Protocol of the Session on January 23, 2014

Die Rente mit 63 finde ich als solche gar nicht schlecht, aber dann muss man wirklich 45 Jahre gearbeitet haben. Darin sähe ich einen Kompromiss. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schier. - Wir kommen zum Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Herr Abgeordneter Büchel hat das Wort.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon erstaunlich: Weil die FDP nun nicht mehr im Deutschen Bundestag vertreten ist, bekommt sie die aktuelle Debatte, die derzeit zum Thema Rente stattfindet, nicht mehr so recht mit und kann sich in die bundespolitische Debatte natürlich auch nicht mehr aktiv einbringen. Darum müssen wir uns heute hier im Brandenburger Landtag damit auseinandersetzen.

(Dr. Luthardt [DIE LINKE]: Das war eindeutig eine Bundestagsrede!)

Vor Weihnachten ist im Deutschen Bundestag eine Debatte zur Rente, zum Rentenkonzept, zu den Ideen der neuen Bundesregierung und auch zur möglichen Finanzierung geführt worden. Im November hatte die Fraktion DIE LINKE einen entsprechenden Antrag eingereicht, und wie es im Deutschen Bundestag des Öfteren der Fall ist, ist die Bundesregierung einen guten Monat später auch auf die Idee gekommen, die Rücklage der Rentenversicherung zur Finanzierung der Projekte zu nutzen.

Kommen wir zum Kern des Problems. Es ist dieser Tage deutlich geworden: Rente ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wenn es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, müsste es auch eine gesamtgesellschaftliche Finanzierung geben.

(Beifall DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Das ist der Haken bzw. der Knackpunkt. Es ist eine unserer Forderungen gewesen, dass man eine gesamtgesellschaftliche Finanzierung vornimmt, zum Beispiel über Steuern, sodass das vermisse ich -, ähnlich wie für die Krankenversicherung, jeder, wirklich jeder Bürger der Bundesrepublik die Chance hat, in das Rentensystem einzuzahlen, auch Abgeordnete, und

der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe und Verantwortung gerecht werden kann. Wir als Linke würden diese Chance gern nutzen, wenn es gesetzlich möglich wäre. Sie wissen selbst, welche Debatte es dazu im Rahmen des Brandenburger Abgeordnetengesetzes gab. Ein entsprechender Vorschlag der Linken wurde nicht aufgenommen.

Wenn wir über die gesamtgesellschaftliche Aufgabe reden, geht es immer wieder auch um Dinge wie die Mütterrente. Schaut man sich etwas genauer an, was dort vorgesehen ist, stellt sich für mich schon die Frage, warum die neue Bundesregierung nicht die Chance nutzt, sowohl bei der Mütterente als auch bei anderen Rentenzahlungen endlich eine Angleichung von Ost und West vorzunehmen.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt B90/GRÜNE)

Das ist nicht vorgesehen, auch nicht bei der Mütterrente; Frau Kollegin Heppener ist darauf eingegangen. Ich verstehe es wirklich nicht. Vielleicht können Sie mir ja erklären, warum die Erziehung eines Kindes in Ostdeutschland weniger wert ist als die eines Kindes in den westdeutschen Ländern. Ich verstehe es nicht.

Herr Abgeordneter Büchel, möchten Sie eine Frage zulassen?

Nein, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Kollegin Blechinger mir das erklären kann.

Ich bin ein bisschen enttäuscht, dass im Koalitionsvertrags steht, dass die Bundesregierung im Jahr 2016 prüft, ob es im Jahr 2017 möglich ist, eine Angleichung der Ost- und Westrenten vorzunehmen. Sie will prüfen, sie nimmt es nicht vor. Jetzt kommt der Vorschlag der FDP, der Rentenkasse weniger Geld zuzuführen, sodass keine Chance besteht, dass es zu dieser Angleichung kommt. Ich hatte doch immerhin die Hoffnung, dass die Bundesregierung zu dem Prüfergebnis kommt, dass eine Angleichung vorgenommen wird, und dann müssen natürlich auch die finanziellen Mittel vorhanden sein.

Herr Kollege Büttner, Sie haben von einer auskömmlichen Rente gesprochen. Ja, eine auskömmliche Rente muss finanziert werden. Wir brauchen Impulse gegen Altersarmut, wir brauchen Impulse, dass Rentnerinnen und Rentner von dem, was sie im Alter bekommen, leben können. Dazu brauchen wir entsprechende Finanzierungskonzepte und Lösungsansätze, nicht das, was Sie vorschlagen.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büchel. - Frau Abgeordnete Blechinger hat eine Kurzintervention angemeldet. Bitte sehr.

