Protocol of the Session on July 15, 2016

„Durch Sprachwechselprozesse fiel vor allem die mittlere (heutige Eltern) -Generation in weiten Teilen aus.“

Deshalb: Ja - es geht um Revitalisierung. Und das ganz klar zu benennen ist ein Pluspunkt des Landesplans. Ich erinnere mich an die Diskussion darüber, in welchem Umfang Revitalisie rung im Sorben-/Wenden-Gesetz festgeschrieben sein sollte. Das war bei der Gesetzesverabschiedung strittig; wir fanden, dass dieser Aspekt nicht in ausreichendem Maße aufgenom men wurde.

Aber dieser Landesplan reicht nicht, um eine tatsächliche, selbstverständliche Bilingualität des Bildungssystems sicher zustellen. Wenn wir heute über Bilingualität reden, stehen da bei insbesondere zwei Aspekte im Vordergrund: zunächst ein mal die Prävalenz der Massensprachen im Zeitalter der Globa lisierung. Das ist eine Entwicklung, die umso gefährlicher ist,

je weniger Sprecherinnen und Sprecher eine Sprache hat. Da gegen stehen - das ist ein positiver Punkt - die relativ neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse von den Vorteilen bilingualen Aufwachsens. Wie viele Regionalsprachen auf der Welt sind in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt worden, weil Eltern meinten, ihren Kindern etwas Gutes zu tun, indem sie die Regi onalsprache nicht mehr vermitteln, sondern nur noch die jewei lige Massensprache weitergeben, um die Kinder besser zu be fähigen, auf eigenen Beinen zu stehen?

Heute wissen wir, dass Kinder ohne größere Probleme zwei und gegebenenfalls noch mehr Sprachen lernen können, sie dabei selbstverständlich als mehrere Muttersprachen annehmen und damit groß werden können und davon auch profitieren. Das ver schafft Kindern ein besseres Gefühl für kulturelle Unterschiede, dafür, wie Sprache das Denken der Sprecherinnen und Sprecher prägt. Sie gewinnen an Abstraktionsvermögen. Das wünsche ich mir in Bezug auf die sorbische Sprache: eine echte Bilingualität.

(Beifall B90/GRÜNE)

Auf dem Weg dahin ist dieser Landesplan ein guter Meilen stein. Er enthält sehr viele gute Einzelaspekte, und ich begrüße es auch, dass er Messkriterien beinhaltet. Trotzdem ist dieser Plan nur ein Zwischenschritt. Wir werden noch oft über Sorben und Wenden diskutieren - beispielsweise über die Erweiterung des Siedlungsgebiets, die ansteht. Auch werden wir immer und immer wieder über die Ressourcen diskutieren müssen, die wir diesen Menschen für das Bildungssystem, für die Revitalisie rung von Sprache und Kultur, zur Verfügung stellen. Darüber wird es immer wieder Streit geben.

Ich freue mich auf diese Debatte, denn wir sind von einer ech ten Zweisprachigkeit noch sehr weit entfernt. Es ist auch klar: Das Land allein kann das nicht bewerkstelligen. Um sicherzu stellen, dass auch Sorbisch drin ist, wo Sorbisch draufsteht, brauchen wir noch sehr viel Engagement.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

Wir brauchen auch - selbstverständlich - eine zweisprachige Veröffentlichung eines solchen Landesplans.

(Beifall B90/GRÜNE und vereinzelt DIE LINKE)

Danke. - Für die Landesregierung spricht noch einmal Frau Ministerin Dr. Münch.

Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich bei Ihnen für die Debatte bedanken. Denn sie zeigt, dass das Anliegen, die niedersorbische Sprache weiter zu vitalisieren und zu unterstützen, generell durch alle Fraktionen geht. Das ist sehr erfreulich.

Mir ist klar, dass dieser Maßnahmenplan selbstverständlich nicht abgeschlossen ist - darauf hatte ich ja bereits hingewie

sen - und dass wir sicherlich auch an vielen Anregungen und Mahnungen, die jetzt in der Debatte aufgetaucht sind, weiter arbeiten müssen.

