Protocol of the Session on July 15, 2016

(Beifall CDU und BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Koß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Auch wir sehen ganz deutlich, dass un ser Land vor großen Herausforderungen steht; genannt seien der Generationswechsel, die Inklusion und die Integration von Flüchtlingskindern, die mehr Lehrkräfte erforderlich machen. Allerdings, Herr Hoffmann, Schwarzmalerei hilft uns nicht weiter. Wir haben schon viel erreicht.

(Vereinzelt Beifall SPD - Zuruf des Abgeordneten Hoff mann [CDU])

- Bleiben Sie ganz ruhig, es geht gleich weiter.

Der Antrag der Opposition - das haben Sie vorhin selbst deut lich gemacht - nimmt die Intention des Sachsenstipendiums auf. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Ziel ist sehr

löblich. Das Sachsenstipendium und das hier entwickelte bran denburgische Pendant sind aus meiner Sicht allerdings nur ein Zahn am großen Rad der Bestrebungen, Lehrerinnen und Leh rer für die ländlichen Regionen zu finden.

(Dr. Redmann [CDU]: Aber ein Zahn ist besser als kein Zahn! - Lachen bei der SPD und der Fraktion B90/GRÜ NE)

- Nun wartet mal ab!

Übrigens, bezüglich des Sachsenstipendiums gibt es noch kei ne validen Erhebungen über Mitnahmeeffekte aus dem und in den ländlichen Raum. Wie ist es denn nun? Sind die Stipendia ten junge Leute, die aus einer ländlichen Region kommen und sowieso vorhatten, zurückzugehen?

(Zuruf des Abgeordneten Genilke [CDU])

Welche Förderung genau haben sie erhalten? Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, was passiert nach den zwei Jah ren, für die die Menschen verpflichtet wurden? Bleiben sie dort oder nicht? Da wir das nicht wissen, sagen wir: Wir möchten valide Erkenntnisse, wollen das genau betrachten

(Genilke [CDU]: Das ist wie auf dem Schulhof!)

und schauen, inwiefern solche Dinge umgesetzt werden kön nen.

(Beifall SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus den von mir ge nannten Gründen haben wir in unserem Entschließungsantrag die Landesregierung gebeten, die Wirkung und die Effekte des sogenannten Sachsenstipendiums oder möglicherweise glei cher Instrumente in anderen Bundesländern zur Anwerbung und Bindung von Lehrerinnen und Lehrern an die ländlichen Räume zu analysieren, zu bewerten und natürlich die Einfüh rung eines solchen Stipendiums zu prüfen. Das heißt allerdings auch, zu schauen, ob es sinnvoll ist, dies in Brandenburg um zusetzen, und wie man es hier, unter unseren Bedingungen, umsetzen kann.

Allein für das Schuljahr 2016/2017, meine Damen und Herren, sind 1 400 Neueinstellungen von Lehrern geplant, und ein Großteil ist schon realisiert. Das zeigt, dass Brandenburg im Wettbewerb mit anderen Ländern gut aufgestellt ist. Ja, jetzt höre ich die Opposition wieder:

(Genilke [CDU]: Wo denn? Wir sagen doch gar nichts!)

„Nichts ist so gut, dass es nicht noch besser gemacht wer den könnte.“

(Lachen und Heiterkeit bei der CDU und der SPD)

Deswegen erscheint es uns als notwendig, dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport über die bisher praktizierten Erfah rungen der Lehrkräftegewinnung zu berichten und gegebenen falls nachzusteuern.

(Dr. Redmann [CDU]: Das stand da so, was? - Zuruf von der CDU: Abgelesen! - Lachen bei der CDU)

- Ach, hört auf zu quietschen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus meiner, aus un serer Sicht entscheiden sich Bewerber wegen guter oder schlechter Arbeitsbedingungen für oder gegen eine Stelle. Da zu zählt erstens, ob die Schule gut ist - wir sind dabei, dies zu verbessern -, zweitens welche Fächer gebraucht werden und welche Fächer der Bewerber unterrichtet, und drittens - das ist nicht unerheblich, da können Sie so viel schreien, wie Sie wol len -

(Dr. Redmann [CDU]: Wir schreien nicht, wir lachen!)

die Bezahlung. Wir sind in Verhandlungen, besondere Bedin gungen für Lehrerinnen und Lehrer an Oberschulen zu schaf fen.

(Beifall SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn Ihnen un ser Entschließungsantrag zu dünn erscheint, so lässt er doch einen großen Handlungsspielraum

(Gelächter der Abgeordneten Dr. Redmann und Bretz [CDU])

und beachtet aus unserer Sicht all die kleinen Zähne, die not wendig sind, um das große Zahnrad der Lehrergewinnung in Bewegung zu halten. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksam keit.

(Beifall SPD - Zuruf von der AfD: So ein Gemurkse!)

Vielen Dank. - Für die AfD Fraktion spricht der Abgeordnete Galau.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste, insbesondere liebe Lehramtsstudenten!

