Zu Herrn Holzschuher möchte ich sagen: Aktuell wird beim Thema Emissionshandel durch das IGBCE-Gutachten - oder besser gesagt: Lazard-Gutachten - der Eindruck vermittelt, dass die Wirtschaftlichkeit der Braunkohlesparte in der Lausitz bis 2020 durch die Klimaabgabe schlagartig gefährdet sei und das Aus bevorstehe. Ein Grund, warum ich das für äußerst fragwürdig halte: Als damals der neue Tagebau Welzow-Süd II genehmigt wurde, gab es Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Vattenfall musste darlegen, was passiert, wenn der Emissionshandel greift: Lohnt sich das dann noch? Wird das in den nächsten 20 Jahren noch wirtschaftlich sein? Die Antwort darauf war: Ja, auch mit Emissionshandel arbeiten wir wirtschaftlich. Das war eine Grundlage dafür, dass der neue Tagebau genehmigt wurde. Jetzt sagt Vattenfall, obwohl diese Klimaabgabe deutlich milder ist, als der Emissionshandel damals geplant war: „Wir gehen sofort pleite“.
Das halte ich zumindest für fragwürdig. Deshalb hatte ich im Wirtschaftsausschuss nachgefragt, ob das Ministerium eigene Berechnungen dazu angestellt hat. Das hat es nicht, hielte ich aber immer noch für eine wichtige Frage, um sich mit dieser Diskrepanz auseinanderzusetzen. Was stimmt jetzt?
Zu Herrn Bretz: Zu der Problembeschreibung, was bei uns gerade im Energiemarkt vor sich geht, teile ich viele der Einschätzungen. Wir haben da schwierige Fragen zu klären. Ihre Punkte sind daher auch alle berechtigt. Es ist richtig, dass wir uns mit diesen im Detail beschäftigen müssen. Aber ich glaube, diese Detailarbeit ersetzt nicht, dass wir den Menschen sagen müssen, wo es hingeht - nämlich in Richtung des Erreichens der Klimaschutzziele und 100 % erneuerbare Energien.
Wir müssen denen nicht erzählen, dass dies in fünf Jahren geschieht. Denn das wäre nicht zutreffend. Es geht darum, den Übergang zu gestalten. Wir sind in Brandenburg Vorreiter bei der Erforschung von Speichertechnik, und zwar bundesweit. Da passiert richtig viel Wichtiges, aber wir haben auch noch richtig viel zu tun. Wir müssen aber sagen: Wo geht es hin? Wir müssen dazu sagen: Wir haben jetzt schon einen Anteil von knapp 30 % erneuerbarer Energien beim Strom in ganz Deutschland, und wir wollen auf 100 % kommen. Daher ist auch ganz wichtig: Es wird auch ohne Braunkohle gehen, aber solange wir das alle nicht sagen und bekennen, wird die Verunsicherung bleiben und wird es als Spinnerei abgetan werden.
Zu Herrn Vida und der Frage, wo die Energie herkommt: Unsere Energiestudie kennen Sie vermutlich; ansonsten schicke ich sie Ihnen gerne. Zum Thema Wind haben wir dieselben Ausbauziele wie die Landesregierung. Wir brauchen eine Windkapazität von ungefähr 11 Gigawatt und daher einen weiteren maßvollen Ausbau. Da sind wir d’accord mit den Zielen der Landesregierung; daran kommen wir auf unserem Weg hin zu einem besseren Klimaschutz auch nicht vorbei.
Zum Schluss noch Folgendes: Herr Gerber hat bereits gesagt, eines Tages wird es eine Lausitz ohne Braunkohle geben. Das ist richtig. Herr Domres hatte aus dem Aufruf der Spremberger zitiert, dass sie einen definierten Übergangszeitraum wissen wollen. Sie werben und bitten darum, dass das Hoffen und Bangen sowie die Unsicherheiten endlich ein Ende haben. Dafür braucht man keinen aufs Datum genau formulierten Zeitplan. Das ist überhaupt nicht notwendig.
Aber es ist wichtig, es jetzt ins Auge zu fassen - entweder entlang der Klimaschutzziele der Landesregierung, das heißt, bis 2030 um 72 % herunterzugehen, oder man sagt, es dauert ein wenig länger. Ich streite mich hier nicht um 15, 20 oder 25 Jahre. Für diesen großen Umbruch ist auch das immer noch eine kurze Zeit.
