Protocol of the Session on February 10, 2014

(Heiterkeit und Beifall FDP, CDU und B90/GRÜNE)

Nein, in einer Bananenrepublik leben wir in der Tat nicht; denn was die Bananen anbelangt, haben wir schlichtweg das Klima dafür nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor allen Dingen: Werter Herr Minister! Ich will bei dieser Gelegenheit einige Dinge sehr deutlich klarstellen.

Ich erwarte von einem Wirtschaftsminister, dass er sich gemäß seinem Amtseid mit ganzer Kraft auch persönlich - ich sage ausdrücklich: auch persönlich - um die Anwerbung von Investoren bemüht. Dabei hat er selbstverständlich auch persönliche Gespräche zu führen. Er hat selbstverständlich auch mit Investoren - wenn es sein muss, persönlich - zu telefonieren. Und er kann sich natürlich, wenn es Sinn ergibt, auch im Ausland ein Bild über die Lage verschaffen und sich dort um Investoren bemühen.

Der Minister hat selbstverständlich - wenn er zu der Auffassung kommt - eine eigene Entscheidung auch gegen den Rat von Ratgebern zu exekutieren. Das ist sein gutes Recht, deshalb ist er Minister. Er ist eben kein Abzeichnungsonkel am Ende einer Befehlskette. Er ist Letztentscheider und damit auch der letztendlich Verantwortliche für seine Entscheidung. Genau aus diesem Grund steht er im Besonderen in der Pflicht, seine Entscheidung wohl abzuwägen, wohl zu dokumentieren

und am Schluss gegebenenfalls die Verantwortung dafür zu übernehmen.

Herr Minister, im Fall Odersun habe ich Ihnen nicht vorgeworfen, dass Sie zu der Auffassung gelangt sind, die Rettungsbeihilfe schlussendlich zu gewähren. Nach meiner Meinung haben Sie sich dabei im Bereich einer Abwägung befunden.

Ich werfe Ihnen aber sehr wohl vor, dass Sie am 19.01.2012 nachdem Ihnen mitgeteilt worden war, dass der russische Zweitinvestor ausgestiegen ist - nicht die Reißleine gezogen haben. Über das gesamte Verfahren hinweg war unmissverständlich klar, dass Rusnano nur dann investieren würde, falls ein Zweitinvestor in gleicher Höhe, mit 25 Millionen Euro, einsteigt; nur dann wäre es zu dieser Investition von Rusnano gekommen. Hier ging es nicht mehr um eine Abwägung; denn es war nichts mehr abzuwägen. Nach der Absage aus Moskau war die Sachlage klar.

Nein, Herr Minister, Sie haben sich damals in einem persönlichen Gespräch mit den Investoren, an dem übrigens auch Ihr Vorgänger im Amt, Herr Junghanns, als Berater der Investoren teilgenommen hat, unter Zeitdruck setzen lassen. Und Sie haben nach meiner persönlichen Meinung eine ganz klare Fehlentscheidung getroffen, von der wir gegenwärtig noch nicht wissen, wie teuer sie das Land insgesamt zu stehen kommen wird. Herr Minister, das Schlimme daran ist: Sie haben es keine neun Monate später wieder getan.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, man kann in einer Plenardebatte nicht zwei Förderfälle minutiös aufarbeiten - nicht in 15 Minuten, nicht in 30 Minuten; das ist von der Redezeit relativ unabhängig. Dennoch möchte ich einige weitere Punkte klarstellen. Herr Minister, glauben Sie mir: Ich gehöre nicht zu jenen Zeitgenossen, die einfach so, aus einer politischen Laune heraus einen anderen Menschen als Lügner bezeichnen. Aber im Fall HBS haben Sie nach meiner festen Überzeugung gelogen.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Aus Ihrem Verhalten und aus der Akte zu der Zeit um den 26.09. wird in völliger Klarheit deutlich, dass Sie persönlich zwar nicht in einer Weisung - wohlgemerkt; wer es gut mit Ihnen meint, mag Ihnen diesbezüglich sogar Bauernschläue unterstellen -, aber eben faktisch für die Auszahlung der Fördermittel Sorge getragen haben.

Noch am Vortag - so geht es zweifelsfrei aus dem vorbereitenden Gesprächsvermerk Ihres Hauses hervor - hatte sich die ILB geweigert, und zwar wohldokumentiert und wohlbegründet, einer Auszahlung der Fördermittel zuzustimmen.

Am Tag nach Ihrem Gespräch ist dann alles ganz anders: Es wird sofort, innerhalb von nur zwei Tagen, ausgezahlt. Es wird ohne jegliche Inaugenscheinnahme der Investgüter ausgezahlt. Es wird ohne jede Reduzierung eines Betrages ausgezahlt, wobei den letzten Punkt die ILB übrigens zwei Tage später nicht so vollzogen hat; sie hat den Betrag in der Tat um 1 Million Euro gekürzt. Offensichtlich war das das Mindestmaß an zivilem Ungehorsam gegenüber einem außer Rand und Band geratenen Minister, den die ILB gerade noch so riskieren konnte.

