Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich ja, dass Sie, Frau Kaiser, schon so selbstkritisch mit Ihrer Aktuellen Stunde umgegangen sind, denn ich habe mir in der Tat überlegt: Was ist eigentlich aktuell an dieser Aktuellen Stunde? Wenn ich mir den Antrag anschaue, den Sie hier vor zwei Jahren gestellt haben, als wir über die Oderpartnerschaft gesprochen haben, und den heutigen, dann stelle ich fest, dass sie relativ identisch sind. Ihre Redebeiträge unterschieden sich auch nicht besonders.
In der Tat, seit vier Jahren haben wir eine Oderpartnerschaft. Wir haben auch letzte Woche ein Gipfeltreffen gehabt. Nur, es gibt nichts Aktuelles, worüber man reden könnte. Das Ganze erinnert mich an den Ausspruch eines Altbundeskanzlers:
„Alles spielt sich auf hoher Ebene ab, wirbelt viel Staub auf - und es dauert sehr lange, bis etwas dabei herauskommt.“
Wir haben in der Tat letzte Woche ein Gipfeltreffen auf hohem Niveau gehabt. Leider - das muss man sagen - ist weder das Parlament in die Vorbereitungen einbezogen worden, noch sind die Euro-Regionen einbezogen worden. Obwohl es laut Aussage einer Tageszeitung ein Arbeitspapier gab, das dieser Zeitung vorlag, lag dieses Papier dem Parlament nicht vor.
Es ist auch Staub aufgewirbelt worden. Immerhin gab es sogar einen Wortbeitrag des Ministerpräsidenten in einer Tageszeitung. Es ist aber so viel Staub aufgewirbelt worden, dass vieles im Unklaren blieb - auch im parlamentarischen Raum, sprich: im Europaausschuss. Zum einen hieß es, es gab keine Vorbereitungssitzungen, dann gab es doch wieder welche; zum anderen hieß es, es gibt ein Papier mit konkreten Angaben, dann hieß es, es gibt kein Papier. Ich denke, so kann man letztlich keine Partnerschaft aufbauen.
Die Schlussfolgerung daraus ist: Es dauert wirklich sehr lange, bis etwas herauskommt. Denn obwohl das erste Gipfeltreffen 2008 stattgefunden hat, gibt es heute noch keine Erkenntnisse daraus. Ich freue mich, dass man vorausblickend sagt, wir möchten beim nächsten Gipfeltreffen, das im Oktober 2010 in Polen stattfinden wird, ein Papier haben. Ich bin da aber ein bisschen skeptisch.
„Wenn 2030 so viele Studierende, Touristen, Kultur- und Kauflustige in unserer Oderregion unterwegs sein sollen wie 2010 zwischen Brüssel und Paris, dann müssen wir heute die Weichen dafür stellen“,
dann sage ich: Die Weichen hätten wir schon längst stellen müssen, nicht erst heute. Denn in 20 Jahren werden Sie auch dies nicht erreichen, weil wir dann leider ganz andere Strukturen haben werden.
Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion steht natürlich zu ihrem verfassungsgemäßen Auftrag der guten Zusammenarbeit mit Polen. Wir arbeiten daran. Wir vertiefen sie, aber wir sehen momentan nicht, dass daraus etwas Handfestes wird.
Herr Ministerpräsident, Sie hatten in der letzten Aktuellen Stunde noch dieses Bild vor Augen - Sie haben uns davon berichtet -, wie Sie auf die Idee kamen, eine Oderpartnerschaft aufzubauen. Das war die Donaupartnerschaft, die seit 1990 erfolgreich arbeitet. Die haben sich ein Gerüst gegeben, die haben sich eine Organisation gegeben. Auch wir müssen uns jetzt entscheiden, was wir eigentlich wollen.
Ich habe eher das Gefühl, dass wir mit der Oderpartnerschaft ein neues Gremium, eine neue Kooperationsplattform geschaffen haben, die bisher noch keine konkreten Ergebnisse liefert. Wir laufen vielleicht Gefahr - ich sage nicht, dass es so ist, aber dass wir doch Gefahr laufen -, die bisherigen guten Arbeitsbeziehungen mit den unterschiedlichen Woiwodschaften vielleicht ein bisschen zu vernachlässigen und hier im Lande nicht alle Partner an einen Tisch zu holen, die wir letztlich haben.
Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle einmal auf meine Rede von vor zwei Jahren und auf unsere Forderung eingehen, die, glaube ich, partei- und fraktionsübergreifend gestellt wurde, nämlich die Bitte an die Landesregierung, auch die Parlamente viel stärker in die Diskussion einzubeziehen.
