Protocol of the Session on November 20, 2013

(Beifall DIE LINKE und des Abgeordneten Richter [SPD])

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ludwig. - Entschuldigen Sie bitte noch einmal, Herr Abgeordneter Vogel. Sie haben jetzt das Wort.

Danke, Frau Präsidentin! Ich muss ja fast gar nichts sagen; alle machen Werbung für uns.

(Heiterkeit)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung beabsichtigt, sich mit der Verabschiedung dieses Nachtragshaushalts als klug wirtschaftende Haushälterin zu porträtieren. Seht her - so lautet die Botschaft, die wir auch heute gehört haben -, wir kümmern uns um den Unterrichtsausfall an den Schulen, stocken die Zahl der Lehrerstellen auf und führen eine Vertretungsreserve ein. Der steigenden Zahl von Flüchtlingen tragen wir Rechnung. Wir schaufeln hier ein bisschen um und legen dort ein bisschen drauf. Dank der sinkenden Zinsausgaben können wir das alles ohne Belastung an anderer Stelle tun. Zugleich senken wir die Nettokreditaufnahme im Jahr 2013 auf 130 Millionen Euro - übrigens nicht auf null, Herr Richter und nehmen 2014, wie geplant, keine neuen Schulden auf. Ansonsten wollen wir den Kommunen ein paar Wohltaten gönnen, passen dazu die Einnahmen der letzten Steuerschätzung an und richten den Jugendhilfelastenausgleich ein. Den Grünen kommen wir auch noch ein bisschen entgegen.

Ich bedanke mich auch im Namen der Regionalen Planungsgemeinschaften dafür, dass tatsächlich 500 000 Euro mehr zur Verfügung gestellt werden.

Dazu macht die Landesregierung - oder: machen wir, wenn ich mich in deren Rolle versetze - ein bisschen unvermeidliche Haushaltstechnik. Sie schafft eine Titelgruppe für den Aufbauhilfefonds für die Hochwasseropfer - das hat noch niemand angesprochen - und schichtet etliche Millionen zur Liquiditätssicherung für die Flughafengesellschaft BER um.

Damit sind wir beim Thema. Auch wenn es niemand mehr hören will und es inzwischen allen aus den Ohren quillt: Auch dieser Nachtragshaushalt ist - allem anderslautenden Wortgeklingel zum Trotz - primär ein Flughafenhaushalt.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Es ist mehrfach angesprochen worden: Wir wissen bis heute nicht, wie viel mehr der Flughafen kosten wird. Wir kennen keinen aktuellen Zeitplan. Uns liegt weder über die Gesamtkosten der Baumaßnahme noch über deren Folgekosten eine Schätzung vor. Der neueingestellte Mittelansatz ist, so würde ich sagen, eher „schätzometrisch“ ermittelt, als dass er auf verlässlichen Grundlagen beruhen würde.

(Beifall B90/GRÜNE)

Als Abgeordnete hören wir immer nur den Appell an unsere Verantwortung, das Gesamtvorhaben nicht durch kleinkarierte Nachfragen zu gefährden. Aber ist es nicht unsere Pflicht als Volksvertreter, uns den angeblichen Sachzwängen entgegenzustellen? Als Haushaltspolitiker sind unsere Aufklärungsmöglichkeiten im Ausschuss erschöpft.

Wir hatten die Finanzverantwortliche der FBB, Frau Fölster, in den Haushaltsausschuss geladen, um uns aufklären zu lassen. Als Märchenstunde würde ich ihren Vortrag nicht bezeichnen wollen, weil Märchen immerhin eine Art von Inhalt haben. Der Vortrag von Fölster dagegen war weitestgehend inhaltsfrei.

(Beifall B90/GRÜNE und vereinzelt CDU)

Klar ist nur: Es wird teurer. Um wie viel? Keine Aussage. Fertigstellungsdatum? Später, aber keine konkrete Aussage. Welche Bedeutung hat die finanzielle Schlagseite von Air Berlin für die Perspektiven des BER? Wie sieht es mit den Entschädigungsklagen aus? Keine Aussage, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt.

Allerdings wurde erkennbar, dass - entgegen den Verlautbarungen des Finanzministers - die boomenden Passagierzahlen in Tegel kaum zusätzliche Einnahmen in die Kassen spülen, sondern in die seit längerem kursierenden Mindereinnahmen von ca. 17 Millionen Euro pro Monat eingerechnet sind. Hinzu kommen 17 Millionen Euro Mehrausgaben pro Monat für die Aufrechterhaltung der drei Flughäfen. Das macht summa summarum 34 Millionen Euro, die im Businessplan fehlen und die die eigentlich für Investitionen vorgesehene Kapitalaufstockung von 1,2 Milliarden Euro langsam, aber sicher auffressen.

