Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich eröffne unsere Sitzung wieder, und wir kommen zum zweiten Teil der heutigen Tagesordnung.
Ich möchte ganz herzlich Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Schwarzheide bei uns begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!
Ich wünsche Ihnen gute Eindrücke. Und seien Sie versichert: Die Abgeordnetenplätze werden schon noch besetzt. Es gibt offensichtlich einen Stau beim Mittagessen.
Dies war zugleich eine Aufforderung an die Parlamentarischen Geschäftsführer, in ihren Fraktionen noch einmal durchzurufen, weil das nachfolgende Thema mehr Aufmerksamkeit verdient.
Die Aussprache wird durch den Chef der Staatskanzlei, Herrn Staatssekretär Gerber, eröffnet. - Herr Gerber, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Staatsvertrag wollen wir das Erforderliche mit dem Sinnvollen bzw. Notwendigen verbinden. Der Staatsvertrag schafft zum einen einen Rechtsrahmen, der sich den verändernden europäischen Rahmensetzungen anpasst. Zum anderen haben wir die Gelegenheit genutzt, einige Brandenburger Interessen präziser zu formulieren bzw. auszubauen. Übrigens gilt das auf der anderen Seite auch für die Berliner Seite.
Lassen Sie mich zu Beginn eine Regelung ansprechen, die schon im Vorfeld Gegenstand von Diskussionen gewesen ist. Sie betrifft die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Senders rbb, genauer gesagt: ihre Stellung gegenüber dem Sender als Arbeitgeber.
Der gewachsenen Bedeutung der arbeitnehmerähnlichen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird im neuen Staatsvertrag verbessert Rechnung getragen. Die bestehende Freien-Vertretung wird staatsvertraglich und damit stärker als zuvor institu
tionell verankert. Es wird also eine bessere Situation sein als der Status quo, und die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden künftig ihre spezifischen Interessen durch legitimierte Vertreter formulieren können. Das Nähere wird ein Statut regeln, dem der Rundfunkrat zustimmen muss. Diese Regelung werden wir nach zwei Jahren gemeinsam mit Berlin evaluieren.
Ich komme nun zu vier Punkten, die mir aus Brandenburger Sicht besonders wichtig sind. Erstens: Infolge der digitalisierten Kabelweiterverbreitung ist es Rundfunkveranstaltern inzwischen möglich, in ihren ansonsten bundesweit verbreiteten Fernsehprogrammen Werbeblöcke sozusagen auseinanderzuschalten und jeweils auf bestimmte Regionen auszurichten. Darauf haben wir reagiert. Denn unsere hiesigen Hörfunk- und Fernsehveranstalter sind darauf angewiesen, dass sie das regionale und lokale Werbeaufkommen auch für sich nutzen können. Deshalb soll für auseinandergeschaltete Werbeblöcke keine Zulassung erteilt werden.
Zweitens: Gerade angesichts der Globalisierung der Kommunikation können die traditionellen lokalen Medien - Zeitungen, Radio und Lokalfernsehen - über die Vermittlung lokaler Identität ihre Stärken zeigen. Anlässlich der Präzisierung des Auftrags des rbb wird klargestellt, dass dessen Berichterstattung das Leben in Berlin und in Brandenburg abbilden muss. Das wiederum kommt den vor Ort tätigen lokalen TV-Veranstaltern zugute. Mit ihnen kann der rbb vor allem dann kooperieren, wenn es um Berichte über Ereignisse außerhalb Berlins und außerhalb des Berliner Umlandes geht.
Der dritte Punkt: Ein weiteres Thema ist die Verwendung der Mittel der Medienanstalt. Ihr steht ja ein Teil des Rundfunkbeitragsaufkommens zu, und davon wird ein bestimmter Anteil vorweg zugunsten des rbb abgezogen. Dieser Vorwegabzug wurde jetzt zugunsten des rbb erhöht. Wir haben dafür gesorgt, dass der rbb aus diesem Topf jährlich 230 000 Euro zur Ausweitung seiner Berichterstattung über Ereignisse einsetzt, die in brandenburgischen Regionen stattfinden.
