Protocol of the Session on February 26, 2014

Mittel- und langfristig müssen die Treibhausgasemissionen so weit vermindert werden, dass der durchschnittliche globale Temperaturanstieg 2 Grad Celsius nicht überschreitet. Für die Industriestaaten bedeutet das bis 2050 eine Senkung des Treibhausgasausstoßes um 85 % bis 90 % innerhalb von zwei Zwischenetappen, nämlich bis 2020 um 40 % und bis 2030 um 50 % und dann 2050 das Endziel. So weit, so gut. Allerdings wissen wir bereits heute, dass die 40 % bis 2020 wohl nur sehr schwer und wenn überhaupt nur unter größten Anstrengungen für uns zu erreichen sein werden.

Meine Damen und Herren, das Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfes, verbindliche Klimaschutzziele für Brandenburg festzulegen, die von Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung begleitet werden, unterstütze ich grundsätzlich. Bislang lautet das Ziel der Energiestrategie 2030, die energiebedingten CO2-Emissionen bis 2030 um 72 % auf dann 25 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr abzusenken.

Aber der Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geht noch weiter. Mit ihm sollen nicht nur Klimaschutzziele für die energiebedingten CO2-Emissionen festgelegt werden, sondern für die Kyoto-Treibhausgase insgesamt, also auch für Methan, für Lachgas, für fluorierte Gase wie Fluorkohlenwasserstoffe. Wenn man sich die Entwicklung der Emissionen der Kyoto-Treibhausgase ansieht, stellt man zum Beispiel fest, dass der Methanausstoß in Brandenburg zwischen 1990 und 2012 bereits um 91 % gesenkt wurde. Auch das kann gesagt werden.

Für Fluorkohlenwasserstoffe und Kohlenwasserstoffe sind aufgrund des nur sehr geringen Anteils gar keine Daten verfügbar, sodass das Hauptaugenmerk wohl auf den CO2-Emissionen bleiben wird.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf, der in abgewandelter Form in verschiedenen anderen Bundesländern bereits als Gesetz oder Gesetzentwurf vorliegt, wirft jedoch viele Fragen auf, die die Kollegen von den Grünen bewusst oder unbewusst, jedenfalls nicht beantwortet oder umschifft haben. So haben Sie bislang nicht erläutert - auch nicht im Gesetzentwurf -, wie Sie auf die jeweiligen Einsparziele bis 2050 kommen. Ob diese Ziele realistisch sind, kann ich heute nicht beantworten.

Obwohl sich Ihr Gesetzentwurf in erster Linie an die öffentliche Verwaltung richtet, sollen die Klimaschutzziele für das ganze Land gelten. Damit richten sie sich auch an die Bereiche Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr, Immobilienwirtschaft und Energieerzeugung. Es ist die Energieerzeugung - und damit auch die Braunkohleverstromung -, die Sie mit dem Gesetzentwurf wohl eigentlich ins Auge fassen.

Brandenburg ist nach wie vor Energieexportland und muss dies auch mittelfristig bleiben. Fakt ist, dass die Braunkohle für die Versorgungssicherheit von Berlin und Brandenburg und auch von Teilen der Bundesrepublik derzeit nicht ersetzbar ist. Stabile Strompreise in unserem Land sind mittelfristig nur mit der Braunkohle möglich. Das ist eine Feststellung, die im Moment nicht anders ausfallen kann.

(Beifall des Abgeordneten Senftleben [CDU] und des Abgeordneten Ness [SPD])

Solange die notwendige Infrastruktur der Netze und die erforderlichen Speichertechnologien nicht dem Bedarf entsprechen, ist der Ausstieg aus der Braunkohle nur eine theoretische und keine gegenwärtig reale Option. Fakt ist zudem, dass gerade durch den ungesteuerten und unkoordinierten Ausbau von erneuerbaren Energien auch hier in Brandenburg die Bedeutung der Braunkohle eher gewachsen als geschwunden ist.

Eine weitere Frage, die ich mir stelle, ist, welche Bürokratie und welcher Kostenaufwand mit diesem Gesetz verbunden sind. Das Land soll einen Klimaschutzplan mit einer Reihe von Elementen und die Gemeinden sollen Klimaschutzkonzepte erarbeiten. Zudem sehen Sie ein Monitoring vor, welches es in Brandenburg bereits gibt. Zu den Kosten sagen Sie jedoch nichts. Sie fordern nur, dass ab dem Jahr 2015 Haushaltsmittel bereitgestellt werden sollen.