Uns wurde entgegnet, natürlich seien wir frei, eigene Partnerbeziehungen aufzubauen. Das wollen wir aber nicht. Uns geht es darum, keine neue Struktur zu schaffen, sondern dort anzusetzen, wo es effektiv ist, nämlich unseren Part dazu beizutra
Es wäre mir lieb, wenn Sie sich bei den nächsten Europaverhandlungen weniger an Elefanten orientieren würden. Es gibt Tiere, die es bodennäher und auch effektiver machen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gemeinsam die Zukunft gestalten, ist das Motto der heutigen Aktuellen Stunde. Die deutsch-polnische Kooperation im Rahmen der Oderpartnerschaft ist eine Querschnittsaufgabe, eine Querschnittsaufgabe für alle Fachpolitiken und eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft.
Das wird in der Hektik des Tagesgeschäfts leider immer wieder vergessen. Nicht allein die Staatskanzlei oder der Wirtschaftsminister sind dafür zuständig, sondern alle Häuser dieser Landesregierung und auch, das möchte ich betonen, dieses Parlament. Doch jede Partnerschaft, sei sie informell oder institutionell organisiert, bedarf der Menschen, die sie organisieren, und - das ist der entscheidende Punkt - Menschen, die diese Partnerschaft leben.
Vor zwei Jahren hatte Ministerpräsident Matthias Platzeck an dieser Stelle zum deutsch-polnischen Verhältnis Folgendes gesagt:
„Es wäre ein Irrtum, anzunehmen, dass sich irgendetwas im Selbstlauf entwickelt. Das werden wir in unserer Generation nicht erleben. Die Verhältnisse werden sich nicht von selbst verbessern. Dieser Illusion dürfen wir uns nicht hingeben. Selbst die noch so gute und eingespielte Zusammenarbeit auf allen Ebenen von Verwaltungen und Politik wird dafür nicht genügen. Auch die gemeinsame Mitgliedschaft in der Europäischen Union wird dafür nicht genügen. Harte Arbeit wird erforderlich sein, um Vertrauen mit Fundamenten zu versehen und daraus eventuell Freundschaft erwachsen zu lassen.“
Wir dürfen uns von eventuellen Rückschlägen bei der Oderpartnerschaft nicht entmutigen lassen. Eine einzelne Konferenz, die nicht die erhofften Ergebnisse gebracht hat, ist nichts gegenüber der allmählichen Auflösung der historisch zu nennenden Feindschaft zweier Nationen. Muss ich an die Verbrechen erinnern, die Deutsche Polen angetan haben, und an die daraus resultierende tiefe Verbitterung, mit der viele Polen den Deutschen noch jahrzehntelang begegneten? Die Sprachlosigkeit und das tiefsitzende Misstrauen konnten auch jahrzehntelange sozialistische Bruderländerrituale nicht überwinden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war ein weiter Weg von Waffenbrüdern zu Nachbarn, und es ist ein weiter Weg von Nachbarn zu Freunden. Erst mit Solidarno´s´c als Wegbereiterin für die friedliche Revolution in der DDR und schließlich mit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union begannen
ernsthafte Gespräche unter Nachbarn. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Kooperationen zwischen polnischen und Brandenburger Kommunen, Vereinen und Akteuren der Zivilgesellschaft. Eine ganz besondere Bedeutung kommt den Euro-Regionen zu, die dieser Bedeutung auch gerecht werden.
Ganz wichtig ist mir das Deutsch-Polnische Jugendwerk; denn durch den Jugendaustausch werden die elementaren Grundlagen für eine Zukunft beider Nationen in Freundschaft und Frieden gelegt. Die Oderpartnerschaft existiert nun seit fast vier Jahren als informelle Plattform zum Gedankenaustausch. Initiiert wurde die Oderpartnerschaft maßgeblich von den Wirtschaftsverwaltungen in Brandenburg und Berlin, die Partner aus den westpolnischen Woiwodschaften zu einem Kongress einluden. Deshalb stehen bis heute die Themenfelder Wirtschaft, Verkehr und Tourismus im Zentrum des Interesses.
Inzwischen hat die Oderpartnerschaft eine deutlich größere Dimension angenommen und ist von einer Fachkooperation zu einem politischen Begriff geworden. Kooperation in Ausbildung und Bildung sowie in Wissenschaft und Forschung werden zukünftige Themen dieser Partnerschaft sein. Ab dem 1. Mai 2011 werden wir einen gemeinsamen Arbeitsmarkt haben. Auch darauf müssen wir uns aktiv vorbereiten.
