Protocol of the Session on July 15, 2016

Die drei genannten Punkte sind Bestandteil unseres Antrags, und ich würde mich freuen, wenn die Debatte erkennen lässt, dass der Vorhang für Freie Theater künftig vielleicht noch ein bisschen häufiger aufgeht - natürlich nur im übertragenen Sin ne, denn in vielen Theatern gibt es ja heute gar keine Vorhänge mehr.

(Beifall B90/GRÜNE sowie der Abgeordneten Frau Heinrich und Hoffmann [CDU])

Sehr schön. Vielen Dank. - Als Nächste spricht Frau Dr. Liedt ke für die SPD-Fraktion.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Ja, die Freien Theater brauchen mehr Geld. Ihre Leistung für das Publikum in

Brandenburg ist unbestritten. Professionalität, Kreativität und Flexibilität zeichnen diese Theater aus. Schnell haben sie Her ausforderungen wie kulturelle Bildung und Integration ange nommen. Freie Theater kommen auch in die Fläche, spielen auf kleinen Bühnen mit großem Erfolg vor großem Publikum. Ja, die Bewirtschaftung muss gesichert werden, denn sie ist ge rade bei den Freien Theatern sehr effizient. Denken wir nur an den gemeinsamen Technikpool. Und nochmals ja, der Mindest lohn muss auch für Künstler gelten.

(Beifall SPD, DIE LINKE sowie der Abgeordneten Frau Nonnemacher [B90/GRÜNE] und Frau Heinrich [CDU])

- Danke, dieser Beifall war, glaube ich, ganz wichtig.

Der Antrag will Gutes, vermischt aber unterschiedliche Anlie gen und Töpfe. Zu Punkt b), dem Theaterfonds: Der Theater fonds soll für Kofinanzierungen zur Verfügung stehen, damit sich Veranstalter die Freien Theater leisten können. Das Land finanziert dann also das Freie Theater als Kunstbetrieb und denjenigen, der das Theater einlädt. Das führt das Prinzip der Kofinanzierung irgendwie ad absurdum. Ein solcher Fonds ist nicht notwendig, wenn die Freien Theater selbst ausreichend finanziert sind.

Zu Punkt c): Die 300 000 Euro für Integrationsprojekte im Rahmen des Bündnisses für Brandenburg - also 300 000 Euro für den Dialog der Kulturen - beziehen sich nicht nur auf Thea ter. Richtig ist: Dieser Fonds muss mindestens in der gegen wärtigen Höhe fortgeschrieben werden. Er kann aber nicht ge nerell für die Sicherung der Freien Theater zur Verfügung ste hen, weil die Vergabeempfehlung durch eine unabhängige Jury erfolgt. Das Ergebnis zur Sicherung des Theaters ist also offen.

Eines geht aber gar nicht, liebe Kollegen: die Konfrontation der landes- und kommunalfinanzierten Theater mit den Freien Thea tern. Das ist ein Gedanke der Entsolidarisierung unter Künstlern in einem Parlamentsantrag, den ich in keiner Weise unterstütze.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Eine Pro-Platz-Rechnung im Staatstheater und im 20-MannFreien-Theater vergleicht unterschiedliche Anliegen, unter schiedliche Ensemble, unterschiedliche Veranstaltungsformen. Dieser Vergleich vernachlässigt vollkommen das Repertoire, seine notwendige Besetzung und ist schlicht unzulässig.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir brauchen die großen Theater mit Orchester, Soli, Chor, Sprech- und Tanzensemble. Wir brauchen sie, weil wir kultu relle Vielfalt wollen, und diese Vielfalt schließt auch ein, dass wir ein Repertoire haben, das nur mit einem 80-Mann-Orches ter im großen Haus zu spielen ist. Und auch diese Theater und Orchester brauchen mehr Geld, denn sie haben in Brandenburg noch Haustarife. Solange die Ministerien ihren Angestellten keine Haustarife zahlen, ist diese Lohnabsenkung bei Künst lern einfach unvertretbar.

