Protocol of the Session on May 14, 2014

Auf komplexe Probleme bietet die CDU-Fraktion gar zu einfache Antworten. Das fängt schon im ersten Punkt an. Dass die kommunale Selbstverwaltung nicht nur das verfassungsrechtlich verankerte Grundprinzip ist, sondern auch bei parlamentarischen Entscheidungen gewürdigt werden muss, das ist so banal wie aussagelos. Wir könnten hier auch die Verfassung noch einmal in Antragsform beschließen.

(Heiterkeit bei der Fraktion B90/GRÜNE)

Dass die CDU Sicherheit, Recht und Ordnung erst an dritter Stelle in diesem Antrag aufzählt, verwundert doch, hätte man diesen Punkt doch ganz vorne vermuten können.

(Ja! bei der FDP und bei der Fraktion DIE LINKE)

Auch an dieser Stelle wird wieder vorgeschlagen, sich zu etwas zu bekennen, was gesetzlich geregelt ist.

Im vierten Punkt wird aufgezählt, dass leistungsfähige Infrastruktur, gute ärztliche Versorgung, schnelle Internetverbindungen und Kinderbetreuung wesentliche Bestandteile eines intakten und lebenswerten Umfeldes sind. Die anschließende Forderung lautet dann:

„Eine solche Daseinsvorsorge gilt es im ganzen Land aufrechtzuerhalten“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, da sind Sie von Ihrer Heile-Welt-Lyrik aber ganz schön mitgerissen worden. Es wäre sehr schön, wenn diese Dinge im gesamten Land vorhanden wären. Gerade schnelle Internetverbindungen und mehr und mehr auch eine gute ärztliche Versorgung sind in einigen Landesteilen keineswegs vorhanden, sondern müssten erst noch geschaffen oder wiederhergestellt werden.

(Beifall B90/GRÜNE)

Politischer Kern des Antrages ist aber wohl der sechste und letzte Punkt. Dort taucht es dann endlich auf, das Wort Heimatgefühl.

(Heiterkeit bei der Fraktion B90/GRÜNE, der Fraktion DIE LINKE und bei der SPD)

Meine Heimat Brandenburg, würde wohl Herr Schierack in dem eingangs imaginierten Werbespot sagen. In Ihrer Begründung werden Sie fast schon gefährlich konkret, jedenfalls sagen Sie, was Sie nicht wollen: identitätslose Zentralgemeinden und anonyme Großkreise - was übrigens auch sonst niemand will. Aber Sie sagen nicht, was Sie wollen.

Ich nutze dieses Vakuum jetzt mal, erneut unsere grünen Positionen zu den Fragen vorzutragen.

(Heiterkeit bei der Fraktion B90/GRÜNE, der Fraktion DIE LINKE und bei der SPD)

Brandenburg braucht eine Reform der Verwaltungs- und Kommunalstrukturen, damit unsere Städte, Gemeinden und Landkreise auch in Zukunft leistungsfähig sind oder ihre Handlungsfähigkeit zurückerhalten. Anstatt viele kleine parallele Verwaltungen zu erhalten, muss die Daseinsvorsorge sichergestellt werden. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der angestrebten Stärkung der kommunalen Ebene mit der Übertragung weiterer Aufgaben sind gemeindliche Verwaltungen, die bald nur noch 3 000 Einwohnerinnen und Einwohner haben werden, nicht zukunftsfähig. Eine Politik, die das Heimatgefühl an der Verwaltung einer Gemeinde festmacht, ist schon ziemlich gewagt. Ich habe übrigens unser Tiefbauamt nie als sonderlich identitätsstiftend wahrgenommen.

(Große Heiterkeit bei der Fraktion B90/GRÜNE, der Fraktion DIE LINKE und bei der SPD)

Statt Bekenntnisse zu verfassen und ansonsten inhaltlich abzutauchen, setzen wir Grünen lieber auf klare Konzepte für die Lösung der Probleme hochverschuldeter Kommunen, auf mehr Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene und auf die Umsetzung der Empfehlungen der Enquetekommission. - Vielen Dank.

(Große Heiterkeit und starker Beifall bei der Fraktion B90/GRÜNE, der Fraktion DIE LINKE und bei der SPD)

Damit erhält die Landesregierung das Wort. Minister Holzschuher spricht zu uns.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Insbesondere vielen Dank, Frau Nonnemacher, für Ihren Beitrag, der mir vieles erspart.

(Heiterkeit bei der SPD)

Ja, meine Damen und Herren, auch ich bin für den Frieden

(Große Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE)

- ich meine es ernst - und die kommunale Selbstverwaltung. Auch ich bin für eine solide Finanzausstattung der Kommunen. Für Sicherheit und Ordnung stehe ich auch und für eine gute Infrastruktur und auch für eine qualitätsvolle Bildung.

(Wichmann [CDU]: Na, dann mal los!)

Ich spreche da im Übrigen auch im Namen der Landesregierung.

(Lipsdorf [FDP]: Das hoffen wir doch!)

