Es sollte uns auch einen, nicht nur das Mitgefühl zu empfinden, das beim Sehen der Nachrichten aufkommt, sondern ein tätiges Mitgefühl für Menschen zu empfinden, die unschuldig in Not geraten sind, und zwar für die fast 4 Millionen Syrer, die auf der Flucht sind - 5 000 von ihnen werden nach Deutschland kommen -, und die damit verbundenen zahlreichen Schicksale.
Meine Damen und Herren, vorgestern habe ich in der Charité mit einem 13-jährigen Flüchtlingskind aus Syrien gesprochen, das um sein Leben ringt und mit ihm die Ärzte. Wenn man in die hoffnungsvollen Augen schaut und bangt, dass man das Kind möglicherweise verlieren wird, dann ist das, was wir hier bewegen, in einem völlig anderen Licht zu sehen. Es hat dann eine völlig andere Bedeutung. Insofern fordere ich Sie alle auf: Seien Sie mit tätigem Mitgefühl dabei, diesen Menschen zu helfen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Manche Dinge sind grundsätzlich und entziehen sich auch unserer politischen Entscheidungskompetenz. Das betrifft insbesondere die Gesundheit und die individuelle Belastbarkeit eines jeden Menschen auch eines Ministerpräsidenten. Deshalb kann die CDU-Fraktion die Gründe für den Rücktritt von Matthias Platzeck von seinem Amt als Ministerpräsident und von anderen Ämtern sehr gut nachvollziehen. Wir haben seine Entscheidung mit Respekt zur Kenntnis genommen.
Bei aller Kritik, dem teilweise intensiv geführten Wettbewerb um politische Entscheidungen und dem Aufzeigen von begangenen Fehlern - diese kommen nun einmal im Leben vor - verdienen Sie, Herr Platzeck, Anerkennung für Ihre langjährige Tätigkeit als Minister und Ministerpräsident unseres Landes Brandenburg.
Um es preußisch kurz und knapp zu sagen: Abgeordnete und Regierungsmitglieder werden in ihre Ämter gewählt und im Übrigen auch dafür bezahlt. Es ist unsere Pflicht, die Arbeit genauso fleißig und gewissenhaft zu erledigen, wie es jeder Bauarbeiter, jede Krankenschwester, wie es jeder Bürger in seinem Beruf tut. Keiner von uns leistet Übermenschliches, denn wir Politiker sind auch nur Menschen mit Stärken und Schwächen dazu sollten wir auch stehen.
Übrigens, Herr Kollege Platzeck - so kann ich Sie ja nun ansprechen -, habe ich gelesen, dass Sie sich für Ihre Abgeordnetentätigkeit auf 40 bis 50 Stunden eingerichtet haben. Sie werden sehr schnell neue Erfahrungen machen. Ich kenne keinen
Dem neuen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke gratuliere ich an dieser Stelle im Namen meiner Fraktion zu seiner Wahl. Auch wenn er nicht mit unseren Stimmen gewählt wurde,
so ist er doch auch unser Ministerpräsident. - Na, wenn Sie es besser wissen, dann sagen Sie es mal!
Er ist auch unser Ministerpräsident, er führt unsere Landesregierung und vertritt Brandenburg nach außen. Herr Ministerpräsident, ich hoffe, dass Sie nicht das Gerede Ihres Vorgängers wiederholen, der immer von „Ihrer“ Bundesregierung sprach, nämlich der in Berlin von der CDU/CSU geführten. Wie wir als CDU sagen, dass Sie unser Ministerpräsident sind, so ist Angela Merkel unsere Bundeskanzlerin,
In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist es den beiden bisherigen Ministerpräsidenten gelungen, das Gefühl zu vermitteln, Ministerpräsident aller Brandenburger zu sein. Es ist aber nicht nur wichtig, dass sich die Bürger vertreten fühlen, sondern dass ihre Interessen tatsächlich und mit Erfolg vertreten werden. In den letzten vier Jahren hat dieses Prinzip nicht mehr so recht funktioniert. Das zeigen - auch heute - die Demonstrationen, der Protest und die Widerstände, beispielsweise beim Flughafen BER, in der Bildung oder gegen die Polizeireform. Ich erinnere auch an die Anzeigenkampagne der gesamten - ich wiederhole: der gesamten - Brandenburger Wirtschaft gegen die wirtschaftsfeindliche Politik der Regierung Platzeck.
