Protocol of the Session on December 17, 2015

Herr Kollege Schulze, Sie haben eben gesagt, dass wir - damit haben Sie offenbar den Landtag gemeint - das Bundesgesetz mit Füßen getreten hätten, und haben auf die heutige Entschei dung des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen, und zwar zu einem Gesetz, das im Februar 2004 verabschiedet worden ist. Zunächst einmal nehme ich an, dass auch Sie gele sen haben, dass nicht das Gesetz selbst - also unser Kommu nalabgabengesetz - vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt worden ist, sondern lediglich die Interpretation durch das Oberverwaltungsgericht des Landes in Bezug auf die Rückwirkung. Das ist schon ein entscheidender Unterschied.

Kommt auch mal eine Frage?

Ja, jetzt kommt die Frage: Wenn Sie das so sehen, dass wir das Bundesgesetz mit Füßen treten, was sagen Sie dann dazu, dass Sie selbst - im Gegensatz zu mir - im Frühjahr 2004 als Abge ordneter an der Verabschiedung dieses Gesetzes im Landtag beteiligt waren?

Herr Abgeordneter Holzschuher, Sie kommen mit ganz, ganz alten Kamellen!

(Widerspruch und Lachen bei der SPD sowie vereinzelt bei der Fraktion DIE LINKE - Zuruf der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE] - Holzschuher [SPD]: Nein!)

- Ja, da können Sie jetzt lachen. Die Frage ist: Wie viele Novel lierungen des Kommunalen Abgabengesetzes hat es seitdem gegeben? Aber wissen Sie, Herr Kollege Holzschuher, ich nehme das ganz gelassen entgegen. Der entscheidende Punkt ist nicht, dass ein Fehler gemacht wurde. Denn Fehler machen alle Menschen.

(Bischoff [SPD]: Tatsächlich?)

Wichtig ist, Fehler zu erkennen und zu korrigieren. Dem haben Sie sich zehn Jahre lang verweigert. Ganz im Gegenteil: Sie haben auf den Fehler noch einen obendrauf gesetzt und aus vier Jahren Verjährung und mit dem Wort „rechtswirksam“ ha ben Sie eine 25-jährige Verjährungsfrist daraus gemacht. Dass das nach dem Beschluss hier gleich zu den Akten gelegt wor den ist, damit hat sich das Bundesverfassungsgericht gar nicht lange beschäftigt, weil die Verjährungsfrist von vier Jahren oh nehin längst abgelaufen ist.

Sehr geehrter Herr Kollege Holzschuher, das Oberverwaltungs gericht kann ja nur im Rahmen der geltenden Gesetze urteilen - der Gesetze, die Sie hier beschlossen haben. Maßgeblich ist die letzte Novelle des KAG aus dem Jahr 2013. Darauf bezog sich auch die Klage; damit haben Sie hier die volle Riesenklatsche abbekommen, also genau das, was Ihnen auch gebührt.

(Beifall des Abgeordneten Vida [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe])

Meine Damen und Herren, Sie haben uns hier vorgeworfen, Lobbyisten zu sein - ja, wir sind das, wir bleiben das und lassen da auch nicht nach. Der spannende Punkt ist: Kommen Sie rü ber, kommen Sie ran - nähern Sie sich dem Bürger wieder an! Ich finde es übrigens schade - ich hatte soeben E-Mail-Kontakt mit Steffen Reiche -, was aus der Bürgerrechtspartei SPD seit 1989/90 geworden ist, nämlich eine Staatspartei. Das ist sehr schade, aber es ist halt so.

(Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe sowie AfD - Och! bei der SPD - Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht Minister Schrö ter für die Landesregierung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Ab geordnete! Ich habe schon befürchtet, es würde im MIK lang weilig werden. Mit dem heutigen Urteil ist diese Befürchtung jedoch zerstreut. Wir sind gegenwärtig dabei, die Rechtsfolgen abzuschätzen. Das wird natürlich nicht von heute auf morgen geschehen können. Ich gehe davon aus, dass das MIK Sie im Januar unterrichten kann, wer in welcher Weise betroffen ist. Man wird Ihnen dann sicherlich auch Vorschläge unterbreiten, wie wir dann mit dem Thema weiter umgehen.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein, ich bin schon fertig mit meinen Ausführungen. Das soll es dann auch gewesen sein.

(Beifall SPD - Lachen bei der Gruppe BVB/FREIE WÄHLER)

Dann sind wir damit am Ende der Aussprache und kommen zur Abstimmung, und ich bitte Sie, aufmerksam zuzuhören. Die

Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion, der CDUFraktion, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN beantragen gemäß unserer Geschäfts ordnung nach § 45 Abs. 3 vor der Schlussabstimmung die er neute Überweisung dieses Gesetzentwurfes an den Ausschuss für Inneres und Kommunales. Wer diesem Überweisungsan trag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzei chen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung einstimmig erfolgt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und eröffne Tagesord nungspunkt 10:

Gesetz zu dem Abkommen zur Änderung des Abkom mens über die Zentralstelle der Länder für Sicher heitstechnik

Gesetzentwurf

der Landesregierung

Drucksache 6/3115

1. Lesung

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Deshalb kom men wir gleich zur Abstimmung: Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs in der Drucksache 6/3115 an den Hauptausschuss. Wer diesem Überweisungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegen stimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit wurde auch diesem Überweisungsantrag einstimmig gefolgt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und eröffne Tagesord nungspunkt 11:

Gesetz zur Aufhebung von Vorschriften über die be rufliche Bildung im öffentlichen Dienst

Gesetzentwurf

der Landesregierung

Drucksache 6/3121

1. Lesung

Auch hier ist vereinbart worden, keine Debatte zu führen, so dass wir gleich zur Abstimmung kommen. Das Präsidium emp fiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs in der Drucksa che 6/3121 an den Ausschuss für Inneres und Kommunales. Wer zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstim men? - Stimmenthaltungen? - Auch diesem Überweisungsan trag wurde einstimmig gefolgt.

Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 11 und eröffne Tages ordnungspunkt 12:

Sparanstrengungen forcieren - Durch BenchmarkAnalyse Einsparpotenziale im Haushalt wissenschaft lich begutachten

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 6/3102

Wir beginnen die Aussprache. Zu uns spricht der Abgeordnete Petke für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion bringt den Antrag „Sparanstrengungen forcieren - Durch BenchmarkAnalyse Einsparpotenziale im Haushalt wissenschaftlich be gutachten“ vor dem Hintergrund der positiven Haushaltsent wicklung ein. Aber diese positive Haushaltsentwicklung ver deckt natürlich einen auch in Brandenburg notwendigen Hand lungsbedarf.

Ich möchte an dieser Stelle vier Punkte als Begründung nen nen. Da ist zum einen die Flüchtlingskrise. Die Kosten haben sich verdreifacht. Unsere bestehende Rücklage von über 700 Millionen Euro wird für den Nachtragshaushalt 2016 wohl nahezu vollständig aufgebraucht.

Da ist zum anderen ein strukturelles Defizit. Der aktuelle Jah resbericht unseres Landesrechnungshofs zeigt, dass sich das strukturelle Defizit, also der Saldo der Einnahmen und Ausga ben, im Jahr 2014 auf insgesamt über 450 Millionen Euro er höht hat. Ich darf an dieser Stelle den Landesrechnungshof zi tieren:

„Dies unterstreicht die Notwendigkeit, den Haushalt durch Ausgabenkürzung dauerhaft zu entlasten. Dabei sollten gesetzlich begründete Leistungsansprüche im Rah men einer Aufgabenkritik infrage gestellt werden.“

Da ist zum Weiteren und als dritter Punkt die Abhängigkeit von der Niedrigzinsphase. Keiner von uns kann valide sagen, wie lang diese für uns, für den Haushalt positive Niedrigzinsphase andauert.

Da ist zum Vierten die heutige Entscheidung des Bundesver fassungsgerichts zum Kommunalabgabengesetz. Auch diese Entscheidung kann Auswirkungen auf unseren Landeshauhalt haben, man denke nur daran, wie viele Altanschließer im Land betroffen sind und um welche Summen es im Einzelnen und insgesamt geht.

Worum geht es uns? Angesichts der von mir beschriebenen He rausforderungen und Risiken gilt es, Vorsorge zu treffen. Wir wollen, dass die Schönwetterpolitik des Finanzministers durch eine wissenschaftliche Untersuchung ergänzt wird. Wir wollen schauen und feststellen, worin unsere eigene Verantwortung besteht. Wir wollen, dass der laxe Umgang Brandenburgs, der insbesondere immer dann deutlich wird, wenn der Finanzminister davon spricht, dass der Bund neue Überweisungen für hier anstehende Aufgaben zu tätigen habe, durch seriöse Fi nanzpolitik ersetzt wird, sodass wir wissen, woran wir in den nächsten Jahren sind.

(Beifall CDU)

Das betrifft alle Politikbereiche. Ich möchte hier einmal auf das Saarland verweisen. Im Saarland mit einem Haushaltsvolumen von knapp 4 Milliarden Euro, also deutlich geringer als unser Haushaltsvolumen, wurden Einsparmöglichkeiten von über 200 Millionen Euro in verschiedensten Politikbereichen aufge zeigt. Für Brandenburg hat der Landesrechnungshof allein bei

der Personalverwaltung 2014 ein Einsparvolumen von 5,7 Mil lionen Euro durch Benchmarking ermittelt. Das Institute for EGovernment an der Uni Potsdam geht davon aus, dass bei der Verwaltung sogar ein Einsparpotenzial von 17,5 Millionen Eu ro vorliegt.

Die Kolleginnen und Kollegen, die Mitglied des Haushaltskon trollausschusses und des Haushalts- und Finanzausschusses sind, werden sich an die jüngsten Sitzungen und die Auftritte von Minister Vogelsänger erinnern. Das, was wir da mitbe kommen haben, wie es um die Verwaltung in Brandenburg steht, welche Schwierigkeiten es macht, einfache Vorgänge nachzuvollziehen, wo es um doch bedeutende Summen geht, lässt erahnen, wie es in den Häusern zum Teil aussieht. Ich denke, dort ist ein klares Einsparpotenzial gegeben.

(Beifall CDU)

Ich darf an einen zweiten Punkt erinnern, den der Kollege Hoffmann in der Haushaltsdebatte und an anderer Stelle, im Bildungsbereich, immer wieder deutlich gemacht hat. Der Kol lege Hoffmann hat den Ausdruck „Containerdorf“ geprägt, das Minister Baaske zwischenzeitlich abgewickelt hat. Aber Minister Baaske bekundet bis heute sehr standhaft sowohl im Haushalts- und Finanzausschuss als auch im Bildungsaus schuss - auch hier im Plenum hat er das deutlich gemacht -, dass er nicht bereit ist, Sach- und Fachverstand von außen in seine Verwaltung zu holen, um einmal zu schauen, wie die Per sonalverwaltung organisiert ist. Im Haushalts- und Finanzaus schuss haben Sie, Herr Minister, mir auf meine Frage und An regung sogar entgegnet: „Das können wir besser als die ganzen McKinseys und die anderen.“ Das mag sogar so sein, aber es käme tatsächlich auf einen Versuch an. Das, was die Ministe rin, Ihre Vorgängerin, in der letzten Legislaturperiode ange stellt hat, hat letzten Endes nicht nur Verunsicherung produ ziert, sondern auch jede Menge Steuergeld gekostet.