Protocol of the Session on December 17, 2015

Ich schließe Tagesordnungspunkt 15 und rufe Tagesordnungs punkt 16 auf:

Freies WLAN in Brandenburg

Antrag

der Fraktion der CDU

Drucksache 6/3154

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Damit kommen wir zur Abstimmung.

Die CDU- und die AfD-Fraktion haben die Überweisung des Antrags „Freies WLAN in Brandenburg“, Drucksache 6/3154, an den Ausschuss für Wirtschaft und Energie beantragt. Ich darf fragen: Wer möchte diesem Überweisungsantrag zustim men? - Stimmt jemand dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Da mit ist dieser Überweisungsantrag angenommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 16 und rufe Tagesordnungs punkt 17 auf:

Inklusion im Bildungssystem Brandenburg weiter kontinuierlich vorantreiben

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 6/3157

Des Weiteren liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drucksache 6/3200 vor.

Die Aussprache wird von der Fraktion DIE LINKE eröffnet. Frau Dannenberg, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehr te Gäste! Ihnen liegt der Antrag der Koalitionspartner „Inklusi on im Bildungssystem Brandenburg weiter kontinuierlich vo rantreiben“ vor. Die Koalition wird hiermit ihrer Verantwor tung gerecht, sich diesem Thema zu stellen, welches in den letzten Jahren kontrovers und auch ziemlich emotional disku tiert und in einigen Bereichen schlichtweg auf Eis gelegt wor den ist. Daher ist es dringend erforderlich, diesen Prozess von seiten der Landesregierung in die Hand zu nehmen und schritt weise mit Augenmaß eine klare Richtung deutlich zu machen. Daher bitte ich ausdrücklich um Zustimmung zu unserem An trag.

„Unsere Gesellschaft lebt von der Verschiedenheit: Jeder Mensch ist anders, jeder Mensch kann mit seinen beson deren Fähigkeiten und Erfahrungen unser Zusammenle ben bereichern. Gelingt es uns, die Vielfalt der Menschen anzunehmen, zu fördern und zu nutzen, profitieren wir alle: die Gemeinschaft als Ganzes und jede/r Einzelne, die/der in ihr lebt. - Das bedeutet … Inklusion.“

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Das war ein Zitat von Rita Süssmuth.

Lasst uns die Gesellschaft offen gestalten für jeden Menschen, eine Gemeinschaft, die sicher, akzeptierend, kooperativ ist und in der jeder geschätzt wird, die Vielfalt unterstützt und in der keine institutionelle Diskriminierung besteht und vor allem die Barrieren in den Köpfen beseitigt werden.

Inklusion ist nicht nur das Ziel, sondern auch der Weg - ein langer gesamtgesellschaftlicher Prozess in allen Lebensbe reichen, der sicher nie abgeschlossen sein wird. Wer Inklusion wirklich will, sucht nach Wegen. Wer Inklusion behindern will, sucht ständig nach Begründungen. Für unser Bildungssystem bedeutet das: Niemand darf aufgrund seiner Beeinträchtigung oder aus anderen Gründen vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden. Inklusion muss ein Prinzip sein, keine zusätzliche Aufgabe, sie muss Leitlinie der Schulentwicklung sein.

Das Bildungssystem ist strukturell so zu verändern, dass alle Menschen gleichberechtigt, diskriminierungsfrei und qualitativ hochwertig gemeinsam in ihm leben und lernen können. Die Umgestaltung, der Umbau des Bildungssystems zu einer inklu siven Lernlandschaft für alle Kinder ist nicht nur ein Beitrag zur UN-Behindertenrechtskonvention, sondern ein angestreb ter Wertewandel, der als Normalzustand bereits bei den Kleins ten etabliert werden muss.

(Beifall der Abgeordneten von Halem [B90/GRÜNE])

Der Abbau von institutioneller Diskriminierung, die Schaffung von Chancengleichheit für Kinder mit und ohne Förderbedarf, die Stärkung des gemeinsamen Sozialgefüges, der Sozialkom

petenzen, der Wertschätzung aller Kinder stehen dabei im Mit telpunkt. Dazu zählt der Aufbau eines kommunal verantwor teten, zusammenhängenden Gesamtsystems aus Bildung, Er ziehung und Betreuung und einer entsprechenden Infrastruktur, um auch dem Wahlrecht der Eltern gerecht zu werden. Die personelle Ausstattung und Barrierefreiheit, von der Frühför derung im Kitabereich über die Schule bis zur beruflichen Bil dung oder zum Studium sind ebenso wichtige Bausteine dieses Prozesses. Eine riesige Aufgabe, eine hohe Verantwortung, ein langer Weg, der Schritt für Schritt gegangen werden muss. Deshalb dieser Antrag.

