Protocol of the Session on September 25, 2013

(Zurufe aus der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Auch wir wollen den Lehrern keine Methode vorschreiben.

(Ah! bei der Fraktion DIE LINKE)

- Jetzt frage ich mich, ob Sie es alle so machen wie Herr Holzschuher, der Anträge aus Prinzip nicht liest. Es steht im Antrag!

(Beifall CDU sowie des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜ- NE])

Wir wollen keine Methode vorschreiben, aber wir glauben, dass es Aufgabe von Bildungspolitik ist, zu gucken, was passiert, und dass man mehr Erkenntnisse sammeln muss - gerade wenn eine Methode dermaßen massiv in der Kritik ist, wie es hier der Fall ist. Deshalb fordern wir nichts weiter, als dass man bei den ohnehin stattfindenden Vergleichsarbeiten am Ende von Klasse 3 auch den Bereich Orthografie verpflichtend macht, der in Brandenburg auf wundersame Weise fakultativ ist. Wir wollen, dass man auch ihn verpflichtend macht, und wir wollen, dass in diesem Rahmen auch erfasst wird, welche Lehrmethoden angewendet werden.

Für die Schulen ist der Mehraufwand überschaubar; da braucht es nicht viel. Wenn das mit ZENSOS, dem zentralen System zur Online-Verwaltung von Schulinformationen, erfasst würde, könnte man ein Feld einrichten, wo die Methode angegeben wird. Wir wollen, dass die angewendete Lehrmethode in Beziehung zu den erzielten Ergebnissen gesetzt wird, dass man

schaut: Was wird dort gemacht und wie funktioniert es? - Ich glaube, das ist kein Teufelswerk, sondern muss unsere Aufgabe sein. Das kostet kein Geld, kann aber einen großen Beitrag dazu leisten, dass Brandenburger Schüler die Rechtschreibung richtig erlernen, nicht für den Rest ihres Lebens gehandikapt sind, sondern die gleichen Chancen haben wie Kinder aus anderen Ländern.

Deshalb glauben wir, dass es uns guttut, dass wir über dieses Problem diskutieren, und deswegen wünschen wir uns, dass dieser Antrag in den Bildungsausschuss überwiesen wird. Ich bitte um Ihre Zustimmung und bedanke mich.

(Beifall CDU)

Wir setzen mit dem Beitrag der Abgeordneten Theiss für die SPD-Fraktion fort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Astrid Lindgren sagte einmal: „Wie die Welt von morgen aussehen wird, hängt in großem Maß von der Einbildungskraft jener ab, die gerade jetzt lesen lernen.“

(Zurufe aus der CDU)

- Und wenn wir über Schule reden, dann gehört sich das, was ich bei Ihnen gemacht habe: zuzuhören. Das verlange ich von Ihnen auch, wenn ich rede.

(Beifall SPD)

Wie lernt der Mensch lesen und richtig schreiben? Ganz einfach: Er geht zur Schule. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zeiten haben sich geändert. Haben wir in der DDR nur eine Leselernmethode - die der Analyse und Synthese - mit dem Lehrbuch „Fibel“ praktiziert, dürfen Lehrerinnen und Lehrer die Kinder heute nach verschiedensten Methoden lesen und schreiben lehren. Analyse und Synthese - gekoppelt mit ganzheitlichem Erfassen von Wörtern - und unterschiedlichste Unterrichtsformen wie freie Arbeit, Gruppenarbeit, Frontalunterricht, aber auch der Einsatz unterschiedlichsten didaktischen Materials machen heute das Lesen- und Schreibenlernen aus. Dazu gehört auch die von Ihnen infrage gestellte Lehrmethode „Lesen durch Schreiben“, die bundesweit etabliert ist.

(Wo denn? aus der CDU)

Nun bin ich selbst kein Verfechter dieser Lehrmethode, aber aus meiner beruflichen Praxis und Erfahrung kann ich sagen, dass Schulen in der Nachbarschaft der Grundschule, in der ich tätig war, diese Leselernmethode praktiziert haben und Schüler, die diesen Schreib- und Leselehrgang absolviert haben, nicht schlechter waren als Kinder, die nach anderen Methoden lesen und schreiben gelernt haben.

(Frau Wöllert [DIE LINKE]: Man muss nur ein bisschen Geduld haben!)

Fakt ist: Egal, welche Lese- und Schreiblernmethode zur Anwendung kommt - es gab immer Kinder und wird immer Kin

der geben, die Probleme mit der Rechtschreibung haben. Schule und Eltern sind gemeinsam in der Pflicht, Ursachen zu finden und die Kinder so zu fördern, dass vorhandene Defizite abgebaut werden.

Frau Theiss, es gibt den Wunsch, eine Zwischenfrage zu stellen.

Ich würde gern erst zu Ende sprechen.

Sie fordern, dass orthografische Leistungen verbindlich mehr zu prüfen sind. Ich kann Ihnen sagen, dass dies an Brandenburgs Grundschulen im Rahmen von ILeA erfolgt - in den Klassenstufen 1, 3 und 5 verbindlich, in den Klassenstufen 2, 4 und 6 für Schüler, bei denen man es für notwendig erachtet.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

- Herr Senftleben, wie kann ich Orthografie mündlich prüfen? Das geht doch gar nicht.