(Beifall FDP, CDU und B90/GRÜNE)

Was war da passiert, Herr Minister, an jenem 26. September? Sieben Personen saßen auf Ihre Einladung hin zusammen. Drei waren Vertreter des Investors; die Interessenslage dieser drei Personen ist klar. Es bleiben also vier übrig. Zwei davon, die Vertreter der ILB, waren bis zum Vortag auf allen Kanälen und wohldokumentiert gegen die Auszahlung. Einer - der Vertreter aus Ihrem Ministerium, Ihr Referatsleiter - schrieb Ihnen noch am Vortag - ich zitiere wörtlich -:

„Aus Sicht des Referates kann MWE nicht optimierend in das Verfahren eingreifen.“

Herr Minister, es bleibt nur noch einer übrig: Sie bleiben übrig! Sie allein wollten die Auszahlung, und Sie allein haben sie letzten Endes veranlasst - und das, sehr geehrter Herr Minister, nachdem die ILB noch 15 Tage zuvor, am 11. September 2012, eine Ergänzung zu der Strafanzeige vom April desselben Jahres an die ILB übermittelt hatte.

Sehr geehrter Herr Minister, kommen Sie mir bitte nicht damit, man habe ja auszahlen müssen, weil Schadensersatzforderungen gedroht hätten. In keinem der drei dokumentierenden Vermerke aus diesem Zeitraum - nicht im Vorbereitungsvermerk vom 25. September, nicht im Gesprächsvermerk vom 26. September, auch nicht im Vollzugsvermerk vom 28. September taucht auch nur ansatzweise irgendein Hinweis darauf auf, dass sich die Beteiligten aus der Zwangssituation der Abwendung von möglichen Schadensersatzforderungen heraus zur Auszahlung entschlossen hätten. Nirgendwo taucht das auf!

Wer deutsche Beamte kennt, der weiß: Das wäre ja der Grund gewesen, sich abzusichern. Das wäre aufgetaucht, wenn es so gewesen wäre. Aber das war ja letzten Endes auch inhaltlich Blödsinn, da die HBS weder die notwendige Bestätigung der Hausbank noch die notwendige Bonitätsprüfung vorgelegt hatte. Es bestand gar kein Rechtsanspruch auf Auszahlung der Mittel!

(Beifall FDP und CDU)

Nein, Herr Minister, Sie wollten - aus welchen Gründen auch immer; ich kenne sie nicht - auszahlen, und Sie haben die Auszahlung veranlasst. Jegliche andere Behauptung, Herr Minister, ist eine Lüge.

Delikat sind dabei so manche Ihrer Schutzbehauptungen und die eine oder andere Randnotiz in diesem Fall. Interessant sind auch die Aktenbelege, in denen dokumentiert ist, dass Ihr Staatssekretär Heidemanns Ihnen von weiteren persönlichen Treffen mit dem Investor dringlich abgeraten hat - dringlich abgeraten hat! Man kann nur vermuten, dass das einer der vielen Gründe war, warum er letzten Endes gehen musste.

(Ah! bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Herr Minister, ich gestehe an dieser Stelle gern, dass mir so manche öffentliche Erklärung der letzten Tage leichter gefallen wäre, wenn es nicht um Sie gegangen wäre. Sie gehören immerhin zu denjenigen Regierungsmitgliedern, die nicht alles oder fast alles - falsch gemacht haben; auch solche gibt es in der rot-roten Landesregierung. Aber Sie haben sich selbst in diese Lage gebracht. Sie haben Fehler gemacht und besitzen nicht die Größe, diese zu bekennen. Sie haben sich immer tiefer in ein Lügengebäude verstrickt. Nach Ihrer letzten Erklä

rung werden Sie wohl auch noch die kommenden rund acht Monate auf der Regierungsbank absitzen wollen. Schade, kann ich da nur sagen. Brandenburg brauchte eigentlich in jedem dieser acht Monate einen Wirtschaftsminister, der noch etwas bewegen kann.

Herr Ministerpräsident, fortwährend bestimmen Negativschlagzeilen die Berichterstattung über die Landesregierung. Beispiele dafür sind der Rücktritt des Justizministers, die Personalquerelen im Wirtschaftsministerium, das Versagen bei der Polizeireform, die vielfältigen Defizite im Bildungsressort - ich will sie gar nicht aufzählen - sowie permanente und erfolgshemmende Koordinationsprobleme zwischen Agrar- und Umweltressort. Das alles wird verstärkt von einem geradezu skandalösen Versagen der Landesregierung bei der Bewältigung der bis heute ungelösten Probleme rund um den Neubau des Flughafens Berlin-Brandenburg.

Herr Ministerpräsident, Sie haben kurz vor Ihrem Regierungsantritt gesagt, Sie wollten eine Ackerfurche durch das Land ziehen. Ich persönlich war lediglich deshalb etwas skeptisch, weil Sie sagten, Sie wollten nur eine ziehen, eine persönliche. Nun gut, Sie sind halt etwas bescheidener als ich. Ich hätte in ähnlicher Lage wahrscheinlich von mehreren Ackerfurchen geredet. Aber ich habe damals gedacht: Na ja, der Mann hat etwas vor. Von den passenden Werkzeugen scheint er offensichtlich auch etwas zu verstehen.