Der Landtag bekennt sich zur Umsetzung der UN-Behinder tenrechtskonvention und zugleich zur kontinuierlichen Fort führung und Verstärkung der Bemühungen, Inklusion im Schulsystem umzusetzen. Der Landtag fordert die Landesre gierung auf, ihre Aktivitäten auf dem Weg zu einem inklusiven Bildungswesen weiter zu verstärken.

Ein Anfang in Brandenburg ist gemacht. Der Runde Tisch so wie der Wissenschaftliche Beirat „Inklusive Bildung“ haben das Ministerium bei der Umsetzung einer „Schule für alle“ be raten. Der Abschlussbericht mit Empfehlungen zur weiteren Entwicklung und Umsetzung einer inklusiven Schule im Land Brandenburg liegt seit März 2014 vor. Die umfangreichen Empfehlungen richten sich an den Bund, das Land und die Kommunen. An dieser Stelle dem Beirat noch einmal meinen herzlichen Dank für seine Arbeit.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und SPD)

Das Ministerium sollte diese Empfehlungen umsetzen.

Am 01.06.2013 trat das neue Lehrerbildungsgesetz in Kraft. Seit dem Wintersemester 2013/2014 sind an der Uni Potsdam inklusionspädagogische Inhalte Pflichtbestandteil der Lehramts studiengänge. In der Primarstufe kann Inklusion als Studien schwerpunkt für die Förderbereiche Lernen, emotional-soziale Entwicklungsstörungen und Sprache gewählt werden. Es wer den Fortbildungsprogramme für Lehrer angeboten. Das Projekt „Initiative Sekundarstufe I“ fördert auch die Verbesserung der schulischen Ergebnisse von Kindern in der 7. bis 10. Klasse an den Oberschulen, den Gesamtschulen und den Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen. Auch im Konzept zum Übergang Schule - Beruf erfahren benachteiligte Jugendliche größere Unterstützungsangebote, und der neue Rahmenlehr plan, der den Förderschwerpunkt Lernen integriert, ist auf dem Weg.

2012/2013 startete das Pilotprojekt „Inklusive Grundschule“. Das Projekt ist ausgelaufen, aber die Schulen führen dieses Projekt bei gleichen Rahmenbedingungen weiter. Die Feed backs, die Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen sowie der Schulleiter sind ein riesiger Fundus an wertvollen Hinwei sen zu diesem Projekt. Sie müssen vom Ministerium unbedingt genutzt werden, wenn es um die Fortführung bzw. Erweiterung solcher Schulen geht.

Hier einige Zitate von den Kolleginnen und Kollegen: „Das Leben ist bunter“, „Wir wollen auf kein Kind verzichten“, „Wir möchten nichts anderes mehr“, „Wir haben keine Büro kratie“, „Die Fortbildungen waren klasse“, „Inklusionsressour cen waren ausreichend, aber kein Lehrer darf dabei krank wer den“, „Einzelfallhelfer sind zu sehr am Kind“, „Es müssten

Kleingruppen beaufsichtigt werden“, „Die Zusammenarbeit mit dem Hort ist super, aber dieser hat keine Inklusionsressour cen“, „Die Ausfallstatistik für den Bereich sonderpädagogische Förderung wird vom Ministerium nicht abgefragt“ bis hin zu Äußerungen wie „Inklusion ist gescheitert“.

Die Aussagen waren also sehr ambivalent und sollten hier auch Berücksichtigung finden.

Ich möchte den Schulen und Lehrkräften an dieser Stelle mei nen Dank ausdrücken, die dieses Projekt mit hohem Engage ment und Durchhaltevermögen - oft bis an ihre Grenzen - mit sehr viel Herzblut durchführen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung wurden die Ent wicklungen der fachlichen Kompetenzen an den Pilotschulen untersucht, und diese sind durchaus erfreulich: Sowohl im Le sen als auch im Addieren und Subtrahieren gab es erhebliche Zuwächse bei den Leistungen, besonders bei denen der lei stungsschwächeren und leistungsmäßig im mittleren Bereich liegenden Schülerinnen und Schüler. Auch bei den Untersu chungen von VERA 3 hat sich gezeigt, dass die Pilotschulen genauso abschneiden wie die Schulen außerhalb des Pilotpro jekts. In drei Jahren verlassen diese Kinder die Pilotschulen und gehen in die Sekundarstufe I über. Hier brauchen wir wei terführende Schulen, die Schnittstellen zum Übergang in die 7. Klasse müssen dringend gesteuert werden.

(Beifall der Abgeordneten von Halem [B90/GRÜNE])

Inklusive Bildung findet nicht nur an den Pilotschulen statt, sondern auch im gemeinsamen Unterricht an den Regelschu len. Hier werden Schülerinnen und Schüler mit und ohne För derbedarf gemeinsam unterrichtet.