Aus den Ergebnissen des Ländervergleichs 2010 hat Brandenburg Konsequenzen gezogen. Zur Verbesserung der Orthografie wurde in den Klassenstufen ein verbindlicher Grundwortschatz eingeführt.

Nun zu Ihnen, Herr Büttner, und dem Entschließungsantrag der FDP. Sie wollen doch nicht allen Ernstes eine Wahlfreiheit für Eltern einführen, nach welchen Lernmethoden eine Schule unterrichten darf. Oder bestimmen Sie beim Arzt auch darüber, welche Krankheit Sie haben und welches Medikament Sie verschrieben haben wollen?

Schauen Sie in das Schulgesetz, § 67: Eltern haben über schulische Gremien schon jetzt Möglichkeiten, sich einzubringen. Doch die pädagogische Freiheit ist ein hohes Gut und gesetzlich verbrieft. So wie der Kranke vom Arzt Hilfe bei Schmerzen und Krankheit bekommt, sollten Sie die Lehrerinnen und Lehrer als diejenigen betrachten, die mit Einfühlungsvermögen und Fachkompetenz Kindern mit Lese- und Rechtschreibproblemen fachgerecht helfen.

(Zurufe aus der CDU)

Weder Reglementierung und Einengung noch Polemik helfen Orthografieprobleme von Schülern zu lösen. Schon gar nicht ist der Brandenburger Landtag der richtige Ort dafür.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der bessere Weg im Interesse der betroffenen Kinder ist, wenn Eltern und Lehrer gemeinsam nach Lösungen suchen. Den Antrag der CDU und den Entschließungsantrag der FDP werden wir ablehnen. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Zu diesem Redebeitrag ist eine Kurzintervention angemeldet worden; Herr Wichmann, bitte.

(Bischoff [SPD]: Kamera läuft!)

Lieber Mike Bischoff, die Bemerkung „Kamera läuft“ verbitte ich mir, denn wir debattieren über dieses Thema nicht, weil die Kamera läuft, sondern weil es einen erheblichen Anteil von Schulen in unserem Land gibt, die unsere Kinder in Rechtschreibung nach einer Methode unterrichten, deren Verbot die Deutsche Gesellschaft für Lesen und Schreiben fordert, weil ein Großteil der Kinder dadurch nie schreiben lernt.

(Beifall CDU)

Jetzt komme ich zu meiner Vorrednerin. Liebe Frau Theiss, als wir unsere älteste Tochter in eine staatliche Grundschule eingeschult haben, haben auch wir gedacht, dass sie an dieser Schule in den ersten zwei, drei Schuljahren auf ganz normale Art und Weise lesen und schreiben lernt.

(Krause [DIE LINKE]: Was ist denn normal?)

Wenn ich Ihnen jetzt sage, was wir an dieser Schule erlebt haben … Zwei Jahre lang sollten die Kinder ohne zugelassenes Lehrbuch im Fach Deutsch, ohne eine Fibel lesen und schreiben lernen; zwei Jahre lang konnten sie schreiben, wie sie wollten; die Fehler wurden nicht als solche kenntlich gemacht und auch nicht vom Lehrer korrigiert; es wurden keine Diktate geschrieben und keine Noten vergeben. Zum allerersten Mal tauchte die Rechtschreibmisere in der Vergleichsarbeit in Klassenstufe 4 auf - da war für viele Kinder der Zug schon lange abgefahren.

(Beifall CDU und des Abgeordneten Schulze [B90/GRÜ- NE])

Deshalb ist eine Überprüfung dieser Methodik doch das Mindeste, und ich weiß gar nicht, wovor die Kollegen, die dagegen sind, eigentlich Angst haben. Wenn alles super ist und gut läuft, kann es doch kein Problem sein, dass wir die Schulen erfassen

(Beifall CDU)

und genau hingucken, ob die Kinder bei der Methode „Lesen durch Schreiben“ genauso schnell und erfolgreich lesen und schreiben lernen wie gleichaltrige Kinder an den 80 oder 90 % der Schulen - hoffentlich sind es noch so viele in Brandenburg -, die den Kindern das Lesen und Schreiben mit der Fibel beibringen.

(Beifall CDU)

Das ist das Mindeste, was wir erwarten. Wir wollen genau wissen, wie unsere Kinder ihre Muttersprache erlernen. In einem Land, wo wir fast alles regulieren, überprüfen, evaluieren und überwachen, kann es doch nicht dem Selbstlauf überlassen sein, wie unsere Kinder lesen und schreiben lernen! - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Frau Theiss, die Geschäftsordnung gibt Ihnen die Möglichkeit zu reagieren. - Sie möchten nicht. - Also gehen wir in der Redeordnung weiter; Herr Beyer spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da muss man einmal den Kollegen Büttner vertreten und ahnt gar nicht, in welch einen Tagesordnungspunkt man da hineingerät.

(Heiterkeit)