(Frau Große [DIE LINKE]: Und Studentinnen!)

Liebe Studentinnen, bitte schön, selbstverständlich! Und lie be... - Nein, das lasse ich jetzt lieber.

(Heiterkeit und Beifall AfD)

Hier liegt uns leider ein Antrag aus der Rubrik „gut gemeint, aber zu kurz gesprungen“ vor, denn wen wollen Sie mit einer monatlichen „Buschprämie“ von 300 Euro aus der Großstadt tatsächlich in die Prärie locken? Ihr Versuch, der Landflucht entgegenzuwirken, ist leider nicht zu Ende gedacht. Ihrem An trag fehlen Wirkmacht und Nachhaltigkeit. Rechnen Sie doch einmal: Ein Lehramtsstudent entscheidet sich im 5. Semester für dieses Stipendium, bezieht also in den zweieinhalb Jahren bis zum 10. Semester monatlich 300 Euro. Im Gegenzug ver pflichtet er sich, an einer Schule zu bleiben, die in einer von der Landesregierung festgelegten Bedarfsregion liegt - also in der Pampa, an einer Schule, die nicht die favorisierte Anstalt des Lehramtsstudenten ist, und zwar für die Zeit des Referen

dariats und die zweieinhalb Jahre, für die er die Förderung be kommen hat.

(Senftleben [CDU]: Es ist interessant, wie Sie Branden burg sehen! - Bretz [CDU]: Das Adjektiv zu Pampa ist pampig!)

Dieser junge Mensch ist nach Beendigung der vertraglichen Schulbindung ca. Mitte 20 und muss sich dann gegebenenfalls neu orientieren. Er muss eine Region für sich finden, in der er sich niederlassen und eine Familie gründen möchte - eine Region, die auch für den Partner beruflich attraktiv ist, eine Region, in der die Infrastruktur vielfältige Möglichkeiten bie tet, wo kulturelle und soziale Angebote auf Familien und ins besondere auf junge Menschen ausgerichtet sind.

Meine Damen und Herren! Im Moment werden überall Lehrer gebraucht. Die Märkte sind leergefegt.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

- Nein, danke.

Die Menschen zieht es in dieser Situation in Regionen, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Dazu zählen leider nicht die ländlichen Regionen Brandenburgs; denn Fachkräfte gehen dorthin, wo sie gut bezahlt werden. Auch das trifft auf Bran denburg nicht zu. Ein brandenburgischer Lehrer verdient mit knapp 3 200 Euro in der Besoldungsgruppe A 12 immer noch 3,4 % weniger als im Bundesdurchschnitt. So gewinnt man keine Fachkräfte.

Beim ersten Lesen des Antrags könnte man annehmen, dass es in die richtige Richtung geht. Liest man aber zwischen den Zeilen, stellt man schnell fest, dass hier lediglich symptoma tisch eingegriffen wird. Ursachen werden nicht bekämpft. Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass nur ein Drittel der Lehramts studenten der Universität Potsdam in den Vorbereitungsdienst des Landes Brandenburg übergehen. Stellen Sie sich doch ein mal die Frage, warum. Erst wenn diese Frage beantwortet ist, können gezielt Maßnahmen ergriffen werden.

(Dr. Redmann [CDU]: Was sind denn Ihre Antworten?)

Das Stipendium wird nicht die Lösung sein. Dazu eine kurze Rechnung: Bis zum Jahr 2030 werden nach Aussagen des Sächsischen Kultusministeriums ca. 15 000 Lehrkräfte in den Ruhestand gehen. Das Sachsenstipendium ist - großzügig ge rechnet - auf jährlich 200 Lehramtsstudenten ausgerichtet. Das reicht bei weitem nicht, um die Lücke von 15 000 Lehrkräften in Sachsen in den nächsten 14 Jahren zu schließen. Diese klei ne Rechnung kann natürlich auch für Brandenburg übernom men werden.

Es müssen Lösungen gefunden werden, um die aktuelle Situa tion zu entspannen. Quereinsteiger müssen mehr als bisher ge funden und qualifiziert werden. Verbessern Sie die Arbeitsbe dingungen für die Lehrer. Oder denken Sie an die Lehrer mit Teilzeitstellen. Ich bin mir sicher, dass viele Lehrer mit einer

halben Stelle diese gern aufstocken würden. Auch könnte man mit künftigen Pensionären reden, damit sie ihrer Lehrtätigkeit noch etwas länger nachgehen. Das wären Möglichkeiten, um die aktuelle Situation kurzfristig zu entspannen.

Letztlich hängt es aber - wie so vieles - an einer dauerhaft wett bewerbsfähigen Bezahlung. Ihre Lösung „erst Stipendium, dann Provinz“ wird sich als Trugschluss erweisen. Sehr geehr te Damen und Herren, die AfD-Fraktion wird sich bei diesem Antrag enthalten. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)