Protocol of the Session on January 23, 2014

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Genau!)

Seit 2013 allerdings ist der Personalabbau ein rot-roter. Das ist auch richtig. Denn 2013 und 2014 fehlen diejenigen Beamten, die 2010 unter den vorherigen Innenministern nicht Polizeianwärter werden konnten. Das ist Ihr Personalabbau. Das ist Ihr Verlust an innerer Sicherheit. Meine Damen und Herren von Rot-Rot, ich erinnere mich an vieles, was Kollege Dr. Scharfenberg im Wahlkampf 2009 erklärt hat. Davon ist heute nichts mehr wahr.

(Beifall FDP)

Nun sollen also alle neuen Anwärter in den Wach- und Wechseldienst gestellt werden. 150 neue Stellen wurden angekündigt, die komplett dort zugeordnet werden. Falscher geht es nicht. Ich komme zur Kriminalität zurück. Straftaten aufzuklären obliegt in der Regel nicht dem Wach- und Wechseldienst, sondern unserer Kripo. Dazu braucht es eben eine schlagkräftige Kripo. Im Wissen, dass in den nächsten Jahren sehr viele Kriminalbeamte in den Ruhestand gehen, die nicht den entsprechenden Nachwuchs an ihrer Seite haben, die ihre Erfahrungen und ihre Informationen nicht weitergeben können, schwächen Sie langfristig die innere Sicherheit im Land Brandenburg weiter. Brandenburg wird geradezu zu einem Paradies für alle diejenigen, die Autos klauen und in Wohnungen einbrechen wollen. Denn das Risiko, erwischt zu werden, wird immer geringer, wenn unsere Kripo weiterhin so geschwächt wird, wie Sie es vorhaben.

Ohnehin sind Verbesserungen nur mittelfristig möglich. Wenn man davon ausgeht, dass wir zu wenige Beamte haben - ich glaube, darin scheint inzwischen eine gewisse Einigkeit zu bestehen -, heißt das, dass 2014 die Anzahl der Anwärter an unserer Fachhochschule in Oranienburg so hoch sein muss wie irgend möglich, um 2017 - nach zweieinhalb bzw. drei Jahren Ausbildung - deutlich mehr Polizeibeamte für das Land Brandenburg zu haben. Alles, was vorher kommt, sind Versprechungen. Da ziehen Sie die Decke hin oder her, sie ist in jedem Fall zu kurz.

Zum Abschluss: Bullshit-Bingo. Wir haben gehört, es sei nur eine Unwucht - Herr Kollege Prof. Dr. Schierack hat das angesprochen -, man müsste es nur ein bisschen austarieren, dann sei alles schon richtig. Herr Innenminister, Sie haben keine Unwucht. Zwei Reifen Ihres Autos sind platt. Wenn Sie die Kripo weiterhin schwächen, lassen Sie die Luft aus dem dritten Rei

fen auch noch heraus. Ich bin gespannt, wie es weitergehen wird. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Wir setzen mit dem Beitrag der Linksfraktion fort. Es spricht der Abgeordnete Dr. Scharfenberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren, insbesondere von der CDU! Ich war ja gespannt, was Sie heute unter diesem Thema bieten werden. Die erste Überraschung war, dass der Chef persönlich gesprochen hat.

(Krause [DIE LINKE]: Der kann alles!)

Aber ich finde, das war nicht doll.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, wenn Sie Herrn Lakenmacher hätten sprechen lassen. Der versteht wenigstens ein wenig von diesem Thema.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Leitlinien habe ich in Ihrem Redebeitrag nicht erkennen können. Glauben Sie nur nicht, dass Sie uns mit Ihrem Thema für diese Aktuelle Stunde überrascht hätten. Wir sind mittlerweile an diesen ständigen Tagesordnungspunkt der CDU gewöhnt, es bildet in gewisser Weise eine Brücke vom „Kreml“ zum Landtag Am Alten Markt. Wir setzen also so fort, wie wir dort geendet haben. Aber Sie sind nun mal nach Ihrem Selbstverständnis Gralshüter der öffentlichen Sicherheit, und als solche müssen Sie sich immer neu beweisen. Bitte schön, tun Sie das! Manchmal kann das sogar nützlich sein. Leider erliegen Sie immer wieder der Versuchung, maßlos zu überziehen. Das ist ein echtes Problem.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Meine Damen und Herren, die Antragsteller, also die CDU, wollen eine verlässliche Innenpolitik. Sie wollen das Vertrauen der Polizei in die Politik wiederherstellen, und beiden wird unterstellt, dass es das nicht gäbe. Wenn man sich ausschließlich an Ihren Bewertungen und Aktivitäten orientieren würde, könnte man wirklich zu einem solchen Schluss gelangen.

