Protocol of the Session on February 27, 2014

Es ist eben keine Frage des Wollens, sondern des Müssens. Es ist eine Frage der Pflicht. Und die Pflicht der Landesregierung ist es, ein Ergebnis herbeizuführen, und zwar entsprechend dem Wortlaut des Landtagsbeschlusses, nämlich der Annahme des Volksbegehrens, ein Nachtflugverbot durchzusetzen. Ende der Durchsage.

Die Verhandlungen mit Berlin zur Änderung sind lediglich ein Mittel zum Zweck, sie sind nicht der Weg und vor allem nicht das Ziel.

Wenn man nicht vorankommt, muss man sich entscheiden. Das Land Brandenburg ist souverän, wir können es tun. Dazu fordern wir Sie auf. Wir wollen hier ganz klar Ihre Meinung zum Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr wissen, und Sie haben die Möglichkeit, sich dazu zu positionieren. - Ich danke Ihnen und bin gespannt auf Ihre Erwiderungen.

(Beifall B90/GRÜNE und des Abgeordneten Goetz [FDP])

Die Abgeordnete Gregor-Ness spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich in meiner Rede auf den heute hier zur Diskussion stehenden Antrag beziehen. - Ja, heute ist der Jahrestag der Annahme der Volksinitiative. Ein Jahr lang gab es Gespräche, Berichte, Gutachten; es gab auch eine Anhörung im Fachausschuss Infrastruktur und Landwirtschaft. Noch haben wir kein Ergebnis. Das ist selbstverständlich für Ungeduldige eine sehr lange Zeit und für die Betroffenen auch eine quälende, belastende Zeit, weil ihre Fragen noch offen sind. Aber ich frage ehrlich in dieses Haus hinein: Wer hat eigentlich innerhalb welcher Frist welches Ergebnis erwartet?

Die Vertreter der Landesregierung arbeiten getreu den Forderungen, die den Beschlussfassungen dieses Hauses zugrunde liegen, in mehreren Richtungen. Da gibt es erstens die Forderung nach einer Änderung des Landesplanungsstaatsvertrages. Das ist absolut der Wortlaut der Volksinitiative, die wir hier angenommen haben. Diese Richtung der Änderung des Landesplanungsstaatsvertrages ist auch eine Richtung, die etwas bewirkt - allerdings erst in Zukunft. Wir wissen, dass es keine Auswirkungen auf den aktuell rechtsgültigen Planfeststellungsbeschluss hat, selbst wenn es uns gelingt, den Landesplanungsstaatsvertrag zu ändern.

Deshalb kommt einer zweiten Dimension der Arbeit eine ganz bedeutende Rolle zu, nämlich den Verhandlungen mit den anderen Gesellschaftern zur Änderung der Betriebszeiten für die planmäßigen Flüge am Flughafen.

Als Drittes kam nach der Anhörung im AIL eine Dimension hinzu, auf die sich auch der Antrag heute bezieht, nämlich die Frage: Könnten wir als Brandenburger im Alleingang eine Änderung des Betriebsregimes herbeiführen?

Es gibt viertens sogar noch eine weitere Diskussion, die auch Gegenstand der Beschlussfassung war, nämlich die Klärung der Fragen, die im Zusammenhang mit technischen Maßnahmen zur Verminderung des Lärms stehen. Diese werden in der Fluglärmkommission diskutiert.

Fünftens gibt es selbstverständlich das Bemühen um bundeseinheitliche und europarechtliche Regelungen, die gleiche Bedingungen für alle Flughäfen schaffen sollen.

So weit zum ganz nüchternen Sachstand. Substanzielle Ergebnisse in all diesen Fragen gibt es bis heute leider nicht. Das muss man einfach einmal so feststellen. Was wir aus dem Zwischenbericht wissen und was wir in den Ausschussberatungen auch erörtert haben, ist aber, dass zu Punkt 1, der Ände

rung des Landesstaatsvertrages, Ende März eine Plankommissionssitzung, eine Konferenz der Länder stattfinden wird. Das ist die formale Einrichtung, die genau diese Änderung herbeiführen kann. Unabhängig von diesem Ergebnis wissen alle, dass Planungsrecht nicht Fachrecht bricht.

Daher kommt dem Aspekt der Verhandlungen mit den Gesellschaftern eine ganz wesentliche Bedeutung zu. In diesen Verhandlungen könnte die CDU-geführte Bundesebene unter Herrn Dobrindt, Herrn Bomba - und mit Frau Reiche an der Spitze - an der entscheidenden Stelle ein ganz wesentliches Zünglein an der Waage sein.

(Vereinzelt Beifall GRÜNE/B90)

Ich appelliere an dieser Stelle an die Kollegen der CDU, uns in dem Bemühen zu unterstützen, einen entsprechenden Beschluss in der Gesellschafterversammlung herbeizuführen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

An die Grünen und an Herrn Goetz habe ich eine Bitte: Wechseln Sie nicht permanent die Ebenen und Richtungen Ihres Bemühens!

