Protocol of the Session on February 27, 2013

Die Flughafengesellschaft ist aufgerufen, mit Taten - mit realisiertem Schallschutz - um das Vertrauen der Anrainer zu ringen; das predigen wir hier seit Jahren. Es muss nun endlich einen Durchbruch bei der Flughafengesellschaft geben. Die Grenze des Zumutbaren für den betroffenen Bürger ist oft erreicht, teilweise sogar überschritten.

Auf die Gefahr der Wiederholung hin sage ich heute erneut: Gerade an einem Standort wie Schönefeld, der aufgrund lärmmedizinischer Bedenken als problematisch angesehen werden muss, darf am Schallschutz nicht gespart werden. Wir verlangen daher die Umsetzung des gerichtlich bestätigten Schallschutzes noch vor Inbetriebnahme des Flughafens. Fluglärm macht krank, besonders nachts und in einem dicht besiedelten Wohngebiet. Dabei ist der bauliche Schallschutz den Entschädigungszahlungen eindeutig vorzuziehen.

Der der Rechtslage entsprechende Schallschutz ist Grundvoraussetzung dafür, dass Flugzeuge am BER starten und landen können, dass er also überhaupt beflogen werden darf. Das haben sowohl die Landesplanung als auch die Vertreter der Landesregierung im Ausschuss klargestellt. Herr Mehdorn hat in der vergangenen Sitzung des Sonderausschusses bewusst die Aussage getroffen, dass es sich beim Schallschutz - anders als bei den Flughafeninvestitionen - um eine zusätzliche, eine politische Aufgabe handele. Ich betone hier noch einmal ganz klar: Ausgangspunkt ist der Planfeststellungsbeschluss. Der ist Gesetz und auch in der Frage des Schallschutzes höchstrichterlich geprüft worden. Inzwischen scheint es aber so, dass sich die Flughafengesellschaft mit den Realitäten abgefunden und der Aufsichtsrat zumindest von Brandenburger Seite dahin gehend entsprechenden Druck aufgebaut hat.

Wir wollen, dass jeder Weg zu mehr Nachtruhe gegangen wird, und unterstützen in dieser Frage die Landesregierung eindeutig.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Dem eigentlichen Anliegen des erfolgreichen Volksbegehrens muss nicht nur Gehör geschenkt werden; wir wollen, dass die Umsetzung erfolgt. An dieser Stelle fordern wir die weiteren Gesellschafter, also den Bund und das Land Berlin, auf, Schritte auf Brandenburg und seine Bürgerinnen und Bürger zuzugehen. Es kann nicht sein, dass man in Zukunft die Vorzüge des Flughafens genießen will, aber den Umgang mit den Nachteilen - dem Lärm - Brandenburg überlässt. Beim CO2-Ausstoß ist das schon so, dass lässt sich nicht anders berechnen, aber beim Lärm ist es änderbar - das können wir beeinflussen. Wie bisher kann es in der Gesellschafterversammlung und im Aufsichtsrat nicht weitergehen.

Herr Wowereit will offenbar gar nicht mehr gewählt werden; er steht den legitimsten Interessen Brandenburgs demonstrativ abweisend gegenüber und ist diesbezüglich anscheinend schmerzunempfindlich. Man weiß aber auch, dass sich der Wind nicht nur auf Flugplätzen relativ schnell drehen kann. In

der jetzigen Situation scheint es so zu sein, als würde sich in diesen Fragen nichts mehr bewegen. Für uns ist das Thema Volksbegehren und Nachtflugverbot noch lange nicht am Ende.

(Beifall DIE LINKE)

Wir gehen diesen Weg weiter und geben das konsequente Nachtflugverbot nicht auf.

(Beifall DIE LINKE)

Die CDU hat - um einmal konkret anzusprechen, was Sie möglicherweise getan haben - immer ein doppeltes Spiel gespielt: Frau Staatssekretärin Reiche hat im Wahlkampf wacker verbal den Lärmschutz gefordert und freut sich nun als Staatssekretärin im stillen Kämmerlein des Bundesverkehrsministeriums, dass der so nicht umgesetzt wird.

(Zurufe aus der Fraktion DIE LINKE: Ja!)

