Protocol of the Session on April 2, 2014

Wir kommen nunmehr zum Beitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Burkardt erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt zwei Sorten von Reden, mit denen ich nicht klarkomme, die ich nicht beherrsche. Das eine sind die Nachrufe, das andere sind die Büttenreden. Ich glaube, das Thema Flughafen Berlin-Brandenburg ist zu ernst, als dass man es mit solcher Banalität abtun sollte, wie das hier eben geschehen ist.

Es gibt eine weitere Sache, die ich nicht hinnehme und an die ich mich nicht gewöhnen werde, nämlich, dass der Chef der Staatskanzlei - Staatssekretär - berufen ist, die Mitglieder der Landesregierung zu loben, vorzuschlagen, den Vorschlag zu begründen oder Ähnliches mehr.

(Beifall CDU, FDP und B90/GRÜNE)

Es mag zu den Regeln in diesem Haus gehören, aber ich habe nicht die Absicht, mich an diese Missachtung des Parlaments zu gewöhnen.

(Beifall CDU und FDP)

Im Übrigen glaube ich, dass sich diese Debatte zu einer vertanen Chance entwickelt. Der Antrag der FDP-Fraktion hat leider einen ganz wesentlichen Beitrag dazu geleistet.

Wo stehen wir? Der Flughafen entwickelt sich zum größten Desaster Brandenburgs nach der Wende.

(Bischoff [SPD]: Jetzt kommt eine Büttenrede!)

Die Fertigstellung ist in weiter Sicht nicht zu sehen. Seit heute ist offiziell die Debatte über einen Neubau eröffnet. Die Rechnungen, die aufgemacht sind, sind noch nicht bezahlt. Keiner weiß, was am Ende dabei herauskommen wird.

Da ist es müßig zu diskutieren, ob es 5 Milliarden Euro oder 8 Milliarden Euro sind. Angesichts dieser Situation kann man nicht davon reden, dass diese Landesregierung im Aufsichtsrat

der Flughafengesellschaft eine erfolgreiche Arbeit geleistet hätte.

(Beifall CDU, FDP und B90/GRÜNE)

Deswegen ist es angebracht, in einer Situation, in der diese Landesregierung einen, wie wir gehört haben, „erfolgreichen“ Minister durch den nächsten auswechselt, darüber zu diskutieren, ob es richtig ist, dass Mitglieder der Landesregierung in solchen Aufsichtsräten sitzen. Denn im Corporate Governance Kodex steht noch mehr, als wir hier zu hören bekommen haben. Im Corporate Governance Kodex steht erstens: Sie müssen Ahnung haben. Zweitens: Sie müssen genug Zeit haben. Da frage ich mich - vor allem angesichts dieser Ergebnisse -: Wer von dieser Landesregierung hat Ahnung? Wer hat genügend Zeit?

(Anhaltender Beifall CDU, FDP und B90/GRÜNE - Zu- rufe der Abgeordneten Büchel und Domres [DIE LIN- KE])

Diese Besetzungspolitik dieser Landesregierung erinnert sehr stark an das altbaierische Motto: Wem Gott ein Amt gegeben, dem gibt er auch den Verstand dazu.

(Heiterkeit bei der CDU)

Die Wirklichkeit ist leider eine andere. In dieser Situation als erstes Argument oder Hilfsinstrument für die Berufung von geeigneten Kräften für den Aufsichtsrat mit Geld anzufangen ist ein Stück aus dem Tollhaus. Das Erste ist, Herr Büttner und Herr Beyer, dass diese Landesregierung zu der Erkenntnis kommen muss: Sie kann es nicht. - Es wirft ihr niemand vor, wenn sie die Erkenntnis hat, dass sie es nicht kann. Das Schlimme ist: Sie hat diese Erkenntnis nicht. Das, was herausgekommen ist, ist der Beweis des Gegenteils.

