Während der Abgeordnete Genilke für die CDU-Fraktion ans Pult tritt, habe ich noch eine Erinnerung vorzubringen: Wir hatten vereinbart, dass wir nach diesem Tagesordnungspunkt vor Eintritt in die Mittagspause mit den Fraktionsvorsitzenden hier vorn ein Foto für die Juniorwahl machen. Sorgen Sie bitte dafür, dass Ihre Fraktionsvorsitzenden zum Ende des Tagesordnungspunktes hier sind.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mir ja auch überlegt: Was erzählst du zum Tätigkeitsbericht?
Und nun hat der Ministerpräsident gesprochen. Da kann ich nur sagen: Mensch, Woidke! Sie haben bei Ihrer Amtsübernahme seinerzeit gesagt, Sie gingen nicht in den Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft, weil Sie keine Ahnung davon hätten, und überließen das Fachkräften. Ich muss sagen, nach der Rede ich gehe noch darauf ein - muss ich gestehen: Sie hatten Recht.
Kein Thema hat uns in den letzten fünf Jahren so beschäftigt wie der Flughafen. So ist es nur folgerichtig, dass wir uns heute, in der letzten planmäßigen Landtagssitzung dieser Legislatur noch einmal ausführlich mit diesem Thema beschäftigen.
Lassen Sie mich mit einem kurzen, sicherlich nicht abschließenden Abriss der BER-Themen beginnen, mit denen wir uns auch im Ausschuss in besonderer Weise auseinandersetzen mussten:
Begonnen hat es mit den Protesten - Sie erinnern sich - gegen die veränderten Flugrouten. Es wurde deutlich, dass die Verantwortlichen im Verkehrsministerium unter der Verantwortung der SPD und insbesondere des gerade gelobten Flughafenkoordinators Rainer Bretschneider der Öffentlichkeit jahrelang eine falsche Grobplanung der Flugrouten vorgegaukelt haben, obwohl damals schon klar war, dass die Flugrouten, die vorgegaukelt wurden, auf jeden Fall nicht diejenigen sein können, die es am Ende werden würden.
Es folgten vier peinliche Eröffnungsverschiebungen - Herr Goetz hat es in eindrucksvoller Weise beschrieben -, die dem Ansehen Brandenburgs und der ingenieurtechnischen Kompetenz der gesamten Bundesrepublik sehr geschadet haben - vielleicht unberechtigterweise.
Nach der vierten Verschiebung trat Herr Wowereit von seinem Amt im Aufsichtsrat zurück. Der damalige Ministerpräsident Platzeck übernahm für ein halbes Jahr den Vorsitz, bevor dann wieder Herr Wowereit übernahm. Ich sage einmal: SPD-geführtes Krisenmanagement!
Zwischendurch wurde bekannt, dass der im Planfeststellungsbeschluss festgelegte Schallschutz nicht rechtmäßig umgesetzt wird, um letztlich Geld zu sparen. Darauf versuchte das SPDVerkehrsministerium - ich kann es Ihnen nicht ersparen - unter Minister Vogelsänger - ich erinnere mich an diese Sitzung noch sehr gut -, mit kruden Berechnungen - 0,49 Mal sollte auf 0 abgerundet werden - den Schallschutz weiterhin klein- und damit möglichst billigzurechnen. Erst ein von den betroffenen Bürgern erwirktes Urteil vor dem OVG Berlin-Brandenburg hat diesem unwürdigen Schauspiel ein Ende bereitet.
Dennoch: Bis heute wurde noch nicht eine Schallschutzmaßnahme bei den insgesamt 14 000 Wohneinheiten im Tagschutzgebiet korrekt umgesetzt. Und ich muss Sie berichtigen, Herr Ministerpräsident. Sie sagten, 2 %, das reiche nicht. - Nach OVG-Urteil und dem, was im Planfeststellungsbeschluss schon immer gestanden hat, ist der Schallschutz nicht bei einer einzigen Wohneinheit im Tagschutzgebiet umgesetzt, und das macht uns sehr betroffen.
Wir erhalten darüber hinaus immer noch Klagen über falsch berechnete Kostenerstattungsvereinbarungen.