Aber, liebe Frau von Halem, was die Zweisprachigkeit des Maßnahmenplans betrifft, müssen Sie nicht in Sorge sein. Das ist in Arbeit. Der zuständige Mitarbeiter meines Hauses, der fließend Sorbisch spricht, ist derzeit im Urlaub und hat es noch nicht geschafft, den Plan fertigzustellen. Das wird aber in Kür ze erfolgen. Insofern werden wir das bekommen.

Was die Verwendung der niedersorbischen Sprache betrifft, kann ich Ihnen empfehlen, nicht nur Kahn zu fahren, sondern vielleicht auch einmal zum Sorbischen Fest im Rahmen des Cottbuser Stadtfestes zu kommen. Dort können Sie ganz viel vitale sorbische Sprache quer durch alle Generationen erle ben. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Ich beende die Aussprache. Damit ist der Be richt der Landesregierung, Drucksache 6/4516, zur Kenntnis genommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7 und rufe Tagesord nungspunkt 8 auf:

Paare mit unerfülltem Kinderwunsch auch in Bran denburg unterstützen

Antrag

der Fraktion der CDU

Drucksache 6/3304

Beschlussempfehlung und Bericht

des Ausschusses für Arbeit, Soziales,

Gesundheit, Frauen und Familie

Drucksache 6/4525

Des Weiteren liegt ein Entschließungsantrag der CDU-Fraktion, Drucksache 6/4626, vor.

Die Aussprache wird von der SPD-Fraktion eröffnet. Die Ab geordnete Alter erhält das Wort.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kol legen! - Auf Gäste müssen wir ja leider verzichten. Eine Fami lie und Kinder zu haben gehört für fast alle Menschen zu einem erfüllten Leben. Doch leider geht dieser Wunsch nicht für alle in Erfüllung. Laut Bundesfamilienministerium liegt der bun desweite Anteil von verheirateten Paaren mit unerfülltem Kin derwunsch bei 19 %. Das bedeutet nicht nur eine harte Probe für die Partnerschaft, sondern auch eine enorme psychische Belastung für beide Partner.

Ist der unglückliche Umstand eingetreten, dass es ein Paar aus eigener Kraft nicht schaffen kann, ein Kind zu bekommen, darf

die Möglichkeit einer Kinderwunschbehandlung nicht von den finanziellen Mitteln abhängig sein.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Seit 2004 gewähren die gesetzlichen Krankenkassen einen Zu schuss von 50 % der Kosten für die ersten drei Versuche. Die andere Hälfte muss von den Paaren selbst getragen werden. Das ist eine enorme finanzielle Belastung, bewegen sich doch die Kosten für eine künstliche Befruchtung im Bereich von mindestens 2 000 Euro für einen Behandlungszyklus. Das be lastet gerade Menschen mit kleinen oder mittleren Einkom men.

Darum hat die Bundesfamilienministerin im Jahr 2012 eine Richtlinie erlassen, nach der die Einwohnerinnen und Einwoh ner jener Länder eine finanzielle Unterstützung erhalten, die sich ebenfalls in gleicher Höhe an den Kosten beteiligen. So wird der Selbstkostenanteil der Paare auf 25 % abgesenkt, wenn das Bundesland, in dem das Paar seinen Hauptwohnsitz hat, ebenfalls 12,5 % der Kosten trägt. Auch die Brandenburge rinnen und Brandenburger sollen künftig von dieser ergänzen den Fördermöglichkeit profitieren. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf zu prüfen, ob sie mit einem eigenen Lan desförderprogramm die Kinderwunschbehandlung in Branden burg unterstützen kann.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Auch bei der Anzahl der Versuche orientieren wir uns an der Richtlinie des Bundesfamilienministeriums, die bis zu drei Versuche finanziell unterstützt. Eine Erhöhung der zu fördern den Anzahl auf alle weiteren Versuche lehnen wir zurzeit ab.

