Wir sollten ökologische Hochwasserschutzmaßnahmen in Form von Deichrückverlegung und die Schaffung zusätzlicher Überflutungsräume ganz oben auf die Prioritätenliste setzen, und apropos Ursachen - auch mehr Aktivitäten im Bereich Klimaschutz würden der Landesregierung gut zu Gesicht stehen, aber spätestens nach der gestrigen Ablehnung eines Klimaschutzgesetzes wissen wir, dass sie hier eher Teil des Problems sind.
Noch kurz zur Landnutzung. Auch wir sind für eine angepasste landwirtschaftliche Nutzung auf Polderflächen. Wenn es dann aber im Hochwasserfall um Entschädigungszahlungen geht, sollten sich diese auf Grünflächen beschränken. Ackerflächen in Überflutungsgebieten bringen diverse Probleme mit sich. Das wollen wir nicht noch finanziell unterstützen.
Es gibt noch einen wesentlichen Punkt, mit dem wir in Ihrem Antrag ein Problem haben: Sie schreiben schon in Ihrer Einleitung, dass alle Möglichkeiten für beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren für Hochwasserschutzanlagen ausgeschöpft werden sollten. Das halten wir für sehr bedenklich. Die Erfahrungen mit so manchen Infrastrukturprojekten zeigen doch gerade, dass eine frühzeitige und umfassende Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger zu schnelleren Verfahren führt als der Versuch, die Projekte ohne ausreichende Beteiligung durchzuboxen. Dafür muss die Landesregierung aber auch ausreichend Personal in den zuständigen Genehmigungsund Planungsbehörden zur Verfügung stellen. Unsere Fraktion setzt auf Überzeugungsarbeit statt Gerichtsprozesse.
Dem vorliegenden Antrag können wir jedenfalls aus den genannten Gründen nicht zustimmen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Frau Ministerin Tack, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für Ihre Debatte. Sie haben alle Recht: diejenigen, die sagen, es gebe noch viel zu tun - gar keine Frage. Es waren auch viele Beispiele und Positionen in Ihren Reden zu hören, die so im Ausschuss, wenn ich mich recht erinnere, leider überhaupt nicht diskutiert wurden. Dort hätten wir uns über mehrere Dinge austauschen können.
Die Landesregierung sieht im Hochwasserschutz eine prioritäre Aufgabe. Das haben wir in unseren Debatten bereits untersetzt und die notwendigen Kabinettsbeschlüsse dazu gefasst, Herr Dombrowski: zur Finanzierung des Hochwasserschutzes und zur personellen Ausstattung für die Umsetzung der Aufgaben im Bereich Hochwasserschutz.
Nach dem Hochwasser im Sommer 2013 haben wir, denke ich, vorrangig noch folgende Aufgaben zu lösen: Das eine ist, insbesondere die urbanen Bereiche im Land besser zu schützen, also jene, wo die Menschen zu Hause sind und geschützt werden müssen. Dabei geht es insbesondere um die Ortslagen an der Schwarzen Elster, in Bad Liebenwerda, Elsterwerda und Herzberg sowie an der Elbe im Landkreis Elbe-Elster, ganz besonders in Mühlberg. Sie werden sich daran erinnern, dass wir dort Glück hatten, aber durch die vielen Einsatzkräfte vor Ort die Notsicherung der Deiche gehalten hat.
Wir sind auch in Mühlberg an der Elbe unterwegs, um die Deichsanierung und den Deichbau fortzusetzen, aber auch einen Flutungspolder zu errichten und eine Retentionsfläche zu erschließen. Das sind Maßnahmen, die unter heutigen Bedingungen einfach zum Deichbau dazugehören.
Zum Zweiten - das habe ich gerade schon angesprochen - sind Retentionsflächen auszuweisen, sind Flächen für Flutungspolder auszuweisen, damit wir in Zukunft einen besseren vorbeugenden Hochwasserschutz haben, der uns im Katastrophenfall besser schützt als bisher.