(Zuruf des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Einmal geht es um die Bundesebene und das Durchsetzen des Nachtflugverbots, ein anderes Mal um die Kündigung des Landesplanungsstaatsvertrages oder um die Änderung des LEPro. Alle diese Anträge haben wir hier bereits behandelt. Zielführend, rechtssicher und ergebnisorientiert sieht meiner Meinung nach anders aus.

Ihr heutiger Antrag nun setzt auf den Alleingang Brandenburgs zur Änderung der Planfeststellung. Sie stützen sich dabei auf zwei Gutachten, blenden aber andere Gutachten mit anderem Tenor völlig aus. Sie suggerieren hier einfache Lösungen und wecken Hoffnungen, die wir nicht erfüllen können.

Der BVBB hat dazu eine klare Haltung. Er nahm Bezug auf das Interview, in dem Herr Woidke angeblich einen Richtungswechsel seiner eigenen Politik angedeutet hat - er hat ja nur angekündigt, er wolle es juristisch bewerten lassen. Er hat eine ganz klare Meinung geäußert; die entsprechende Pressemitteilung haben Sie alle schon gelesen: „Der Wahlkampf hat begonnen!“ Der BVBB schrieb, er lehnt den vorgeschlagenen Weg als durchsichtiges Manöver absolut ab.

Wenn Sie als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Ihrem Antrag fordern, die Glaubwürdigkeit des Parlaments zu wahren, dann bitte ich Sie: Nehmen Sie das Parlament ernst und zweifeln Sie nicht an unserer Glaubwürdigkeit, indem Sie solch einen Antrag hier einbringen, der mit nichts durchsetzbar ist, weil die juristischen Voraussetzungen dafür komplett fehlen, einen Alleingang zielführend zu Wege zu bringen. Sie wissen, dass das zum Scheitern verurteilt ist. Bitte unterstützen Sie die Bemühungen der Landesregierung in Verhandlungen.

Nur das ist der Weg, zu Ergebnissen zu kommen. Wir warten auf das Ergebnis der PlaKo und der Gesellschafterversammlung. Ich bin der guten Hoffnung, dass wir gemeinsam mit Berlin zu einer Lösung kommen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Es folgen zwei Kurzinterventionen. Anschließend haben Sie Gelegenheit, darauf zu reagieren, Frau Abgeordnete. - Herr Goetz, bitte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Gregor-Ness! Wer etwas will, findet Wege; wer etwas nicht will, findet Gründe. So ist das im Allgemeinen.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Wir hatten heute vor einem Jahr die Annahme des erfolgreichen Volksbegehrens mit 106 392 Stimmen. Wenn Sie sagen, andere würden Hoffnungen wecken, stimmt das nicht. Nein, Sie haben Hoffnungen geweckt - Sie als Regierungskoalition mit der Annahme dieses Volksbegehrens. Sie haben vor einem Jahr erklärt, dass Sie das durchsetzen wollten, was im Volksbegehren gefordert worden ist, nämlich vom Inhalt und der Zielrichtung her ein umfassendes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr. Das ist genau das, was mit diesem Volksbegehren beabsichtigt worden ist, und genau das war Ihr Versprechen.

So haben wir es auch bei verschiedenen Gelegenheiten gehört. Der frühere Ministerpräsident Matthias Platzeck hat versprochen, Sicherheit gehe vor Lärmschutz und vor Wirtschaftlichkeit. So ist das aufgemacht worden als Versprechen - und nicht gehalten worden.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Wo steht denn das?)

- Das war zum Beispiel in Stahnsdorf, Frau Kollegin Mächtig. Auf einer Demonstration vor 6 000 Stahnsdorfern, die zugehört haben - es ist gefilmt worden; ich kann Ihnen gern ein Video zukommen lassen -, hat Herr Platzeck genau das gesagt. Nehmen Sie also einfach zur Kenntnis, was der frühere Ministerpräsident gesagt hat.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Dass es nicht gehalten wird!)

- Nehmen Sie das zur Kenntnis, was der frühere Ministerpräsident gesagt hat und halten Sie sich später daran. Ein bisschen Erfüllung würde den Leuten guttun.

Wenn ich sehe, wie es gegenwärtig läuft, was wir hier erleben und dass heute Nachmittag wieder eine Demonstration draußen vor dem Landtag stattfindet, dann haben wir genau das Problem, dass die Leute eben feststellen, dass über das Jahr hinweg nichts passiert ist und sie sich eben nicht ernst genug genommen fühlen.

Ich habe vor einem Jahr fast einmal einen Ordnungsruf bekommen; ich wiederhole deswegen nicht, ich zitiere mich nur. Ich habe vor einem Jahr gesagt: „Verarschen Sie uns nicht!“ Ich ahnte nicht, was danach passieren würde mit der Annahme des Volksbegehrens. Aber genau das hören Sie auf der Straße nachher wieder, wenn Sie mit den Leuten reden, wenn die Erfolge eben nicht gesehen werden.

Sie reden sich heraus mit allem Möglichen und sagen, Sie hätten nur 37 % und müssten erst mit den anderen Eigentümern verhandeln. Natürlich ist es so, dass das, wenn man es so

machen wollte, dann verhandelt werden muss. Aber Sie haben eben auch die Planungshoheit als Land und haben weitergehende Möglichkeiten.

