Protocol of the Session on January 23, 2014

„Gerade die Polizeistrukturreform setzt Maßstäbe in Funktionalität, Wirtschaftlichkeit und Effizienz. Ziel dieser Reform ist es, mit einer besseren Verwaltungsstruktur und mehr Grün auf den Straßen die Sicherheit der Bürger und damit des Landes zu erhöhen. Gleichzeitig entlasten wir den Landeshaushalt und sorgen so für einen starken Impuls bei den notwendigen Haushaltssanierungen, denn die Sanierung des Haushalts ist der Schlüssel für die Zukunft des Landes.“

So der damalige Innenminister Schönbohm - 6 000 Stellen, Polizeistrukturreform.

(Bretz [CDU]: Wie gehen Sie mit seinem Namen um! - Weiterer Zuruf von der CDU: Haben Sie nicht noch etwas von 1987?)

Wir haben damals mit unserem Entschließungsantrag zur Polizeistrukturreform drei Kernpunkte formuliert: Die Interventionszeiten sollten sich nicht verlängern, die Präsenz der Polizei in der Fläche soll gesichert sein und die Zahl der Streifenwagen soll stabil bleiben.

Die Präsenz in der Fläche konnte gehalten werden. Die Revierpolizei ist mit 549 Polizisten stabil geblieben. Allerdings hat sich in der Praxis auch gezeigt, dass nicht alle Vorgaben mit der jetzigen Struktur so gehalten werden können.

(Senftleben [CDU]: Nein, das kann ja gar nicht sein!)

Deshalb hat der Innenminister ja auf seiner letzten Pressekonferenz angekündigt, den Streifendienst mit mindestens 150 zusätzlichen Beamten zu verstärken.

(Zuruf von der CDU: Mit Kriminalbeamten - ein ganz großer Wurf!)

So kann auch die Zahl der Streifenwagen wieder erhöht werden.

(Bretz [CDU]: Was nutzt einem der Streifenwagen, wenn man keine Polizisten hat?)

Es wurde auch eine sofortige Versetzungssperre bei Beamten angeordnet, die eigentlich dem Wach- und Wechseldienst ange

hören, derzeit aber noch mit anderen Aufgaben betraut sind. Das sind natürlich Detailfragen, aber die muss man sich stellen, wenn man die Lage objektiv bewerten will.

(Zuruf von der CDU: Ja, 150!)

Auch die Stabs- und Führungsdienste der Polizei werden überprüft, ob dort nicht auch Personal vorhanden ist, das auch im Streifendienst eingesetzt werden könnte. Nicht zuletzt kann man durch die Optimierung der Einsatzplanung auch zahlenmäßig da noch nachlegen. Insgesamt, muss man sagen, gibt es genügend Beamtinnen und Beamte, sie müssen nur optimal eingesetzt werden.

Mit einem Gerücht möchte ich an der Stelle aufräumen: dass die Verstärkung des Streifendienstes auch aus den Reihen der Kriminalpolizei erfolgen soll. So etwas lehnen wir schlicht und ergreifend ab, und ich denke, das ist auch so nicht formuliert worden.

(Zuruf von der CDU: In der Presse schon!)

Auch aus Optimierungsgründen ist vorgesehen, die Polizeireviere nachts zu schließen. In Pritzwalk, wo diese Vorgabe bereits umgesetzt wurde, sind alle anderen Reviere noch 24 Stunden geöffnet.

(Zuruf von der CDU: Noch!)

Wie sich jeder vorstellen kann, ist das auch sehr personalintensiv.

(Senftleben [CDU]: Das war die Aussage: Noch!)

Warum ist das so? Weil dort wegen bautechnischer Maßnahmen auch noch gesichert werden muss. Dort sind Waffenschränke, die können nicht unbeaufsichtigt sein. Das wird sich noch ungefähr ein Jahr hinziehen. Deshalb muss da auch nachgesteuert werden. Auch da sind noch Reserven.

Zusammenfassend muss man sagen: Die brandenburgischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten leisten eine hervorragende Arbeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Die brandenburgische Polizei ist mit modernster Technik ausgestattet. Ich wehre mich gegen die Aussage, dass die Brandenburger Polizistinnen und Polizisten nicht mehr motiviert und engagiert seien. Sie begründen das mit vielen Krankentagen und mit der aus Ihrer Sicht misslungenen Polizeistrukturreform.

