Sie was draus, damit Brandenburg zu den Vorreitern bei der technischen Entwicklung in Deutschland gehört, meine Damen und Herren!
Dann möchte ich gern das Thema Schule aufgreifen. Dabei will ich heute aber nicht so sehr über die Lehrer und andere Dinge sprechen, sondern über den Zustand der Schulen im technischen Bereich. Da gibt es in Brandenburg Kinderzim mer, eigentlich viele Kinderzimmer, die heute einen höheren technischen Standard haben als die Klassenzimmer in den Brandenburger Schulen. Deswegen sage ich Ihnen: Es wäre doch möglich, dass die Schülerinnen und Schüler in Klasse 1 und 2 ordentlich mit dem Füller schreiben lernen, wir aber ab Klasse 5 mit dem Tablet beginnen, zum Beispiel durch Mitwir kung englischer Schülerinnen und Schüler den Sprachunter richt bei uns weiterzuentwickeln. Das ist heute technisch alles möglich. Tradition und Moderne. Wer bremst? Sie bremsen, weil Sie kein Geld, keine Ideen dafür in diesem Haushalt haben, meine Damen und Herren. Das ist der Zustand in der Brandenburger Bildungspolitik 2016.
Da ich jetzt von den jungen Leuten gesprochen habe, will ich darauf hinweisen, dass nicht nur die jungen Leute von den technischen Möglichkeiten in Zukunft profitieren werden. Auch die Älteren werden dadurch wesentlich mobiler. Deswe gen nur als Hinweis: Das autonome Fahren wird dazu führen, dass wir wesentlich leichter und besser in die Stadt fahren kön nen, zur Arbeit fahren können bzw. - besser gesagt - gefahren werden. Das ist eine ganz neue Möglichkeit auch für Senioren auf dem Land, in der Stadt, sich mobil zu halten. Dazu hätte dieser Haushalt wunderbar Antworten geben können, denn wir stehen nicht vor, sondern mitten in der digitalen Revolution. Das ist die klare Ansage. Dieser Haushalt aber strotzt nur so davon, sich dieser digitalen Entwicklung zu verweigern, meine Damen und Herren. Das ist auch Ihre Politik hier in Brandenburg.
Deshalb: Natürlich werden wir Ihnen noch genügend Ände rungsanträge in den einzelnen Fachbereichen präsentieren. Aber wir hätten uns gewünscht, dass Sie in dem Haushalt Weit blick zeigen, dass Sie eine umfassende digitale Strategie für
Brandenburg entwickeln, dass Sie Mut haben, das auch mit Zahlen im Haushalt abzubilden, da auch zu investieren, und dass Sie entschlossener dafür arbeiten wollen, dass Branden burg in diesem Bereich Vorreiterland wird. Das machen Sie alles nicht, und deswegen werden wir Ihnen mit unseren Vor schlägen und Anträgen bei der Haushaltsberatung auf die Sprünge helfen. - Vielen herzlichen Dank, meine Damen und Herren.
Wir danken Ihnen. - Bevor wir die Aussprache fortsetzen, möchte ich Schülerinnen und Schüler des Carl Bechstein Gym nasiums Erkner herzlich hier in unserer Plenardebatte begrü ßen. Herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Senftleben, Opposition hat eine Aufgabe in diesem Parla ment. Diese Aufgabe besteht darin, die Regierungskoalition, die Regierungsarbeit zu kritisieren. Das ist die ganz normale Pflicht, aber Sie hätten auch noch eine Kür vollbringen, näm lich ein eigenes, CDU-orientiertes Konzept für dieses Land Brandenburg vorlegen müssen.
Das haben Sie weder heute noch in den letzten Jahren hier vor zutragen vermocht. Sie haben darauf hingewiesen, dass das Parlament eine Menge Post bekommt. Ja, ich bekomme auch viel Post, Kollege Senftleben. Jeder bekommt eine Antwort. Mit einer Ausnahme: Wer mir ein Päckchen mit einem gelben Quietscheentchen darauf schickt
- „konzeptionslos“ und merkwürdigerweise noch mit Wander karte -, der muss in diesem Haus nicht ernst genommen wer den.