Vierter und letzter Punkt: Des Weiteren wollen wir es dem Medienrat erleichtern, einer unternehmerischen Beteiligung von Verlegern am lokalen Rundfunkveranstalter zuzustimmen, denn die Anzahl sogenannter Ein-Zeitungs-Kreise wächst. Wenn es hier außerdem einen lokalen Rundfunk gibt, ist das grundsätzlich ein Zugewinn für die Meinungsvielfalt. Angesichts sinkender Zeitungsauflagen und Werbeerlöse können davon beide Seiten profitieren.
Zusammenfassend: Ich glaube, wir haben eine Reihe von Verbesserungen im Sinne der Interessen des Landes Brandenburg erreicht. Ich hoffe im Gesetzgebungsprozess auf eine Zustimmung des Landtags. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär Gerber. - Wir kommen zum Redebeitrag der CDU-Fraktion. Herr Abgeordneter Senftleben hat das Wort.
Vielen herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Eigentlich wollte heute unsere Kollegin Frau Richstein zu dem Thema etwas sa
gen. Sie ist aber leider erkrankt. Deswegen Grüße von hier an das Krankenbett, gute Genesung! Ich werde also jetzt nicht nur ihre Worte, sondern auch unsere Gedanken zu diesem Tagesordnungspunkt vortragen.
Der Staatsvertrag zum rbb regelt - so steht es in dem Vertrag die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt für Berlin und Brandenburg. Der Staatsvertrag, um den es heute und in den nächsten Wochen geht, ist die Grundlage für eine gemeinsame Medienordnung. - So viel zu den Worten, die da auch formuliert sind.
Natürlich geht es im Kern darum, dass wir ein gutes Programmangebot brauchen. Es ist gerade vom Chef der Staatskanzlei, Herrn Gerber, schon gesagt worden, dass natürlich auch dem Erfordernis eines guten und ausgewogenen Angebots für Berlin und für Brandenburg Rechnung getragen werden sollte. Das sage ich gerade auch als jemand, der sozusagen aus der Grenzregion kommt. Es gibt natürlich schon Fragen der Brandenburger Bürger zum Angebot im rbb: Wie viel ist da noch Brandenburg und wie viel Berlin?
Ich sage Ihnen ganz klar: Die Akzeptanz und damit auch die Einschaltquoten regeln nicht wir durch einen Staatsvertrag, sondern die kann man durch das Angebot im Programm regeln. Ich glaube, hier ist der rbb gefordert, das Brandenburger Interesse, das Brandenburger Leben, die Brandenburger Kultur, die Brandenburger Politik stärker zu präsentieren, als es in letzter Zeit vielleicht der Fall war.
Ich will auch sagen, dass Ende August die Kollegen in Berlin ich nehme an, in dem Fall der Regierende Bürgermeister, Herr Wowereit - den Vertrag unterschrieben haben, und am 11. September wurde das Ganze von Brandenburg durch den damaligen Regierungschef - in dem Fall war es schon Herr Woidke unterschrieben. Am selben Tag, am 11. September, als wir von der Unterschrift hier in Brandenburg erfahren haben, haben die Kollegen im Berliner Abgeordnetenhaus darüber schon beraten. Ich sage Ihnen ganz offen und ehrlich: Ich habe mir schon vorgestellt, dass wir relativ zeitgleich die Diskussionen im Abgeordnetenhaus und hier im Landtag führen können.
Deswegen hätte ich mich auch darüber gefreut, wenn, wie gesagt, an der Stelle die Dinge in größerer Gemeinsamkeit - auch von der Zeit her - behandelt worden wären.
Ich sage auch Folgendes ganz klar. Wir bekommen gesagt: Ihr könnt dem Staatsvertrag zustimmen oder nicht zustimmen. Nun kann man natürlich sagen: Das war schon immer so. Staatsverträge werden vorher durch die entsprechenden Regierungschefs entschieden, werden den Landtagen vorgelegt, und die Landtage können dann entscheiden, ob sie mit Ja oder mit Nein stimmen.
Ich glaube, an der Stelle kann man in der Politik auch einmal den Mut haben zu sagen: Wir sind reif genug für Diskussionen - auch vor Unterschriften, auch in den Parlamenten. Deswegen ist das heute vielleicht ein Anlass, darüber nachzudenken, in Zukunft vor den Unterschriften der Regierungschefs die Landtage einzubeziehen.