Wer das für Spinnerei hält, möge einfach in die Geschäftsabschlüsse schauen: Der FBB-Umsatz lag im Jahr 2012 bei rund 270 Millionen Euro, und es wurden Zinsen von fast 100 Millionen Euro gezahlt.

Was passieren wird, wenn die noch im Bau befindlichen Anlagen aktiviert werden und darüber hinausgehende Abschreibungen im dreistelligen Millionenbereich zu Buche schlagen, kann man sich schon heute ausrechnen: Das wird für uns ein Fass ohne Boden.

Herr Abgeordneter Vogel, lassen Sie eine Frage des Abgeordneten Görke zu?

Aber bitte, immer.

Herr Kollege Vogel, können Sie mir die Frage beantworten, warum Sie bei allen Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem BER im Haushaltsausschuss beantragt hatten, für das Jahr 2015 einfach mal so 300 Millionen Euro mehr für das Projekt bereitzustellen, ohne weitere Planungen oder einen Eröffnungstermin zu kennen? Vielleicht können Sie das dem Parlament erklären.

Das kann ich gern beantworten. Dazu habe ich schon im Haushaltsausschuss ausgeführt. - Es ist selbstverständlich schon heute absehbar, dass wir in den Jahren 2015 fortfolgende zusätzliche Mittel brauchen werden. Dafür benötigt der Finanzminister eine Verpflichtungsermächtigung. Die Zahl 300 Millionen Euro war - ich gebe es zu - eine Provokation. Der Finanz

minister sollte provoziert werden, endlich „Butter bei die Fische“ zu tun und zu sagen, welche Kosten insgesamt auf uns zukommen werden.

(Beifall der Abgeordneten von Halem [B90/GRÜNE])

300 Millionen Euro - das sind die 37 % von 800 Millionen Euro, die momentan als mögliche Mehrkosten kursieren. Ich selbst habe aber, das wissen Sie, im Ausschuss beantragt nachdem der Finanzminister die weiße Fahne gehisst hatte -, die Zahl auf null zu setzen, um die Möglichkeit zu schaffen, im Rahmen des Haushaltsvollzugs im nächsten Jahr eine überplanmäßige Ausgabe bzw. Verpflichtungsermächtigung hierfür einzustellen. Auch das haben Sie abgelehnt. Ich lese daraus, dass Sie davon ausgehen, es werde keiner Verpflichtungsermächtigung für 2015 bedürfen, sondern wir könnten für 2015 mit 0,00 Euro aus der ganzen Geschichte herauskommen.

Herr Abgeordneter Vogel, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage, diesmal gestellt durch die Abgeordnete Geywitz, zu? Das alles verlängert Ihre Redezeit.

(Zuruf von der SPD: Das ist ja das Schlimme!)

Gern.

Frau Abgeordnete Geywitz, bitte.

Wir haben morgen auch noch einmal 20 Minuten dafür zur Verfügung. - Sie haben gesagt, dass besagter Haushaltsantrag nicht ernst gemeint, sondern eine Provokation gewesen sei, um aus dem Finanzminister endlich die Zahl herauszubekommen, die er Ihnen angeblich nicht sagt. Darf ich das so interpretieren: Sie gehen davon aus, unser Finanzminister enthalte dem Parlament etwas vor, das heißt, er kenne schon die kompletten Mehrkosten und sage sie uns einfach nicht?

Ist es nicht vielmehr so, dass die Mehrkosten momentan noch nicht veranschlagungsreif sind und wir einfach noch nicht sagen können, wie viele Mehrkosten es sind? Geht es demzufolge nicht ins Leere, Helmuth Markov mit unterschiedlichsten Anträgen bzw. Tricks provozieren zu wollen, etwas zu sagen, was er noch gar nicht sagen kann?

Jetzt sprechen Sie ein grundsätzliches Problem an, weil sich in der Tat herausgestellt hat, dass weder Frau Fölster noch der Finanzminister Zahlen auf dem Tisch haben. Genau das ist der Grund, warum heute Vormittag die Opposition dem Antrag der FDP zustimmte, das Gesetz über den Nachtragshaushalt von der heutigen Tagesordnung abzusetzen und die Abstimmung zu vertagen, bis die Zahlen endlich vorliegen.

(Beifall B90/GRÜNE, CDU und FDP)

Man muss davon ausgehen, dass die FBB-Verantwortlichen solche Zahlen haben müssten. Das große Problem bei der Anhörung war nicht, dass der Eindruck entstand, hier sei jemand nanobeschichtet - um nicht „teflonbeschichtet“ zu sagen -, sodass alle unsere Fragen an ihm abperlten. Wir alle haben vielmehr den Eindruck gewonnen, dass die oberste Finanzverantwortliche der FBB nicht das geringste Wissen darüber hat, wie viel Geld schon ausgegeben wurde und wie viel der BER noch kosten wird, sodass wir auch nicht ableiten können, wie viel Eigenkapitalaufstockung und Eigentümerdarlehen für die Flughafengesellschaft von uns noch aufgewandt werden müssen. Das ist doch der Grund, dass wir sagen: Dann kann das Parlament den Nachtragshaushalt nicht verabschieden, sondern wir müssen uns die Zeit nehmen und warten - vermutlich bis Januar, denn am 13. Dezember sollen ja die Auskünfte gegeben werden. Wenn wir den Nachtragshaushalt im Januar verabschieden würden, wäre das kein Unglück.