Des Weiteren sind natürlich die explodierenden Kosten ein wichtiges Thema: Seit 2009 haben sich die Kosten des BER mehr als verdoppelt. Wir stehen aktuell bei - niemand weiß es so genau - 5,4 bis 5,7 Milliarden Euro für die Fertigstellung des geplanten BER - wohlgemerkt: ohne die bereits heute feststehenden notwendigen Erweiterungen. Wir wissen nicht, was dann noch auf uns zukommt.
Wir haben bis heute keinen Kosten- und keinen Finanzierungsplan vorliegen. Jetzt kommt der Ministerpräsident - heute in den „PNN“ nachzulesen - und sagt, er müsse sich jetzt erst einmal schlaumachen, was denn mit den 1,2 Milliarden Euro, die wir der Flughafengesellschaft schon 2012 gegeben haben, eigentlich passiert sei und was davon noch übrig sei. Das erweckt nicht gerade Vertrauen.
Ich möchte an unseren Antrag von vor zwei Tagen erinnern. Dass wir, das Parlament, kein Vertrauen mehr haben, ist das eine, dass aber die Menschen draußen im Lande ebenfalls kein Vertrauen mehr haben, das andere. Man führt uns praktisch vor, man lässt sich die Butter vom Brot nehmen. Ein Ministerpräsident muss zusehen, wie sein Geschäftsführer die Sonderausschusssitzung verlässt, wie wir Briefe von Frau Fölster bekommen und ist gleichzeitig nicht bereit, ein Druckmittel in die Hand zu nehmen, das darin besteht, dass wir im Haushaltsausschuss letztlich die für den Flughafen maßgeblichen Zusagen treffen. Damit nehmen wir uns aus dem Licht, in das wir eigentlich hineingehören.
- Herr Schippel kann es nicht begreifen, aber genau so ist es. Deshalb sind wir heute da, wo wir sind.
Herr Finanzminister Görke, nach allem, was bisher geschehen ist, glauben wir Ihnen einfach nicht mehr, dass es einen verantwortungsvollen Umgang mit den Steuergeldern gibt. Mein Kollege Burkardt hat es gestern, denke ich, treffend beschrieben: Mit Transparenz am Flughafen hat diese Informationspolitik nichts zu tun.
Wir alle wissen, dass Brandenburg nach dem Wahltermin im September mindestens noch einmal 400 Millionen Euro lockermachen muss. Aber Sie geben Beruhigungspillen aus und sprechen davon, dass die Liquidität sichergestellt sei. Die Banken sehen das mittlerweile offensichtlich anders. Das ist linke Finanzpolitik.
Was ereilte uns noch? Der BER ist zu klein geplant. Was für eine neue Nachricht! Ich erinnere an das von uns in Auftrag gegebene Gutachten von Faulenbach da Costa - damals verschrien als „Satire vom Feinsten“. Ich sage Ihnen: Unwissenheit hat noch nie ein Problem gelöst.
Jetzt ist es bei der Landesregierung angekommen: Wir haben 27 Millionen Passagiere. Ich erinnere an die Antwort auf die Große Anfrage der Grünen, die sich damals relativ zeitig mit diesem Thema beschäftigt hat, wo schon anhand der Abfolge der Zahlen, die Sie dort finden können, sehr deutlich wurde, dass das durchschnittliche Wachstum in den kommenden zehn Jahren - damals schrieben wir noch das Jahr 2010 -, was das Passagieraufkommen und die Flugbewegungen angeht, 5 % beträgt. Jetzt wird es als völlig neue Erkenntnis verkauft, dass genau das eingetreten ist, was schon im Jahr 2000 absehbar war. Das können Sie nicht mehr hinlänglich erklären, und nun wird gesagt: Wir haben für 17 Millionen Passagiere geplant. - Dann muss man eben bereit sein, die Planung anzupassen, wenn man sieht, dass die Zahlen höher sind als ursprünglich angenommen. Da kann man sich nicht hinstellen und sagen: Der Flughafen wurde doppelt so groß gebaut. - Nein, wir geben doppelt so viel Geld für einen nur um 30 % größeren Flughafen. Das ist der eigentliche Widerspruch.
