Protocol of the Session on May 15, 2014

eine Führungsspitze, die für eine starke, leistungsfähige Polizei sorgt und dafür auch geradesteht - auch einmal im politischen Raum -, eine Führungsspitze, die die Behörde anständig führt und vor allem Vertrauen zu den eigenen Mitarbeitern aufbaut und pflegt.

Herr Minister, das bewusste und gewollte zielgerichtete Abweichen von den bundeseinheitlichen Richtlinien ist mehr als evident, mehr als eindeutig. Der Bund Brandenburger Staatsanwälte bestätigt das, schlägt Alarm und sagt: Ja, in Brandenburg wird getrickst! - Die Polizeigewerkschafter kritisieren die PKSErfassung hier im Land. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter sagt, er sei überzeugt, dass in Brandenburg bei der Straftatenerfassung „gedreht“ wurde.

Und dann noch die Einschätzung von - ja - Experten in Gutachten, die hier präsentiert worden sind: Prof. Wolfgang Heinz im Übrigen Berater der Bundesregierung in Sachen Kriminalstatistik - kommt zu dem Schluss, dass in Brandenburg eine Abweichung von den bundeseinheitlichen Richtlinien stattfindet und dies zu einer Reduzierung der erfassten Fälle im verzerrenden Sinne führt. Und Prof. Feltes, der von unserer CDUFraktion beauftragte Gutachter, kommt zu dem Ergebnis, dass in Brandenburg Zahlen ganz bewusst manipuliert und Aufklärungsquoten verzerrt worden sind.

Da gibt es nur einen, der das entgegen all dieser Fachmeinungen anders sieht: der Polizeipräsident des Landes Brandenburg, der nach Auffliegen des Skandals erst einmal die Anzahl der

Verschlusssachen zu dem Thema blitzartig erhöht und dann die Anweisung außer Kraft setzt, um sie in Rekordzeit durch eine neue zu ersetzen, Herr Minister. All das ist, muss ich Ihnen wirklich sagen, auch für die Außenwirkung Ihres Hauses in höchstem Maße peinlich.

(Beifall CDU)

Herr Minister, ich nenne Ihnen auch gerne die Motive für diese ganze Groteske: das im Strategiepapier des Polizeipräsidiums vorgegebene Ziel, dass in Brandenburg die Kriminalitätsbelastung gesenkt und die Aufklärungsquote erhöht wird, und zwar über dem Bundesdurchschnitt. Das Ziel wurde schlicht nicht erreicht, gerade in Anbetracht dieser misslungenen Polizeireform ist es auch nicht zu erreichen. Was tun Sie? Ein Eingeständnis des Scheiterns gibt es von Ihnen nicht. Ihnen fehlen der Mut und der Wille, das Scheitern der Reform einzugestehen.

Übrigens gibt es in diesem Jahr auch keinen Abschluss der Evaluation noch vor der Landtagswahl. Deswegen schieben Sie das so.

(Beifall CDU und FDP)

Was machen Sie? Sie ändern schlicht und ergreifend die Erfassungsregeln und halten sich dann noch für besonders fantasiereich.

Herr Minister, wenn Sie das Vertrauen der Menschen in die Polizei, aber auch in die Handlungsfähigkeit von Politik wiederherstellen wollen, dann müssen Sie zum Ersten personelle Konsequenzen ziehen und zum Zweiten unverzüglich eine nichtmanipulierte Kriminalstatistik für das Jahr 2013 vorlegen.

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Während die Abgeordnete Stark für die SPD ans Rednerpult tritt, begrüße ich unsere neue Gästegruppe aus Neuruppin und Rheinsberg. Ein herzliches Willkommen Ihnen hier im Brandenburger Landtag!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Ihre Vorwürfe gegen die brandenburgischen Polizistinnen und Polizisten sind unhaltbar. Man erträgt es kaum noch, dass Sie jede Sitzung dazu benutzen, hier mit immer gleichen Schlagworten Ihre Botschaften zu verkünden.

(Beifall SPD - Genilke [CDU]: Es gibt ja auch immer neue Skandale!)

Sie stellen auf ein sogenanntes wissenschaftliches Gutachten eines Professors ab, das Sie als CDU-Fraktion bei ihm in Auftrag gegeben haben. Dieses Gutachten wäre mir peinlich, weil es lediglich auf Medienberichten und Presseberichten basiert. So sieht ein wissenschaftliches Gutachten nicht aus.

Ich bringe ein Zitat, das Ihnen der von der CDU beauftragte Gutachter in diesem Zusammenhang ins Stammbuch geschrieben hat:

Die Politik ist aufgefordert, „sich zurückzuhalten, wenn es um die Interpretation von Aufklärungsquoten und eine daraus abgeleitete Bewertung von Polizeiarbeit geht.“

Diese Aussage findet unsere uneingeschränkte Zustimmung. Sie benutzen dieses Thema, wie gesagt, seit Wochen und Monaten für sich und Ihre Zwecke, und ich glaube, Sie tun sich und erst recht den Polizistinnen und Polizisten in diesem Land damit keinen Gefallen.

