Da die Belege dafür vorliegen, dass der Streifendienst gegenwärtig nicht mehr im erforderlichen Umfang abgesichert werden kann und auch bei den Interventionszeiten eine Verschlechterung eingetreten ist, hat Minister Holzschuher entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet. Damit hat er offen ein Problem benannt und im Rahmen seiner Kompetenz Entscheidungen getroffen. Er hat sich mit der klaren Zielstellung festgelegt, 150 Polizisten mehr in den Streifendienst zu geben. Damit können wir doch alle umgehen.
Wir werden sehen, welche Wirkungen diese Maßnahmen entfalten, aber ich bin optimistisch, dass sie wirken werden. Jedenfalls drängen wir mit Nachdruck darauf, dass der Streifendienst - wie im Begleitbeschluss von 2010 vorgesehen - mit der entsprechenden personellen Ausstattung voll handlungsfähig bleibt.
Gestatten Sie mir eine Bemerkung zur Kriminalität im grenznahen Raum: Nach der Entwicklung der vergangenen Jahre ist es unstrittig, dass der Grenzkriminalität mit besonderen Maßnahmen begegnet werden muss. Der schon länger andauernde Einsatz der Bereitschaftspolizei ist eine solche Maßnahme, aber es ist auch an der Zeit, klare Festlegungen zur weiteren Personalentwicklung in den Polizeidienststellen im grenznahen Raum zu treffen. In diesem Bereich sollte nach unserer Ansicht kein weiterer Personalabbau stattfinden.
Ich spreche ein weiteres Problem an: Natürlich müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um der gewachsenen Diebstahlskriminalität, insbesondere den Wohnungseinbrüchen und Kfz-Diebstählen, zu begegnen. - Da muss noch mehr passieren. Aber keiner kann davon ausgehen, dass durch eine flächendeckende Präsenz der Polizei Wohnungseinbrüche grundsätzlich und gänzlich verhindert werden können. Die Polizei kann nicht in jeder Straße und vor jedem Haus sein, und das soll sie auch gar nicht.
Wir werben in diesem Zusammenhang - und das tue ich nicht zum ersten Mal - für eine Verstärkung der kommunalen Kriminalitätsverhütung. Aus unserer Sicht geht es darum, das Potenzial und die Eigenverantwortung der Kommunen stärker zu aktivieren, um eine größere Wirksamkeit in der Prävention zu erreichen. Um Missverständnissen vorzubeugen, sage ich ganz klar: Die Kommunen sollen dabei keine polizeiliche Aufgaben übernehmen. Sie sollen nicht in eine Verantwortung gebracht werden, die das Land zu tragen hat. Dabei kann an vorhandene Erfahrungen angeknüpft werden, nach denen Kommunen eigene Präventionskonzepte entwickeln - das hat es in den 90erJahren alles einmal gegeben - und den Aspekt der kommunalen Kriminalitätsverhütung zum Beispiel in allen Planungsprozessen berücksichtigen. Das ist eine Frage des Vorgehens, das man wählt, und ich denke, da kann man mehr Aufmerksamkeit schaffen. Ich nenne nur das Stichwort „Angsträume“ - das hat etwas mit der kommunalen Planung zu tun.
In enger Zusammenarbeit mit der Polizei kann zum Beispiel die Beratung der Bürger zum besseren Schutz gegen Wohnungseinbrüche viel effektiver und zielgerichteter erfolgen. Auch die Einrichtung und Unterhaltung von Sicherheitspartnerschaften - das sehe ich nicht so negativ wie Sie, Herr Goetz sind ausbaufähig. Ich empfehle dem Innenminister, durch die Einsetzung eines Beauftragten für kommunale Kriminalitätsverhütung ein klares Signal zu setzen. Warum soll es nicht Pilotprojekte für eine Intensivierung der kommunalen Kriminalitätsverhütung und andere Maßnahmen geben, mit denen das Land die Kommunen unterstützt?