Was ist denn nun mit der Furche, Herr Ministerpräsident? Ich sehe keine. Ich sehe Stillstand. Ich sehe ein Sich-über-die-Zeit-Retten. Ich sehe ein Sich-Durchwurschteln. Und noch nie zuvor habe ich ein so visionsloses Agieren einer Landesregierung erlebt.

(Widerspruch bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Werte Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, da sitzen Sie - die Enkel von Willy Brandt und Helmut Schmidt.

(Heiterkeit bei FDP und CDU)

Willy Brandt und Helmut Schmidt waren zweifelsohne zwei der großen Kanzler der Republik; das betone ich gern. Beide hatten den Mut, in schwerer Zeit und auf schwerem Boden - so viel zur Ackerfurche - eine Furche durch das Land, durch die Republik zu ziehen: der eine mit kleinen, aber umso angemesseneren und erfolgreichen Schritten, der andere, der standhaft blieb, als die eigene Truppe von der Fahne ging und in noch manch anderer schwerer Stunde.

Werte Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, Sie lassen sich gelegentlich in sozialen Netzwerken und an anderer Stelle gern damit zitieren, dass Sie neben der schlechtesten CDU der Republik säßen. Ich will diese Aussage weder bewerten, noch will ich sie - das sage ich ausdrücklich - mir zu eigen machen. Aber eines will ich Ihnen an dieser Stelle schon sagen: Achten Sie darauf! Achten Sie darauf, dass die Truppe, die auf der anderen Seite von Ihnen sitzt, nicht eines Tages ursächlich dafür ist, dass man sagt, in diesem Hause säße die schlechteste SPD der Republik.

(Beifall FDP und CDU - Lachen bei der SPD)

Werte Kolleginnen und Kollegen, seit 1994 fehlt dem Land jeglicher ordnungspolitischer Kompass, allem voran in der Wirt

schaftspolitik. Das ist die Ursünde, die maßgeblich dafür ist, dass unser Land anfällig geworden ist. Der klare, nüchterne Blick, den die Brandenburger haben, fehlt leider der politischen Klasse in diesem Land; er ist verlorengegangen. Das Schlimmste daran ist: Wir haben es nicht geschafft, jene Aufbruchstimmung zu erhalten, die die Politik von 1990 bis 1994 bestimmt hatte.

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE])

- Ja, ja. Ganz ruhig! Einen Moment müssen Sie noch durchhalten. - Eine brandenburgische Tageszeitung titelte heute kurz und knapp - mir hat es gefallen, auch weil es so prägnant ist -: „Das Versagen“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist bitter, wahrnehmen zu müssen, welche Fehlentwicklungen unser Land seit Jahren bestimmen. Es ist noch bitterer, wahrnehmen zu müssen, was diese rot-rote Landesregierung in nur vier Jahren dem noch obendrauf gesetzt hat. Das ist bitter.

Wir haben diese Sondersitzung nicht beantragt, aber wir bedanken uns natürlich herzlich bei den Kollegen von der SPD und den Linken für diese herrlichen Wahlkampfvorlagen. Sie dürfen sicher sein: Wir nehmen die Herausforderung an. Zahltag ist der 14. September. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall FDP, CDU und B90/GRÜNE - Demonstrativer Beifall SPD und DIE LINKE)

Die Abgeordnete Mächtig setzt für die Linksfraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was machen wir hier eigentlich? Sie von der CDU reden von den Bürgerinnen und Bürgern des Landes - und mir scheint eher, Sie stehen auf einem Berg, schreien: „Skandal! Skandal!“, und freuen sich über das Echo; dabei vergessen Sie, dass weder auf den anderen Bergen noch im Tal jemand steht.

(Beifall des Abgeordneten Büchel [DIE LINKE])

Schade, Herr Beyer! Sie sagen, was Sie im Auge haben. Mir scheint, Sie sind auf einem Auge blind. Da reden wir nicht über die Auszeichnung des Ausschusses der Regionen, der Brandenburg zur Unternehmerregion 2011 kürte. Da reden wir nicht über die Auszeichnung des Instituts der deutschen Wirtschaft, das Brandenburg im Länderranking zum Dynamiksieger machte. Da reden wir auch nicht von der Auszeichnung der Europäischen Union, die das Land „als Region of Excellence“ ausgezeichnet hat.

(Frau von Halem [B90/GRÜNE]: Das tut auch nichts zur Sache!)

Wir reden auch nicht über 550 Lehrerinnen und Lehrer, die wir allein in diesem Schuljahr eingestellt haben, und 900 bzw. 1 000, die wir im kommenden Schuljahr werden einstellen können. Wir reden auch nicht über Neueinstellungen in der Justiz, was seit der Wende nicht mehr möglich war.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

Wir reden schon gar nicht darüber, dass uns ein besserer Hochwasserschutz gelingt, und auch nicht darüber, dass die Gesundheitsstudiengänge an der BTU Cottbus in Senftenberg erfolgreich gestartet sind.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)