Herr Kollege Homeyer, ich habe zwei Fragen. Die erste Frage ist: Könnten Sie dem Landtag vielleicht einmal mitteilen, wie Ihre Position zum Mindestlohn ist?
Die zweite Frage: Würden Sie mir Recht geben, dass die Kollegen Ihrer Fraktion das beschleunigte Verfahren, das verabredet war, mitgetragen haben und wir aufgrund der Kritik die Anhörung der kommunalen Spitzenverbände nachholen wollen? Würden Sie mir da Recht geben?
Nein, das stimmt nicht! Das beschleunigte Verfahren ist grandios gescheitert, Herr Domres. Ich meine, Sie können ja jetzt versuchen, die kommunalen Spitzenverbände aufzufordern, etwas schriftlich einzureichen. Ich bin aber der Meinung, wir sollten das jetzt ordentlich tun und den kommunalen Spitzenverbänden die Gelegenheit zur Anhörung im Wirtschaftsausschuss geben, wie sich das gehört.
Unsere Haltung zum Vergabegesetz, Herr Domres, kennen Sie. Wir haben das Gesetz bisher abgelehnt, und wir werden es auch jetzt ablehnen.
Aber vielleicht, meine Damen und Herren - um darauf einzugehen, was Sie ja alle bewegt -, hat sich dieser Bürokratiewahnsinn ja im Januar von allein erledigt, und Sie werden Ihr Gesetz einstampfen. Dann gibt es eine neue Regelung im Bund, und dann sind wir alle schlauer.
(Demonstrativer Beifall SPD und DIE LINKE - Schippel [SPD]: Das wäre schön! - Zurufe von der SPD und der Frak- tion DIE LINKE: Sehr gut - Frau Lehmann [SPD]: Das ist der Durchbruch! - Frau Stark [SPD]: Mit der CDU!)
Herr Abgeordneter Homeyer, Ihre Redezeit ist beendet. - Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Baer hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich hatte ich ja geglaubt - ja, ich hatte gehofft -, dass ich in der Dezember-Tagung des Landtages von Brandenburg nicht mehr zum Brandenburgischen Vergabegesetz sprechen müsste, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen hatte ich gehofft, dass wir heute schon früher eine Empfehlung der Brandenburger Mindestlohnkommission hätten, die dann auch schon zügig umgesetzt worden wäre, und zum Zweiten hätte ich mir gewünscht, dass mit der Bundestagswahl im September der bundesweite gesetzliche Mindestlohn ohne Wenn und Aber und ohne lange Verzögerung umgesetzt worden wäre, was uns dann ebenfalls diesen Tagesordnungspunkt heute erspart hätte.
Aber wir alle wissen - es ist eben zur Sprache gekommen -, bis Weihnachten ist noch viel Zeit, und Wünsche gehen eben leider nicht immer in Erfüllung. Also tauschen wir noch einmal die hinlänglich bekannten Argumente aus, auch wenn ich die erneute Diskussion über die Einführung eines bundesweiten gesetzlichen Mindestlohnes für nicht mehr zeitgemäß halte, weil sich 80 % der Bürger - wie Sie alle wissen - inzwischen für einen gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn ausgesprochen haben.
Auch eine wieder aufgeflammte Diskussion über einen unterschiedlichen Mindestlohn in Ost und West halte ich 23 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht für angebracht, schließlich unterscheiden die Supermärkte in ihren Kassen auch nicht nach Ost und West, und die Mehrwertsteuer wird auch nicht in strukturschwachen Regionen reduziert, soweit mir bekannt ist.
Beim Mindestlohn reden wir hier heute auch nicht über Einkommen, bei denen es auf 100 Euro monatlich mehr oder weniger nicht ankommt, sondern wir reden hier über ein Einkommen, das zur Existenzsicherung ausreichen muss. Wir wissen alle, dass wissenschaftliche Untersuchungen schon heute zu dem Schluss kommen, dass 8,50 Euro nicht einmal mehr ausreichen.
Es kann nicht länger hingenommen werden, dass einige Unternehmer indirekt subventioniert werden, indem sie ihre schlecht entlohnten Beschäftigten zum Aufstocken aufs Amt schicken.