Herr Mehdorn hat mittlerweile selbst zugegeben, dass es Kapazitätserweiterungen geben muss und dass damit auch über zusätzliche Kosten geredet werden muss. Hierzu schweigt die Landesregierung; auch das finde ich unredlich.
Jetzt fehlt mir natürlich die Zeit, auf sonstige Skandale und Verfehlungen einzugehen, aber allein der Blick in die vergangene Woche zeigt das Ausmaß des Versagens: ein korrupter Technikchef, ein technischer Zeichner, der keine funktionsfähige Brandschutzanlage geplant hat, und vertrauliche BER-Akten im Gully - es gibt nichts, was es an diesem BER nicht gab. Das Vertrauen in Ihre Kompetenz ist dahin. Wir haben uns damit beschäftigt, den alten Flughafen Schönefeld zu erhalten und die Startbahn Nord zu sanieren, wofür wir von den Banken kein Geld erhalten. Ich erinnere an den Vorschlag, den Flughafen Tegel am Netz zu lassen. Ich erwähne die Diskussion, dass es zu wenig Check-in-Schalter und zu wenig Gepäckbänder gibt usw.
Aber eine Sache hat dies alles noch getoppt: die taktische Annahme des ersten erfolgreichen Volksbegehrens in Brandenburg durch die rot-rote Koalition und das Versagen der Landesregierung bei dessen Umsetzung. Sie haben ein Versprechen abgegeben, das Sie nicht halten konnten und nicht halten wollten. Wenn ich mir den Bericht der Landesregierung zur Umsetzung des Volksbegehrens anschaue, muss ich feststellen: Sie haben alle rechtlichen Hebel in Bewegung gesetzt, um das Anliegen dieses Volksbegehrens auszubügeln. Nach außen: hui nach innen: pfui. Vielleicht ist das für Rot-Rot clever, für eine Regierung ist es unseriös und unehrlich.
Den Ansatz des Kompromissantrages der CDU, der vorsah, dass die Landesregierung über den Änderungsvorbehalt und eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses selbst handeln sollte, haben Sie mit Gegengutachten torpediert. Die verwaltungstechnischen Voraussetzungen, dass Brandenburg die Baugenehmigung allein ändern kann, haben Sie mit einer Rechtsverordnung - übrigens wenige Tage nach Annahme des Volksbegehrens im Landtag - aus der Hand gegeben. Ihre eigene Verhandlungsposition bei den anderen Gesellschaftern haben Sie durch vorzeitige Aufgabe Ihrer Position und durch das Einbringen eines windelweichen Kompromisses, der im Übrigen nicht dem Willen des Volksbegehrens und auch nicht dem Beschluss des Landtages entsprach, geschwächt. Zusammengefasst haben Sie das erste Volksbegehren politisch für sich vereinnahmt und mit voller Absicht und in vollem Wissen gegen die Wand gefahren.
Bevor Sie hier wieder die Verantwortung der CDU bemühen, sage ich Ihnen: Wir haben dieses falsche Spiel damals nicht mitgespielt. Wir haben das Volksbegehren nicht angenommen. Wir haben den Menschen keine falschen Versprechungen gemacht und sie nicht getäuscht. Wir haben mit unserem Kompromissvorschlag versucht, einen fairen und, wie ich meine, gangbaren Ausgleich zu suchen. Sie haben all diese Vorschläge vom Tisch gewischt.
Unser Antrag sah folgende Punkte vor: die unverzügliche Vorlage eines Kostenplanes, ein belastbares Finanzierungskonzept, die Festlegung eines verlässlichen Eröffnungstermins, die zügige Umsetzung der Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses gemäß dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts und die professionelle Ausgestaltung des Aufsichtsrates mit kompetenten Personen. Ich denke, es geht nicht um Sensibilität beim Lärmschutz im Umfeld dieses Flughafens. Der Ministerpräsident sprach von Frieden. Wer Frieden will, gibt zu, dass Krieg herrscht. Das ist ein Umstand, bei dem wir nicht locker bleiben können. Lärmschutz kann man nicht herbeireden, sondern man muss ihn herstellen.
