Protocol of the Session on December 17, 2015

(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE)

Die SPD keilt zurück, der Minister sagt in einer Pressemittei lung: „Nichts da! Alles bleibt, wie es ist. Sie müssen sich auf eine Definition festlegen.“

Frau Dannenberg sagt, sie bräuchten keine Nachhilfe. Ich glau be schon, dass Sie Hilfe brauchen; denn die Bürger in Branden burg sind verunsichert und fragen sich, was denn nun los ist.

Wissen Sie, meine Damen und Herren, das „Neue Deutsch land“ ist eigentlich nicht meine „Leib-und-Magen-Postille“,

(Frau Schade [AfD]: Warum eigentlich nicht?)

trotzdem muss man sagen: Das Blatt hat mit seinem Kommen tar den Nagel auf den Kopf getroffen, als es meldete: Durch bruch für die Einheitsschule. - In der Meldung ist zu lesen: Ob Schulzentrum, Gemeinschaftsschule oder Einheitsschule - wie sie heißt, ist egal, Fakt ist: Mit dem vorliegenden Antrag hat die Koalition den Schulfrieden aufgekündigt. - Besonders är gerlich daran ist, dass wir in Deutschland seit Jahrzehnten lei denschaftlich gern über Schulstrukturen streiten und diskutie ren.

(Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Und nichts ist dabei he rausgekommen!)

Die empirische Bildungsforschung kommt nämlich nach all den Jahren zu dem Schluss - es sind sich eigentlich alle einig, sowohl die klassischen Vertreter wie Helmut Fend als auch An hänger neuerer Theorien wie John Hattie -, dass die Schulstruktur für den Bildungserfolg bzw. für die Frage, ob wir es schaffen, Schüler gut und individuell zu fördern, überhaupt keine Rolle spielt. Sie sagen, wichtig sei, dass guter Unterricht mit motivierten Lehrern stattfindet. Im Falle Brandenburgs würde ich sagen: Es wäre gut, wenn überhaupt ausreichend Unterricht stattfände.

(Beifall CDU)

Ich möchte Ihnen noch eines sagen - das wird an diesen Ergeb nissen deutlich -: Das von Ihnen beschriebene Gerechtigkeits problem lässt sich nicht über die Schulstruktur lösen.

(Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Doch! Genau so ist es!)

Daher kommt auch die Forderung nach Schulfrieden. Wir müs sen uns auf das Wesentliche, nämlich auf die Schülerinnen und Schüler mit ihren individuellen Stärken und Schwächen, besin nen. Um das gewährleisten zu können, muss endlich Schluss sein mit dem ewigen Chaos. Wir brauchen Schulfrieden.

(Beifall CDU und des Abgeordneten Schröder [AfD])

Meine Damen und Herren, Schulfrieden heißt nicht, dass es keinerlei Veränderungen geben soll. Auch wir sehen natürlich die demografischen Probleme in unserem Land; sie sind allent halben bekannt. Deshalb fordern wir seit Beginn der Legisla turperiode eine Demografiekommission, die sich darum küm mert, wie wir weiterführende Schulstandorte sichern können.

(Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Die bringt uns nicht weiter! Die Zahlen kennen wir!)

Sie zeigen allerdings mit Ihrem Antrag, warum Sie diese De mografiekommission nicht wollen. Sie haben nämlich die ver meintliche Lösung für das Problem längst beschlossen, Sie ha ben sich längst festgelegt. Das Problem daran ist wiederum, dass bisher niemand erklären konnte, wie ein Schulzentrum die Lösung der demografischen Probleme bewerkstelligen soll. Verstehen Sie mich nicht falsch, aber für die 7. Klasse sind ja nicht mehr Schüler vorhanden, nur weil es am selben Standort auch eine 5. und 6. Klasse gibt. Das hat Minister Baaske im Januarplenum eingeräumt. Er sagte:

„Demografisch bringt es gar nichts.“

Trotzdem: Wir lassen uns keinen Sand in die Augen streuen. Im Antrag steht ausdrücklich: von der 1. Klasse bis zum Schul abschluss. - Früher oder später bedeutet dies die Abschaffung der Gymnasien, wie wir sie kennen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD - Sie sind ja auch an den Brandenburger Schulen unterwegs -, Sie müssen sich die Frage stellen: Ist es das, was Sie wollen? Ich weiß es nicht. Eigentlich glaube ich es nicht, aber bisher haben Sie mitgemacht.

Das Schlimmere ist eigentlich, dass die Idee von der Einheits schule früher oder später nicht nur die Gymnasien trifft, son dern eben auch die kleinen Grundschulen. Da können Sie in Ihren Antrag schreiben, was Sie wollen. Sie können schreiben, dass die kleinen Standorte erhalten bleiben sollen.

(Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Sie haben nicht zuge hört!)

Schon jetzt besteht das Problem, dass es vielerorts im länd lichen Raum nur noch kleine Grundschulen gibt, weil die Oberschulen vor einigen Jahren aufgrund der geringen Schü lerzahlen geschlossen werden mussten.