- Die Zeiten ändern sich, und Sie haben vollkommen Recht: Opposition kann den Blickwinkel manchmal wirklich erweitern, das haben wir jetzt gelernt.
Meine Damen und Herren, es ist schon von Kollegen Gerber gesagt worden: Es geht um viele einzelne Fragen - auch von der Bundesebene -, die hier umgesetzt werden sollen. Man kann auch über die Frage, dass auf Frauen Männer und auf Männer Frauen folgen sollen, diskutieren; wir haben das eben schon kurz getan.
Im Kern geht es natürlich darum: Was machen wir mit den freien Mitarbeitern des rbb? Ich sage offen und ehrlich: Auch das ist vielleicht etwas, was die Erweiterung durch Oppositionsarbeit möglich gemacht hat. Aber ich kann nicht verstehen, dass wir im rbb insgesamt 1 300 freie Mitarbeiter haben, deren Verträge Frau Reim übrigens - vor kurzem hat sie noch etwas anderes angesagt - anders gestalten möchte, und dass man für diese 1 300 Kollegen eine andere Form der Personalvertretung findet als für alle anderen Beschäftigten. Das wird im Landtag von Brandenburg ausgerechnet von denjenigen vertreten, die vor kurzem noch im Bundestagswahlkampf gesagt haben: Wir brauchen in Deutschland ein anderes Verständnis zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgebern. - Hier ist ganz klar das Gebot: Die Freien sollen genauso wie alle anderen behandelt werden.
Es gibt das Argument, es sprächen rechtliche Gründe dagegen zumindest sagt das Frau Reim vom rbb. Da erhebt sich für den Abgeordneten, der sich damit beschäftigt, die Frage: Warum haben es der Saarländische Rundfunk, der Hessische Rundfunk, der WDR, Radio Bremen und das ZDF so geregelt? Alle haben das so geregelt, wie es der Personalrat, die Gewerkschaften und die freien Kollegen beim rbb auch wollen. Und in Berlin-Brandenburg sprechen angeblich rechtliche Grundlagen dagegen? Ich glaube, das ist so nicht haltbar.
Wir werden am 13.11. im Hauptausschuss des Landtags eine Anhörung durchführen und uns darüber genau beraten. Ich sage Ihnen ganz klar: Wir reden von einem Staatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg. Wir - das Abgeordnetenhaus von Berlin und der Landtag in Brandenburg - haben es also in der Hand, die Dinge für unseren rbb, für unsere Kollegen so zu regeln, wie wir sie für richtig halten. Das ist unsere Verantwortung. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Senftleben. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Ness hat das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist das heute ein sehr wichtiges Thema. Wir haben die Debatte darüber, wie mit Staatsverträgen umzugehen ist, in diesem Hohen Haus schon mehrmals geführt.
Der von mir sehr verehrte Peter Struck hat als Fraktionsvorsitzender der SPD - leider ist Peter Struck viel zu früh verstorben einen schönen Satz geprägt: Ein Gesetz, das in ein Parlament hineingeht, kommt anders wieder heraus. Es kommt niemals so wieder heraus, wie es von der Regierung ursprünglich vorgelegt worden ist. - Peter Struck hatte aber einen Vorteil: Er hatte im Deutschen Bundestag nie mit Staatsverträgen zu tun.
Staatsverträge werden zwischen zwei Bundesländern ausgehandelt, und das Parlament hat dann nur die Möglichkeit, Ja oder Nein zu sagen. Wir können schlicht und ergreifend keine Änderungsanträge zu diesem Staatsvertrag stellen und beschließen. Das kann man bedauern, so ist aber die objektive Regelung.
Wenn zwei Bundesländer einen Staatsvertrag aushandeln, ist es logisch, dass es unterschiedliche Interessen gibt, die austariert werden müssen. Daran müsste sich die CDU aus ihrer Regierungszeit - angesichts der vielen Staatsverträge, die damals ausgehandelt worden sind - noch sehr gut erinnern können. In der Tat ist es gelungen - und da stimme ich dem Chef der Staatskanzlei, Albrecht Gerber, ausdrücklich zu -, in diesem Staatsvertrag Brandenburger Interessen sehr wohl zur Geltung zu bringen.