Das geht nicht nur zulasten der Betroffenen, sondern auch der Sozial- und Steuerkassen, also der Allgemeinheit. Dem Staat fehlen somit dringend benötigte Mittel für Investitionen in Bildung, Verkehr und Energie. Ein bundesweiter gesetzlicher Mindestlohn ist nicht nur im Interesse der Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch im Interesse der Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Land. Er verhindert Lohndumping und sichert einen fairen Wettbewerb. Ein Geschäftsmodell, das auf Lohndumping beruht, meine Damen und Herren, ist zynisch und kann nicht hingenommen werden.
Aber die Situation ist nun einmal so, wie sie ist. Wir haben noch keinen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn, und darum steht heute die Anpassung unseres Vergabegesetzes auf der Tagesordnung - wo wir Handlungsspielraum haben, wollen wir ihn nutzen.
Bereits Anfang Juni hat die Brandenburger Mindestlohnkommission vorgeschlagen, den Mindestlohn bei der Vergabe öffentlicher Aufträge auf 8,50 Euro anzuheben. Dieser Schritt ist aus meiner Sicht dringend erforderlich gewesen. Dabei wurde eine Laufzeit von zwei Jahren empfohlen; eine vorzeitige Anpassung soll im Herbst 2014 geprüft werden. Ich bin ehrlich: In diesem Punkt verstehe ich die Unzufriedenheit der Arbeitnehmervertreter in der Kommission mit dem Gesamtvorschlag, denn eine erneute Anpassung könnte erst im Januar 2016 erfolgen. Die Vorschläge der Kommission sind ein Schritt in die richtige Richtung, aber noch nicht der ganz große Wurf.
Das war der Stand der Dinge - bis letzte Woche. Aber aufgrund eines Formfehlers können wir das Vergabegesetz nicht im November in letzter Lesung verabschieden. Das kann frühestens im Januar erfolgen, die Veröffentlichung im Amtsblatt wahrscheinlich erst im Februar 2014. Folglich fallen alle im Januar 2014 öffentlich vergebenen Aufträge noch unter das alte Vergabegesetz mit seinem Mindestlohn von 8 Euro. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich mehr als unzufrieden damit bin, dass aus rein formalen Gründen eine abschließende Befassung des Landtages in diesem Jahr nicht mehr möglich ist. Das ist ärgerlich, das ist peinlich und das ist auch nach außen nicht vermittelbar.
Das beweist erneut, wie wichtig die Aufnahme einer Lohngleitklausel gewesen wäre. Schade, dass das nicht erfolgt ist. Nun können weiterhin öffentliche Aufträge mit einer Entlohnung unter 8,50 pro Stunde vergeben werden. Aber vielleicht können wir die eingetretene Verzögerung nutzen: Lassen Sie uns diesen Gesetzentwurf an den Ausschuss überweisen und damit
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Baer. - Wir setzen mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort; Herr Abgeordneter Tomczak hat das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist 18.30 Uhr und das Thema sorgt für eine lebendige Debatte. Das ist natürlich zum Aufmuntern ganz lustig; die Folgen der Debatte mögen es nicht sein.
Der Ministerpräsident ist nicht anwesend, aber an Ihre Adresse, liebe Koalitionäre, gewandt: Ich wundere mich, dass Sie heute unbedingt nochmals das Vergabegesetz behandeln wollen. Ihr Tatendrang, der sich auf die Erhöhung des Mindestlohnes von 8 auf 8,50 Euro bezieht, ließ Sie wohl vergessen, die scheindemokratischen Floskeln aufrechtzuerhalten. Auch Anzuhörende - und zwar nicht nur die kommunalen Spitzenverbände, sondern auch noch andere Kreise - sind in die Entscheidungsfindung einzubinden.
Mein Stil ist es nicht unbedingt, Häme zu zeigen, aber der Eifer, den Sie heute an den Tag legen, ist überflüssig - auch im Hinblick auf die Tatsache, dass Sie als SPD in Berlin mit der Union in Koalitionsverhandlungen stehen. Eines Ihrer Kernanliegen, womöglich Ihr Hauptziel, ist die Einführung eines allgemeingültigen Mindestlohns.
