Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist sehr interessant, was man alles in dieser Debatte hört. Besonders interessant fand ich - ich schließe mich diesbezüglich dem Kollegen Schierack an -, was der Innenminister dieses Landes gesagt hat.
Denn in der Tat ist es so: Die Enquetekommission hat festgehalten, dass es eine zwangsweise Fusion von Gemeinden und Verwaltungen nicht geben soll.
Aber der Innenminister stellt heute fest, zunächst einmal werde das freiwillig geschehen, später werde es notwendig sein, gesetzgeberisch einzugreifen. Also, meine Damen und Herren, für blöd müssen Sie die Brandenburgerinnen und Brandenburger auch nicht verkaufen!
Wenn Sie auf das Prinzip der Freiwilligkeit setzen - wir als FDP-Fraktion haben immer gesagt, dass wir keine Zwangsfusionen von Gemeinden wollen -, aber dann gesetzgeberisch einen Maßstab festlegen, werden Sie irgendwann, wenn die Freiwilligkeit nicht kommt, den Menschen erklären müssen, dass Sie es doch zwangsweise machen. Sie führen damit die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land lediglich in die Irre.
Ich finde es auch interessant, dass hier drei Vertreter der SPD auftreten müssen, um festzustellen, dass angeblich der Ministerpräsident es ganz anders gemeint hat, als er es in seinem Interview gesagt hat. Interessant ist auch, dass der Ministerpräsident dieses Landes hier sitzt, schweigt und einfach mal gar nichts dazu sagt. Es wäre doch das Einfachste, wenn er alles, was er gemeint hat, selbst erklären würde.
„Die Enquete-Kommission sieht gerade mit Blick auf die Entwicklungen der Bevölkerungszusammensetzung die Notwendigkeit einer erneuten landesweiten Kreisgebietsreform. Ohne eine Veränderung der Kreisgebiete wird es künftig nicht möglich sein, die Verwaltungsaufgaben effizient und effektiv wahrzunehmen!“
„Eine Verringerung der Zahl der Landkreise kommt nur dann in Betracht, wenn es dafür funktional eine Notwendigkeit gibt.“
von dieser Enquetekommission überhaupt nichts mitbekommen? Oder hat er schlicht und ergreifend alles vergessen, was er als Innenminister von seinen Beamten, die in der Enquetekommission saßen, gehört hat und jetzt als Ministerpräsident nicht mehr umsetzen will? Sie haben es doch sogar gesagt,
Herr Richter. Wir haben diese Aktuelle Stunde nicht beantragt, um Ihr Wahlprogramm in irgendeiner Art und Weise zitieren zu wollen,
sondern um die Arbeit der Enquetekommission zu würdigen und das umzusetzen, was von ihr beschlossen wurde. Sie haben Ihr...
Herr Abgeordneter, ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie bereits seit über einer Minute überziehen.
Damit ist die Redeliste erschöpft und kein Grund mehr zur Aufregung vorhanden. Ich schließe Tagesordnungspunkt 1 und rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:
Wir haben zwei Dringliche Anfragen und beginnen mit der Dringlichen Anfrage 87 (Manipulationen bei der Polizei), gestellt von der Abgeordneten Nonnemacher.
Laut Presseberichten habe es bei der Polizei in Cottbus Manipulationen bei den Einsatzzeiten gegeben. Mithilfe einer Dienstanweisung sollten die sogenannten Interventionszeiten verringert werden; das ist die Zeitspanne vom Eingang eines Notrufes bis zur Ankunft eines Funkwagens am Tatort. Dieses Intervall ist im Land Brandenburg in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen. Zuletzt lag es nach Angaben des Innenministeriums bei 28 Minuten, 2008 waren es noch 23 Minuten.
Nun sollen Beamte der Leitstelle per Dienstanweisung dazu verpflichtet worden sein, Einsätze erst mit Verzögerung in das interne Computersystem „Elbos“ einzugeben. Die Dienstanweisung sei inzwischen zurückgezogen worden. Wie lange die Beamten mit der verzögerten Eingabe Daten beeinflusst haben, sei nicht bekannt. Das werde nicht geduldet, erklärte dazu am Wochenende Brandenburgs Innenminister Ralf Holzschuher. Der Landeschef der Polizeigewerkschaft GdP, Andreas Schuster, schließt nicht aus, dass es ähnliche Vorgänge in anderen Polizeibehörden des Landes gebe.
Ich frage deshalb die Landesregierung: Wie wird sichergestellt, dass solche Manipulationen nicht vorgenommen werden?
Herr Präsident! Vielen Dank, Frau Nonnemacher, für diese Frage. In der Tat - Sie haben es bereits in der Frage vorgelesen - dulde ich keine Manipulationen bei den Einsatzzeiten in der Polizei.
Wie Sie sich erinnern werden, habe ich im Rahmen der Aktuellen Stunde am 23. Januar 2014, also vor etwa einem Monat, versichert, dass sich die Interventionszeiten aufgrund der eingeleiteten Maßnahmen, die im Laufe dieses Jahres wirken, verkürzen werden. Selbstverständlich habe ich damit nicht die Verfahrensweise gemeint, auf die Sie eben abgestellt haben und die auch Gegenstand der weiteren Frage von Herrn Lakenmacher ist - selbstverständlich nicht. Im Gegenteil, ich habe bereits in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass es im alleinigen Interesse der Polizei, aber natürlich auch des Innenministers liegt, wenn die Erfassung ohne Veränderungen an den bisherigen Kriterien weitergeführt wird. Daran hat sich nicht das Geringste geändert.
Ich möchte deswegen kurz schildern, wie die Einsatzzeiten erfasst werden. Die Interventionszeit im Land Brandenburg umfasst die Zeit von der Einsatzeröffnung im Einsatzleitsystem „Elbos“ bis zum Eintreffen der Funkstreife am Ort. Das ist seit vielen Jahren so festgelegt. Es gibt eine Dienstanweisung aus dem Jahr 2008 - damaliger Innenminister: Schönbohm -, und seither ist diese Praxis nicht verändert worden; die Dienstanweisung ist zwar inhaltlich in anderen Bereichen verändert worden, aber in dieser Praxis nicht. Das ist die simple Grundlage der Erfassung: Eröffnung in „Elbos“, Eintreffen der Streife am Einsatzort.
Wann im Einsatzleitsystem der Polizei zu eröffnen ist, ist in der Dienstanweisung ebenfalls sehr konkret geregelt: unverzüglich, in dem Augenblick, in dem der Anruf eingeht. Das ist dann unproblematisch, wenn, wie in fast allen Fällen, der Anruf über 110 bei der Leitstelle eingeht, denn da ist das technisch gewährleistet und funktioniert automatisch.
In den Polizeiinspektionen gibt es Anrufe - zwar vereinzelt, aber es gibt sie - über normale Telefonnummern - wohlgemerkt: nicht über 110 -, die auch einen Einsatz erfordern. Auch in diesen Fällen ist selbstverständlich Voraussetzung, dass in dem Augenblick, in dem der Anruf eingeht, die Registrierung erfolgt, und wenn der Einsatzwagen am Einsatzort eintrifft, dann ist damit die Interventionszeit zu erfassen.
Das ist - wohlgemerkt - nicht der Regelfall, in keiner Weise, aber es kommt vor. Es muss selbstverständlich in gleicher Weise gewährleistet sein, dass die Erfassung der Einsatzzeiten erfolgt, wie das bei der Leitstelle ist.
Die in den Medien dargestellte Verfügung der Polizeiinspektion Cottbus/Spree-Neiße hat gegen diese geltende Dienstanweisung verstoßen,
ganz offensichtlich verstoßen. Es war daher folgerichtig, dass sie vom verantwortlichen Direktionsleiter sehr schnell wieder aufgehoben worden ist.
Der Sachverhalt, der sich im Dezember 2013 ereignete, wurde vom Polizeipräsidenten sehr intensiv ausgewertet und mit allen Führungskräften besprochen. Es ist klargestellt, dass die bisherige Dienstanweisung, die ganz einfach die Erfassung der Zeiten regelt, selbstverständlich weiter gilt.
Die Führungskräfte sind hinreichend sensibilisiert, dass der Polizeipräsident und der Innenminister derartige Praktiken nicht dulden werden, und es hat - soweit die Abfrage des Präsidiums erfolgt ist - auch in der Vergangenheit in keinem anderen Fall, in keiner anderen Inspektion vergleichbare Abweichungen von der Dienstanweisung gegeben.
Dies ist ein unerfreulicher Vorgang, aber er stimmt mich insofern positiv, als nämlich klar wurde, dass Mitarbeiter die Verfügung nicht einfach hingenommen, sondern sie weiter - wie auch Sie hier im Landtag - thematisiert haben. Das zeigt den hohen Grad ihrer Sensibilisierung und das Verantwortungsbewusstsein der Polizistinnen und Polizisten in den Dienststellen.
Das hat letztlich dazu geführt, dass die Verfügung sehr schnell wieder aufgehoben worden ist. - Sie brauchen darüber nicht zu lachen, weil ich das sehr, sehr ernst meine. Ich erwarte, dass sich Polizisten an Dienstanweisungen halten. Ich erwarte, dass das in diesem Fall mit jeder Konsequenz auch weitergeführt wird.
Wir werden - davon bin ich überzeugt - in den kommenden Monaten die Interventionszeiten im Land verbessern, aber nicht durch Manipulation an der Statistik, sondern durch reales Handeln im Interesse der Bürger. Das genau ist das Ziel der Polizeiarbeit. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Innenminister, Sie haben sehr ausführlich geantwortet. Ich möchte eine Nachfrage dazu stellen. Der Chef der Polizeigewerkschaft - GdP - hatte vermutet - pressenöffentlich vermutet -, dass ähnliche Vorgänge in anderen Polizeibehörden vorgekommen sein könnten. Sie haben das jetzt negiert. Inwieweit haben Sie landesweit überprüft, ob solche Vorgänge vorgekommen sind?