Protocol of the Session on November 19, 2014

(Beifall AfD)

Zweifelsohne - ich komme nun wirklich wieder auf die Regierungserklärung zurück - waren es viele schöne Worte, die wir eben aus dem Munde des Ministerpräsidenten hören durften Worte, die den Bürgern unseres Landes teilweise sehr bekannt vorkommen. Denn viele dieser Worte kennen sie aus dem Wahlprogramm der Alternative für Deutschland.

(Ness [SPD]: Oh Gott!)

Ja, „oh Gott“ kann man sagen. - Ich bin immer wieder verblüfft. Sie nehmen genau die Themen auf, die wir ununterbrochen ansprechen, und sagen: Das machen wir jetzt auch.

(Bischoff [SPD]: So ein Quatsch!)

- Klar. - Wenn wir im Wahlkampf fordern, die Gemeindeschwester wiederzubeleben und zu stärken,

(Domres [DIE LINKE]: Das haben wir jahrelang ge- macht!)

wenn wir fordern, endlich eine Lösung für die Misere bei der medizinischen Versorgung in den berlinfernen Regionen zu finden, wenn wir das für viele Bürger drängendste Problem der inneren Sicherheit zum Thema machen, dann wundern sich unsere Wähler - bestimmt nicht nur sie - und wir uns heute darüber, dass all diese Themen plötzlich die Ihren sind. Das sind offensichtlich alles sozialdemokratische Themen. Da ist noch mehr: die Bildung unserer Kinder, die Versorgung des ganzen Landes mit schnellem Internet, Investitionen in die Infrastruktur, in Vereine und ländliches Leben. Mit Verlaub, Herr Ministerpräsident, das sind alles Gründe, weswegen die Brandenburger Ihre Partei nicht gewählt haben.

(Beifall AfD)

Denn - Entschuldigung, aber man muss ja einmal daran erin

nern dürfen - Sie hatten mit Ihren unterschiedlichen Koalitionspartnern - Sie regieren das Land weiß Gott lange genug -, BÜNDNIS 90, CDU, FDP und DIE LINKE 24 Jahre Zeit, die Sicherheit, die Bildung, die medizinische Versorgung, den Internetausbau und den Ausbau der Infrastruktur voranzubringen. Da müssen wir von der AfD heute nicht nur stellvertretend für unsere Wähler, sondern für alle Bürger unseres Landes fragen: Warum haben Sie denn so lange nichts getan? Warum sind das jetzt plötzlich tolle Themen? Warum?

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, warum führen Sie die Menschen in unserem Land nach wie vor mit einem billigen Taschenspielertrick an der Nase herum? Sie sprechen von 4 200 neuen Lehrern. Dass tatsächlich nur 700 neu eingestellt werden und die übrigen 3 600 lediglich Lehrer ersetzen, die in den Ruhestand gehen, verschweigen Sie.

(Beifall AfD)

Aber wir kennen das ja. Erst große Ankündigungen und dann eine Reform, die den Namen kaum verdient.

(Frau Große [DIE LINKE]: So ein Quatsch!)

Erinnern Sie sich an die verschiedenen Polizeireformen und Evaluierungen? Da wird in der Fläche abgebaut: Mal sind es 8 000, mal 7 500 Beamtenstellen. Sie hatten einen Innenminister, der das immer weiter zusammenschrumpfte. Wenn das Geld nicht reicht und der Wahlkampf der Vergangenheit angehört, kommt sicher eine neue Evaluierung, nach der es bestimmt wieder mit weniger Polizisten funktionieren soll. Das ist aber nicht das, was wir in Brandenburg wollen. An der Grenze bilden sich Bürgerwehren. Das Gewaltmonopol des Staates zerfällt. Gerade Sie müssten ein großes Interesse daran haben, dass dieses Gewaltmonopol des Staates nicht nur hält, sondern ausgebaut wird.