(Zuruf von der CDU)

- Ja, richtig. Der Krankenstand ist angestiegen.

(Zuruf von der CDU: Aha!)

Ich möchte auf die Erfassung der Fehlzeiten kommen. Natürlich sind das Detailfragen. Wenn bei einem krankheitsbedingten Ausfall von einer Woche die Rede ist, werden anders als in anderen Bereichen der Verwaltung sieben Tage und nicht fünf Tage berechnet. So kommen die längeren Krankheitszeiten zu

stande. Der Innenminister hat Maßnahmen zur Gesundheitsförderung ergriffen, die fruchten werden.

Auf der Pressekonferenz letzter Woche hat unser Innenminister deutlich gesagt: Die Interventionszeiten sind auf den ersten Blick gestiegen. Das ist richtig. Bundesweit einmalig ist, dass in die Berechnung der Interventionszeit alle Einsätze der Polizei einfließen, also nicht nur die Blaulichteinsätze, sondern Einsätze aller Art, wie zum Beispiel auch bei Graffiti-Schmierereien. Die Einsätze werden summiert. Daraus ergibt sich die Interventionszeit. Daraus ergibt sich aber auch die Erhöhung um vier Minuten, die Sie gerade angesprochen haben.

Der Berechnungsmodus ist bundesweit einmalig. Man kann sich fragen, ob das so sein muss. Denn bei den Blaulichteinsätzen, den sogenannten dringlichen Einsätzen, liegen wir bezüglich der Interventionszeiten ganz weit vorn. Da ist die Polizei nach gut 18 Minuten vor Ort. Das ist für ein Flächenland wie Brandenburg eine ganz anständige Zeit.

Panikmache hilft nichts. Sie suggerieren den Brandenburgern und Brandenburgerinnen, dass die Sicherheit in Gefahr sei und man hier nicht mehr friedlich leben könne. Das halte ich nicht nur für Populismus. Das halte ich sogar für brandgefährlich.

Die Wohnungseinbrüche und die Kfz-Diebstähle sind ein Problem. Das ist nicht nur ein brandenburgisches Problem. Wenn Sie sich an die letzte Sitzung des Innenausschusses erinnern: Die Innenministerkonferenz hat sich im Dezember letzten Jahres mit diesem Phänomen beschäftigt. Die Kriminalitätszahlen sind nicht nur in Brandenburg stark angestiegen, sondern dieser Trend ist bundesweit zu erkennen.

(Zuruf von der CDU: Na dann!)

- Ja, nicht „na dann“. Es ist nur, weil Sie es skandalisieren und denken, Brandenburg sei das einzige Bundesland, in dem wir uns mit der Problematik beschäftigen müssen.

Auch die deutsche Versicherungswirtschaft hat die Zunahme von Wohnungseinbrüchen problematisiert. Sie hat Schätzungen vorgelegt, denen zufolge die Anzahl der Wohnungseinbrüche im Jahr 2009 bei ca. 110 000 und im Jahr 2011 bei 140 000 gelegen hat. Die Anzahl ist also gestiegen.

Noch einmal: Wir nehmen die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger sehr ernst. Ich würde Sie aufrufen, sich einzugestehen, dass sich die Polizeireform wenig als Wahlkampfthema für die nächsten neun Monate eignet. Sie sollten in sich gehen und überlegen, ob Sie sich damit einen Gefallen tun. Die Leute sind schlauer, als man meint. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir setzen mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Der Abgeordnete Goetz spricht zu uns.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Die Geschichte des Landes Brandenburg - inzwischen

über 23 Jahre - ist immer auch eine Geschichte des Personalabbaus gewesen. Dafür hat es gute Gründe gegeben. Fast die Hälfte des Geldes, das wir ausgegeben haben - es ist auch heute noch so -, kommt von anderen. Da muss man sich natürlich Gedanken darüber machen, wie man zu Einsparungen kommen kann.