Die Bundesregierung und die Länder haben nach der Flutkatastrophe im Sommer 2013 sehr gut mit dem Aufbauhilfefonds in Höhe von 8 Milliarden Euro reagiert. Sie wissen davon, wir haben uns hier ausgetauscht. Die Sonder-Umweltministerkonferenz und auch die Elbeministerkonferenz haben aus unserer Sicht die notwendigen Beschlüsse gefasst, um hier gemeinsam zu handeln. Die Länder haben die Länderhoheit im Hochwasserschutz, aber wir alle wissen, dass die Flüsse nicht an der Landesgrenze enden und damit das Hochwasser nicht an der Landesgrenze anhält, sondern wir bundesweit eine gemeinsame Verantwortung tragen und hier die notwendigen Abstimmungen mit den Nachbarländern zu treffen sind.
Brandenburg hat sich immer für ein Nationales Hochwasserschutzprogramm engagiert. Die Länder haben nun gemeinsam beschlossen, dass das entstehen wird und dazu auch die notwenigen finanziellen Untersetzungen im Rahmen einer Finanzierungsstrategie erstellt und die notwendigen Maßnahmen entlang der Flusseinzugsgebieten ermittelt und dann auch umgesetzt werden, meine Damen und Herren. Deshalb haben wir gesagt: Nein, im Augenblick hilft es nicht, ein Landesprogramm aufzustellen. Wir wollen uns mit den Maßnahmen am Nationalen Hochwasserschutzprogramm beteiligen. Sie unterliegen besonderen Kriterien, zum Beispiel dem der überregionalen Wirksamkeit, und besondere Synergiepotenziale an den Flusseinzugsgebieten, so an Elbe und Oder mit all ihren Nebenflüssen zu erschließen. Dazu - auch das ist schon gesagt worden - wird uns die Hochwasserrisikomanagementplanung letztendlich die genauen Aufschlüsse geben: Was sind die richtigen Maßnahmen an den entsprechenden Stellen?
Die CDU hat in ihrem Antrag auch noch die bedarfsgerechte Gewässerunterhaltung eingefordert. Keine Frage, das ist eine Aufgabe des Landes. Wer die Finanzierung angemahnt hat, dem kann ich nur sagen: Wir hatten immer 9,5 Millionen - Sie haben den Haushalt beschlossen - für diese Aufgabe im Haushalt. Es hat sich herausgestellt, dass die Ausgaben dann meist bei 12,5 Millionen lagen, wir also nachgesteuert haben. Wir wollen es in den künftigen Haushalten so halten, dass hier der Mitteleinsatz entsprechend flexibel gestaltet wird. Wir wollen vor allem Kriterien verabreden, um den veränderten Wetterbedingungen entsprechend bei der Unterhaltung der Gewässer I. Ordnung reagieren zu können.
Die CDU fordert auch, wir mögen den Staatsvertag zu den Havelpoldern neu fassen. Da kann ich Ihnen, was die Entschädigung betrifft, nur sagen: Der Bauernverband hat uns gelobt, die Bauern, die Landwirte vor Ort haben uns bezüglich der Flutung der Havelpolder gelobt. Natürlich hätte es jeder gern, dass es kein Hochwasser gibt. Wir mussten die Polder fluten. Die haben in der Hochwasserkatastrophensituation geholfen, und alle waren davon überzeugt, dass die Landwirte dank dieses Staatsvertrags, der ja dann durch den Aufbauhilfefonds eine andere Finanzierung erhalten hat, zeitgerecht und entsprechend - der Landwirtschaftsminister hat es in den vergangenen Tagen auch öffentlich gemacht - entschädigt wurden. Ich finde, der Staatsvertrag und auch das gemeinsame Agieren haben sich da „ausgezahlt“.