Nicht ohne Grund fordert der Gesetzgeber im Fünften Buch So zialgesetzbuch eine nach ärztlicher Feststellung hinreichende Aussicht, dass durch die Maßnahmen eine Schwangerschaft her beigeführt werden kann. Diese besteht nach Ansicht des Bundes gesetzgebers nicht mehr, wenn die Maßnahme dreimal ohne Er folg durchgeführt wurde. Die psychischen Folgen einer erfolglo sen Behandlung können gravierend sein. Manchen Menschen fällt es schwer, die Grenzen der medizinischen Möglichkeiten zu akzeptieren. So kann es vorkommen, dass die Therapie fortge setzt werden soll, auch wenn Ärztinnen und Ärzte davon abra ten. Das kann aus unserer Sicht nicht der richtige Weg sein. So wollen wir auch in Brandenburg die ersten drei Versuche finan ziell unterstützen - so, wie es sechs andere Bundesländer leisten. Ich nenne beispielhaft Sachsen-Anhalt und Berlin.

Nicht nur verheiratete Paare können von einer ungewollten Kinderlosigkeit betroffen sein, sondern auch unverheiratete Paare, bei denen der kinderlose Anteil sogar bei 38 % liegt, al so im Vergleich doppelt so hoch.

Diesem Umstand hat das Bundesfamilienministerium im Janu ar 2016 Rechnung getragen und den Kreis der Zuwendungs empfänger auf Paare erweitert, die in einer nichtehelichen Le bensgemeinschaft zusammenleben. Die Bundesrichtlinie defi niert diese als eine auf längere Zeit und Dauer angelegte Le bensgemeinschaft zwischen Mann und Frau, die keine weitere Lebensgemeinschaft zulässt und sich durch eine innere Bin dung auszeichnet. Wir begrüßen diese Erweiterung. Denn das Glück, eine Familie zu gründen, ist eine wichtige und für uns auch gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Aber wir in Brandenburg - SPD und DIE LINKE - wollen noch einen Schritt weitergehen und eine Vorreiterrolle in der Gleich stellung gleichgeschlechtlicher Paare einnehmen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Dafür soll die Landesregierung zusätzlich aufgefordert wer den, eine Ausweitung des zu unterstützenden Personenkreises auf gleichgeschlechtliche Paare zu befördern und dazu Gesprä che mit dem zuständigen Bundesministerium zu führen. Diese Erweiterung ist nicht nur ein Schritt gegen die Folgen des de mografischen Wandels, sondern auch ein Schritt hin zu einer vielfältigen, bunten und toleranten Gesellschaft, einer lebens werten Gesellschaft, in der alle Lebensrealitäten ihren Platz finden. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Augustin.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass der Antrag der CDU-Fraktion überhaupt den Weg in den Ausschuss geschafft hat. Sie wissen, ich bin nachtragend. Deshalb habe ich schon bei diversen Anträgen darauf hingewiesen, dass es sich doch um Initiativen der CDUFraktion handelt. So ist das auch bei diesem Antrag, der übri gens im Januar eingereicht worden war, jedoch hier ohne De batte behandelt wurde, weil er direkt an den Ausschuss über wiesen worden war.

Meine Vorrednerin, Frau Kollegin Alter, hat Einiges ausge führt. Deshalb kann ich es mir ersparen, diese Dinge zu wie derholen.

Es gibt Paare, die sich sehnlichst ein Kind wünschen, die sich diesem „Kinderwunschprogramm“ der künstlichen Befruch tung zuwenden als einziger Möglichkeit, sich diesen Traum noch zu erfüllen. Ich bin sehr froh, dass wir es als CDU-Fraktion geschafft haben, Sie aus Ihrem Dornröschenschlaf zu we cken.

(Zurufe von der SPD: Oh, oh!)

Denn das Bundesprogramm gibt es schon vier Jahre. Man stel le sich vor: Alle neuen Bundesländer haben es genutzt, nur Brandenburg nicht.