Opfer dieses Personalabbaus war über alle Jahre hinweg immer auch unsere Brandenburger Polizei als zweitgrößter Personalkörper, den wir haben. Wenn man Personalkosten einsparen will, denkt man über Polizei nach. Das ist richtig. Es gibt aber Kernbereiche dessen, was einen Staat ausmacht. Zu diesen Kernbereichen staatlicher Tätigkeit gehört die innere Sicherheit. Niemand sonst vermag das zu gewährleisten. Genau deshalb haben wir ein staatliches Gewaltmonopol. Wenn man sein staatliches Gewaltmonopol ernst nimmt und wirklich durchsetzen will, braucht man dafür eine einsatzstarke und leistungsfähige Polizei in unserem Land Brandenburg.

(Beifall FDP)

Das Problem bei Vernachlässigung dieses Themas ist, dass die Bürger anfangen, die innere Sicherheit - ihre persönliche Sicherheit - in die eigenen Hände zu nehmen. Ich erinnere daran, dass voriges Jahr hier in Brandenburg polnische Erntehelfer verprügelt wurden, weil einige glaubten, das seien Einbrecher. Ich erinnere daran, dass viele Kleingärtner inzwischen selbst Streife in den kleinen Gartenkolonien gehen, um ihre Kolonien zu sichern. Sie haben eine Taschenlampe dabei, mit der man im Zweifel auch einmal zuschlagen kann. Sie haben ein Telefon dabei. Ich hoffe, dass sie nie jemanden treffen, weil es dann auch für sie gefährlich wird. Man weiß nicht, auf wen man trifft und welchen Gefahren man sich persönlich aussetzt.

All das ist das Ergebnis dessen, dass die Polizei des Landes Brandenburg nicht mehr in der Lage ist, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen und die innere Sicherheit tatsächlich zu gewährleisten.

Man erlebt immer wieder - auch eben -: Bullshit-Bingo. Man kann es fast abhaken. Das war schon 2002 bei der damaligen Reform so. Damals hieß es: „Weniger Häuptlinge, mehr Indianer“. „Mehr Grün auf der Straße“. Heute sagt man: Mehr Blau auf der Straße. Dazu kommt in verschiedenen Variationen: „Die innere Sicherheit ist gewährleistet. Oder: „Brandenburg ist sicher“. Eigentlich müsste ich immer aufspringen und „Bingo!“ rufen. Heute wäre es wieder so weit gewesen.

Tatsächlich muss man sich doch fragen, wenn es immer heißt, die innere Sicherheit sei gewährleistet, was Sicherheit eigentlich ist. Definiert mir das mal einer hier? Eine absolute Sicherheit wird es nicht geben. Darüber sind wir uns einig. Aber wo ist dann die Sicherheit? Wenn 4 000 Autos im Jahr geklaut werden und gesagt wird, Brandenburg ist sicher, dann stehen 4 000 Autodiebstähle - ungefähr zehn pro Tag - also für ein sicheres Land? 10 geklaute Autos pro Tag = sicher. Was ist, wenn 11 Autos pro Tag geklaut werden? = Nicht mehr sicher? Wie ist es bei 12 Autos, 13 Autos oder 14 Autos? Fragen Sie einmal einen von den zehn, deren Auto letzte Nacht geklaut worden ist, was er von innerer Sicherheit hält. Bestätigt er Ihnen, dass das Land sicher und hier im Land Brandenburg alles in Ordnung ist? Ich vermute, dass er zu einem anderen Ergebnis kommt.

Eisenhower, Dwight D., hat sich einmal mit innerer Sicherheit befasst. Er hat sie für sich definiert und gesagt: Selbstverständ

lich kann man das haben. Wenn du totale Sicherheit willst, dann gehe ins Gefängnis. Dort gibt es etwas zu essen. Du wirst gekleidet. Es gibt medizinische Hilfe und alles andere auch. Das einzige, was dir fehlt, ist die Freiheit. - Genau das ist der Spagat, den wir aushalten müssen - wir reden auch heute Nachmittag über dieses Thema - zwischen innerer Sicherheit auf der einen Seite und Freiheit auf der anderen Seite. Dabei ist völlig klar, dass absolute Sicherheit nicht möglich ist.

Was wir aber gegenwärtig verzeichnen, ist eine Fortschreibung des Personalabbaus, der bereits 2002 unter Innenminister Schönbohm begann. Damals hieß es, 725 Stellen würden gestrichen. Am Ende wurden fast 2 000 Stellen abgebaut. Bis 2012 war der Personalabbau ein rot-schwarzer, meine Damen und Herren auch von der CDU-Fraktion. Das ist so.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Genau!)