Aber auch Folgendes - Vorredner haben es angesprochen - wird eine Aufgabe in der Zukunft sein, dass wir nämlich die Flächen, die wir für Flutungspolder, als Retentionsflächen brauchen und die sich jetzt in landwirtschaftlicher Nutzung befinden, bei Bedarf zur Verfügung haben. Dazu bedarf es natürlich Anreize für die Landwirte, damit sie auch bereit sind, ihre Flächen für den Fall, dass geflutet werden muss, zur Verfügung zu stellen. Ihnen muss dann auch eine entsprechende Unterstützung gezahlt werden. Diesbezüglich sind wir, sind alle Länder bei der Bundesregierung vorstellig geworden, um hier Unterstützung zu erhalten. Die Landwirtschaftsminister kennen dieses Problem, sodass wir eine abgestimmte Position haben, dass hier finanzielle Anreize zu setzen sind, damit Flächen zur Verfügung gestellt werden.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss und möchte Sie alle herzlich einladen: Wir haben am 10. April unsere landesweite Hochwasserkonferenz hier in Potsdam. Landräte, Bürgermeisterinnen, Bürgermeister, Experten werden diskutie
ren. Sie können sich, wenn Sie es wünschen, in die Diskussion einbringen. Wir wollen hier Erkenntnisse aus unseren Erfahrungen mit dem Hochwasser 2013 vermitteln. Wir wollen die bundesweiten Beschlüsse zu einem besseren Hochwasserschutz einbeziehen, und wir wollen vor allen Dingen die Landesaktivitäten zu einem Hochwasserschutzmanagement bei uns im Land vorstellen. Der Landrat von Elbe-Elster, der Landrat der Prignitz, die Bürgermeisterin von Mühlberg und viele andere werden zu Wort kommen.
Gerade in einer hochwasserfreien Zeit ist es angeraten, sich mit Experten die Karten zu legen: Wie geht es weiter? Wie geht es besser weiter, noch besser weiter als bisher? Ich kann nur daran erinnern: Nach dem Hochwasser ist vor dem Hochwasser. Wir sollten uns gut wappnen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin Tack. - Es gibt die Anmeldung einer Kurzintervention vom Abgeordneten Dombrowski, CDUFraktion. Sie haben dann die Möglichkeit, noch einmal darauf zu reagieren.
Frau Ministerin, Sie haben Recht: Nach dem Hochwasser ist vor dem Hochwasser - weil es eben nicht alle 100 Jahre kommt, wie wir gelernt haben, sondern unverhofft und immer dann, wenn man es nicht erwartet.
Es liegt uns als CDU-Fraktion auch fern, die Leistungen der Mitarbeiter in den Fachverwaltungen und zuständigen Ämtern hier kleinzureden. Aber wir hören aus den Ämtern eben auch Hilferufe. Wenn ich hier eben vortragen habe, wie entsprechend der Kleinen Anfrage der überproportionale Abbau in den Fachabteilungen, die in Ihrem Hause für den Hochwasserschutz zuständig sind, erfolgt ist - nämlich 32 % in Ihrer Amtszeit - im Vergleich zum Naturschutz: dort gibt es einen Mitarbeiter weniger -, dann zeigt das doch deutlich, welche Prioritäten hier gesetzt werden. Beim letzten Hochwasser haben wir es doch gesehen, dass in bestimmten Regionen sechs Fachberater aus dem Landesumweltamt angekündigt waren und einer ist gekommen - und der auch noch mit einem befristeten Vertrag.
Hochwasserlagen sind in Brandenburg seit Jahren ohne die Hilfe von Pensionären nicht mehr beherrschbar; diese Feststellung ist nicht neu. Das muss sich nicht unbedingt Frau Ministerin Tack vorhalten lassen; das hat sich schon in der letzten Wahlperiode so angedeutet. Der ehemalige Finanzminister Rainer Speer hat ja die Meinung vertreten, ein Ornithologe könne binnen sechs Wochen umgeschult werden und dann technische Anlagen beurteilen. Er hat sich da genauso geirrt wie in anderen Bereichen.
