Protocol of the Session on May 14, 2014

Vielen herzlichen Dank. - Frau Ministerin, es ist sehr merkwürdig, wenn Sie so betonen, es gebe bei den Kitas die Trägerhoheit der Kommunen und der freien Träger. Was glauben Sie denn, wer in diesem Land die Träger von Schulen sind? Kommunen, Landkreise und freie Träger, niemand sonst; das unterscheidet sich also nicht. Ich habe noch keinen kommunalen oder freien Träger gefunden, der sich gegen Qualitätssicherung und -entwicklung in Kindereinrichtungen wehrt. Im Gegenteil!

Ihre Kollegin hat gesagt, die Akteure seien unterwegs. Von Ihnen hören wir aber, Sie hätten keine Ansprechpartner gefunden. Was ist denn nun Fakt? Sie haben einfach den Fokus verschoben, damit Sie passende Argumente finden können.

Noch eine Anmerkung ist mir wichtig: Frau Ministerin, Sie und Ihre Genossinnen und Genossen von der SPD behaupten, dass Sie 1 000 Erzieherinnen und Erzieher einstellen. Wissen Sie, was Sie machen? Sie stellen nicht eine einzige Erzieherin ein! Das machen auch die Träger, niemand sonst.

(Lebhafter Beifall CDU)

Von uns kommen die Vorgaben, aber wir stellen nicht ein. Bitte nicht eine solche Anmaßung in der Politik, auch nicht im Wahlkampf! - Danke schön.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Senftleben.

Frau Ministerin Münch, Sie haben die Möglichkeit zu reagieren. - Das möchten Sie nicht.

Frau Abgeordnete von Halem hat jetzt Gelegenheit, sich eine Minute und zwölf Sekunden lang zu äußern.

Das, was wir von Rot-Rot in Bezug auf die Zeit gehört haben, war durchaus widersprüchlich. Aber durch die vielen Einzeläußerungen ist doch einiges deutlich geworden.

Punkt eins: Wir wissen, dass Brandenburg sich an der NUBBEK-Studie beteiligt hat, und zwar maßgeblich. Es ist ein Projekt, das seit Jahren in enger Zusammenarbeit mit dem Brandenburger Bildungsministerium läuft. Die Initiatoren dieser Studie halten ein solches Monitoring auf der Basis der Grundsätze elementarer Bildung für richtig. Das heißt, es ist alles da. So schlecht sind Sie doch gar nicht! In diesem Land werden genügend Überlegungen angestellt. Es wäre überhaupt kein Problem, in den nächsten vier Wochen ein erstes Konzept auf die Beine zu stellen.

Punkt zwei: Rendite. Insofern treffen mich Ihre Äußerungen tatsächlich. Mit einem solchen Qualitätsmonitoring sollen doch nicht die wirtschaftlichen Renditen einzelner Einrichtungen erfasst werden - um Himmels willen! Das habe ich nie gesagt.

Aber wir haben hier in all den Debatten über Stufenpläne von Ihnen immer wieder gehört, es gebe das Geld nicht. Ich kann es nicht mehr hören! Das ist die beste Investition, die wir auf Landesebene leisten können.

(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)

Sie aber behaupten immer, es sei kein Geld da. Deshalb habe ich heute von „Rendite“ gesprochen; denn ich hatte mal ein bisschen mehr Zeit, etwas Grundsätzliches zu sagen.

Deutlich wird: Sie könnten es umsetzen, verschieben es aber tatsächlich auf die nächste Legislaturperiode. Auch wir wissen: Kita - das wird noch lange eine Baustelle sein. Aber in all den Jahren, die vergangen sind, seit Sie sich das letzte Mal in Sachen Kitaqualität bewegt haben, ist eine Generation von Kindern durch die Kindertagesstätten gelaufen. Bei der Kita ist es übrigens anders als bei anderen Baustellen, wo bekanntlich die Eltern für ihre Kinder haften. Hier haften die Kinder für ihre Eltern.

(Beifall B90/GRÜNE und CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Wir sind damit am Ende der Aussprache angelangt und kommen nun zur Ab

stimmung. Es liegt der Antrag „Allgemeines Qualitätsmonitoring für die frühkindliche Bildung einführen“ der Fraktionen der CDU, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/8965 - Neudruck - vor. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Stimmenthaltungen sehe ich nicht. Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 18 und rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Umsetzung „Gesetz zur vertraulichen Geburt“ in Brandenburg

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/8991

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Frau Abgeordnete Blechinger, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor gut zwei Wochen verurteilte das Landgericht Frankfurt (Oder) eine 22-jährige Frau aus Golzow wegen Totschlags in einem minderschweren Fall zu 3 Jahren und 10 Monaten Gefängnis. Sie hatte im Oktober vergangenen Jahres ihr neugeborenes Kind unmittelbar nach der Geburt erstochen. Zur Begründung gab sie an, dass sie ihre Schwangerschaft verdrängt habe und von der plötzlichen Geburt vollkommen überrascht worden sei.