Reden Sie mit Ihrem Parteifreund Matthias Schubert aus Kleinmachnow; er ist Verwaltungsrichter am Verwaltungsgericht Berlin und kennt sich mit der Materie besser aus als die meisten anderen in der Fraktion, würde ich jedenfalls stark vermuten. Fragen Sie ihn, er bescheinigt es Ihnen noch einmal und schreibt Ihnen dezidiert auf, wie das geht. Dafür reicht meine Zeit hier in der Kurzintervention nicht, um das darzulegen.

(Zuruf der Abgeordneten Kircheis [SPD])

Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie man agieren kann und wie man auch Erfolge erzielen kann, um das Ziel des Volksbegehrens, nämlich ein umfassendes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr, wirklich zur Durchsetzung zu bringen.

Ich habe es vorhin schon einmal gesagt und wiederhole es: Wer etwas will, findet Wege; wer etwas nicht will, findet Gründe. Von Ihnen habe ich heute leider wieder nur Gründe gehört.

(Beifall FDP und B90/GRÜNE)

Es folgt die Kurzintervention des Abgeordneten Schulze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Natürlich höre ich das Stöhnen in Ihren Reihen: „Warum schon wieder?“ und: „Kann das nicht bald vorübergehen?“ Die Problematik mit dem Nachtflug geht an den Bürgern auch nicht vorüber.

Ich kann dem Kollegen Goetz nur beipflichten: Ein gutes deutsches Sprichwort, das meine Oma mir immer wieder aufgegeben hat, lautet: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. - Der Punkt ist: Man muss den Willen haben, nach neuen Wegen zu suchen. Das Alte kann jeder. Neue Ideen zu haben, wie man aus der Sache herauskommt, in die Sie sich übrigens selbst hineinmanövriert haben, ist das Gebot. Dafür sind wir nicht verantwortlich.

Zu sagen, dass gehe alles gar nicht, ist zu einfach. Wissen Sie, meine Damen und Herren, ich habe dafür ein schönes Beispiel: 30 Jahre lang tobte in dieser Bundesrepublik Deutschland ein Kampf um Atompolitik. 30 Jahre galt das Credo „Atomkraft ist notwendig - ohne Atomstrom bricht Deutschland zusammen“. Doch mit einem Fingerschnipsen über Nacht ist dieses Credo zerstört worden. Plötzlich gab es die Energiewende, die Atomkraftwerke werden abgeschaltet, und - welch Wunder - die Erde dreht sich trotzdem weiter. Genauso ist es bei dieser ideologischen Diskussion um Nachtflüge, Nachtflugverbot und Wirtschaftlichkeit. Meine Damen und Herren, das geht, wenn man es will.

Es gibt übrigens zwei Rechtsgutachten - natürlich gibt es auch andere -, die einen Weg aufzeigen. Allerdings muss man einen Weg erst einmal gehen, um zu sehen, was am Ende dieses Weges sein wird. Diesen Weg wollen Sie nicht gehen. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Fangen wir jetzt an zu laufen; bekennen wir uns dazu.

Was mich ganz besonders stört und was mich empört, mich auch richtig wütend macht, ist Ihre Wankelmütigkeit. Heute erzählen Sie den Leuten, wir wollen ein bisschen Nachtflug, wir wollen ein bisschen Lärmpause. An einer anderen Stelle, wenn Sie wieder bei einer Wirtschaftskammer sind, wird es anders gesagt. Ich habe den Ministerpräsidenten, der Gott sei Dank jetzt anwesend ist, am 13. Januar 2014 im BER-Sonderausschuss zu einem Zeitungsartikel, zu dem er zitiert wurde, als er einen Besuch in Königs Wusterhausen machte, zur Rede gestellt und ihn gefragt: Wie soll man das verstehen? - Da begann Geeiere wieder. Sagen Sie ganz klar, Sie wollen ein Nachtflugverbot, oder Sie wollen es nicht. Ein Nachtflugverbot ist ganz klar definiert: von 22 bis 6 Uhr. Daran gibt es nichts herumzudeuteln.

Im Übrigen, Frau Gregor-Ness, muss ich sagen: Ihr Beitrag im BER-Sonderausschuss war ein Offenbarungseid. Sie haben in dem Fachgespräch mit den Vertretern des Volksbegehrens gesagt: Meine Damen und Herren, wo steht denn überhaupt in Ihrem Volksbegehren geschrieben, dass ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr hersoll? - Das kann man sicher später im Protokoll nachlesen. Genau das ist das Problem. Es steht sehr wohl drin. Darin steht: nächtliches planerisches Nachtflugverbot. Es ist ganz klar, die Nacht geht von 22 bis 6 Uhr. Was Sie damit offenbart haben, liebe Kollegin Gregor-Ness, ist, dass Sie immer versuchen, sich in die Büsche zu schlagen, und halbgewalkte Lösungen - Lärmpause, halbe Stunde oder was auch immer - vorbringen. Die Bürger haben für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr unterschrieben. Dieser Landtag hat es hier beschlossen. Und dann heißt es einfach: Wort halten.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)