Frau Ministerin: Wir haben im Fachausschuss diskutiert und wissen natürlich, dass ein länderübergreifendes Wassermanagement notwendig und sinnvoll ist. Aber Sie haben erklärt: Ich kann jetzt nichts mehr machen, ich bin ja nicht mehr Vorsitzende der Umweltministerkonferenz. - Also habe ich gefragt: Also warten Sie, was die anderen machen? - Ich denke schon, es ist
Im Moment ist es so, dass wir aufgrund der eingeschränkten Leistungskapazität in Ihrem Hause jährlich maximal 40 Millionen Euro verplanen und verbauen können. Es ist kein materielles Problem, es ist vorrangig bzw. ausschließlich ein Personalproblem. Das ist nicht neu, das hat sich über Jahre abgezeichnet. Das müssen wir den Leuten erklären, dass wir nur deshalb im Hochwasserschutz nicht weiterkommen, weil wir kein Personal haben, um diese Mittel abzuarbeiten. Was die Finanzierung angeht - für alle, die es nicht wissen -: 75 % sind EU-Mittel, 15 % sind Bundesmittel, 10 % bleiben für das Land übrig. Also stellen Sie sich bitte auch dieser Aufgabe! Es ist schön, dass Sie Konferenzen veranstalten. Aber die Landesregierung ist doch kein Kongresscenter zum Kongresseveranstalten!
Die Bürger, insbesondere die, die betroffen sind, erwarten, dass gehandelt wird. Wenn Sie beides tun - von mir aus Kongresse abhalten und auch die notwendigen Arbeiten leisten, die notwendigen Einsichten deutlich machen und danach handeln -, dann könnte es schneller gehen, dann würde es besser gehen.
Sie haben die Gewässer I. Ordnung angeführt, Frau Ministerin: Sie wissen, dass Sie der CDU immer gesagt haben: 9,5 Millionen sind zu wenig. Jetzt hören wir immer: 12, 12,5 Millionen. Der Bedarf ist immer derselbe.
Kurzum, meine Damen und Herren: Ich darf noch einmal an Sie appellieren, dass Sie der Beschlussempfehlung des Fachausschusses nicht folgen, denn der ist ein Rückschritt gegenüber dem, was die Menschen von Ihnen erwarten. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dombrowski. - Es besteht die Möglichkeit, darauf noch einmal zu reagieren. Frau Ministerin Tack macht davon Gebrauch.
Herr Dombrowski, damit kann man immer schön die Redezeit verlängern. Eigentlich war schon alles gesagt, was Sie eben gesagt hatten.
Ich will Ihnen sagen: Sie haben mir vorgeworfen, ich hätte gesagt „Ich kann nichts mehr machen“. So einen Satz werden Sie aus meinem Munde nie hören. Ich war auch nie Vorsitzende der Umweltministerkonferenz - aber das macht nichts, das kann ich ja noch werden.
Wir haben die Kabinettsbeschlüsse so gefasst, dass die Finanzierung und auch die personelle Ausstattung nach dem Hochwasser 2013 gesichert werden. Sie haben insofern Recht, als die Experten wie Wasserbauingenieure und Wasserplaner wirklich knapp sind. Denn es war überall Hochwasser. Es gab riesige Angebote, gerade in Sachsen-Anhalt, neue Stellen zu besetzen. Wir haben - was ich Ihnen zugesichert hatte - genau die sechs befristeten Stellen entfristet. Es sind aber erst vier Stellen
zum Tragen gekommen. Wir können gut noch eine Stelle besetzen, aber die Ingenieure sind knapp. Wir bemühen uns, gar keine Frage. Aber ständig hier im Parlament Ängste zu schüren, wir könnten unsere Aufgaben nicht erfüllen, dazu sage ich: Wir erfüllen unsere Aufgaben. 30 bis 35 Millionen Euro im Jahr in den vorbeugenden Hochwasserschutz zu realisieren ist doch eine große Leistung. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Sie hat 1,49 Minuten Redezeit für andere Fraktionen erarbeitet. Gibt es das Bedürfnis, die Redezeit zu nutzen? - Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.
Die CDU-Fraktion hat namentliche Abstimmung beantragt. Es geht um die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Drucksache 5/8538, zu dem Antrag „Hochwasserschutz im Land weiter konsequent umsetzen und öffentliches und privates Eigentum schützen“. Wir rufen jetzt die Namen der Abgeordneten auf.
Verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben folgendes Ergebnis zu verzeichnen: 49 Abgeordnete haben mit Ja, 21 Abgeordnete mit Nein gestimmt. Bei einer Enthaltung ist die Beschlussempfehlung angenommen worden.