Leider handelt es sich dabei nicht um einen Einzelfall. Man geht davon aus, dass in Deutschland jährlich 40 bis 50 Kinder heimlich geboren und ausgesetzt oder sogar getötet werden; die Dunkelziffer wird noch höher geschätzt.

Kindstötungen nach der Geburt, bei denen die vorherige Schwangerschaft selbst im familiären Umfeld verheimlicht wurde, sind für Außenstehende oft schwer nachvollziehbar. Wie auch im vorliegenden Fall verstehen oft die betroffenen Frauen selbst später nicht mehr, warum sie das getan haben.

Umso schwieriger gestaltet sich deshalb die Antwort auf die Frage, durch welche Maßnahmen man solche Taten verhindern kann und wie die Angebote gestaltet sein müssen, um diese Frauen zu erreichen. So sind die bisherigen Angebote - Babyklappe und anonyme Geburt - nicht nur rechtlich umstritten, weil sie das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung missachten; es gibt auch keinerlei Beleg dafür, dass Frauen, die ihre Schwangerschaft verdrängen und nach der für sie überraschenden Geburt ihr Kind in Panik töten, mit solchen Angeboten erreicht werden.

Im Rahmen einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen zur Untersuchung von Tötungsdelikten an Kindern im Zeitraum 1997 bis 2006 wurden Daten von 535 Opfern ausgewertet. Darunter waren 199 Fälle, in denen die Mutter das Kind gleich nach der Geburt aktiv oder durch Nichtversorgen tötete; man spricht von Neonatiziden. Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass diese Frauen zu einem planvollen Handeln nicht in der Lage seien: So, wie sie die Schwangerschaft verdrängen, weigern sie sich, das Kind als

ihr Kind anzunehmen. Das Kind ist für sie eine Sache, die so schnell wie möglich aus dem Blickfeld verschwinden muss. Es wird in der Regel im unmittelbaren Umfeld abgelegt. Es heißt in der Studie:

„Im Hinblick auf die Angebote, die den Zeitpunkt der Geburt betreffen, legt die Analyse der Neonatizidfälle nahe, dass praktisch keine der Täterinnen bei der Geburt in der Lage gewesen wäre, die notwendigen Schritte zu unternehmen. Babyklappen und anonyme Geburten erfordern ein planvolles Handeln der Kindsmütter... Fähigkeiten, die die Täterinnen von Neonatiziden, aus welchen Gründen auch immer, bezogen auf diese Schwangerschaft in aller Regel nicht haben.“

Als entscheidender Ansatzpunkt zur Verhinderung von Neonatiziden erscheint vor diesem Hintergrund weniger der Zeitpunkt der Geburt als vielmehr die vorausgehende - verheimlichte - Schwangerschaft. Deshalb ist nach zehnjähriger Debatte mit dem Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt ein Angebot geschaffen worden, das sowohl das Recht des Kindes berücksichtigt als auch dem Interesse der Mutter, anonym zu bleiben, Rechnung trägt. Der bereits 2012 eingeführte Anspruch auf anonyme Beratung soll besser bekannt gemacht und damit die Schwelle zum Zugang zu einer Beratung gerade für Frauen, die ihre Schwangerschaft verheimlichen, gesenkt werden. Gleichzeitig wird ein Notruf für Schwangere in psychosozialen Konfliktlagen eingerichtet und damit ein zusätzlicher niederschwelliger Zugang zum Beratungssystem geschaffen.

Dennoch bleibt die Frage, ob man damit auch solche Frauen erreicht wie die junge Frau aus Golzow, von der ich eingangs berichtet habe. Denn wenn man sich nicht schwanger wähnt - warum soll man sich dann beraten lassen, noch dazu in einer Schwangerenberatungsstelle? Und warum sollte man in ein Krankenhaus zur vertraulichen Geburt gehen, wenn man gar keine Geburt erwartet?

Dass man auch Hebammen zur Hausgeburt rufen kann, ist dabei sicherlich hilfreich und ein wichtiger Teil dieses neuen Angebotes.

Um aber diese Frauen wirklich zu erreichen, muss die Prävention einsetzen, bevor sie schwanger sind. Sie müssen bereits in der Schule und in Ausbildungseinrichtungen darüber informiert werden, dass es Angebote gibt, ein Kind medizinisch betreut zur Welt zu bringen, auch wenn man das Kind nicht haben möchte, und trotzdem die Anonymität zu wahren, zumindest bis zum 16. Lebensjahr des Kindes. Insbesondere muss auch das Umfeld - Lehrer, Ausbilder, Ärzte, Arbeitgeber - dafür sensibilisiert werden. Sie müssen wissen, dass unbemerkte und verdrängte Schwangerschaften ein hohes Risiko für Mutter und Kind darstellen. Sie müssen wissen, wie sie sich verhalten sollen oder wo sie sich Rat holen können, wenn sie bei einer Frau eine Schwangerschaft vermuten, die diese bestreitet. Nur wenn dieses Angebot landesweit bekannt ist, kann es eine Möglichkeit darstellen, Frauen in Krisensituationen vor Panikreaktionen zu bewahren.