Meine Damen und Herren! Öffentliche Sicherheit ist und bleibt ein sensibles Thema. Wir sind alle gefordert - Regierung und Opposition -, die Interessen der Brandenburgerinnen und Brandenburger an einem Leben in Sicherheit ernst zu nehmen. Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Besucher auf der Besuchertribüne, insbesondere die Mitglieder der Brandenburger Polizei! Genauso wenig, wie sich der Gesundheitszustand der Bevölkerung proportional zur Zahl der vorhandenen Herzkathetermessplätze verhält, lässt sich Kriminalitätsbelastung an der Zahl der zirkulierenden Streifenwagen oder unbereinigter Interventionszeiten festmachen. Würde die Zahl der Straftaten im Land deutlich sinken, wäre es der Bevölkerung vermutlich egal, ob in Brandenburg rund um die Uhr 160, 124 oder gar nur 96 Funkstreifenwagen zur Verfügung stünden - zumindest bei den Straftaten, die die Bürgerinnen und Bürger besonders verunsichern, da sie wie Haus- und Wohnungseinbrüche sowie Autodiebstähle schmerzhaft in die Privatsphäre eingreifen. Zunehmende Cyberkriminalität ist dagegen noch nie der Medienkracher gewesen.
Nun steigt aber die Zahl der Wohnungseinbrüche, der Einbruchsdiebstähle insgesamt, die Zahl der Einbrüche in Einfa
milienhäuser und Villen und die Autodiebstähle weiter an - insgesamt um ca. 10 % bei den gesamten Einbruchdelikten. Einige besonders betroffene Speckgürtelgemeinden registrierten im ersten Halbjahr 2013 mehr Wohnungseinbrüche als im gesamten Vorjahreszeitraum. Dies beunruhigt und schafft erheblichen Handlungsdruck, auch wenn die bescheidene Aufklärungsquote um 2 % auf 17,2 % angestiegen ist und sich neben den 7 % aus Berlin geradezu astronomisch ausnimmt.
Die Zahlen sind also, wie sie sind. Die Sorgen in der Bevölkerung nehmen zu; in der Öffentlichkeit gewinnt der Diskurs weiter an Lautstärke, und außerdem stehen uns Landtagswahlen ins Haus. Da müssen sich die Landesregierung und speziell der Innenminister schon einige Fragen gefallen lassen. Wie kann es sein, dass der Wach- und Wechseldienst bei einer Gesamtstärke von 8 250 Beschäftigten - ich erinnere daran, dass dies weit über allen gehandelten Zielzahlen liegt; seien es die 7 400 von Herrn Woidke, die vermuteten 7 800 oder die 8 000 aus dem CDU-Konzept - in einigen Bereichen die problematischen Zielstärken für 2020 schon unterschreitet? Seit den Zeiten von Herrn Schönbohm hat uns jeder Innenminister versichert, Ziel von Reformen seien straffere und effizientere Führungsstrukturen, die berühmten wenigen Häuptlinge bei weiterhin vielen Indianern.
Nun wird über aufgeblähte Stabs- und Führungsdienste auf Kosten des operativen Geschäftes geklagt. Ja, wer hat denn da bei der Umsetzung geschlafen? Dass das Krisenmanagement bei der Grenzkriminalität mit dauerhafter Abordnung von Einsatzhundertschaften woanders Lücken entstehen lassen würde, war absehbar. Warum es in der Größenordnung zu Abordnungen aus dem Streifendienst kam und welche Löcher dadurch gestopft werden sollten, bedarf näherer Erläuterung.
Wenn beklagt wird, dass auch in wenig frequentierten Revieren rund um die Uhr Besetzung nötig sei, um Waffen zu bewachen, und dies Personal binde - ja, warum ist man bei der Sicherung der Immobilien nicht weitergekommen? Wenn der Innenminister sich darüber freut, dass sich der inakzeptabel hohe Krankenstand von 35 Tagen im Jahr - im Havelland werden gar 48 Tage gemeldet - immerhin nicht erhöht habe, so kommt dies einem Offenbarungseid gleich. Statt planvoller Personalentwicklung und Gesundheitsförderung sorgt hektisches Krisenmanagement für noch mehr Frust und Demotivation.