Herr Abgeordneter Büchel, ich nehme es Ihnen nicht übel, dass Sie keine Ahnung haben, was Rente anbelangt.

(Beifall CDU und FDP)

Ich kenne meinen Rentenbescheid, auch den meiner Tochter und anderer. Wenn Sie sich mit dem Thema schon einmal ernsthaft beschäftigt hätten, wüssten Sie, dass ein Großteil der Menschen in Ostdeutschland durch eine Ost-West-Angleichung weniger Rente bekäme als bisher.

(Beifall CDU)

Man darf nicht zu laut sagen, dass schon jetzt Arbeitnehmer in Ostdeutschland bei gleichem Gehalt einen höheren Rentenanspruch erwerben als ihre Kollegen in den alten Bundesländern. Das hat Potenzial, erheblichen Unmut hervorzurufen, aber es ist den meisten Menschen in den alten Bundesländern nicht bekannt. Das Gehalt der ostdeutschen Arbeitnehmer wird mit einem Höherwertigkeitsfaktor versehen, bevor die Rente berechnet wird.

(Dr. Bernig [DIE LINKE]: Das muss auch so bleiben!)

Ich könnte Ihnen als Mathematiklehrerin ausführlich erläutern, dass der Höherwertigkeitsfaktor von 1,2 mehr ausmacht als der Unterschied zwischen den Rentenpunkten Ost und West, aber das erspare ich mir heute. Vielleicht beschäftigen Sie sich vor dem nächsten Beitrag zum Thema Rente einmal ernsthaft damit. - Danke.

(Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Blechinger. - Herr Büchel, Sie haben Gelegenheit, darauf zu reagieren. - Das möchten Sie nicht.

(Büchel [DIE LINKE]: Das hat keinen Sinn!)

Ich möchte mich ausdrücklich bei Herrn Abgeordneten Dombrowski entschuldigen. Er hat das Mikrofon betätigt, und das habe ich nicht so interpretiert, dass er eine Frage an Herrn Büchel hat stellen wollen, sondern ich dachte, Sie wollen damit die Kurzintervention Ihrer Kollegin Blechinger ankündigen. Ich bitte Sie darum, deutlich zu machen, dass Sie das Bedürfnis haben, eine Frage an einen Abgeordneten zu stellen, denn wir sehen das nicht mehr so gut. Ich kann nur darum bitten, dass Herr Dombrowski diese Frage Herrn Büchel noch persönlich stellt.

Wir kommen nunmehr zum Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Frau Abgeordnete Nonnemacher, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Die „Frankfurter Allgemeine“ spricht von der schlechtesten Rentenreform des letzten Jahrzehnts. Der Rentenpolitiker der grünen Bundestagsfraktion, Markus Kurth, sagt: „Das Rentenpaket belastet die jüngere Generation.“ Und die „Süddeutsche Zeitung“ sieht gar eine „Verschwörung gegen die jüngere Generation“.

Klar ist zunächst, dass das Rentenpaket der Großen Koalition Mütterrente, abschlagsfreie Rente ab 63 für langjährig Versicherte, verbesserte Erwerbsminderungsrente und höhere RehaLeistungen - teuer wird, sehr teuer: 60 Milliarden Euro bis 2020, insgesamt 160 Milliarden Euro bis 2030 werden prognostiziert.