(Beifall AfD)

Nun, meine Damen und Herren, kommt eine neue Idee hinzu: die Kreisgebietsreform, deren Namen Ihnen erstaunlicherweise nicht über die Lippen kommt. Schön verpackt verkaufen Sie sie uns als Strukturreform. Darunter können sich die Bürger bis jetzt nichts vorstellen, sie wissen nur, dass da einiges im Schwange ist, Städte eingekreist werden sollen usw. Aber Sie sagen es nicht. Ich weiß, Herr Woidke, Sie müssen sparen. Alle müssen sparen. Aber ist es wirklich der letzte Schrei, Großkreise zu bilden, bei denen die Menschen teils Hunderte Kilometer fahren müssen, um zur nächsten Behörde zu kommen? Und sagen Sie bitte nicht, dass das Brandenburger Mütterchen schließlich per Internet mit den Behörden kommunizieren könne. Was Sie erreichen werden, ist, dass immer mehr Menschen das Land verlassen, dass leere Räume entstehen, die dann irgendwelchen Energiepflanzungen zum Opfer fallen.

(Beifall AfD)

Hatten wir uns denn nicht alle geschworen, gegen den Trend der Entleerung gemeinsam vorzugehen? Wollten nicht auch Sie, Herr Woidke, Fontanes schöne Mark für die Menschen erhalten? Natürlich, mit Windrädern überall im Lande, wie das die Grünen gern hätten - wie es der grüne Oberbürgermeister

von Tübingen selbst für Naturschutzgebiete vorschlägt -, ist das nicht zu machen. Da entleert sich das Land auch so. Das ist mir völlig klar.

(Beifall AfD)

Aber, meine Damen und Herren, Sozialdemokraten hätte ich für klüger und für viel heimatverbundener gehalten. Nein, Herr Ministerpräsident, mit dieser Kreisgebietsreform ziehen Sie den Stöpsel aus der Wanne, und die Menschen, vor allem junge Menschen, werden unser Land verlassen. Die paar Alten, die zurückbleiben, wissen, dass sie keine Geschäfte, keine medizinische Versorgung, keine Zukunft mehr haben werden.

Nicht nur da lohnt es sich, Herr Ministerpräsident, Ihre Worte tatsächlich genau zu analysieren. Was meinen Sie denn, wenn Sie sagen: Wir passen unsere Gesundheitsversorgung den Gegebenheiten vor Ort an? Dann meinen Sie doch: Wo schon jetzt kaum noch einer wohnt und in den kommenden Jahren immer weniger wohnen werden, lohnt es auch nicht, einen Arzt anzusiedeln. Auf gut Deutsch: Jeder, der in einer berlinfernen Region bleibt, ist selbst schuld. - Die Jobs, die Infrastruktur, die Wohnungen und die Versorgung gibt es im Speckgürtel, die restlichen Regionen sterben aus - von Ihnen gewollt, von Ihnen geduldet, zum Teil gefördert … Was gilt denn nun?

(Bischoff [SPD]: Das ist doch peinlich!)

Wer einen Blick in die Nachhaltigkeitsstudie

(Domres [DIE LINKE]: -strategie!)

Ihres Ministeriums für Ländliche Entwicklung wirft, dem kann - Entschuldigung - nachhaltig übel werden.

(Beifall AfD)

Denn da prophezeien uns bunte Grafiken, was die Ränder Brandenburgs bis 2030 erwartet. Ganz im Norden und ganz im Süden wird sich die Bevölkerungszahl fast halbieren. Für das ganze Land errechnet Ihre Behörde einen Bevölkerungsschwund um bis zu 30 %. Antworten darauf habe ich heute keine gehört. „Strukturreform“ haben Sie gesagt. Aber was mit den Menschen werden soll, die da auch noch dabei sind, das haben Sie nicht gesagt.

Meine Damen und Herren, das ist nicht gottgewollt, das ist die Quittung für die verfehlte Politik der vergangenen Jahre und Jahrzehnte. Schauen Sie doch an die Ränder unseres Landes! Was erwartet die Menschen an den Rändern noch? Die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor überproportional hoch. Die einzige Chance für die Menschen, überhaupt Arbeit zu haben, ist der Niedriglohnsektor, und der ist kurz davor, sich in Richtung Osten aus dem Staube zu machen. Ob die Logistikcenter von Amazon oder die Callcenter rund um Frankfurt - der Mindestlohn, der Deutschland bald ereilt, lässt die nur dem Profit verpflichteten Unternehmen schon jetzt nach Polen schielen. Verabschieden Sie sich schon einmal von den wenigen Gewerbesteuern, die auf diese Weise noch anfallen, und entwickeln Sie schon einmal viele Spaßbadkonzepte, mit denen Sie die riesigen Hallen, die zurückbleiben, füllen können! Dass die alten Mütterchen dahin gehen, wage ich allerdings zu bezweifeln.