Die aus meiner Sicht wesentliche Frage ist, wie und durch welche konkreten Maßnahmen dieses Gesetz den Klimaschutz voranbringt. Auch darauf finde ich in dem Gesetzentwurf keine Antwort. Eine klimaneutrale Verwaltung ist nichts weiter als eine Nebelkerze und blendet die bisherigen Anstrengungen und klimapolitischen Maßnahmen in Brandenburg aus.

Meine Damen und Herren! Um Antworten auf die Fragen zu finden und uns mit den Auswirkungen dieses Gesetzes auf den Klimaschutz und mit den Folgen für die Wirtschaft, die Bürger und die öffentliche Verwaltung ernsthaft befassen zu können, werden wir einer Überweisung des Gesetzentwurfes sehr gern zustimmen.

(Beifall des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Sollte der Gesetzentwurf nicht an die Ausschüsse überwiesen werden, werden wir ihn ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dombrowski. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Frau Abgeordnete Steinmetzer-Mann hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Stockholm, Rio de Janeiro, Kyoto oder auch Durban sind Städte, die mit dem Klimaschutz in Verbindung gebracht werden. Ob sie positiv oder negativ damit assoziiert werden, sei erst einmal dahingestellt. Fakt ist, dass der Klimaschutz einer der zentralen und globalen Herausforderungen unserer Zeit ist und wir im Kleinen damit anfangen müssen - global denken und lokal handeln.

Gerade wir in Brandenburg haben eine besondere Verantwortung, da wir einen überdurchschnittlichen CO2-Ausstoß im Land aufweisen. Deswegen hat sich die Landesregierung in der Energiestrategie zu deutlichen Reduktionszielen bekannt. 72 % der energiebedingten CO2-Emissionen sollen bis zum Jahr 2030 im Gegensatz zum Jahr 1990 eingespart werden. Kollege Dombrowski ist bereits darauf eingegangen.

Strategien haben einen gewissen Nachteil: Sie sind nicht rechtsverbindlich. Wer es mit dem Klimaschutz ernst meint, der kann nichts dagegen haben, bereits verabredete Ziele verbindlich zu machen. An dieser Stelle möchte ich bewusst ein Zitat anführen:

„Wir sind reich genug, uns Klimaschutz zu leisten - und sind zu arm, um auf Klimaschutz zu verzichten.“

- Sigmar Gabriel. - Deswegen steht die Linke einem Klimaschutzgesetz, das CO2-Reduktionsziele verbindlich festschreibt und den Weg dahin aufzeigt, sehr aufgeschlossen gegenüber

(Beifall DIE LINKE und B90/GRÜNE - Jungclaus [B90/GRÜNE]: Aber!)

- nicht zu früh freuen! -, aber die Festlegungen müssen hiebund stichfest sein, verehrte Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Beifall DIE LINKE - Jungclaus [B90/GRÜNE]: Das können wir gern gemeinsam machen!)

- Genau. - In Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen wurden bereits Klimaschutzgesetze beschlossen; Kollegin Gregor-Ness ist darauf eingegangen.

Bei der Verabschiedung in NRW sagte Umweltminister Remmel:

„Ich bin davon überzeugt, dass dieses Gesetz in anderen Ländern und im Bund zur Blaupause werden kann und wird. Ich fordere geradezu zu Copy-and-paste auf.“

Das ist ein Appell, den Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sehr ernst, sehr wörtlich genommen haben. Sie haben einen beinahe identischen Gesetzentwurf vorgelegt, allerdings mit einem riesengroßen Unterschied: Die Klimaschutzziele für Brandenburg und auch

die vorgesehenen Zeiträume sind von Ihnen im Vergleich zum NRW-Gesetz sehr viel strenger formuliert, schauen Sie sich § 3 Abs. 1 an.

Wenn man das liest, dann stellt sich die Frage - nicht nur ich stelle mir die Frage; Herr Dombrowski hat einige aufgezählt -: Wie kommen Sie zu diesen Zahlen?

Unklar ist für mich auch der Punkt in Ihrer Gesetzesbegründung, die Klimaschutzziele seien das Ergebnis einer Abwägung. Was haben Sie genau abgewogen? Das können Sie nachher vielleicht ausführen.