Wenn der Innenminister Fehlentwicklungen mit Unterbesetzung des Streifendienstes korrigieren will, so ist dies sicher zu begrüßen, aber es dürfen bei den Umschichtungen keine neuen Löcher gerissen werden. Von der absurden Idee, Kripobeamte auf Streife zu schicken, hat man sich jetzt glücklicherweise distanziert. Ohne eine qualitativ hochwertige polizeiliche Ermittlungsarbeit ist Kriminalitätsbekämpfung undenkbar. Dass jetzt fast der komplette Absolventenjahrgang der Fachhochschule der Polizei zur Unterfütterung des Streifendienstes vorgesehen ist, entzieht der Kripo aber dringend benötigten Nachwuchs und kann auch nicht als nachhaltig bezeichnet werden.
Insgesamt muss sich die Landesregierung jetzt langsam einmal entscheiden, wohin die Reise gehen soll. Ende letzten Jahres gesteht der Innenminister Unwuchten und Fehlentwicklungen ein; zum Auftakt des neuen Jahres erklärt der Ministerpräsident die Strukturreform zur Chefsache und die ursprünglichen
Pläne als nicht mehr realistisch. Das hektische Umfahren von Schlaglöchern und das wenig planvolle Krisenmanagement reichen nicht mehr aus. Wenn die Zielvorgaben nicht mehr stimmig sind, kann der Weg dorthin nur zum Irrweg werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU will das Vertrauen der Polizei in die Politik wiederherstellen - das ist schon eine merkwürdige Überschrift -, und sie will dazu die Reform stoppen - das ist eine ganz merkwürdige Forderung. Vielleicht müssen wir uns zunächst einmal vor Augen führen, worum es bei der Reform eigentlich ging. Es ging nämlich nicht in erster Linie darum, finanzielle Ressourcen freizumachen - was per se auch nichts Negatives ist -, sondern darum, eine moderne, effektive Polizeistruktur im Land zu schaffen. Das haben wir dann auch gemacht: ein Präsidium, vier Direktionen, eine Direktion für besondere Aufgaben, die Eingliederung des Landeskriminalamtes in das Präsidium, der Erhalt der Fachhochschule, der Erhalt des Zentraldienstes der Polizei und der Erhalt aller Wachen - entweder als Inspektionen oder Reviere. Das ist der Kern dieser Reform.
Herr Schierack, Sie sagten vorhin, die CDU habe sich durchaus konstruktiv eingebracht. Dazu sage ich jetzt vielleicht etwas Überraschendes: Ja, das hat sie in der Tat.
Wenn man einmal schaut, welche Position die CDU zu diesem Thema bezieht, findet man auf der Internetseite der CDUFraktion ein Papier aus dem Jahr 2010, das noch immer als das gültige Papier der CDU-Fraktion zur Polizeireform dargestellt wird.
Was fordern Sie? - Ein Präsidium, vier Direktionen, eine Direktion für besondere Aufgaben, die Eingliederung des Landeskriminalamts in das Präsidium, den Erhalt des Zentraldienstes der Polizei und der Fachhochschule sowie den Erhalt aller Wachen. Sie unterscheiden dabei Führungswachen und einfache Wachen. Auf diesem Papier sind noch Dr. Saskia Ludwig und Sven Petke als Verantwortliche aufgeführt. Das Konzept ist aber zumindest eine Diskussionsgrundlage für uns bzw. sollte es sein.
Wenn wir kurz einmal feststellen, wie sich die Situation entwickelt hat, nachdem wir diese Reform umgesetzt haben, die Sie nun nach deren Umsetzung - obwohl sie so umgesetzt wurde, wie Sie es gefordert haben - stoppen wollen, ist Folgendes zu sagen: Wir können zwar derzeit keine abschließenden Aussagen zur Kriminalitätsentwicklung treffen, aber nach den vorläufigen Zahlen - das haben meine Vorredner bereits gesagt
Die Zahl der Fälle ist mit den Zahlen der letzten Jahre vergleichbar. Sie ist mit etwa 200 000 Fällen im Jahr sicherlich zu hoch - keine Frage -, aber sie hat sich nicht signifikant zum Schlechteren verändert.