(Beifall AfD - Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Kurzum - in Ihrer Diktion -: Lebenswertes Leben mit all den Verheißungen der modernen Welt gibt es nur im Speckgürtel um die Hauptstadt herum. Nur eins, meine Damen und Herren, gibt es da nicht, und da trifft die Verantwortung einzig und allein Ihre Partei, die SPD. Was es da nicht gibt, ist ein funktionierender Flughafen. Und diese größte aller sozialdemokratischen Pleiten ist Ihnen auch in dieser Regierungserklärung kaum mehr als einen Nebensatz wert.

(Heiterkeit und Beifall AfD sowie vereinzelt Heiterkeit CDU)

Lapidar formulieren Sie: Die Koalition wird mit Nachdruck für eine schnellstmögliche Fertigstellung des BER eintreten. - Na viel Glück dafür!

(Beifall AfD)

Wirklicher Wille, diese größte Peinlichkeit für die Menschen in Brandenburg, ja in ganz Deutschland, endlich fertigzustellen, klingt anders. Und da, Herr Woidke, muss ich Sie ganz persönlich ansprechen, da verstehe ich Sie überhaupt nicht mehr. Warum haben Sie nicht den Mut, diesen ganzen Unsinn zu stoppen

(Frau Große [DIE LINKE]: Genau, abreißen!)

und neue Wege zu gehen? Glauben Sie wirklich noch, dass Herr Mehdorn dieses Monstrum je fertig bekommen und für den Flugverkehr freigeben wird? Doch nie. Sie hätten doch gerade jetzt die Gelegenheit zum Neuanfang, denn Sie persönlich, Herr Woidke, sind dafür nicht verantwortlich. Das muss man auch einmal aussprechen, auch wenn man in der Opposition ist. Sie als Person sind an diesem Desaster nicht schuld. Aber die Partei ist an diesem Desaster schuld.

(Beifall AfD)

Falls es die Bürger vergessen haben sollten: Mit allen Nachforderungen, die Flughafenchef Mehdorn aktuell diktiert, sind wir fast bei 8 Milliarden Euro - 8 Milliarden, meine Damen und Herren! -, 6 Milliarden mehr, als ursprünglich veranschlagt. 6 Milliarden Euro, wenn die in der Kasse wären, dann hätten wir uns viele Minuten Ihrer Regierungserklärung ersparen können, dann hätten Sie nur sagen müssen: Es geht uns gut, wir haben reichlich Lehrer, Ärzte, Polizisten, Fachkräfte

(Frau Große [DIE LINKE]: So ein Quatsch!)

und glückliche Einwohner. Ihre Vorgänger und der Spaßbürgermeister aus der Hauptstadt haben das Projekt einfach laufen lassen.

(Beifall und Heiterkeit AfD)

Wird schon klappen, wird schon glattgehen, wird schon irgendwie fertig werden. Hat aber leider nicht geklappt. Es ist so wie mit der Elbphilharmonie und dem Stuttgarter Hauptbahnhof. Es klappt halt nicht! Und wenn die Politik es macht, klappt es schon gar nicht.

Sie zucken mit den Schultern. Den Menschen im Land ist das nicht so ganz egal. Denn das, was Sie da verschleudern, Herr

Woidke - und anders als verschleudern kann man das tatsächlich nicht nennen -, ist das Geld aller Brandenburger.

(Zuruf von der Regierungsbank)

- Doch, das ist das Geld aller Brandenburger, keiner bezahlt es aus seiner eigenen Tasche. Damit machen Sie nicht nur einen Großteil unserer Mitbürger richtig wütend, damit setzen Sie auch die Zukunft des ganzen Landes aufs Spiel. Ich weiß nicht, wer von Ihnen in letzter Zeit einmal auf diesem Flughafen war und sich angeschaut hat, wie irgendwelche Motorradfahrer auf diesen leeren Pisten herumrasen und sonst nichts geschieht.