(Beifall SPD und DIE LINKE - Bretz [CDU]: Lesen Sie mal den gesamten Abschnitt vor!)

In der vergangenen Woche hat eine Barnimer Sicherheitskonferenz stattgefunden und ich habe selten so viel Betroffenheit in den Gesichtern der Polizistinnen und Polizisten gesehen, die sich über Ihre Schlagzeilen empören, die Sie hier ganz gezielt Woche um Woche und Monat für Monat - weil innere Sicherheit und Bildung ja Ihre Wahlkampfthemen sind - bringen.

(Bretz [CDU]: Richtig! Das ist auch notwendig!)

- Notwendig? - Sehr unseriös! Ich würde Sie bitten, diese Wahlkampfmanöver einzustellen, denn diese Klientel eignet sich nicht dafür.

(Zuruf von der Regierungsbank: Das werden die nicht machen!)

- Genau, das werden die nicht machen.

Deshalb ist es klar Trickserei. Der Vorwurf ist unhaltbar.

Ihrem Antrag, hier eine korrigierte Polizeiliche Kriminalitätsstatistik vorzulegen, werden wir nicht zustimmen können, weil dies in keiner Weise gerechtfertigt ist. Es gab punktuell und Sie haben das gelobt - für einen kurzen Zeitraum eine „Interpretation“ der Bundespolizeistatistik durch die Polizeidirektion West. Da ist Abhilfe geschaffen worden. Das ist menschliches Versagen, wenn man so will, das kann vorkommen.

(Bretz [CDU]: Ja!)

Aber das zu instrumentalisieren und zu sagen, in ganz Brandenburg würden alle Erfassungskriterien immer durcheinandergewirbelt, ist unerhört. Unser Innenminister hat auch erwähnt, dass wir im Bundesrat darauf hinwirken wollen, dass die Interpretation dieser Statistik möglichst bundesweit einheitlich gewährleistet ist. Da sind wir dran. Wir brauchen Ihre scheinheiligen Anträge hier also nicht und bitten deshalb, diesen Antrag der CDU abzulehnen. - Danke.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir setzen mit dem Beitrag des Abgeordneten Goetz für die FDP-Fraktion fort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Sehr geehrte Frau Kollegin Stark, es ist eigentlich nicht meine Aufgabe, für die CDU zu sprechen - hier steht 2:13, Herr Präsident, das kann nicht stimmen -, aber: Sie hat wirklich mit keinem einzigen Wort etwas gegen die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten unseres Landes gesagt.

(Bretz [CDU]: Genau! - Beifall FDP und CDU)

Kein Stück! Sie hat sich zur Polizeilichen Kriminalstatistik und zum Führungsversagen bei der Brandenburger Polizei und zu den Ursachen geäußert, die dazu geführt haben, dass Beamte dann versuchen, polizeiliche Kriminalstatistiken zu schönen, um Erwartungen zu entsprechen und Vorgaben zu erfüllen, die ihnen vom Ministerium aufgedrückt werden. Das ist die Ursache, über die wir hier reden, und das sind die Folgen dieser Ursachen, die dort im Ministerium gesetzt worden sind - nicht von Ihnen, Herr Minister; das war Ihr Vorvorgänger, der damit im Jahre 2010 angefangen hat. Aber Sie sitzen nun mit den Folgen da und steuern noch viel zu schwach dagegen, wie klar wird, wenn wir die tatsächlichen Verhältnisse sehen.

Natürlich hören wir immer wieder, dass es schwierig sei, Tateinheit und Tatmehrheit zu trennen; das kann im Einzelfall auch einmal so sein. Da können im Einzelfall auch einmal Fehler gemacht werden - das mag passieren -, und da können auch eine Richtlinie und eine Handreichung einmal hilfreich sein. Aber darauf kommt es letztlich überhaupt nicht an, Herr Minister. Ich habe es auch im Innenausschuss schon gesagt: Dass Fehler gemacht werden, ist normal. Wo viel gearbeitet wird, passieren viele Fehler. Wo viele Menschen ganz viel arbeiten, passieren noch mehr Fehler.

(Genilke [CDU]: Nur in der SPD passiert das nie! - Ge- lächter bei der CDU)

Ich will doch nur, dass überall - in Brandenburg wie im Saarland, in Mecklenburg-Vorpommern oder Baden-Württemberg die gleichen Fehler gemacht werden. Darauf kommt es doch an. Ich will, dass im Jahr 2014 und 2015 die gleichen Fehler gemacht werden, wie sie 2013 und 2012 gemacht worden sind, damit ich nämlich die Statistiken vergleichen kann. Das ist doch mein Ansatz, das ist der Bedarf, den ich habe, um letztlich auswerten zu können, was hier mit unserer Polizeiarbeit im Ergebnis der Polizeistrukturreform passiert.