Auch die CDU im Landtag war schaumgebremst und widmete sich lieber der Frage: Wie können wir am besten der rot-roten Landesregierung schaden? - Dass Sie sich dabei ständig selbst widersprechen, ist Ihnen wohl noch gar nicht aufgefallen.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Doch, aber das macht nichts!)

Wir fordern mehr Solidarität des Bundes und des Landes Berlin. Auch dort muss erkannt werden, dass es eine Akzeptanz des Flughafens ohne ein konsequentes Nachtflugverbot nicht geben kann.

Allerdings muss ich auch Staatssekretärin Zypries erwähnen, die gewiss nicht als Expertin in Sachen Schallschutz gilt, aber davon ausgeht - so jedenfalls ihre Äußerungen -, dass am Flughafen nachts nur noch flüsternde Maschinen fliegen werden. Das hat vor Ort nicht mehr Vertrauen in Politik bewirkt. Deshalb auch an den Bund gerichtet: Bitte kein Öl ins Feuer, sondern nüchterne Betrachtung der Situation der Menschen vor Ort!

Zusätzlich muss es ein wichtiges Anliegen sein, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Bezug auf die Nachtruhe in ein Gesetz zu überführen. Unseres Erachtens entspricht das Recht auf Gewährung des Schutzes der Kernnacht der staatlichen Schutzpflicht für die menschliche Gesundheit, die aus dem Grundrecht in Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz erwächst. Dieses Anliegen wird von uns auch weiterhin sehr ernst genommen.

Der politische Umgang mit diesem Thema ist noch arg verbesserungswürdig. Befindlichkeiten und charakterliche Eigenarten dürfen keinen dominanten Platz im Agieren erhalten. Die Sacharbeit gehört in den Mittelpunkt der Arbeit aller. Alle, aber auch wirklich alle sollten sich in diesen Anforderungen einig sein, auch die Unternehmensleitung der Flughafengesellschaft. Wir freuen uns jedes Mal, wenn Herr Mehdorn teilnimmt, aber er hat es nur auf jede dritte Sitzung geschafft.

Wichtig ist uns, dass ein verbindlicher Eröffnungstermin genannt wird, ein Datum, mit dem gearbeitet und auf das hingearbeitet werden kann. Nur das kann Sicherheit geben, nur damit kann man sich als Flughafengesellschaft bei Banken das not

wendige Geld beschaffen. Es ist doch klar, dass zurzeit gerade wegen der Bestimmungen aus Basel III, Kollege Genilke, ohne Businessplan und ohne Eröffnungstermin keine Bank mehr ins Risiko gehen kann. Insofern haben wir zurzeit noch ein Gleichungssystem mit zu vielen Unbekannten, das gelöst werden muss - das Schwierigste steht uns also noch bevor. Wir haben jetzt die Ankündigung für eine Ankündigung von Herrn Mehdorn vernommen. Das heißt, Ende des Jahres soll es eine Ankündigung geben. Man soll ja die Hoffnung nicht aufgeben, aber nach all den Erfahrungen ist hier nach wie vor Vorsicht angebracht.

Jetzt schießen auch alle möglichen Finanzberechnungen ins Kraut. In einer ganz spontanen Intervention, wie ich den Eindruck hatte,

(Beifall der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])

wurden hier heute schon ein paar Zahlen referiert, von denen niemand weiß, ob sie valide sind oder nicht. Die Erläuterungen der Flughafengesellschaft im Sonderausschuss zur Finanzprognose haben wir wohl vernommen; diese muss aber auch zutreffend sein. Das kann nur geschehen, wenn der Flughafen zügig an den Start geht, und bis dahin muss noch vieles getan werden.

Ganz kurz zu einigen Scheinrechnungen: Es ist nicht richtig, dass bisher überwiegend Steuergeld in den Flughafen geflossen ist - obwohl es anders dargestellt wird, wird es dadurch nicht anders. Zusätzlich zu den 1,17 Milliarden Euro, die wir zurzeit als Gesellschafter gemeinsam aufbringen müssen, sind anfangs gut 400 Millionen Euro geflossen. Den übergroßen Anteil hat der Flughafen selbst als Darlehen aufgenommen, Letzteres ist noch gar nicht komplett ausgezahlt oder bisher aus eigenen Mitteln beigesteuert. Bisher sind nicht 5 Milliarden Euro aus Steuermitteln geflossen und damit schon gar nicht zulasten anderer Vorhaben im Land, auch wenn es öfter mal anders dargestellt wird.