Uns Liberalen geht es nicht um das Vergabegesetz, sondern darum, dass das vergabefremde Kriterium Mindestlohn darin nichts zu suchen hat. Das sagen wir nicht erst heute, sondern seit geraumer Zeit, und sehen uns in dieser Frage mit den erwähnten Spitzenverbänden einig. Mindestlöhne als Vergabekriterium bescheren besonders den Kommunen Mehrkosten in enormer Höhe. Als kommunaler Vertreter weiß ich, worum es in meiner Heimatgemeinde geht. Sie selbst haben in Ihrer Politik für Land und Kommunen erklärt, dass die Haushaltskonsolidierung für die Kommunen erste Richtschnur sein sollte, verhindern aber auf diese Weise genau diesen Anspruch; das Konnexitätsprinzip wird absolut nicht beachtet.
Meine Damen und Herren, vieles bleibt ungeklärt. Kommen erstens diese 8,50 Euro als Lohnuntergrenze bei den Beschäftigten überhaupt an? Sie haben dazu keine Auskunft eingefordert. Sie sagen, es sei zu aufwendig. Die Kommunen seien auch wegen der schweren Abarbeitung der Vorschriften - zu Auskünften nicht in der Lage.
Die zweite Frage: Wollen die Kommunen tatsächlich dieses Gesetz? Diejenigen unter Ihnen, die kommunal tätig sind, kennen die Haltung der Verwaltung in den Kommunen. Wir erleben bei Vergaben in entsprechenden Gremien, dass diese Frage oft nicht beantwortet werden kann.
Um die Zeit nicht mehr. - Eine weitere Frage wurde hier noch nicht behandelt: Ist die Mindestlohnkommission tatsächlich unabhängig? Wir haben Zweifel, denn die Kommission ist mit einem Staatssekretär und zwei Abteilungsleitern der Landesregierung besetzt; die kommunalen Spitzenverbände hingegen als Vertreter der kommunalen Arbeitgeber fehlen. Nach unserem Dafürhalten ist Unabhängigkeit so nicht gegeben. Für uns besteht hier großer Klärungsbedarf.
Meine Damen und Herren, wir als FDP-Fraktion haben das Gesetz von Beginn an abgelehnt und bleiben dabei. Das Gesetz bedeutet enorme finanzielle Mehrbelastungen für die Kommunen. Die Einführung von Mindeststandards bei öffentlichen Vergaben war ein Fehler, denn sie greifen nach unserer Meinung in unzulässiger Form in die unternehmerische Vertragsfreiheit und die Tarifautonomie ein. Die Festlegung von Lohnhöhen ist traditionell allein Aufgabe der Tarifparteien. Das hat sich über Jahrzehnte bewährt.
Die Festlegung der Höhe - 8 oder 8,50 Euro - ist willkürlich und war während einer Sitzung des Arbeitsausschusses großer Geheimhaltung unterworfen. Man konnte nicht einmal sagen, warum es gerade 8,50 Euro sein sollen. Warum nicht 50 Cent oder 1 Euro mehr oder weniger? Die Handlungsgrundlage scheint Willkür zu sein. In vielen Branchen gelten sowieso andere Vertragsregelungen. Ich bin selbst Unternehmer und weiß, dass über Lohnangebote dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden kann. Und nur darum geht es: Arbeitsplätze zu halten und zu sichern.
Sinn und Zweck des Vergabegesetzes begründen sich für uns darin, die öffentliche Hand wirtschaftliche Leistungen einkaufen zu lassen.
Herr Abgeordneter Tomczak, ich muss Sie bitten; Sie sind fast eine Minute über der Zeit. Bitte beenden Sie Ihre Rede. Drüber, drüber, drüber!
Lassen Sie mich doch! Mein Gott! Es ist meine vorletzte Rede für die Runde in diesem stattlichen Haus. - Wir fordern Sie auf, das Vergabegesetz von sämtlichen vergabefremden Kriterien zu befreien. Wir lehnen die vorliegende Gesetzesänderung ab. Danke schön.