Es ist kein Geheimnis, dass die Warschauer Zentralregierung von Anfang an eher misstrauisch auf die Gespräche und Verabredungen geschaut hat, die im Rahmen der Oderpartnerschaft stattgefunden haben, dies umso genauer, je mehr die Oderpartnerschaft zu einem politischen Begriff geworden ist. Warschau befürchtete eine Art Nebenaußenpolitik der Woiwodschaften, zu der diese jedoch gemäß der polnischen Verfassung und der polnischen Gesetze nicht befugt sind.
Als Deutsche haben wir jedoch kein Recht, uns über den polnischen Verwaltungs- und Staatsaufbau zu beklagen. Wir müssen mit den Strukturen, wie sie da sind, umgehen. Deshalb haben wir in allen Gesprächen im Rahmen der Oderpartnerschaft versucht, die polnische Zentralregierung einzubinden. Im Übrigen sollten wir den Polen auch zugestehen, nicht alle Winkelzüge des deutschen Föderalismus rational erklären zu können. Auch Brandenburg kann nicht allein über den Bundesverkehrswegeplan entscheiden. Apropos Verkehrswege: Auf der Konferenz, die vergangene Woche stattfand und die auf den Herbst vertagt wurde, ging es im Wesentlichen um den Ausbau der grenzüberschreitenden Verkehrswege. Wie wir alle wissen, ist dieses Thema auch bei uns in Deutschland und speziell in Brandenburg ein Politikbereich, der nicht immer in allergrößter Einmütigkeit diskutiert wird.
Nun hat in Polen die Wirtschafts- und Finanzkrise ebenfalls ihre Spuren hinterlassen. Geringer werdende Finanzmittel schränken die Handlungsspielräume ein. Das wissen wir aus eigener Erfahrung. So müssen wir leider bei der Fußball-Europameisterschaft 2012 mehr Zeit für die An- und Abreise zu manchen Austragungsorten einplanen. Deshalb lassen wir uns aber nicht die Vorfreude auf das Großereignis nehmen. Ich zumindest habe große und berechtigte Hoffnungen, dass wir zu den zwei Städten der Oderpartnerschaft, die Gastgeber sein werden, nämlich Pozna´n und Wroclaw, rechtzeitig schnellere Verbindungen bekommen werden.
In diesem Sinne möchte ich für den Entschließungsantrag der Koalition werben und bin guter Dinge, dass das nächste Spit
zentreffen im Rahmen der Oderpartnerschaft im Oktober ein Erfolg für beide Seiten werden wird. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Ausrichtung und Bedeutung der Oderpartnerschaft haben wir jetzt schon einiges gehört. Ich möchte dem vor allem drei Punkte hinzufügen.
Erstens: Dass an dieser Partnerschaft acht Regionen aus Deutschland und Polen teilnehmen, ist zunächst vor allem auch nach innen, nämlich für die Kooperation zwischen den beteiligten Regionen selbst, ein wichtiges Signal. In einer Welt, in der alles immer stärker voneinander abhängt, ist es ein Wettbewerbsvorteil, wenn wir die Herausforderungen, vor denen jeder Einzelne von uns steht, immer stärker gemeinsam angehen.
Diese Zusammenarbeit ist zugleich eine historische Chance. Denn dass die Menschen in diesen beiden Regionen, deren Geschichte sehr wechselvoll geprägt ist an der Oder-Neiße-Linie, wieder zueinanderfinden, ist keine Selbstverständlichkeit. Der Historiker Karl Schlögel hat die Geschichte der Region diesseits und jenseits der Grenze einmal als Doppelgeschichte bezeichnet. Wenn dieses ehemals trennende Element, diese Grenze, jetzt zunehmend als verbindendes Element wahrgenommen wird, wenn Polen und Deutschland jetzt gleichberechtigte Mitglieder der Europäischen Union sind, ist damit das wesentliche Ziel, die Grundlage für das Zusammenwachsen dieser Region, geschaffen.
Zweitens: Mit der Oderpartnerschaft verbindet sich auch ein wichtiges Signal nach außen. Hier wächst eine Gemeinschaft zusammen und gemeinsam heran, die in Zukunft ein ganz eigenes Gewicht erlangen kann. Wir wollen die deutsch-polnischen Beziehungen auf eine Stufe mit den deutsch-französischen stellen.