Es stellt jedenfalls eine echte Alternative zur Babyklappe dar, die in einem Flächenland wie Brandenburg kein wirkliches Angebot sein kann für Frauen, die ihre Schwangerschaft verdrängen und von der Geburt überrascht werden.

Da an der Umsetzung dieses Gesetzes viele Akteure beteiligt sind, kann nur durch gemeinsames Handeln von Schwangerenberatungsstellen, Krankenhäusern, Ärzten, Jugendämtern und freien Trägern ein Netz geknüpft werden, das auch die Frauen auffängt, die von den bisherigen Angeboten nicht erreicht wurden. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag. Danke.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Blechinger, für Ihren Beitrag. Bevor wir die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fortsetzen, begrüße ich in unserem Haus ganz herzlich Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Deutsch-Polnischen Steuerrechtsseminars an der Fachhochschule für Finanzen Königs Wusterhausen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Abgeordnete Lehmann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erinnere mich sehr gut an unsere Diskussion zum Kinderschutz in der vorhergehenden Legislaturperiode, die von 2004 bis 2009 dauerte. Ausgelöst wurden diese Diskussionen durch immer wieder auftretende Fälle von Kindstötungen, darunter Fälle, in denen Kinder über Jahre hinweg von niemandem in der Gesellschaft vermisst wurden. Wir stellten uns zum Beispiel die Frage, wie es sein kann, dass Frauen ihre eigene Schwangerschaft leugnen und so verdrängen, dass sie von der Geburt überrascht sind, in Panik geraten und irrational handeln. Wir stellten uns auch die Frage, wie es sein konnte, dass das unmittelbare Umfeld dieser Frauen die Schwangerschaft nicht wahrnahm. Diese Fragen und viele andere mehr haben uns emotional sehr berührt.

Bundes- und landespolitisch waren und sind Lösungswege erforderlich. Mit dem Kinderschutzgesetz gibt der Bund den Behörden die erforderliche Rechtssicherheit, um bei Gefahr im Verzug unmittelbar und uneingeschränkt tätig werden zu können.

Beim Thema Kinderschutz setzt Brandenburg mit seinem Handlungskonzept unter anderem auf ein vernetztes, engmaschiges Agieren aller verantwortlichen Akteure vor Ort. Mit dem nunmehr vorliegenden Bundesgesetz zur vertraulichen Geburt werden vor allem Frauen unterstützt, die ihre Schwangerschaft geheim halten möchten bzw. müssen. Vertrauliche Geburten werden damit endlich auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.

Das Gesetz sichert den Frauen medizinische Betreuung zu. Es schützt sie davor, allein und heimlich entbinden zu müssen, und es kann auch davor schützen, dass Neugeborene ausgesetzt oder gar getötet werden. Aber auch Beratungsstellen und Entbindungseinrichtungen erhalten mit diesem Gesetz endlich mehr rechtliche Sicherheit und auch eine gesicherte Finanzierung.

Es ist davon auszugehen, dass es in Brandenburg nur sehr wenige Fälle vertraulicher Geburt pro Jahr geben wird. Eine breite Öffentlichkeitssensibilisierung und eine Qualifizierungs

kampagne - wie von der CDU in ihrem Antrag eingefordert halten wir nicht für ratsam. Es ist ein seltenes und gesellschaftlich geächtetes soziales Phänomen. Eine so breit angelegte Öffentlichkeitsdebatte könnte den Eindruck erwecken, dass Frauen im Kontext einer Geburt unberechenbar seien. Das wäre eine falsche und unangemessene Aufmerksamkeit. Vorfreude auf die Geburt eines Kindes ist doch das ganz normale, vorherrschende Verhalten werdender Mütter. Daran sollten wir uns orientieren.

Frühere Aufklärung ist absolut wichtig und richtig. Diese kann an den Schulen im Rahmen des Sexualaufklärungsunterrichts erfolgen. Dafür brauchen wir aber nicht Ihren Antrag und auch keinen Landtagsbeschluss.

Das Gesetz zur vertraulichen Geburt überträgt den Schwangerenberatungsstellen die zentrale Verantwortung für die Umsetzung der vertraulichen Geburt. Das ergibt Sinn. Dort sitzen die Beraterinnen mit der entsprechenden Sach- und Fachkompetenz. Sie arbeiten bereits - eng vernetzt - mit den Akteuren vor Ort zusammen und sind flächendeckend im Land vorhanden.

Über die neuen Regelungen dieses Gesetzes informiert ausführlich das zuständige Bundesministerium. Entsprechende Materialien werden zur Verfügung gestellt.

Nach Auskunft der Schwangerenberatungsstellen im Land ist die Planung für Qualifizierungen noch nicht zufriedenstellend. So sind die finanziellen Rahmenbedingungen noch nicht ausreichend geregelt. Hier sollte das Ministerium selbst aktiv werden. Es sollte auch prüfen, ob der Teilnehmerkreis auf Hebammen, Ärzte und Krankenhäuser auszuweiten ist. - Vielen herzlichen Dank.