Deshalb noch einmal die Werbung: Es ist schade, dass kaum jemand auf unseren Lausitzfonds eingegangen ist, aber darüber werden wir ganz sicher noch einmal an einer anderen Stelle reden. Lassen Sie es uns jetzt anpacken, lassen Sie uns jetzt überlegen, welche Schritte wir dafür einleiten können. Egal, wann es genau passiert - es ist jetzt höchste Zeit dafür. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Schinowsky, ich bin überzeugt, dass der Bundeswirtschaftsminister und natürlich auch die Bundeskanzlerin die Zukunft des Industriestandortes Deutschland nicht infrage stellen wollen. Ob das auch für alle Grünen-Staatssekretäre gilt, weiß ich nicht. Überzeugen müssen wir sie möglicherweise trotzdem, dass das, was dort im Augenblick geplant ist, ein Irrweg ist. Genau das habe ich vorhin auszuführen versucht. Das ist ein gefährlicher Irrweg, der von Annahmen ausgeht - und da muss ich Ihnen widersprechen, Frau Schinowsky -, die eben keine realistischen Grundlagen haben, insbesondere was die Steigerung des Strompreises in den nächsten rund fünf Jahren angeht. Da gibt es eine völlig abenteuerliche Spekulation, die ich in keiner Weise nachvollziehen kann und die niemand nachvollziehen kann, der sich mit Energiewirtschaft in Deutschland beschäftigt. Es ist unverantwortlich, darauf Politik aufzubauen.
Es reicht eben nicht, zu sagen: Wir haben dann für die CO2Minderung etwas erreicht; das habe ich vorhin deutlich gemacht. Erst wenn wir ein erfolgreiches Industrieland bleiben und gleichzeitig die Energiewende schaffen, werden wir das Weltklima positiv beeinflussen, indem wir andere beeinflussen, positiv für das Klima zu handeln. Weil es im Sinne des Landes ist und weil ich dafür geworben habe, dass wir Lobbyisten für Vernunft und Verlässlichkeit sein sollten, ist es, so glaube ich, gut, wenn wir wechselseitig unseren Anträgen zustimmen. Wir werden jedenfalls dem Antrag der CDU-Fraktion ebenfalls zustimmen. So ist es zumindest soeben durchgestellt worden. Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Abgeordnetenkollegen! Ich bedanke mich zunächst bei Herrn Bretz dafür, dass er mir spontan seine drei Minuten Redezeit abgetreten hat.
Ich stehe heute hier als einer der Initiatoren dieser Spremberger Initiative, die wir parteiübergreifend im Stadtparlament angestoßen haben und die ein Ziel hat, mit dem sich, glaube ich, fast jeder in diesem Raum sehr gut identifizieren kann, nämlich die Notwendigkeiten, die auf der einen Seite durch den drohenden Klimawandel bestehen, zu akzeptieren, ohne dass wir unsere Heimat, unsere Heimatstadt und die gesamte Lausitz in eine Situation bringen, die die Zukunft für viele von uns dort unmöglich machen würde. Wir haben unsere Familien dort vor Ort, wir tragen als kommunale Politiker die Verantwortung, und natürlich tragen wir hier als Abgeordnete des Landtags die Verantwortung.
Die heutige Diskussion hat mir wieder gezeigt, dass wir einerseits in die richtige Richtung denken, es aber andererseits wichtig ist, klar zu definieren, wo wir in den nächsten Jahren hinmüssen. Dass der Ausstieg aus der Braunkohle kommen
wird, ist unwiderruflich. Das wissen wir alle in der Lausitz genauso wie Sie hier. Was wir aber brauchen, ist Verlässlichkeit hinsichtlich der Zeitplanung. Was nicht geht, ist das, was jetzt auf Bundesebene mit uns gemacht wird: dass man - politisch motiviert - versucht, die geplanten Zeitstränge immer wieder zu torpedieren, teilweise aus ideologischen Gründen. Das kann man mit den Menschen vor Ort nicht machen. Wenn man von uns Sprembergern, von uns Lausitzern verlangt, dass wir uns wirtschaftlich umorientieren, dann brauchen wir dafür Zeit, dann brauchen wir dafür Geld und dann brauchen wir dafür Verlässlichkeit.