Nun wissen wir ja alle aus verschiedenen Zusammenhängen, dass Reformen - im speziellen Fall eine Polizeireform, das musste ja auch Ihr Minister, Herr Schönbohm, aushalten -, vorsichtig formuliert, nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen eher im Gegenteil. Damit ist das natürlich für eine Oppositionsfraktion eine Herausforderung und ein Bewährungsfeld. Ich weiß, wovon ich rede. Aber man sollte sich auch als Opposition bemühen, beim eigentlichen Thema zu bleiben

(Beifall der Abgeordneten Stark [SPD])

und in erster Linie einen sachlichen Beitrag zu einer Problemlösung zu leisten, insbesondere, wenn man bis 2009 selbst die

Verantwortung für dieses Feld getragen hat. Das ist zumindest mein Verständnis, und das kann ich bei Ihnen über weite Strecken nicht erkennen; denn Sie weiden sich regelrecht an diesem Thema, was unter anderem auch im Antrag für diese Aktuelle Stunde zum Ausdruck kommt.

Wie hat sich die Kriminalitätsentwicklung seit 2010, dem Beginn der Polizeireform, vollzogen? 2011 und 2012 war die Gesamtzahl der Straftaten rückläufig. Leider ist 2011 auch die Aufklärungsquote gesunken, während sie 2012 wieder angestiegen ist. Für 2013 kündigte der Innenminister an, dass die Kriminalitätsrate in etwa gleichgeblieben ist, während sich die Aufklärungsquote verbessert hat.

Ein großes Problem ist und bleibt allerdings die deutlich gestiegene Diebstahlskriminalität - da muss man überhaupt nicht drum herumreden -, insbesondere die Kfz-Diebstähle und die Wohnungseinbrüche. Das schafft Unruhe und Unsicherheit, und dies vor allem im grenznahen Raum. Es beeinflusst außerdem im ganzen Land das subjektive Kriminalitätsempfinden. Aber dieses Phänomen - das müssen Sie ehrlicherweise auch sagen - ist eben kein brandenburgspezifisches, sondern es ist bundesweit zu beobachten,

(Beifall DIE LINKE und SPD)

auch dort, wo die CDU in Regierungsverantwortung steht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Brandenburg hat, wie andere Länder auch, eine Polizeireform auf den Weg gebracht, die in erster Linie mit dem Anspruch eines sparsamen Umganges mit öffentlichen Mitteln verbunden ist, und diese Forderung wird von Ihnen auch immer wieder in aller Konsequenz formuliert, und es ist Ihr gutes Recht und Ihre Pflicht, das zu artikulieren.

Diesem Anspruch muss sich jede Landesregierung stellen. Dabei hat es von vornherein eine Kontroverse darüber gegeben, ob es klug ist, eine Zielzahl für die Personalentwicklung bei der Polizei bis 2020 in den Mittelpunkt der Diskussion zu stellen. Es ist kein Geheimnis, dass die Linksfraktion dieses Herangehen sehr kritisch gesehen hat und noch sieht.

(Senftleben [CDU]: Aha, aha! - Weiterer Zuruf des Abge- ordneten Senftleben [CDU]) )

Aber wenn man schon eine solche Betrachtungsweise zugrunde legt, muss man auch zur Kenntnis nehmen, dass die Zielzahl von 7 000 mittlerweile überholt ist. Sie haben das ebenfalls so zur Kenntnis genommen. Jetzt wird öffentlich über mindestens 7 600 Polizisten gesprochen, die es 2020 noch geben soll. Das ist kein Geheimnis, das wird so dargestellt. Ich weise mit Nachdruck darauf hin: Der Landtag hat mit seinem Begleitbeschluss zur Polizeireform keine Zielzahl vorgegeben, sondern inhaltliche Vorgaben formuliert. Dafür hat sich die Linksfraktion gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner stark gemacht.

(Beifall DIE LINKE und des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Ich finde, dass wir damit eine kluge Entscheidung getroffen haben. Gestatten Sie mir, dass ich diese inhaltlichen Vorgaben, auch wenn sie Herr Schierack schon genannt hat, oder auch Maßstäbe für die Reform noch einmal klar benenne:

Erstens soll die Polizeipräsenz in der Fläche aufrechterhalten werden.

Zweitens ist der Streifendienst im bisherigen Umfang, also bezogen auf 2010, zu gewährleisten, ebenso wie die Kriminalitätsbekämpfung.

Drittens sollen sich die Interventionszeiten nicht verschlechtern.

