Protocol of the Session on June 26, 2014

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Eine Frage ist, was die Regierung, was die Koalition erreicht hat, die andere Frage ist, was der Landtag, was das Parlament in diesen Jahren getan und erreicht hat. Wir sind 2009 erstmals seit 1999 wieder in eine Legislaturperiode ohne die DVU gestartet. Das war eine wichtige Zäsur, das war ein gemeinsamer Erfolg aller demokratischen Parteien.

(Beifall DIE LINKE, SPD und des Abgeordneten Beyer [FDP])

Zugleich war und ist das in diesem Parlament vertretene demokratische Spektrum so breit und differenziert wie seit der Neugründerzeit des Landes nicht mehr. Es ist vor diesem Hintergrund gut und richtig, dass die Debatten vielfältiger, offener und damit auch konfliktreicher geworden sind. Es ist daher umso bemerkenswerter, dass wir uns in einigen Fragen auch zu Schritten über die Grenzen der politischen Lager hinweg verständigen konnten, so etwa bei der Einführung des Artikels 7a in der Landesverfassung, wonach das Land das friedliche Zusammenleben der Menschen schützt und der Verbreitung rassistischen und fremdenfeindlichen Gedankenguts entgegentritt. Das gilt auch für die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre, und es gilt auch für die beiden Enquetekommissionen. Wer bitte hätte am Anfang dieser Legislatur gedacht, dass wir beide so erfolgreich zu Ende führen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich war es ein Wagnis, das wir 2009 mit der Bildung der neuen Koalition eingegangen sind. Hier standen große Fragen auch für unser Land: Wird ein solches Bündnis - Rot-Rot - landesweit und bundesweit akzeptiert? Wird ein solches Bündnis überhaupt funktionieren? Die Antwort darauf waren keine Selbstverständlichkeiten; gerade Matthias Platzeck hat da eine Menge erlebt. Aus meiner Partei kamen - ich weiß - nicht nur Beiträge, die es ihm und uns leicht gemacht hätten. Es war also ein Wagnis, das wir damals eingingen, aber wir sind es wegen Brandenburg und für Brandenburg eingegangen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Rot-Rot in Brandenburg, das bot und das bietet die Chance, in Politik und vor allem in Gesellschaft soziale Milieus zusammenzuführen, die von Werten der Solidarität, der sozialen Gerechtigkeit und des sozialen Ausgleichs getragen werden, aber durch ihre Vergangenheit und ihr Verhältnis zur Vergangenheit lange getrennt waren.

Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Rot-Rot ist es seit 2009 gelungen, erste nachhaltige Weichenstellungen für unser Land vorzunehmen, die Brandenburg sozialer, solidarischer, ökologischer und demokratischer machen. Wir haben die soziale Frage ins Zentrum der Landespolitik gerückt bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen, bei der Fördermittelpolitik für die Wirtschaft, bei Bildungschancen für alle von der Kita bis zur Schule, vom Kitabetreuungsschlüssel bis zum Schüler-BAföG, von der Krankenhausfinanzierung bis zur Gemeindeschwester AGnES, von der Stärkung der Sozialgerichte bis hin zur Kriminalitätsprävention durch Resozialisierung.

Es macht uns auch ein bisschen stolz, wenn Brandenburg bei der Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit dem Gesundheitswesen deutlich über dem Bundesdurchschnitt - auf Platz 5 - liegt, übrigens vor den Ländern Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD - Zurufe von der CDU: Hallo?! - Vereinzelt Lachen bei der CDU)

Aber Selbstzufriedenheit ist uns fremd. Seien Sie beruhigt: Wir wissen, wie groß dennoch zum Beispiel die Probleme bei Wartezeiten und Facharztversorgung sind.