Aber was wir in den Ausschussberatungen erlebt haben - das dürfen wir uns nicht bieten lassen -, ist der Versuch der Länder Berlin und Brandenburg sowie des Bundes, sich mit der Wahl der Rechtsform einer Aktiengesellschaft nicht in die Karten gucken zu lassen und die Flucht aus dem Haushaltsrecht anzutreten.

(Beifall B90/GRÜNE sowie des Abgeordneten Burkardt [CDU])

Wenn wir parlamentarische Demokratie nicht nur simulieren wollen, dann wäre es unsere Pflicht, hier die Notbremse zu ziehen und diesen Haushalt so lange auf Eis zu legen, bis die versprochene Kostenschätzung vorgelegt und von uns ausgewertet ist. Das haben Sie heute früh leider abgelehnt, wie ich schon sagte.

Wenn Sie sich dazu schon nicht hinreißen lassen wollen, so wäre es das mildeste Mittel, wenigstens die von CDU und Grünen gemeinsam beantragten Sperrvermerke im Haushalt anzubringen. Wenn Sie dazu auch nicht willens sind, dann bleibt uns leider nichts anderes übrig, als sowohl den Haushalt als auch dessen Überweisung zur weiteren Beratung für die 3. Lesung abzulehnen. Tut mir leid. - Herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Wir setzen mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Dr. Markov, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben ja morgen noch einmal ausreichend Redezeit. Ich versuche es trotzdem. - Das war jetzt keine Haushaltsdebatte, das war eine Flughafendebatte. Und obwohl ich das im Ausschuss für Haushalt und Finanzen, denke ich, sehr klar und nachvollziehbar dargelegt habe, kommen immer wieder dieselben Vorwürfe, die unsinnig, absurd und was weiß ich noch sind.

Also: Wir reden über den Nachtragshaushalt 2014. Demzufolge sind wir verpflichtet, die Mittel, die 2014 benötigt werden, in diesem Haushalt zu spiegeln.

Als wir den Haushalt 2013/14 verhandelt haben, hat übrigens Herr Burkardt - ich habe das Protokoll hier - gesagt: Die 1,2 Milliarden Euro langen nicht und wir brauchen einen Nachtragshaushalt. - Bei der 1. Lesung zu diesem Nachtragshaushalt haben Sie das auch wieder gesagt.

Sie haben sich geirrt, man braucht keinen Nachtragshaushalt! Ich habe Ihnen damals schon gesagt: Die 1,2 Milliarden Euro langen in dieser Wahlperiode, 2013/14. Und sie langen in dieser Wahlperiode, 2013/14! Das hat die Flughafengesellschaft Ihnen bestätigt.

(Wichmann [CDU]: Weil nicht gebaut wird! Warum sonst?)

Wir reden über den Haushalt, darüber, wie viel Geld wir im Haushalt 2013/14 für den Flughafen brauchen, und nicht darüber, wie viel Geld der Flughafen insgesamt braucht, sondern wie viel Geld das Land Brandenburg als Gesellschafter mit 37,5 % aus Steuermitteln zur Verfügung stellen soll. Der Flughafen insgesamt - vielleicht sollte man sich das noch einmal in Erinnerung rufen - kostet viel mehr Geld. Die Flughafengesellschafter haben bisher einmal Steuerzahlergeld in Höhe von 430 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Der Kredit in Höhe von 2,4 Milliarden Euro war kein Steuerzahlergeld, das war ein ganz normaler Kredit, den eine Gesellschaft aufgenommen hat. Das Land hat dafür gebürgt, und wir beziehen Bürgschaftsentgelte. Das war kein Steuerzahlergeld.

(Dombrowski [CDU]: Doch!)

- Nein, war es nicht, das war ein ganz normaler Kredit der FBB.

Die 1,2 Milliarden Euro sind noch einmal Steuerzahlergeld um auch das klar und deutlich zu sagen. Und dieses Geld reicht.

Dann bin ich natürlich erstaunt - es ist ja schon einmal jemand über den Begriff Peanuts gestolpert -: Da wird im Zusammenhang mit diesem Haushalt von Peanuts gesprochen. Im Nachtragshaushalt wurde die Nettokreditaufnahme im Jahr 2013 um 200 Millionen Euro reduziert.

(Beifall DIE LINKE und SPD)