Das eigentliche Problem ist letztlich diese Reform. Manche meinen, die Reform müsse gestoppt werden - das höre ich aus der CDU. Andere sagen, die Reform sei gescheitert. Diese Reform kann nicht mehr gestoppt werden, sie ist umgesetzt, meine Damen und Herren von der CDU. Es gibt keine Wachen mehr, es gibt keine Schutzbereiche mehr. Es gibt jetzt Inspektionen, es gibt jetzt Reviere, dazwischen hängen Direktionen ob die nötig waren, darüber kann man lange streiten. Ich meine, eher nicht. Wir haben jetzt ein Präsidium statt - wie früher fünf Präsidien. Aber die Reform ist umgesetzt. Die Reform jetzt stoppen zu wollen heißt doch: Das Kind liegt im Brunnen ich beschreibe die Situation -, und nun lasse ich das Kind da unten im Brunnen liegen. - Nein, ich muss reagieren, ich muss verändern. Ich muss aufgreifen, was dort passiert, um zu besserer polizeilicher Arbeit zu kommen. Das ist der erste Punkt.

Der zweite bezieht sich auf diejenigen, die sagen, die Reform sei gescheitert. Das stimmt nicht. Die Polizeistrukturreform ist ein voller Erfolg. Wir müssen die Polizeistrukturreform nur an den Zielen messen, mit denen sie angetreten ist. Einziges Ziel dieser Strukturreform war massiver Personalabbau bei der Brandenburger Polizei, und dieses Ziel erreicht die Reform.

(Beifall FDP)

Seit 2010 sind über 700 Beamte verschwunden. Wir sind jetzt bei knapp 8 200, das heißt, die Reform ist gemessen an dem, was ursprünglich gewollt war, erfolgreich. Wir erinnern uns an Herrn Speer, an das, was er gesagt hat: irgendetwas bei 7 000 Beamten. Wir sind jetzt bei gut 8 000. Wir werden bis zum Jahr 2016/17 auf 7 500 zurückfallen, vielleicht sogar darunter liegen. Da hilft es auch nicht, dass dieses Jahr 275 neue Anwärter kommen, weil die nämlich erst 2017 in den Dienst eintreten können. Das heißt, wir erreichen zum Jahreswechsel 2016/17 - bis die ersten Anwärter kommen, falls es wirklich 275 werden sollten; das sehe ich auch noch nicht - dann den Tiefpunkt der Polizeistärke in unserem Land Brandenburg.

Das ist die Situation, die wir haben, und mit ihr müssen wir uns befassen. Darauf brauchen wir Antworten, und die Kriminalstatistik ist eben das geeignete Mittel, um zu bewerten, was uns versprochen worden ist. Wir erleben doch das Bullshit-Bingo, das regelmäßig kommt: „Mehr Sicherheit auf unsere Straßen!“ „Mehr Häuptlinge, weniger Indianer!“ - Nein, umgekehrt: „Weniger Häuptlinge, mehr Indianer!“

(Genilke [CDU]: Na, auf jeden Fall mehr Polizisten!)

Man kommt kaum noch klar damit, was hier gewollt ist.

„Brandenburg ist sicher.“ „Brandenburg wird immer die Polizeibeamten haben, die es braucht, um die Sicherheit im Land Brandenburg zu gewährleisten.“

Liebe Kollegen von der Polizei, ihr habt Probleme, ich höre mir das an, ich nehme die Probleme sehr ernst. - Sie können das Ding abhaken, aufspringen, „Bingo!“ schreien - haben Sie was gekonnt. Das ist die Realität hier im Land Brandenburg, und das kommt von der Führungsspitze. Deswegen erleben wir es eben auch, dass die Polizeibeamten, die täglich mit den Realitäten konfrontiert sind - ob das nun Führung aus der Ferne ist, ob es immer weniger Beamte sind -, im Grunde nicht mehr ernst nehmen können, was ihnen von der Polizeiführung mitgeteilt, vorgegeben wird. Aber wenn Vorgaben kommen - so ist unsere Polizei -, dann erfüllt sie die. Und wenn gesagt wird „Ihr habt nächstes Jahr weniger Straftaten!“, dann haben die nächstes Jahr weniger Straftaten - da fällt denen schon was ein. Und wenn es mit Blick auf die Kriminalstatistik heißt „Die Aufklärungsquoten gehen nach oben!“, dann werden auch die Aufklärungsquoten nach oben gehen - auch da fällt denen was ein.

Aber das ist nicht unser Ansatz, den wir hier haben. Wir brauchen die klaren Daten, um klar bewerten zu können, was bei dieser Strukturreform herausgekommen ist, um dann darauf reagieren zu können.

Und das fetteste Ding, was eigentlich zu kritisieren ist - Kollege Lakenmacher hat es angesprochen -, ist, dass die Evaluierung dieser Reform, die 2010 begonnen hat, jetzt in die nächste

Wahlperiode verschoben werden soll. Es war der ganz klare Ansatz: Es findet eine Reform statt. Nichts wird schlechter, vieles wird besser, und das werden wir durch die Evaluierung beweisen, die bitte schön noch diesem Landtag vorgelegt wird, der diese Reform dann nämlich auch begleitet hat.