Viertens soll die flächendeckende Präsenz der Revierpolizisten erhalten bleiben.

Das alles steht unter dem Vorzeichen, auch nach der Reform die Polizeipräsenz flächendeckend aufrechtzuerhalten. Wie gesagt, das ist nicht von der CDU vorgeschlagen und formuliert worden, sondern von den Koalitionsfraktionen, und ich kann zumindest für meine Fraktion sagen, dass wir es mit diesen Maßgaben sehr ernst meinen und wollen, dass sie eingehalten werden.

(Beifall DIE LINKE und des Abgeordneten Dr. Hoffmann [fraktionslos])

Deshalb ist auch von vornherein vom Landtag vorgegeben worden - nicht aufgrund Ihrer Diskussion -, dass 2014 eine Evaluierung durchzuführen ist. Warum sie erst in diesem Jahr erfolgen wird, ist, denke ich, klar; denn natürlich macht das nur Sinn, wenn die neuen Strukturen in ihrem Dauerbetrieb geprüft werden können. Ich gehe davon aus, dass im Mittelpunkt der Evaluierung steht, ob und wie die genannten Vorgaben für die Reform gegenwärtig eingehalten werden und auch künftig eingehalten werden können. Das ist mit der Evaluierung zu prüfen. Daraus sind dann die notwendigen Schlussfolgerungen für die Aktualisierung und Fortschreibung der Personalentwicklungsplanung zu ziehen.

Übrigens: Nach der jetzt gültigen Personalentwicklungsplanung sind für 2015 bei der Polizei 8 078 Stellen vorgesehen. Wir liegen damit immer noch über dem magischen Stellensoll von 8 000 Stellen; die CDU weiß sicher, was ich meine.

(Senftleben [CDU]: Ja?)

Zugleich sind mit der Evaluierung Schlussfolgerungen für die weitere Ausgestaltung der Struktur zu ziehen. Dabei sollte aus jetziger Sicht besonderes Augenmerk auf die Direktionen und Reviere gelegt werden. Ich sehe allerdings keinen Ansatz dafür, dass die jetzt geschaffene Polizeistruktur noch einmal grundsätzlich infrage zu stellen wäre. Daran haben auch die Bediensteten der Polizei kein Interesse, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, den Polizeibeamten ausdrücklich für das zu danken, was sie in den letzten Jahren unter den Bedingungen der Umstrukturierung geleistet haben.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Das war über weite Strecken eine Zumutung, und man kann es nicht zu einem Dauerprozess machen, dass wieder alles infrage gestellt wird. Das wollen wir nicht.

Ich möchte noch einmal betonen, dass die umfassende Evaluierung der Polizeireform von vornherein vorgesehen war. Das sa

ge ich noch einmal ausdrücklich in Ihre Richtung. Das ist keine Erfindung, sondern es war Ausgangspunkt der Reform. Sie findet also planmäßig im regulären Verfahren statt. Nur so können fundierte Entscheidungen zur Fortführung der Reform in den nächsten Jahren getroffen werden. Ich bin mir sicher, Sie würden mir vorwerfen, wenn wir anders handelten, dass wir nicht wüssten, was wir wollen, und planlos seien. Nein, so war es vorgesehen. Ich erwarte, dass der Innenminister das Konzept für die Evaluierung der Polizeireform rechtzeitig im Innenausschuss vorstellt und sich darüber mit dem Ausschuss verständigt. Damit wird kenntlich gemacht, dass wir das als eine gemeinsame Verantwortung von Regierung und Parlament ansehen, und darin schließe ich Sie mit ein. Sie sollen die Gelegenheit haben, dabei mitzureden.

Wir gehen auch davon aus, dass externer wissenschaftlicher Sachverstand in die Evaluierung einfließt und die Gewerkschaften unmittelbar beteiligt werden, selbstverständlich.

(Senftleben [CDU]: Das ist aber nett!)

Wir begrüßen es, dass der Innenminister bereits im Vorfeld der Evaluierung auf ungewollte Entwicklungen bei der Polizei reagiert hat.

(Beifall SPD)

Da die Belege dafür vorliegen, dass der Streifendienst gegenwärtig nicht mehr im erforderlichen Umfang abgesichert werden kann und auch bei den Interventionszeiten eine Verschlechterung eingetreten ist, hat Minister Holzschuher entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet. Damit hat er offen ein Problem benannt und im Rahmen seiner Kompetenz Entscheidungen getroffen. Er hat sich mit der klaren Zielstellung festgelegt, 150 Polizisten mehr in den Streifendienst zu geben. Damit können wir doch alle umgehen.