Das ist nicht nur eine politische Willenserklärung, sondern wir wollen damit die Ansätze aufnehmen, die erkennen lassen, dass hier im Herzen Europas zwischen den acht Oderanrainerregionen in Zukunft etwas Vergleichbares entsteht, wie wir es an der westlichen Grenze der Bundesrepublik schon beobachten können. Dort findet man heute entlang der Rheinschiene integrierte Lebens- und Wirtschaftsräume, in denen die regionalen Zentren über Grenzen hinweg ihre Anziehungskraft entfalten. In diesem Ziel sind wir uns, wie ich glaube, alle einig.
Damit komme ich zum dritten Punkt. Sicher muss man berücksichtigen, dass dieser Prozess ein schwieriger und langwieriger ist. Dennoch ist es ernüchternd, dass man sich beim Spitzentreffen der Oderpartnerschaft vergangene Woche hier in Potsdam noch nicht auf eine gemeinsame Erklärung zum Ausbau der Verkehrswege einigen konnte. Das macht es manchmal schwierig, den Bürgerinnen und Bürgern den Mehrwert dieser informellen Plattform nahezubringen. Auch in den polnischen Medien ist das Echo auf die Konferenz letzte Woche deshalb gering geblieben. Die Menschen, die regelmäßig zwischen Po
len und Brandenburg pendeln oder die sogar ihren Wohnsitz in das jeweils andere Land verlegt haben, sind in ihrem Alltag der Politik manchmal um Längen voraus.
Und sie sehen oftmals womöglich nicht, dass hinter der Verbesserung der Infrastruktur und dem Ausbau der Verkehrsnetze ein enormer Abstimmungsbedarf und Verwaltungsaufwand steht, nicht nur zwischen den acht regionalen Partnern, sondern auch mit der Bundesregierung und der Zentralregierung in Warschau. Deshalb müssen wir gerade als Parlamentarier verstärkt für den Gedanken der Oderpartnerschaft werben. Der lautet: Gemeinsam geht es besser - auch wenn es erst einmal sehr kleine Schritte sind. - Genau hierin sehe ich auch den Beitrag des Landtages für die Oderpartnerschaft. Wir sollten regelmäßige Treffen und Konsultationen auch auf der Ebene der Parlamentarier initiieren. Den Auftakt hierzu könnte ein Treffen von Parlamentariern der Oderainrainer anlässlich des 20. Jahrestages der Deutschen Einheit und damit auch des runden Geburtstages der ostdeutschen Bundesländer bieten. Die Menschen in Polen haben mit ihrem Willen zu Freiheit und Frieden 1989 entscheidend dazu beigetragen, dass die Einheit Europas und Deutschlands verwirklicht werden konnte. Ein solches Treffen gäbe wieder einmal die Gelegenheit, diesen Beitrag von deutscher Seite her zu würdigen.
Gleichzeitig könnte man zeitnah zum nächsten Spitzentreffen der Oderanrainerpartner, ebenfalls im Oktober 2010, einen fachbezogenen Austausch zwischen den Abgeordneten ins Leben rufen. Lassen Sie uns dazu eine deutsch-polnische Parlamentariergruppe beim Landtag ins Leben rufen und auch mit der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe vom Bundestag kooperieren; denn damit könnten wir auch den schon angesprochenen Unterschieden in Verwaltungs- und Staatsstruktur zwischen Deutschland und Polen Rechnung tragen, also dem Umstand, dass vieles, was wir auf Länderebene regeln können, in Polen der Abstimmung mit der Zentralregierung bedarf.
Meine Damen und Herren, so richtig die eingeschlagene Richtung der Oderpartnerschaft ist, so wichtig ist es dennoch, gerade bei den naheliegenden Dingen am Ball zu bleiben. Zu nennen sind da ein gemeinsames grenzübergreifendes Tourismuskonzept, der verstärkte Ausbau des Sprachunterrichts auf beiden Seiten in Schulen und Kitas, der Ausbau der direkten Verkehrsverbindung, die Vereinfachung für die Euro-Region, die Vereinheitlichung der Förderrichtlinien und auch ein besserer Abfluss der Mittel des Landes.
Wenn wir den Raum zwischen Berlin, Stettin, Frankfurt (Oder), Dresden, Breslau und Posen zu einer wirtschaftlich erfolgreichen und lebenswerten Region machen wollen, dann müssen wir im Kleinen beginnen, das aber mit Nachdruck. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Teuteberg. - Der Abgeordnete Vogel setzt die Debatte für die Fraktion GRÜNE/B90 fort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen ist unverändert