Das Thema wird uns leider mit Sicherheit erhalten bleiben. Frau Gregor-Ness, ich verspreche Ihnen, wir bleiben an dem Thema dran. Sie dürfen an der kritischen Begleitung dieses Vorhabens von der Fraktion DIE LINKE keinen Zweifel haben, das brauchen Sie nicht.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir bleiben dran im Interesse der Menschen und im Interesse der Hoffnungen, die mit diesem Projekt verbunden sind. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Der Abgeordnete Beyer setzt für die FDP-Fraktion fort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatssekretär Bretschneider! Ein wandelndes Lexikon ist eine schwergewichtige Sache; die sollte man durchaus persönlich begrüßen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Schicksal hat es gewollt, dass auch meine 187. Rede - zumindest wenn ich richtig gezählt habe - in der 5. Legislatur des Landtags das Thema BER behandeln soll. Das war vielleicht zu erwarten, aber ich will es nicht beschwören. Ich sage ausdrücklich, dass es meine voraussichtlich letzte Rede ist, denn das Thema BER ist durchaus geeignet, dass über die Sommerpause vielleicht die eine oder andere Akte auftaucht. Ich rede nicht von mir, sondern formuliere nur die vielleicht durchaus berechtigten, durch Erfahrungen belegten Erwartungshaltungen.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Danke für den Hinweis! - Bischoff [SPD]: Jetzt hat er sich verquatscht! - Weitere Zurufe aus der SPD sowie der Fraktion DIE LINKE)

- Seid vorsichtig mit eurem Urlaub, wollte ich damit sagen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen bei diesem Thema geht. Wenn wieder eine dieser diversen Meldungen erscheint, fragt man sich gelegentlich: Was kommt noch? - Wir haben einen Airport bzw. eigentlich noch keinen Airport mit x-verschobenen Eröffnungsterminen. Es ist alles aufgezählt worden, und die Geschwindigkeit von Herrn Goetz würde ich sowieso nicht erreichen.

Wir bauen derzeit einen Flughafen ohne Finanzplanung. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass das überhaupt möglich ist. Das einzige Management, das in gewisser Weise funktioniert - je nachdem, wie man es sieht -, ist das Entlassungsmanagement; ich glaube, das kann man so feststellen. Dem ehemals neuen Hoffnungsträger und Chefplaner sitzt die Staatsanwaltschaft im Nacken. Ingenieure entpuppen sich als Technische Zeichner - wobei ich zur Ehrenrettung der Ingenieure sagen will: Gute Ingenieure sind auch immer gute Technische Zeichner; aber das ist ein anderes Thema. Und in Berlin tauchen Akten in Altpapiercontainern auf. Das ist die chronologische Abfolge der Geschehnisse. Man fragt sich also in der Tat: Was kommt noch? - Hoffentlich, wie gesagt, kommt nichts dergleichen während der Sommerpause.

Zweifelsfrei: Das Projekt BER ist in eine Schieflage geraten, wobei mir das Wort „Schieflage“ fast weh tut, denn das ist eigentlich eine Beschönigung. Aber vielleicht kann man einfach mal versuchen, es so auszudrücken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 23. Januar 2013 hatten drei Fraktionen die Einsetzung des Sonderausschusses BER beantragt. Die Idee - der eine oder andere erinnert sich - ist damals in der Befassung mit verschiedenen Themen im Infrastrukturausschuss geboren worden. Heute ziehen wir - das ist der eigentliche Anlass bzw. einer von zwei Anlässen - unter diesem Tagesordnungspunkt Bilanz über die, rund gerechnet, anderthalb Jahre Arbeit des Sonderausschusses BER. Ein umfangreicher Tätigkeitsbericht liegt vor. Vielen Dank auch von meiner Seite an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung, die den Bericht des Sonderausschusses BER vorbereitet haben; das haben viele Kolleginnen und Kollegen auch schon gesagt.