Wir haben die Kommunen finanziell so stabil ausgestaltet wie noch nie in der Geschichte unseres Landes, und das alles mit einer Haushaltspolitik, in deren Ergebnis Brandenburg seit 2010 keine neuen Schulden mehr aufgenommen, zugleich aber die Finanzierung der sozialen Schwerpunkte gesichert hat.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Und es ist eben die erste rot-rote Landesregierung Brandenburgs, die mit der Schuldentilgung begonnen hat. Sie hören es nicht gern, aber was wahr ist, muss wahr bleiben. Ehrlich gesagt, ich hoffe, die Brandenburgerinnen und Brandenburger vertrauen auch weiterhin darauf, dass Rot-Rot „Finanzen kann“, denn so können wir auch Kontinuitäten entwickeln.

Der öffentliche Dienst wird modernisiert und verjüngt werden. Auch dafür haben wir alle notwendigen Schritte eingeleitet.

Die Ausbildung in der Landesverwaltung, bei der Polizei, in der Justiz und bei Lehrerinnen und Lehrern haben wir deutlich verstärkt. 2 400 junge und gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer erreichten in den vergangenen fünf Jahren die Schulen so viele wie noch nie und wiederum vergleichsweise mehr als in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Was die Bildungschancen für alle anbelangt, so gehört Brandenburg in die Spitzengruppe der Bundesländer. Eine finanzielle Unterstützung wie das Schüler-BAföG gibt es nur in unserem Land. Und gut ist auch: Die Zahl der Schulabbrecher ist deutlich gesunken.

Meine Damen und Herren, wir geben auch dem Strukturwandel in Brandenburg Impulse in Richtung eines sozialökologischen Umbaus. Mit der Energiestrategie 2030 setzen wir auf den Durchbruch erneuerbarer Energien sowie auf Umwelt- und Klimaschutz. Unser Ziel bleibt, dass spätestens ab 2040 keine Kohle mehr verstromt wird. Wir werden eine energiewirtschaftliche Entwicklung vorantreiben, die den Neuaufschluss von Tagebauen und den Bau neuer Kohlekraftwerke unnötig macht. Mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie sorgen wir dafür, dass Nachhaltigkeit stärker ein Grundprinzip brandenburgischer Politik wird.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Erstmals war in Brandenburg ein Volksbegehren erfolgreich, und die rot-rote Koalition hat sich dessen Anliegen, die Ausweitung des BER-Nachtflugverbotes auf die Zeit von 22 bis 6 Uhr, zu eigen gemacht.

(Gelächter bei CDU und FDP sowie der Abgeordneten von Halem - Frau von Halem [B90/GRÜNE]: Da lachen ja die Hühner!)

Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Es ist ein Unterschied, ob man kämpft und verliert oder ob man es gleich sein lässt. Sie haben es gleich sein lassen.

(Lachen bei der CDU)

Brandenburg ist insgesamt auf einem guten Weg, aber - das wissen und betonen wir - es ist noch nicht in jeder Hinsicht am Ziel. Natürlich nicht, das behauptet auch niemand, und es wäre, ehrlich gesagt, auch armselig, wenn wir keine Entwicklung mehr hätten.

Was bislang nicht erreicht wurde, steht als Herausforderung für die nächsten Jahre. Darauf wird in der heutigen Debatte sicherlich ausführlich eingegangen werden. Nichts ist einfach aus dem Stand zu verbessern. Alles dauert seine Zeit. Auch gegen das Gute und Richtige gibt es Widerstände und für das Richtige und Notwendige fehlt viel zu oft das Geld.

Wir haben aber eine Perspektive. Sie wird bestimmt durch die vor fünf Jahren unter dem Motto „Gemeinsinn und Erneuerung“ neu ausgerichtete Landespolitik. Was wir auf diesem Weg erreicht haben, ist nicht nur in eitler Harmonie geschehen. Wir haben uns auf den Weg gemacht, mit Erfolg und Misserfolg, mit Gemeinsamkeiten und Widersprüchen. Wir haben uns auch gezofft und verzagt und übereinander geärgert. Aber ehe die Opposition das bemerken und ausschlachten konnte, hatten wir einen Weg und haben wir auf diesem Weg wieder zu

sammengefunden. In einer guten Partnerschaft ist es in der Politik wie im Privaten: Ein Gewitter reinigt die Luft und Versöhnung ist wirklich etwas Schönes.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Wir haben einen belastbaren Fundus an Gemeinsamkeiten; er ist in den letzten Jahren aus meiner Sicht eher größer als kleiner geworden.