Ich nenne Ihnen ein Beispiel, das Sie kennen. Die Landesregierung hat im Rahmen der Energiestrategie für die energiebedingten CO2-Emissionen die möglichen Ziele für das Jahr 2030 genau durchrechnen lassen, und das macht genau den Unterschied aus.

(Jungclaus [B90/GRÜNE]: Warum zweifeln Sie die Er- gebnisse an?)

Worauf Ihre Zahlen und Ziele beruhen, erschließt sich mir nicht.

Zum Vergleich Baden-Württemberg: Dort hat die Landesregierung vor Festlegung der Klimaschutzziele Gutachten in Auftrag gegeben, in denen sektorenbezogene Minderungsziele für einige Bereiche ermittelt und begründet werden sollten: Strom, private Haushalte, Industrie und Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft, öffentliche Hand, Verkehr und Abfall. Nur auf solch einer Grundlage können Sie erreichbare Ziele und notwendige Maßnahmen festlegen, seriöse Reduktionsziele vorschlagen und eine gesellschaftliche Debatte in Gang setzen. Deshalb werden wir den Gesetzentwurf für ein Klimaschutzgesetz, das wir als Linke - ich sage es noch einmal - gern haben wollen, dem nächsten Landtag überlassen müssen.

Ich drücke allen Abgeordneten der nächsten Legislaturperiode ganz fest die Daumen, dass dieses Klimaschutzgesetz Wirklichkeit wird.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Frau Abgeordnete Steinmetzer-Mann. - Wir kommen zum Beitrag der FDP-Fraktion. Herr Abgeordneter Beyer hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe nicht, dass das der Beginn einer Koalitionskrise ist. Wir haben morgen Abend schon eine Sondersitzung.

(Domres [DIE LINKE]: Keine Sorge! - Weitere Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

- Ja, ja. Ich fange doch erst an. Ich laufe mich doch erst ganz langsam warm. - Wie dem auch immer sei.

(Jungclaus [B90/GRÜNE]: Deine Ampel steht aber auch im Weg!)

- Ja, ja. Jetzt bleibt doch einmal ruhig. - Ich war mir den ganzen Tag nicht sicher, was das Highlight des Tages wird, die Jagdrechtskiste nachher - schauen wir einmal; das kommt noch oder das Klimaschutzgesetz.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Den Bock schießen Sie ab!)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, damit wir uns nicht ganz entfremden, vornweg die Bemerkung: Es gibt Situationen im Leben, in denen man sich in dem Ziel völlig einig ist, aber einen völlig anderen Weg dahin gehen will.

Wenn ich wohlwollend zu erfassen versuche, was das Ziel ist, das hinter diesem Klimaschutzgesetz steht, dann vermute ich, dass wir wahrscheinlich gar nicht weit voneinander entfernt sind.

Es wird einen Wandel in den Energiesystemen geben. Wir werden uns noch lange darüber unterhalten. Die Brücken werden wahrscheinlich viel länger sein, aber die Energieversorgung von heute wird nicht die Energieversorgung von morgen sein. Ich glaube, darin sind wir uns einig.

Die Wege, wie gesagt, das ist das eigentliche Problem. In dem Gesetzentwurf haben Sie das schön systematisch aufgearbeitet: a) Problem, b) Lösung, c) Alternativen. Deshalb will ich es genauso aufmachen.

A) Der erste Satz unter A:

„Die Folgen des anthropogen verursachten Klimawandels sind weltweit und auch in Brandenburg bereits deutlich sicht- und spürbar“.

Das war ja eben sozusagen der Weltuntergang, den wir wieder erlebt haben. Ich musste mich an meine Studienzeit erinnern. Das ist round about 20 Jahre her. Damals gab es in Eberswalde einen Professor. Den gibt es heute immer noch. Er ist heute einer der Präsidenten der zahlreichen Landesämter, die wir haben. Er hatte eine Lieblingsthese. Er sprach in seinen Vorlesungen immer von der Versteppung Brandenburgs - die Versteppung Brandenburgs, quasi der Weltuntergang. Wenn ich heute durch das Land fahre, dann habe ich eher den Eindruck, wir haben viel zu viel Wasser in der Landschaft. Von daher könnte man, was das Problem anbelangt, über manche Details reden, aber was soll‘s.