Die Ausgaben Brandenburgs für Theater und Musik liegen laut Kulturfinanzbericht für 2014 weit unter dem Durchschnitt an derer Bundesländer. Sie merken, meine Damen und Herren, die Gemengelage dieses Antrags ist vielschichtig. Deshalb kann nur die Ausschussbeschäftigung dem Anliegen gerecht werden:

für ein vielfältiges, fantasievolles und gutes Theater in den un terschiedlichsten Gegenden von Brandenburg!

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Es spricht die Abgeordnete Heinrich für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Die Theaterkunst ist um die 2 500 Jahre alt, das deutsche Theatersystem, wie wir es heute kennen - mit festem Haus, Repertoire und Ensemble -, etwa 200 Jahre, und über das weitgehend öffentliche Theater mit flächendeckender Versor gung sprechen wir seit etwa 100 Jahren. Heute müssen wir aber nicht die öffentlichen Theater diskutieren, heute geht es um eine vergleichsweise junge Entwicklung in der Theater landschaft - die Freien Theater - um die Frage: Warum, für wen, mit welchen Strukturen und zu welchem Preis?

Freie Theater, verehrte Damen und Herren, brauchen die Kraft, eine Gesellschaft unzensiert zu reflektieren und nicht verein facht politische Zusammenhänge auf der Bühne darzustellen. Um diese Kraft zu haben, benötigen sie unsere Hilfe bzw. die von uns geschaffenen Rahmenbedingungen.

Theater kann Themen - das ist für sie nicht neu - eben anders als in der Wirklichkeit behandeln: spielerischer, fragender, ka rikierender. Das bedeutet nicht, dass man den Freien Theatern absprechen sollte, auch unterhaltend und entspannend zu sein. Doch ist unstrittig, dass sich Theater in ihrem Stellenwert nur dann behaupten können, wenn sie demonstrativ und auch pro vokant in gedanklicher Eigenständigkeit und künstlerischer In dependenz sich immer wieder neu erfinden können.

In Anbetracht der Diskrepanz zwischen hochverschuldeten öf fentlichen Haushalten, dem steigenden Bedarf der Freien Thea ter auf dem Land und der Verantwortung eines anspruchsvollen und professionellen Theaters muss man sich letztlich entschei den, was uns die Freien Theater und ihr bildungs- und kultur politischer Auftrag wert sind.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

- Danke schön. - Das erläuterte Ihnen bereits Frau von Halem.

25 Mitglieder sind im Landesverband der Freien Theater orga nisiert, davon verfügen acht über ein eigenes Haus. Sie bieten Schauspiel, Musiktheater, Tanz, Puppenspiel, Medien und Kleinkunst und gaben allein im Jahr 2015, wie Sie bereits hör ten, 2 513 Vorstellungen mit über 200 000 Besuchern.

Ein Drittel aller Theaterbesuche in Brandenburg erfolgt in ei nem Freien Theater, und das Großartige, verehrte Damen und Herren: Die Freien Theater konzentrieren sich eben nicht nur auf die Metropolregion. Ganz im Gegenteil! Tourneen und Auf führungen in 71 von 110 Städten und Gemeinden Brandenburgs, verehrte Damen und Herren, das ist aus meiner Sicht Teilhabe durch kulturelle Bildung im gesamten Land Brandenburg.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Doch da ist Sand im Getriebe, wenn jeder Besuch eines Freien Theaters mit knapp 5 Euro bezuschusst wird, während öffentli che Häuser einen Zuschuss von gut 40 Euro je Besucher erhal ten. Obwohl die Freien Theater 27 % aller Theaterbesucher haben, erhalten sie nur 4 % der Förderung durch das Land.

Die Erfolge unserer Freien Theater dürfen nicht darüber hin wegtäuschen, dass auch bei ihnen nicht zuletzt durch einen personalintensiven Sektor der Finanzbedarf stetig steigt - und das, obwohl die Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst für die meisten künstlerischen Beschäftigten überhaupt nicht infra ge kommen. Klar ist auch, dass die Kostensteigerungen nicht allein durch die Einspielergebnisse kompensiert werden kön nen.