Misserfolg, Frau Hackenschmidt, ist eine gute Gelegenheit für einen Neuanfang. Dieses Trauerspiel werden wir am 14. September beenden. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach dem Showteil muss ich jetzt leider wieder zu den Fakten zurückkehren; es wird nicht ganz so unterhaltsam. - Herr Kollege Genilke, ich glaube, die Linksfraktion hätte beantragt, jeden Ihrer konstruktiven Vorschläge in den Abschlussbericht aufzunehmen. Aber leider fanden wir keinen; deswegen wird alles, was Sie hier abziehen, Show bleiben.
Der Sonderausschuss zum Flughafen BER in Schönefeld wurde in einer konkreten Phase der Problemstellung und Konfliktlage in der Flughafengesellschaft, Herr Kollege Genilke, mit einem Einsetzungsauftrag versehen, der die problembezogenen Inhalte im Landtag bündeln und maßgeblich zu Transparenz und Kommunikation beitragen sollte. In dieser Hinsicht hat der Sonderausschuss große Anstrengungen unternommen und ist damit seiner Aufgabenstellung gerecht geworden. Der Landtag hat seinen spezifischen und öffentlich wirksamen Beitrag geleistet, mit seinen Möglichkeiten dieses Flughafenprojekt voranzubringen. Allein die Arbeit eines Sonderausschusses vermag es nicht, eine Entrauchungsanlage technologisch in Gang zu setzen, ein Sonderausschuss kann die fehlenden Kabel nicht verlegen, er kann und muss aber Druck machen, wo er Probleme erkennt. Davon gab und gibt es reichlich.
Oberstes Ziel ist es für uns, den Flughafen so schnell wie möglich ans Netz zu bringen. Der Flughafen BER muss seiner Bestimmung zugeführt werden, er muss das Geld zurückverdienen, das er unter anderem von uns bekommen hat. Er muss die existierenden Hoffnungen auf seine Entwicklungspotenziale erfüllen, um derentwillen viele Anrainer überhaupt zum Ertragen der Beeinträchtigungen bereit sind.
Zu konstatieren ist: Wann das sein wird und welchen Aufwandes es bedarf, konnte die Flughafengesellschaft bis zum heutigen Zeitpunkt nicht mitteilen. Die Kardinalfragen sind bislang unbeantwortet. Jedoch möchte ich eines ganz deutlich formulieren: Einen Flughafenstart um jeden Preis kann es mit uns nicht geben. Die Linke legt sehr viel Wert auf den Schallschutz. In jeder Sitzung des Ausschusses wurde zum Schallschutz Stellung genommen. Manches musste dabei regelrecht vom Geschäftsführer ertrotzt werden. Die Informationen und der Umsetzungsstand in diesem Punkt sind bescheiden. Aber nun, nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts zum Tagschutz und den Klarstellungen zu den Überschreitungswerten aus den planfestgestellten Bestimmungen, muss es nicht nur losgehen, sondern es muss Tempo aufgemacht werden, um den Schallschutzbestimmungen nun endlich gerecht zu werden.
Ich nenne ein negatives Beispiel, das uns zur Kenntnis gelangte: Wenn sich ein Bürger an den Ausschuss wendet und nachweist, dass sich bei der Feststellung der Verkehrswerte und der damit verbundenen Frage nach Lärmschutz oder Entschädi
gung nicht nur kleine Fehler, sondern Falschberechnungen ergeben haben, die einen Bruchteil des Betrags von dem ergeben, was nach Recht und Gesetz zu zahlen ist, sagen wir: Hier muss sich radikal etwas ändern. - Der betroffene Bürger konnte sich aufgrund eigener technischer Vorkenntnisse selbst helfen. Was aber ist mit denen, die diese Kenntnisse gar nicht haben können?
Die Flughafengesellschaft ist aufgerufen, mit Taten - mit realisiertem Schallschutz - um das Vertrauen der Anrainer zu ringen; das predigen wir hier seit Jahren. Es muss nun endlich einen Durchbruch bei der Flughafengesellschaft geben. Die Grenze des Zumutbaren für den betroffenen Bürger ist oft erreicht, teilweise sogar überschritten.