Meine Damen und Herren! Der Captain von 2009 hat die Brücke verlassen. Danke für alles, Matthias Platzeck! Ich danke Kerstin Kaiser, unserer Spitzenkandidatin von 2009 und meiner Amtsvorgängerin, und Christian Görke, meinem Amtsvorgänger.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Auf der Brücke steht nun ein neuer Kapitän. Unser Schiff hält Kurs und nimmt Fahrt auf. Danke für die gute Zusammenarbeit, Dietmar Woidke!

Wenn wir einmal das Bild von der Brücke verlassen, dann sehen wir Dietmar Woidke im Tandem mit unserem Finanzminister Christian Görke. Das ist gut so; denn einer ist stark, aber zwei sind stärker. Und, ja, wir leben nach dem Motto: Der eine trage des anderen Last.

(Beifall DIE LINKE - Oh! bei der CDU - Prof. Dr. Schie- rack [CDU]: Jetzt wird es biblisch!)

Meine Damen und Herren! In diesem Geist …

(Bretz [CDU]: Das ist ja Aussprache im Kollektiv! Höchstes Niveau! - Heiterkeit bei der CDU - Glocke des Präsidenten)

- Den Unterschied zwischen Team und Kollektiv erkläre ich Ihnen gerne noch einmal in der Pause, Herr Kollege.

Meine Damen und Herren! In diesem Geiste blicke ich auf die heutige Aktuelle Stunde und auf die nächsten Jahre Politik in Brandenburg. Ich vertraue bei der SPD auf gute Partnerschaft und bei der CDU und den Grünen auf sachliche und immer wieder auch einmal unsachliche Kritik.

(Büttner [FDP]: Und wir! - Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE)

Möge Brandenburg weiter gut vorankommen! In diesem Sinne auf gute Gemeinsamkeit!

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Während für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Senftleben an das Mikrofon tritt, begrüße ich unsere Gäste, das Präsidium des Landtags von Nordrhein-Westfalen unter Carina Gödecke als Präsidentin. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg.

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, so klingt es, wenn wir als CDU gestern über die Zukunft sprachen und heute die Linke hören, wie sie über die Vergangenheit redet. Das ist das, was in diesem Land den Unterschied in der Politik zwischen den einen und den anderen ausmacht. Wir haben es heute gehört.

(Beifall CDU und FDP)

Frau Mächtig, wir hatten es erwartet, aber dass Sie kein bisschen mit einem kritischen Blick und vor allen Dingen nicht mit einem wahrhaftigen Blick zurückschauen auf das, was Sie in Brandenburg hinterlassen haben, ist doch etwas verwunderlich.

(Beifall CDU und FDP)

Deswegen werden wir an dieser Stelle ein wenig nachhelfen.

Wissen Sie noch, was Sie 2009, bevor Sie hier angefangen haben, in Ihr Wahlprogramm geschrieben hatten? Ich zitiere:

„Brandenburgs Bildungssystem fehlt es heute sowohl an Qualität als auch an Kontinuität.“

Als einen Knackpunkt bezeichneten Sie damals die unzureichende Personalausstattung. Jawohl. So ist das. Wie sind heute die Tatsachen? Wir haben heute in Brandenburg 1 Million Unterrichtsstunden, die nicht laut Plan erteilt werden können. Mehr als 270 000 Unterrichtsstunden fallen ganz aus. Das ist die Realität in diesem Land; das haben Sie nach fünf Jahren hinterlassen.