Wir reden von Menschen, die so alt sind wie ich, teilweise jünger, top ausgebildet, gut verdienend. Sie arbeiten jetzt bei einem großen Energiekonzern, sie arbeiten bei Zulieferern, sie sind fleißig. Sie sind auch bereit, irgendwann in ihrem Berufsleben etwas anderes zu machen. Aber sie fragen sich jetzt natürlich: Lohnt es sich, in meiner Heimat noch zu investieren? Lohnt es sich, ein Haus zu kaufen?
Genau in dieser Misere befinden wir uns zurzeit; das darf man nicht vergessen. Wir sind in einer Situation, in der vor allem Unsicherheit die Diskussion prägt. In diesen Diskussionsprozess gehören Planungssicherheit und eine Perspektive. Diese Perspektive besteht in meinen Augen mit Sicherheit in einem Fonds, wie auch immer er genannt werden wird. Wir brauchen finanzielle Mittel, und die können nicht allein aus dem Haushalt dieses Bundeslandes kommen.
Wir dürfen auch nicht vergessen: Die Braunkohle hat über viele, viele Jahrzehnte für sichere Energie gesorgt. Sie tut es auch heute noch, und jetzt brauchen die Regionen, die für diese Energieversorgung da waren, Hilfe. Wir brauchen auch - das ist ein ganz wichtiger Aspekt - Forschung. Wir brauchen Maßnahmen, die die BTU und auch die Universität in Freiberg in die Lage versetzen, an der stofflichen Verwertung der Braunkohle weiter zu forschen und dort sinnvolle Akzente zu setzen. Denn Braunkohle taugt doch zu wesentlich mehr, als damit Feuer im Kessel zu machen und Energie zu erzeugen. Sie wird auch zukünftig ein wichtiger Rohstoff bleiben, auch wenn man ihn nicht zu Millionen von Tonnen fördern muss.
Ein ganz wichtiger Aspekt ist für mich auch die Zusammenarbeit mit dem Bundesland Sachsen. Wir dürfen eines nicht vergessen: Die Lausitz besteht nun einmal aus zwei Teilen. Der andere, der südliche Teil befindet sich in Sachsen. Unser Industriepark in Schwarze Pumpe wird durch die Landesgrenze getrennt. Deswegen ist die dort in den letzten Jahren erfolgreich vorgenommene Zusammenarbeit fortzusetzen.
Zum Schluss möchte ich noch einmal an uns alle diesen Appell richten: Was die Menschen in der Lausitz brauchen, sind vor allem Verlässlichkeit, Planungssicherheit und die Gewissheit, dass sie nicht hängen gelassen werden.
Ich freue mich sehr über diesen Beitrag. Ich kann ihn über weite Strecken nur unterstützen und hoffe sehr, dass wir in diesem Sinne bald ins Gespräch kommen. Herr Nowka ist im Moment beschäftigt; aber nichtsdestoweniger ist dies ernst gemeint.
Wir sind damit am Ende unserer Rednerliste angekommen und kommen zur Abstimmung. Wir stimmen zuerst über den Antrag auf Drucksache 6/1214, eingebracht von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ab. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Wir kommen zu dem Antrag auf Drucksache 6/1229, eingebracht von den Fraktionen SPD und DIE LINKE. Wer diesem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Diesem Antrag ist mehrheitlich zugestimmt worden.
Wir kommen zum Antrag 6/1225, eingebracht von der CDUFraktion. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Auch diesem Antrag ist mehrheitlich zugestimmt worden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wir machen uns heute für ein Thema aus der letzten Legislaturperiode stark, über das kein Gras wachsen darf.
Zur Erinnerung: Im Juni 2013 wurde publik, dass in den Heimen der Haasenburg GmbH über Jahre hinaus Kinder und Jugendliche gedemütigt, drangsaliert, geschlagen und über viele Stunden an sogenannte Fixierliegen geschnallt wurden. Es waren nicht die Aufsichtsbehörden, die diese Missstände öffentlich machten. Nein, es waren zwei findige Journalisten der „taz“, die nach wochenlanger Recherche Dinge veröffentlichten, die dem Landesjugendamt und damit auch dem Bildungsministerium großenteils längst hätten bekannt sein müssen und manche auch nachweisbar bekannt waren. Niemand hat es für nötig befunden einzuschreiten.