Unter anderem liegen zwei Entschließungsanträge vor, und ich gestehe gern: Ich habe einen dritten Entschließungsantrag geschrieben, mich dann allerdings entschieden, ihn nicht einzureichen, denn als ich die diversen Entschließungsanträge und

vor allen Dingen den damaligen Einsetzungsbeschluss neben mir liegen hatte, musste ich mich fragen: Was machst du da eigentlich?

Ich weise auf Folgendes hin - seinerzeit stand der Satz zwar nur in der Begründung, aber er ist entscheidend und wurde heute schon oft erwähnt -: Wir wollten einen Ausschuss, der sich umfassend mit allen Facetten des Flughafenbaus befasst und seine Arbeit aktiv nach vorn auf das Gelingen des Projekts ausrichtet. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, diesem Anspruch konnten wir, denke ich, nicht gerecht werden. Wir haben einiges geschafft - gar keine Frage, auch darauf ist schon hingewiesen worden -: Ich glaube, es ist uns gelungen, die Befassung, die bis dahin immer wieder in verschiedensten Ausschüssen stattfand, zu bündeln. Damit ist es uns auch gelungen - das stand schon im ersten Teil -, die Information der Öffentlichkeit zu verbessern; das ist zumindest mein Eindruck. Auch in der Bündelung hat ein Vorteil gelegen. Aber es war uns schlichtweg nicht vergönnt, einen Beitrag zum Gelingen des Projekts zu generieren.

Das kann man sicherlich unterschiedlich sehen, aber ich habe mich gefragt: Warum war das so? - Vielleicht hatte es auch etwas damit zu tun, dass wir viel zu wenig Mut hatten, neben ich sage ausdrücklich: neben - der sinnvollen öffentlichen Befassung gelegentlich eine nichtöffentliche Sitzung durchzuführen und dort die Probleme - übrigens insbesondere die Finanzprobleme und das, was in den Protokollen des Aufsichtsrates steht - zu reflektieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gleichsam befassen wir uns natürlich mit der Umsetzung des Nachtflugverbots. Sie alle kennen meine Meinung dazu, die brauche ich an dieser Stelle nicht zu wiederholen. Wir haben leider die Chance vertan, die Brandenburgerinnen und Brandenburger entscheiden zu lassen. Ich glaube, Kollege Dombrowski hat vorhin in einer anderen Debatte folgenden Satz gesagt: Es gibt keine Freiheit außerhalb von Verantwortung. - Vielleicht hätten wir die Brandenburgerinnen und Brandenburger einfach in Freiheit entscheiden lassen sollen. Ich bin mir sicher, sie wären ihrer Verantwortung gerecht geworden.

(Beifall FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte mir gewünscht, dass das Interesse für das Gelingen des Projektes und damit natürlich für eine möglichst schnelle Eröffnung stärker im Fokus gestanden hätte. Das ist uns, wie gesagt, nicht gelungen, und daher formuliere ich: Ich wünsche mir generell, dass in all unseren Befassungen und Debatten das Wort Verantwortung häufiger im Mittelpunkt steht. Wer Verantwortung lebt, bei dem ergibt sich die Freiheit am Ende sowieso automatisch.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie gesagt, das war meine voraussichtlich letzte Rede im Hohen Haus in der 5. Legislatur. Ich bitte um Nachsicht bei all jenen, die vielleicht nicht immer meinem etwas eigenwilligen Humor folgen konnten. Ich bitte ebenso um Nachsicht bei allen, die mit meinen gelegentlich vorgetragenen Übertreibungen vielleicht nicht zurechtgekommen sind - das gilt besonders für einen sehr speziellen Fall. Sie alle können sicher und damit beruhigt sein: Der Ärger, den ich diesbezüglich mit meiner lieben Gattin bekommen habe, hat all

Ihre diversen Zwischenrufe - seien sie auch gelegentlich berechtigt gewesen - übertroffen.

(Heiterkeit)

In diesem Sinne, liebe Kolleginnen und Kollegen: Kommen Sie gut durch diesen heißen Wahlkampfsommer! - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall FDP, SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Der Abgeordnete Vogel setzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort.