Protocol of the Session on February 27, 2014

den Einwohnerverlust aufgehalten. Nicht zuletzt hat der Kreistag Teltow-Fläming - mit der landesweit einzigen Landrätin, Kornelia Wehlan - einstimmig ein Haushaltssicherungskonzept und den Kreishaushalt beschlossen und sich damit wieder zukunftsfähig gemacht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Starke Kommunen - das erfordert auch, die wirtschaftliche Entwicklung in den Kommunen zielgerichtet und weitsichtig zu gestalten. Ich sprach schon von der kommunalen Daseinsvorsorge, die mit ihren Einrichtungen gleichzeitig für Standortentscheidungen und damit für wirtschaftliche Entwicklungen maßgeblich ist. Harte und weiche Standortfaktoren kommen da ins Blickfeld. Diese werden für Unternehmen immer relevanter. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leben eben nicht abstrakt irgendwo, sondern immer in einer bestimmten Gemeinde. Dort muss alles klappen. Dort geht es um die Kita, den ÖPNV, die Schule und vieles mehr.

Schon zu Beginn der Legislatur haben wir den Betreuungsschlüssel in den Kitas verbessert und die Finanzierung gesichert. Im Bereich Schulen wurden kleine Grundschulstandorte erhalten und weitere Schulschließungen nicht erzwungen. Es gilt für uns weiterhin: „Kurze Beine - kurze Wege!“

(Beifall DIE LINKE)

Im Schienenpersonennahverkehr werden keine Strecken stillgelegt - trotz komplizierter Rahmenbedingungen. Wir freuen uns darüber, dass wir vor einigen Tagen vom Verkehrs- und vom Finanzminister die Vereinbarung mit dem Landkreis zum Erhalt der Bahnlinien in der Prignitz vorgestellt bekommen haben. Diese Lösungen fallen nicht vom Himmel und können nur erreicht werden, wenn Land und Kommunen an einem Strang ziehen.

(Beifall DIE LINKE und der Abgeordneten Muß [SPD])

Wenn Mobilität gesichert ist, können Arbeitsplätze, Einkommen und damit Steuereinnahmen generiert werden. Insofern ist es genau richtig, sowohl für das Berliner Umland die Takte zu verbessern als auch für die berlinferneren Regionen entsprechende Lösungen zu finden. Gestern haben wir das ÖPNV-Gesetz verabschiedet, das für die Kommunen eine Existenzsicherung darstellt. Es hat einen Aufschlag um 2 Millionen Euro auf 85 Millionen Euro - gegeben. Wir haben zugelegt, nicht reduziert. Da Sie aus der Opposition das so sehr als mangelhaft kritisiert haben, lassen Sie uns doch einmal gemeinsam in andere Bundesländer im Osten schauen: Eine CDU-FDP-Landtagsmehrheit in Sachsen hat das ÖPNV-Gesetz hinsichtlich der Ausstattung gekürzt. Mecklenburg-Vorpommern andererseits bestellt Bahnlinien nicht mehr und sorgt so für zusätzliche Kosten bei seinen Landkreisen.

Sehr geehrte Damen und Herren, dass wir die Ergebnisse der Enquetekommission ernst nehmen, dessen können Sie sich sicher sein. Einige Handlungsbedarfe, die wir schon bearbeiten, habe ich soeben dargestellt. Sie von der Opposition haben durchaus einiges vorgetragen; aber das, was die rot-rote Koalition tut, ist real und konkret.

Wichtig für die Kommunen ist auch, wie es mit der Verwaltungsstruktur weitergehen soll. Damit hat sich die Enquetekommission 5/2 über Jahre hinweg ausführlich beschäftigt. Ich rate Ihnen allen, sich mit diesen Ergebnissen und den Materialien der Kommission ebenfalls ausführlich zu befassen.

Wenn wir es mit der Stärkung der Kommunen wirklich ernst meinen, sollten wir bei allen anstehenden Veränderungen auf Transparenz und Kommunikation setzen. Wir wollen das Prinzip der Freiwilligkeit hochhalten. Liebe FDP, von Ihnen habe ich dazu heute eine klare Position noch nicht gehört. Das Prinzip der Freiwilligkeit ist aber auch eine Feststellung aus der Arbeit der Enquetekommission.

(Beifall DIE LINKE)

Immer wieder werden im Kommissionsbericht Veränderungsbedarf und notwendige Konsequenzen festgestellt. Vorschläge liegen auf dem Tisch. Es soll eine Funktionalreform geben. Darauf warten auch die Kommunen; das haben die Spitzenverbände wiederholt bestätigt.

Auf eine Gemeindegebietsreform wird verzichtet, sehr geehrter Herr Kollege Schierack. Die politischen Gemeinden - alle 419 sollen existent bleiben. Das steht ausdrücklich im Abschlussbericht. Es sollen die Verwaltungen für 10 000 Einwohnerinnen und Einwohner zuständig sein. Wir wollen eine Verwaltungsreform, keine Gebietsreform!

(Beifall des Abgeordneten Büchel [DIE LINKE])

Wir wollen das Brandenburger Amtsmodell zur Brandenburgischen Amtsgemeinde weiterentwickeln. Kreiszuschnitte sollen geprüft werden, aus den gegenwärtigen Landkreisen können sieben bis zehn neue Landkreise werden.

Darüber und über das gesamte Paket, das ich heute nicht referieren will, wird der neue Landtag befinden; er wird dazu Entscheidungen treffen. Insofern verstehe ich einige Aufregung, die wir in den letzten Tagen und auch heute hier am Pult erleben mussten, nicht. Ich betone: Der neue Landtag wird das abwägen müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind in der Faschingszeit. Lassen Sie mich daher zum Schluss sagen: Wir in diesem Landtag nehmen das alles, auch das Umzugsmanagement, sehr ernst. Ich sitze sogar im Zimmer 2.020 dieses Hauses. Sie sehen: Wir bleiben dran!

(Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE und der SPD - Beifall der Abgeordneten Stark [SPD])

Ich bin überzeugt davon, dass bei Umsetzung der Empfehlungen der Enquetekommission die weitere Stärkung der Kommunen in unserem Bundesland vorankommt. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Während für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Nonnemacher an das Rednerpult tritt, begrüße ich unsere nächste Gästegruppe: Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Kyritz. Ich wünsche euch einen spannenden Vormittag bei uns.

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Insbesondere begrüße ich Frau Oberbürgermeisterin Tiemann und Vertreter der kommunalen Spitzenverbände. - Die Enquetekommission hat die Frage, ob es einen umfassenden Reformbedarf der Kommunal- und der Landesverwaltung angesichts der vor uns liegenden demografischen und finanziellen Herausforderungen gibt, eindeutig und einhellig mit Ja beantwortet und konkrete Empfehlungen formuliert. Dies war bei der Einsetzung der Kommission so nicht zu erwarten und scheint mittlerweile in Teilen vergessen worden zu sein. „Wahlkampfamnesie“ ist dafür wohl die zutreffende Diagnose.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Die CDU wurde als Erste frühzeitig davon befallen. Parallel zu der Klausur der Enquetekommission im Juni 2013 kassierte die CDU, die die Einsetzung der Enquetekommission maßgeblich forciert hatte, alle diskutierten Reformprojekte. Dr. Schierack verordnete seiner Partei lieber eine ordentliche Dosis Valium und einen Relaunch als „Heimatpartei“, die alles so lassen wolle, wie es ist.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt DIE LINKE und FDP)

Herr Schierack, mit Ihren 5 000 Einwohnern für Hauptverwaltungen sind Sie schon nahe an der Grenze zur Lächerlichkeit. Diese Bemerkung sei mir gestattet.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE)

Die SPD folgt dem Vorbild der CDU jetzt mit einigem zeitlichen Abstand und handelt sich prompt Plagiatsvorwürfe ein. Alles, was die armen Wähler verunsichern könnte, wird konsequent abgeräumt. Die SPD schafft es, sich in ihrem Wahlprogramm der Reaktivierung des Schulfaches Gartenarbeit zu widmen, aber die Verwaltungs- und Gebietsreform fast völlig unter den Tisch fallen zu lassen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Dabei war gerade sie es, die zwischenzeitlich richtig zuschlagen wollte - mit Mindesteinwohnerzahlen von 25 000 bis 35 000 und damit Gemeinden von der Größe der Altkreise der DDR.

(Ness [SPD]: Was?)

Wenn alle vermeintlich das Ohr ganz nah am Volk haben, dann will auch DIE LINKE nicht fehlen. Ihr Vorsitzender und Spitzenkandidat Christian Görke schießt dabei den Vogel ab

(Heiterkeit und Zurufe: Schon wieder?)

und bringt schon einmal die Verschiebung der Kreisgebietsreform auf das Jahr 2024 ins Gespräch.

(Prof. Dr. Schierack [CDU]: Was?)

Dabei düpiert er gleich noch seinen Vorgänger als Parteivorsitzenden und Vorsitzenden der Enquetekommission.

(Senftleben [CDU]: Aha!)

Denn Stefan Ludwig war es, der dafür sorgte, dass DIE LINKE in der Kommission nicht nur auf der Bremse stand, sondern - gerade am Ende - beim Ringen um die besten Lösungen für unser Land konstruktiv mitwirkte. Dafür sei ihm nochmals gedankt.

(Beifall B90/GRÜNE, DIE LINKE und SPD)

Verschweigen, verdrängen, verschieben - diese Symptomtrias ist angesichts der Wahlkampfamnesie bei allen drei großen Parteien zu verzeichnen. Garniert wird dies bisweilen mit der Aussage, erst müsse man sowieso die Funktionalreform durchführen und dann könne man noch einmal schauen, ob überhaupt noch Bedarf an Gebietsanpassungen bestehe. Dies ist, mit Verlaub, einfach Unfug. Spätestens seit der Diskussion des Bogumil-Gutachtens ist klar, dass Funktionalreform und Gebietsreform zusammengehören. Alles andere funktioniert nicht. Man kann auch keiner 3 000-Seelen-Gemeinde die Trägerschaft für ein Opernhaus überstülpen. Größe und Aufgabe müssen in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen. Wer viele Landesaufgaben kommunalisieren will, braucht auch große und leistungsfähige Einheiten, die diese Aufgaben aufnehmen können. Aus genau diesem Grund sind wir Bündnisgrüne für eine Kommunalisierung mit Augenmaß und eine moderate Reform der Kreisebene.

(Beifall B90/GRÜNE)

Statt über Gebietsreformen im Jahr 2024 - nach abgeschlossener Funktionalreform - zu philosophieren, sehen wir für den Finanzminister andere Betätigungsfelder. Herr Görke, der Endbericht der Enquetekommission hat Ihnen und Ihrem Ministerium einige gewichtige Hausaufgaben mit auf den Weg gegeben. Wie soll bei einer Reform mit den Altschulden der Kommunen umgegangen werden? Welche Anforderungen stellt eine Reform der Verwaltungs- und Kommunalstrukturen an den horizontalen Finanzausgleich?

Welche Art von Reformanschubfinanzierung ist richtig und sachgerecht? Über konkrete Aussagen der Landesregierung zu diesen Themen würde ich mich wirklich freuen. Da herrscht aber Funkstille.

Es liegt viel Arbeit vor uns, meine Damen und Herren. Meine Empfehlung an die Landesregierung lautet deshalb: Setzen Sie die konkreten Handlungsaufträge der Enquetekommission um! Erarbeiten Sie schon jetzt die notwendigen Grundlagen für die Schaffung von Amtsgemeinden und für eine Funktionalreform! Wagen Sie sich endlich auch an die Novellierung der Kommunalverfassung, um mehr Bürgerbeteiligung zuzulassen!

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Ein Wegtauchen darf es nicht geben. Dafür ist uns die Aufgabe zu bedeutend und dafür ist uns die Leistungsfähigkeit unserer Kommunen zu wichtig. - Danke schön.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt DIE LINKE und SPD)

Jetzt erhält die Landesregierung das Wort. Minister Holzschuher, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Abschlussbericht der Enquetekommission 5/2 - die übrigens einen guten Namen hatte: „Kommunal- und Landesverwaltung - bürgernah, effektiv und zukunftsfest - Brandenburg 2020“ - ist hier am 22. November letzten Jahres intensiv diskutiert worden. Ich erinnere mich, dass wir in der Bewertung dieses Berichts sehr breiten Konsens erzielt haben. Ich selbst habe damals gesagt das sage ich auch heute wieder -, dass ich diesen Bericht als „positive Enttäuschung“ empfunden habe, Enttäuschung deshalb, weil ich nicht erwartet hätte, dass es einen so fundierten, klugen und konsensfähigen Abschlussbericht geben würde wie den, der uns vorliegt.

An dem, was damals diskutiert worden ist, hat sich bis heute aus meiner Sicht nichts Wesentliches geändert; denn es ist etwas, worüber wir diskutieren müssen. Das genau ist der Grundtenor dieses Abschlussberichts: kein abgeschlossenes, fertiges Konzept, kein Gesetzentwurf, der jetzt 1:1 umzusetzen wäre, sondern eine hervorragende Diskussionsgrundlage. Die Diskussion hat begonnen, nachdem der Bericht vorgelegt worden ist, und sie wird weitergehen.