Schon im Frühjahr 2012 hatten wir nach Medienberichten über Missstände aufgrund mangelhaft qualifizierten Personals und über merkwürdig hohe Gewinne bei der Haasenburg GmbH eine erste Kleine Anfrage eingereicht. In der Antwort formulierte die Landesregierung, in der Vergangenheit gemeldete Mängel seien allesamt behoben, gegenwärtig sei nichts bekannt, was ein Eingreifen erfordere. Das sollte sich in der Folge als falsch herausstellen. Immer neue Details zu den Erziehungsmethoden in der Haasenburg GmbH wurden publik, die sowohl ältere als auch aktuelle Vorkommnisse in den Heimen betrafen.
Das Ministerium setzte im Juli 2013 eine Untersuchungskommission ein, die im November ihren Abschlussbericht veröffentlichte. Die Heime waren inzwischen geschlossen worden. In dem Bericht der Untersuchungskommission heißt es, die Verfehlungen über Jahre hinweg „legten den Schluss auf Mängel nicht unerheblicher Art in der Ausübung der Aufsicht über die Haasenburg GmbH nahe“. Der Bericht stellte der behördlichen Aufsicht in Brandenburg ein vernichtendes Urteil aus:
„Nicht glaubhaft ist es, dass das Jugendamt von Fixierungen in Einrichtungen der Haasenburg GmbH nichts gewusst hat.“
Weiter empfiehlt die Kommission den Aufbau einer unabhängigen Kontrollagentur zur Überprüfung der Qualität der Arbeit sowie der dazu gehörigen Verwaltungstätigkeit in Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung in Jugendämtern sowie den zuständigen Landesbehörden, die Einrichtung einer ständigen bundesweiten Konferenz zur Diskussion von Ursachen, Folgen und Hilfebedarfsvarianten für Kinder und Jugendliche, die Systemgrenzen sprengen können, sowie diverse weitere Maßnahmen, die auch in dem Kommissionsbericht enthalten sind.
Im Zuge dieser Aufarbeitung wurde auch publik, dass im Landesjugendamt die Aufsicht über 400 Jugendhilfeeinrichtungen in den Händen dreier Mitarbeiter lag und zumindest in den verschiedenen Heimen der Haasenburg GmbH es nur eine einzige unangemeldete Kontrolle gegeben hatte. Man fragt sich, wer glauben konnte, das seien effektive Strukturen.
Der Vollständigkeit halber möchte ich aber erwähnen: Es war nicht alles schwarz in diesen Heimen mit dem niedlichen Namen. Es gab Vertrauen und es gab Jugendliche, die von ihrer Zeit dort Positives berichten, so wie wir uns überhaupt fragen müssen, was denn eigentlich mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen seitdem geschehen ist. Mir wurde neulich erzählt, einer von ihnen lebe jetzt in Thüringen auf der Straße.
Frau Münch als Jugendministerin versprach als Konsequenz aus dem Kommissionsbericht - erstens -, die Heimaufsicht neu aufzustellen und personell zu verstärken und - zweitens -, eine bundesweite Initiative über die gesetzlichen Grundlagen entsprechender Unterbringung zu starten. Was aus all dem geworden ist, verschwindet auf Landesebene im Nebel der unsinnigen Eingliederung des Landesjugendamtes in das Ministerium. Die personelle Verstärkung der Heimaufsicht wird durch die Personalbedarfsplanung nicht abgebildet. Die versprochene bundesweite Initiative zur Neuregelung des § 45 im SGB VIII, der die Definition des Kindeswohls regelt, versickert im märkischen Sand. Nachfragen im Bildungsausschuss hinterlassen nur Ratlosigkeit.
Wir sind der Meinung: Da müssen wir genauer hinschauen, so können wir das nicht weiter hinnehmen; denn es bedeutet, dass
es zu genau den gleichen Vorkommnissen, wie in den Haasenburg-Heimen, jederzeit wieder kommen kann, vielleicht in neuen oder in anderen Einrichtungen in Brandenburg, vielleicht mit Brandenburger Jugendlichen in Einrichtungen in den anderen Bundesländern. Dann kann niemand sagen, wir hätten nichts gewusst.
Deshalb ergreifen wir diese Initiative gemeinsam mit unseren Berliner Kolleginnen und Kollegen und fordern, endlich ein Konzept zur Weiterentwicklung der entsprechenden Hilfeangebote vorzulegen. Freiheitsentziehende Maßnahmen sollten aus unserer Sicht möglichst vermieden werden. Wir brauchen bessere Begleitung, Strukturen für die Heimaufsicht, ein effektives Beschwerdemanagement und fachliche Standards, die gemeinsam mit den örtlichen Jugendämtern entwickelt werden müssen.