(Beifall CDU und des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Die Frage ist auch nicht, ob ein, zwei, drei oder vier Mitglieder dieser Landesregierung im Aufsichtsrat sind. Die Frage, die wir uns danach stellen müssen, ist: Gibt es in Deutschland überhaupt noch jemanden, dem man ein solches Amt guten Gewissens antragen könnte? Gibt es noch jemanden mit Persönlichkeit, mit Fachkompetenz, der sagt: „Ich gehe nach Brandenburg und packe hier mit an, das zu ändern“?

(Zurufe)

Letzter Punkt an dieser Stelle: Ich empfehle, einen Blick in die unternehmerische Praxis zu werfen. Der Aufsichtsrat hat eine ganz wichtige Aufgabe, die Auswahl der Geschäftsführung. Da können wir nun auch nicht von einer Trefferquote reden, die uns beeindrucken würde. Wir haben also Handlungsbedarf sowohl im Aufsichtsrat als auch in der Geschäftsführung. Ihrem Entschließungsantrag können wir unter diesen Bedingungen leider nicht zustimmen. - Schönen Dank.

(Beifall CDU sowie vereinzelt B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Burkardt. - Wir kommen nun zum Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Der Abgeordnete Ludwig erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu später Stunde hat Kollege Burkardt völlig zu Recht Ernsthaftigkeit eingefordert.

(Frau Lehmann [SPD]: Ja!)

Ich bin heute im Laufe des Tages schon etwas verwundert gerade über die märkische Union als auch über die Liberalen, die hier im Landtag einen Antrag einbringen, in dem so getan wird, als könne man die Probleme der Flughafenbaustelle lösen, indem man jetzt wirtschaftliche Vertreter für eine Menge Geld in diesen Aufsichtsrat beruft. Sie ziehen eine Nebelwand hoch, hinter der Sie sich alle schön verstecken und Politik möglicherweise auch zu eigenen Lasten kritisieren. Denn liebe Kollegen von der Brandenburger CDU, alle - ich sage noch einmal: alle Fehlentscheidungen, die zum heutigen Desaster führen, die wir kennen, sind in der Zeit gefällt worden, als unter anderem Ulrich Junghanns für Sie in diesem Aufsichtsrat saß.

(Beifall DIE LINKE - Oh! bei der CDU)

Mit welcher Nonchalance Sie darüber hinweggehen, ist nicht nur für mich als Einwohner der Flughafenregion etwas überraschend,

(Oh! bei der CDU)

sondern hat schon ein wenig mit Sadomaso zu tun.

(Zurufe von der CDU)

Der Finanzminister des Landes Brandenburg soll kein privates Unternehmen gründen, er soll nicht Vorstandsvorsitzender eines börsennotierten Unternehmens werden. Er soll Mitglied des Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft werden, die zu 37 % dem Land Brandenburg gehört. Das heißt, er soll kontrollieren, wie der Unternehmenszweck verfolgt und umgesetzt wird - und ja, er soll die Unternehmensführung dabei auch beraten. Das ist die gesetzliche Aufgabe eines Aufsichtsrates.

Was wird dem von Ihnen, liebe FDP, mit Ihrem Entschließungsantrag entgegengesetzt? Es heißt, Politiker seien für solche Aufgaben nicht kompetent. Sie seien weder Manager noch Ingenieure. Schauen wir doch einmal in andere Bundesländer: So hat man am Flughafen Frankfurt am Main unter einem komplett ohne Bausachverständige und Ingenieure besetzten Aufsichtsrat eine ganze Landebahn und ein Terminal errichtet.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Aufsichtsrat hat doch gar nicht die Aufgabe, das Management zu übernehmen oder gar in die technischen Belange eines Bauablaufs einzugreifen. Es ist ihm nach deutschem Aktienrecht sogar verboten - und das wissen Sie. Die fahren doch da nicht sonnabends zu einem Subbotnik und bauen einen Flughafen!