(Beifall CDU - Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Gehen Sie doch einmal auf das ein, was ich gesagt habe!)

Es wird nicht plötzlich mehr Schüler geben. Wenn Sie wollen, dass sie bis zur 10. Klasse gemeinsam lernen, frage ich Sie: Woher wollen Sie die Schüler nehmen? Sie werden sie in Orten wie Karstädt und Burg nicht finden. Daher werden Sie letzten Endes Grundschulstandorte verlegen müssen. Ihr Konzept, alle Standorte erhalten zu wollen und gemeinsames Lernen bis zur

10. Klasse anzustreben, gleicht der Quadratur des Kreises. Das wird Ihnen nicht gelingen!

(Beifall CDU)

Vor dem Hintergrund ist es zynisch, wenn Sie immer noch auf dem Slogan „kurze Wege für kurze Beine“ beharren. Das ist Quatsch. Das Gegenteil wird eintreten: Für viele Grundschüler wird das Schulzentrum bedeuten, dass sie erst einmal Begeg nung mit dem Schulbus machen.

(Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Das tun sie jetzt schon!)

Das, was Sie hier beschließen wollen, bedeutet am Ende für unsere Jüngsten nicht längeres gemeinsames Lernen, sondern längeres gemeinsames Fahren.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren von der SPD, damit ist die Bot schaft, die Sie aussenden, völlig klar. Sie opfern für den Koali tionsfrieden den Schulfrieden im Land.

(Widerspruch der Abgeordneten Frau Alter und Frau Koß [SPD])

Diese Botschaft wird bei den Wählern ankommen. Ich bin fest davon überzeugt: Bevor diese Koalition die Gymnasien und die kleinen Grundschulen abschafft, schafft der Wähler diese Koalition ab. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und AfD)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Koß.

Zuvor möchte ich zwei Besuchergruppen begrüßen: Schüle rinnen und Schüler des Johann-Wolfgang-von-Goethe-Gymna siums Pritzwalk sowie Schülerinnen und Schüler der TobiasSeiler-Oberschule Bernau. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Sehr geehrter Herr Vizepräsident!

(Der Abgeordnete Hoffmann diskutiert lebhaft mit dem Abgeordneten Domres über den Grundschulstandort Kar städt. Dabei fallen Materialien von der Abgeordneten bank. - Heiterkeit)

- Was macht Herr Hoffmann denn da?

(Frau Schade [AfD]: Er nimmt DIE LINKE auseinan der!)

Wenn er da weggeht, kann ich weiterreden.

Also: Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher! Der Ihnen vorliegende Antrag zur Erstellung eines

Konzeptes zur Stärkung von Schulzentren hat nicht nur gerade eben, sondern auch schon im Vorfeld viel Staub aufgewirbelt. Ehrlich gesagt, kann ich das nicht verstehen, denn wir als SPDFraktion haben immer gesagt, dass es keine neue Schulform geben wird.

(Hoffmann [CDU]: Ja, ja! - Beifall SPD)

Wir stehen für Schulfrieden! Schließlich gibt es schon ca. 30 Schulzentren, die durch den Zusammenschluss von Grund- und Oberschulen entstanden sind. Wir nennen sie nur noch nicht Schulzentren. Die Oberschulen mit angegliedertem Grund schulteil haben sich bewährt und sind ein probates Mittel zur Reaktion auf die gegenwärtige demografische Entwicklung. Ja, Sie haben Recht, meine Damen und Herren, es ist somit nichts Neues. Und doch war es uns wichtig, mit diesem Antrag Schul träger zu ermutigen, sich weiterhin auf den Weg zu machen. Dies wird nicht par ordre du mufti, sondern immer auf freiwil liger Basis erfolgen.

Damit die Entwicklung von Schulzentren auf entsprechender Grundlage geschieht, benötigen wir ein gut ausgefeiltes Kon zept, das aus unserer Sicht auch Außen- bzw. Filialstandorte in den berlinfernen Regionen einschließt.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. - Ich entnehme der vorangegangenen Diskussion, dass die CDU die Angst umtreibt, dass durch den Antrag die Tür zu einer neuen Schulform aufgemacht wird und die Fahrtwege noch länger werden. Meine Damen und Herren, diese Ängste kann ich Ihnen nehmen. Wir wollen, wie aus den im Antrag aufgeführten Forderungen ersichtlich ist, die Möglichkeit er öffnen und die Grundlagen schaffen, um dies zu vermeiden.

Lassen Sie mich an dieser Stelle unser Anliegen kurz und knapp zusammenfassen: Wir setzen auf gute Bildung für alle und auf ein verlässliches, klar strukturiertes Schulsystem. Um längeres gemeinsames Lernen zu ermöglichen, wollen wir Schulzentren dort fördern, wo es gewünscht wird. Die Gymna sien bleiben erhalten. Freiwilligkeit ist Trumpf.

(Beifall SPD)