Im Schuljahr 2014/15 betraf das ca. 3 300 Klassen - Tendenz steigend. Gemeinsamer Unterricht fand an den Grundschulen zu 46 %, an den Oberschulen zu 40 %, an den Gesamtschulen zu 28 % und an den Gymnasien nur zu 8 % statt.

Der gemeinsame Unterricht wird durch die VV Unterrichtsord nung geregelt. Danach soll die Klassengröße bei gemeinsamem Unterricht 23 Schülerinnen und Schüler nicht überschreiten. Leider wird dies nicht immer eingehalten. Im Schuljahr 2014/15 war das nur bei einem Drittel, nämlich bei 1 000 von 3 200 Klassen, der Fall. Das ist ärgerlich, und ich wiederhole die Bitte der Linken an den Bildungsminister, alles zu unter nehmen, dass dieser Missstand beendet wird. Besonders im Grundschulbereich sind solche Klassengrößen bei gemein samem Unterricht nicht hinnehmbar. Die Klassenfrequenz darf kein Richtwert sein; sie muss festgeschrieben werden. Der ge meinsame Unterricht ist - davon sind wir überzeugt - ein Zuge winn für alle Kinder. Er kann jedoch nur erfolgreich sein, wenn die Lehrkräfte durch entsprechende Ressourcen unterstützt werden.

Im Land Brandenburg haben ca. 7 % der Kinder und Jugend lichen einen sonderpädagogischen Förderbedarf. Das sind rund 16 000 Kinder. Etwas weniger als die Hälfte nimmt am Regel unterricht teil. 54 % der Kinder besuchen die 90 Förderschulen in unserem Land. Dort wird ihnen ein geschützter Raum gebo ten: kleine Klassen, individuelle Förderung und Hilfe. Dieser

geschützte Raum sollte geplant und unter Berücksichtigung des Elternwillens, mit koordinierten Unterstützungs- und Bera tungssystemen, mit einer ausreichenden personellen und sach lichen Ausstattung nach und nach in die Regelschulen, in eine Schule für alle übergehen; denn dem inklusiven Bildungssy stem muss die Zukunft gehören.

Flankiert wird der Inklusionsgedanke durch das kommunale Investitionsprogramm. Von den 80 Millionen Euro im Bil dungsbereich fließen 70 % den Schulträgern zu, die bauliche Inklusionsmaßnahmen durchführen.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, bis zum Ende des 2. Quartals ein Konzept vorzulegen, welches Schlussfolgerungen aus dem Evaluationsbericht über die Pi lotschulen zieht, die Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirates und des Rundes Tisches „Inklusive Bildung“ einbe zieht und umsetzt sowie Aussagen zum schrittweisen Ausbau der Inklusion an Grundschulen und weiterführenden Schulen, zu unterrichtsunterstützenden personellen, baulichen und fi nanziellen Rahmenbedingungen und der Fachkräftegewin nung beinhaltet. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu un serem Antrag.

An die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gerichtet: Ihr Entschließungsantrag findet sich in unserem Antrag wieder. Die Forderung nach Änderung des Schulgesetzes hinsichtlich des Rechts auf Inklusion ist berechtigt. Wir möchten ihr folgen, aber lassen Sie uns dafür noch etwas Zeit. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE sowie der Abgeordneten Nonnema cher und Vogel [B90/GRÜNE] Vizepräsident Dombrowski: Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Hoffmann. Bitte. Hoffmann (CDU):

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Dauerthema der letzten Legislaturperiode wird mal wieder aufgerufen; Inklusion hatten wir damals stän dig auf der Tagesordnung. Das lag vielleicht daran, dass die Koalition damals euphorisch gestartet ist. Allerdings ist sie sehr konsterniert gelandet. Insofern steht es heute relativ klein laut, um 18 Uhr, mit dem vorliegenden Antrag auf der Tages ordnung. Er heißt: „Inklusion im Bildungssystem Brandenburg weiter kontinuierlich vorantreiben“. Angesichts der Geschich te, wie Inklusion bisher in Brandenburg vorangetrieben wurde, klingt das fast wie eine Drohung.

(Beifall CDU)

Sie haben vier Punkte formuliert, auf die ich im Einzelnen ein gehen möchte. Wenn man die Prosa weglässt, lautet der erste Punkt im Prinzip: Der Landtag stellt fest, dass Brandenburg bei der Umsetzung von Inklusion eigentlich ganz gut ist. Wir ste hen im Vergleich mit anderen Ländern ganz gut da, müssen aber noch einiges an Wegstrecke zurücklegen; deshalb sind wir eigentlich doch nicht ganz so gut. - Das spricht für sich und hätte man sich schenken können.

Der zweite Punkt:

„Der Landtag dankt vor allem den Lehrkräften... für ihr Engagement. Er ermuntert die Schulen und Lehrkräfte ausdrücklich, mutig und beherzt die Inklusion als eine positive Herausforderung zu verstehen... “