(Zuruf des Abgeordneten Beyer [FDP])

Nein, das sind schon deutsche Firmen, die dort bisher komplett ausgefallen sind, obwohl sie in einem komplizierten Ausschreibungsverfahren etwas anderes behauptet haben. Der Aufsichtsrat hat eine entscheidende gesetzliche Aufgabe, nämlich die Kontrolle und Beratung der Geschäftsführung. Der Finanzminister hat ausdrücklich diese Kompetenz.

Zweitens: Es heißt, Politiker seien mit solchen Aufgaben zeitlich überfordert. Es geht hier um einen Tag, meines Wissens maximal zwei Tage im Monat, so die Erfahrung von langjährigen Aufsichtsratsmitgliedern und -vorsitzenden.

(Beyer [FDP]: Genau das ist der Fehler!)

Ich denke, dass Politikerinnen und Politiker, die ohnehin keine 40-Stunden-Woche kennen, sowohl die Kraft als auch das Engagement für eine solche Arbeit aufbringen können. Da werden Sie uns doch wohl als Abgeordnete der Opposition nicht widersprechen wollen!

Als Drittes wird ins Feld geführt, dass der Finanzminister so etwas nicht könne; andere Politiker ebenfalls nicht. Seien Sie versichert, sehr geehrter Damen und Herren, dafür hat er viele Expertinnen und Experten an seiner Seite.

(Büttner [FDP]: Na, das hat ja bisher auch „gut geklappt“!)

Es ist nach deutschem Aktienrecht auch ausdrücklich gestattet, dass man solchen Sachverstand hinzuzieht.

Schauen wir auf den vierten Punkt: Es heißt, es entstünden bedenkliche Interessenkonflikte, wenn Politikerinnen und Politiker in Aufsichtsräten von Unternehmen sitzen. So sieht das beispielsweise der Wirtschaftswissenschaftler Joachim Schwalbach der Berliner Humboldt-Universität. Er sagt, Politiker führten zwar nicht selbst, aber sie geben Ratschläge. Sehr geehrte Damen und Herren, für die Entscheidungen ist immer noch derjenige verantwortlich, der entscheidet. Da sind die Geschäftsführer Schwarz und Körtgen unter der Aufsicht von Ulrich Junghanns berufen worden. Sie entscheiden - der Aufsichtsrat berät.

(Zuruf des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Aber davon einmal abgesehen - welchen Rat wird denn der Finanzminister des Landes Brandenburg dem Unternehmen Flughafen geben? Er wird dringend dazu raten, mit dem bereitgestellten öffentlichen Geld auch auszukommen, sich beim Schallschutz an Recht und Gesetz zu halten und für eine Verlängerung der Nachtruhe am Flughafen offen zu sein, weil dies auch die Akzeptanz des Unternehmens insgesamt und damit seine wirtschaftliche Stabilität in der Region erhöht.

Fünftens beleuchten wir einmal die Interessen und fragen wir einmal nach, ob es nicht sogar im öffentlichen Interesse liegt, dass Minister in Aufsichtsräten tätig werden. Von DGB-Seite ist zu hören, Politiker erfüllten einen gesellschaftlichen Auftrag, wenn sie in Aufsichtsräten sind. Auch von der Organisation Abgeordnetenwatch ist zu hören, dass diese Tätigkeit grundsätzlich in Ordnung sei, denn sie wahren ja damit die Interessen an dem sicheren Verfahren mit Steuergeldern und damit mit öffentlichen Geldern; sie erhalten dafür nicht einmal mehr zusätzliche öffentliche Bezüge.

Schauen wir dagegen, liebe Kollegen, noch einmal nach München: München II wird ebenso betrieben wie die Flughafengesellschaft bei uns.

(Zuruf von der CDU: Aber die fliegen!)

Dort beliefen sich im Jahre 2012 die Gesamtvergütungen auf 17 000 Euro für alle Aufsichtsräte. Das, was die FDP vor

schlägt, kostet jedes Jahr am Frankfurter Flughafen 890 000 Euro. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.