Wenn wir über Jahre mehr Präsenz der Freien Theater in der Fläche fordern und die bisherige Förderung unzureichend und brüchig wird, dann, verehrte Kollegen, ist es an der Zeit, über die Funktion und Realisierung von Theater für die einzelnen Bevölkerungsgruppen und Regionen Brandenburgs neu zu re flektieren.

Neben dem von CDU und Bündnis 90/Die Grünen vorgeschla genen Theaterfonds, der Berücksichtigung der zu erwartenden Tarifsteigerungen, der verbesserten Zugangsmöglichkeit für Arrangements mit den Freien Theatern muss unser Kulturhaus halt dringend angepasst und muss die Förderung der Freien Theater für die Arbeit vor allem in der Fläche finanziell solide untersetzt werden.

(Beifall CDU)

Diese Diskussion, verehrte Damen und Herren, muss dahin führen, dass wir die Freien Theater zeitgenössisch, jenseits von Musealität und Amüsement trotz des allgegenwärtigen Finanz drucks in einer sich gesellschaftlich und kulturell verändernden Welt zukunftsfähig machen.

Den verehrten Kollegen, die wir heute noch nicht überzeugen können, empfehle ich eine der wunderbaren Veranstaltungen in der Sommerpause. Das Programm liegt Ihnen allen vor; auch dafür herzlichen Dank an die Theater, an Frank Reich für die stete Information. Nutzen müssen Sie sie selbst. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht die Abgeordnete Große für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ver ehrte Einreicher aus BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU!

(Bretz [CDU]: Einreicherinnen, bitte!)

- Einreicherinnen, vielen Dank.

(Heiterkeit bei CDU und B90/GRÜNE)

- Bravo! Sehr gut! Sehr, sehr gut.

(Bretz [CDU]: Ich habe gelernt!)

Es ist eigentlich ein Antrag, den man auch gut hätte ablehnen können,

(Bretz [CDU]: Um Gottes willen! - Petke [CDU]: Wie immer!)

allein aus dem Grunde, dass er ganz klar in die Haushaltsdebat te gehört. Es ist ganz klar ein Antrag, der ganz schlicht um mehr Geld für die Freien Theater bittet. Und es ist ein bisschen ein eklektizistischer Antrag, weil er dann die 300 000 Euro für die Förderung von Projekten, für Arbeit mit Flüchtlingen dazu packt.

Es hätte genügend Gründe gegeben, ihn abzulehnen. Wir ma chen es dennoch nicht. Wir werden diesen Antrag überweisen

(Petke [CDU]: Seid ihr mutig!)

und freuen uns auch auf die Debatte. Wir sind auch großartig, Herr Petke, in unserer Großzügigkeit,

(Beifall der Abgeordneten Mächtig [Die LINKE], der CDU und des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

obwohl ich gerade während dieser Debatte noch einmal ein bisschen Zweifel hatte. Ich schließe da an Kollegin Liedtke an: Ich möchte wirklich nicht, dass wir die großen Häuser in Bran denburg - die Uckermärkischen Bühnen und das Staatstheater Cottbus sowie das Hans-Otto-Theater gegeneinander ausspie len. Das möchte ich wirklich nicht, denn gerade die Uckermär kischen Bühnen zum Beispiel haben auch den Auftrag, in der Fläche zu spielen. Die machen das auch. Deren Vorhang geht auch in der Fläche auf, auch mit kleineren Formaten.

Die Freien Theater selber wiederum haben gesagt, dass sie sich ganz gut auch von uns unterstützt fühlen. Sie waren im Aus schuss. Wir waren auch dort; das haben Sie alle sicher ge macht. Und ich möchte daran erinnern, dass wir im Jahre 2013 um 150 000 Euro auf 850 000 Euro aufgestockt haben. Es ist also nicht so, dass wir nicht dem, was da an Mehrbedarfen ent standen ist, entsprochen hätten.