Zunächst ist die Finanzierung ja gar kein Problem. Zur Umsetzung ihrer Wahlversprechungen bedient sich die GroKo der gut gefüllten Rentenkassen. Die eigentlich fällige Absenkung der Rentenbeiträge von 18,9 % auf 18,3 % bei Überschreiten der Reserverücklagen wird ausgesetzt und damit sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern das von ihnen erwirtschaftete Geld vorenthalten - mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Kaufkraft und die Entlastung des Faktors Arbeit. Selbst wenn man die optimistische Schönwetterprognose der GroKo unterstellt, wird aber spätestens ab 2018 der Rentenbeitrag kontinuierlich und erheblich auf über 22 % steigen, und auch weitere Steuerzuschüsse zur Rentenversicherung werden notwendig sein. Aber das liegt ja in ferner Zukunft. Für die sehr starken Jahrgänge der Babyboomer-Generation von 1953 bis 1964 wird erst einmal gut gesorgt. Es reicht frei nach Franz Müntefering das mathematische Niveau von Volksschule Sauerland, um sich auszurechnen, wer die Zeche teuer bezahlen wird: die schmal besetzten Jahrgänge der jüngeren Generation.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Nun gönnt jeder langjährig Beschäftigten oder älteren Müttern, die für die Erziehung ihrer Kinder viel geleistet haben, eine gesellschaftspolitische und finanzielle Anerkennung. Aber gerade die Mütterrente, für die ich durchaus bin - ich bin auch eine ältere Mutter -, ist eine Leistung, für die die gesamte Gesellschaft aus Steuermitteln aufkommen müsste und nicht allein die gesetzlich Versicherten.

(Beifall B90/GRÜNE)

Wer Steuerfinanzierung und damit gegebenenfalls Steuererhöhungen ablehnt, wird Beitragserhöhungen in den Sozialsystemen ernten, meine Damen und Herren.

(Beifall B90/GRÜNE)

Während aber Steuererhöhungen starke Schultern stärker belasten, gehen die Beitragserhöhungen in der gesetzlichen Rentenversicherung voll zulasten der abhängig Beschäftigten und der kommenden Generationen.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt FDP)

Die abschlagsfreie Rente mit 63 - auch sie sei individuell gesehen den Betroffenen gegönnt - ist aber aus demografischen und volkswirtschaftlichen Erwägungen das völlig falsche Signal. Sie begünstigt Männer mit kontinuierlicher Erwerbsbiografie, die eine gute Rente erwarten können, und konterkariert den völlig richtigen Einstieg in die Rente mit 67. Wir brauchen die älteren Arbeitnehmer, um das Vorsorgesystem für eine alternde Gesellschaft stabil und die Belastung für die Jüngeren erträglich zu halten. Nach den Erfolgen bei der steigenden Erwerbsbeteiligung Älterer in den letzten Jahren können wir eine neuerliche Frühverrentungsdebatte überhaupt nicht brauchen.

Was hat das Ganze jetzt mit Brandenburg zu tun? Ich teile die hier mehrfach geäußerte Kritik, es würde aus Wahlkampftaktik reine Bundespolitik gespielt oder dass die FDP um ihre Stellung ringt, überhaupt nicht. Wir haben im Landtag mehrfach über Altersarmut diskutiert, und wir wissen, dass sie Brandenburg in besonderem Maße bedrohen wird. Wir haben hier besonders viele Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen und besonders viele Langzeitarbeitslose. Diese bleiben bei der Rente ab 63 völlig außen vor. Unseren schlecht bezahlten

oder in Teilzeit beschäftigten Frauen droht Altersarmut. Sie können weder früher in Rente gehen, noch hilft ihnen die Mütterrente, die mit der Grundsicherung im Alter verrechnet wird.

Das Geld, das wir im Kampf gegen die Altersarmt dringend bräuchten, geht an Menschen, die gute Renten zu erwarten haben, und an Mütter, die nicht zum Sozialamt müssen. Für die, die durch Unfall oder Krankheit vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden müssen, wird bei den Erwerbsminderungsrenten zu wenig getan. Wir wollen eine Garantierente von 850 Euro für langjährig Beschäftigte und flexible Übergänge in die Rente für besonders Belastete.

(Beifall B90/GRÜNE)

Ich muss leider schließen, sonst wird die Präsidentin böse mit mir.

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Baaske, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Büttner! Der Antrag ist offensichtlich der lange Arm der außerparlamentarischen Opposition für den Deutschen Bundestag. Er ist aber auch nicht allzu gut geschrieben. Bei Ihnen heißt es:

„Der Landtag stellt fest: Die von der Bundesregierung geplante Einführung der Mütterrente …“

Die Kollegin Heppener hat schon deutlich gemacht, dass diese Rente nicht erst eingeführt wird, sondern dass es diese bereits gibt. Es ist nur so, dass die Rente für nach 1992 geborene Kinder für drei Jahre anerkannt wird. Dagegen ist der eine Punkt, wie Sieglinde Heppener deutlich gemacht hat, ein Klacks. Das ist also eine weitere Verschlechterung gegenüber dem, was wir bisher haben.