Und wie ich erfahren habe, spreche ich da im Augenblick im Namen aller in diesem Parlament,

(Beifall SPD)

ich glaube, sogar im Namen der Zuhörer.

Ja, in der Tat, alle diese Positionen, die Sie hier - Frau Nonnemacher hat es so wunderbar charakterisiert - so blumig, so positiv darstellen, sind von jedem von uns sofort zu unterzeichnen. Aber solche Anträge, liebe Damen und Herren Abgeordnete von der CDU-Fraktion, braucht dieses Parlament, braucht das Land Brandenburg nun wirklich nicht.

(Beifall des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

Was wir bräuchten, wären - Sie haben es einmal versucht, das will ich ja anerkennen - in der Umsetzung dieser Anträge ein paar kontroverse Debatten über die eine oder andere Thematik. Aber das steht alles nicht darin.

Punkt 6 - der ist auch ein bisschen schwierig; das Heimatgefühl hat Frau Nonnemacher schon so ausgiebig dargestellt, dass ich das hier nicht toppen kann -

(Zurufe von SPD und CDU)

enthält aus meiner Sicht ein Problem, wenn Sie sagen „Notwendige Reformen dürfen nicht zu Lasten der Leistungsfähigkeit der Verwaltung gehen“. Das stürzte uns, wenn wir das in der Landesregierung so umsetzten, in unlösbare Widersprüche, weil: Was machen wir denn, wenn etwas notwendig ist, aber nicht umgesetzt werden darf? Wir dürften das Notwendige dann nicht tun.

Tatsächlich aber haben Sie nur die Enquetekommission zu den kommunalen Strukturen nicht richtig verstanden, die ja gesagt hat: Um die Leistungsfähigkeit der Verwaltung der Kommunen zu erhalten und zu stärken, sind Reformen notwendig. - Umgekehrt würde also ein Schuh daraus. Das ist die aus meiner Sicht einzige Kontroverse.

Im Übrigen sage ich: Ein so wunderschöner Antrag, ein so herrlicher Antrag! Ich hoffe, dass alle die Gelegenheit haben, das, was Frau Nonnemacher eben gesagt hat, noch einmal im Protokoll nachzulesen. Ich werde das tun, denn das war wirklich wunder-, wunderschön.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Damit ist, glaube ich, alles gesagt, wie wir zu diesem Antrag stehen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Debatte zu diesem Punkt angelangt.

Zur Abstimmung steht der Antrag in Drucksache 5/9014 „Kommunen stärken - Leistungsfähigkeit erhalten - Identität bewahren“. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um Zustimmung. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Zwei Enthaltungen, ansonsten eine große Mehrheit gegen diesen Antrag. Er ist abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 21 und rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Akzeptanz für den Artenschutz verbessern - Allgemeinen Ausgleichsfonds für wirtschaftliche Schäden durch geschützte Arten prüfen

Antrag der Fraktion der CDU der Fraktion der FDP

Die Debatte beginnen wir mit dem Beitrag des Abgeordneten Dombrowski, der für die CDU-Fraktion spricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Schutz bedrohter und gefährdeter Arten - ich glaube, darin stimmen wir überein - ist ein wichtiges gesamtgesellschaftliches Ziel. Artenschutz bedeutet allerdings auch, den Lebensraum dieser Arten zu schützen - jedenfalls sieht dies das europäische und bundesdeutsche Naturschutzrecht vor.

Brandenburg ist mit seinen 50 Großschutzgebieten, 620 FFHGebieten und 27 Vogelschutzgebieten gut aufgestellt. Ein Drittel des Landes gehört mittlerweile zur europäischen Schutzgebietskulisse Natura 2000. Erfolge im Artenschutz und Populationen im günstigen Erhaltungszustand führen aber auch zu Problemen in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft. So beklagen betroffene Landwirte in einigen Regionen des Landes immer wieder erhebliche wirtschaftliche Schäden durch wildlebende Wasser- bzw. Zugvögel.

Fraßschäden an landwirtschaftlichen Kulturen werden insbesondere durch Wildgänse und Kraniche verursacht. Die Vögel profitieren vom verbesserten Feuchtgebietsschutz und von störungsfreien Ruhezonen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Havelland. Kraniche und Wildgänse verursachen hier mittlerweile einen Schaden in sechsstelliger Höhe, und dies Jahr für Jahr.

Noch in den 1990er-Jahren finanzierte das Agrarministerium ein Gänsemanagement. Dieses beruhte auf dem Prinzip, Gänse dort zu dulden, wo sie keinen wirtschaftlichen Schaden anrichten können. Zu dieser Schadensabwehr gehörte auch die sogenannte Ablenkfütterung. Dazu wurde Futter für die Wildgänse auf geeigneten Flächen angebaut, auf denen sie rasten und fressen konnten, ohne dabei Schäden an anderen Kulturen anzurichten. Das Gänsemanagement trug erfolgreich zur Schadensminimierung bei, führte aber auch zu Lerneffekten bei den Gänsen. Sie wussten: Im Havelland gibt’s was zu fressen. Gleichzeitig stieg dadurch die Zahl der ins Havelland ziehenden Wildgänse.