Natürlich ist ein Anstieg - auch das haben meine Vorredner erwähnt - in einigen Schwerpunkten zu verzeichnen, die für die Bürgerinnen und Bürger besonders beeinträchtigend sind. Das nehmen wir sehr ernst, und wir müssen uns darum kümmern. Diese Schwerpunkte sind unter anderem die Einbruchdiebstähle, der Diebstahl von Kraftfahrzeugen und Fahrraddiebstähle im Grenzbereich. Wir wissen, dass wir an diesen Punkten nachlegen müssen, und da sind wir auch dran. Insgesamt hat sich jedoch die Kriminalitätsbelastung nicht wesentlich verschlechtert.
Zudem muss man auch sagen: Die Aufklärungsquote hat sich in den letzten zwei Jahren - 2012 und auch - zumindest nach den vorläufigen Zahlen - 2013 - verbessert; sie ist gestiegen.
Sicherlich gibt es keine endgültigen Zahlen, aber eine Tendenz, die ich Ihnen schon mitteilen darf: Die Tendenz ist positiv, und zwar nicht „trotz“ der Reform, sondern „wegen“ der Reform. Die Tendenz deutet auf eine Verbesserung im Vergleich zur Situation vor der Reform hin
und insbesondere zur Situation in der Zeit, als hier noch ein Innenminister der CDU-Fraktion von Reformen sprach, aber nichts umsetzte.
eine Reform umzusetzen, die man durchaus als das größte Reformvorhaben dieser Legislaturperiode bezeichnen kann. Sie war nötig - ich hatte Ihnen das bereits gesagt -, weil es darum ging, moderne und effektive Strukturen zu schaffen. Diese Strukturen wurden geschaffen. Insofern ist die Reform im Prinzip umgesetzt. Ich verstehe nicht, dass Sie etwas stoppen wollen, was Sie selbst gefordert haben. Es tut mir leid, aber ich halte das, was Sie hier sagen, für verantwortungslos.
Wenn man eine Reform selbst für nötig erachtet und sie nach deren Umsetzung wieder stoppen will, frage ich mich: Wo wollen Sie eigentlich hin? Wo wollen Sie heute hin? - Wir haben dazu nichts von Ihnen gehört; das hatten meine Vorredner schon gesagt.
Dass eine Reform, die so groß angelegt ist, ein schwieriger dynamischer Prozess ist, ist doch selbstverständlich. Natürlich gibt es bei einer solchen Reform - ich sage es noch einmal
Unwuchten. Es läuft eben nicht alles geradlinig und planmäßig. Zudem haben sich im Laufe der Jahre natürlich die Rahmenbedingungen verändert. Das ist in der Welt so. Die Welt ändert sich nun einmal und manchmal nicht so, wie man es vorhersieht.
Insgesamt ist die Kriminalitätsbelastung in Gesamtdeutschland nicht zurückgegangen. Wir hatten über die Jahre hinweg einen Rückgang prognostiziert, aber dieser ist nicht eingetreten. Das ist so, und zwar in Gesamtdeutschland und nicht nur im Land Brandenburg. Aber natürlich muss die Polizei darauf reagieren.
Auch erfordern Veränderungen unsererseits gegenüber den ursprünglichen Annahmen, dass man darauf reagiert. Zum Beispiel war - das nehme ich durchaus als einen Fehler - ein noch nicht umgesetzter Teil der Reform, dass wir es nicht geschafft haben, die Waffen in den Revieren durchweg so zu sichern, dass die Bewachung der Waffen rund um die Uhr entbehrlich wird.
Das bindet Kräfte in den Häusern, die nicht dorthin gehören; denn die Polizei gehört auf die Straße.