Meine Damen und Herren, etwas mehr als ein Jahr dauert es bis zur nächsten Landtagswahl, aber es gibt wahrlich noch viel zu tun. Nach elf Jahren Ministerpräsident Matthias Platzeck und vier Jahren rot-roter Koalition ist eine grundlegende Inventur der Landespolitik dringend notwendig. Herr Platzeck hat viele Baustellen und Ankündigungen offengelassen; hier nur einige Beispiele:
2009 verkündete er, dass es bei der Versorgung mit schnellem Internet im Land bis zum Ende desselben Jahres nahezu keine weißen Flecken mehr geben sollte. Wirklich nah ist man diesem Ziel auch vier Jahre später nicht gekommen. Beim Dauerthema Flughafen BER sind nicht nur der Eröffnungstermin, sondern auch die Kosten und wirtschaftlichen Perspektiven völlig offen. Ich erinnere an das Volksbegehren, das von der rot-roten Koalition mit großem Tamtam angenommen wurde. Ministerpräsident Platzeck wurde konkret beauftragt, mit Berlin über ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr zu verhandeln. Nach einem halben Jahr gibt es - wie von uns und vielen ande
Auch die Verockerung, die braune Spree hatte der bisherige Ministerpräsident zur Chefsache erklärt und Lösungen versprochen. Einiges wurde in Gang gesetzt, aber diese Aufgabe ist ein langfristiges Projekt,
das dauerhaft bearbeitet werden muss. Ich bin aber guter Hoffnung, dass Dietmar Woidke als Lausitzer am Ball bleibt.
Jedoch müssen nicht nur offene Versprechen von Herrn Platzeck bearbeitet werden. In fast jedem Politikfeld gibt es Herausforderungen, Probleme oder Entscheidungsbedarf. Diese Regierungskoalition hat Brandenburg kaum gestaltet und schlecht verwaltet. Die Regierungsarbeit war eher Krisenmanagement und die Koalition im Land gleicht einem Ehepaar im Trennungsjahr.
Bei vielen wichtigen Fragen fanden und finden SPD und Linke keine gemeinsame Linie. Wesentliche Entscheidungen werden verschoben oder gar nicht thematisiert, zum Beispiel die Zukunft der Braunkohle, die konkrete Umsetzung der Inklusion oder die Haushaltskonsolidierung. Aus dieser Situation heraus ist vieles auf der Strecke geblieben.
Im Bereich der Bildung irrt Frau Münch zwischen ihrer Wunschvorstellung einer umfassenden Inklusion und der harten Realität schlechter Platzierungen der Brandenburger Schüler im bundesweiten Leistungsvergleich umher. Laut Koalitionsvertrag und vieler Erklärungen sollte Bildung Priorität genießen - aber in der Praxis überlässt es die Ministerin dem Zufallsprinzip, ob in der Grundschule vernünftig Lesen und Schreiben gelehrt oder Rechtschreibung als Selbstfindungsexperiment angesehen wird.
Man kann sicherlich über die richtigen Maßnahmen in der Bildung diskutieren, aber eines ist völlig klar: Unsere Kinder müssen in der Schule lernen, wie korrekt geschrieben, gelesen und gerechnet wird. Die Brandenburger wollen keine Experimente wie zum Beispiel die Methode „Lesen durch Schreiben“. Sie wollen guten und verlässlichen Unterricht für ihre Kinder.
Ein wesentliches Problem ist auch der Unterrichtsausfall. Fast 450 000 Stunden werden jährlich nicht bzw. nicht so erteilt wie geplant, weil durchschnittlich 6 % der Lehrer krank sind, aber nur 3 % als Puffer bereitstehen. Dass die Landesregierung nun einen CDU-Vorschlag aufgreift und die Vertretungsreserve erhöht, ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber immer noch zu wenig. Auch heute wurden von Ihnen, Herr Ministerpräsident, neu eingestellte Lehrer als zusätzliche Lehrer bezeichnet und altersbedingte Abgänge von Lehrkräften nicht berücksichtigt. Dabei gibt es heute im brandenburgischen Bildungssystem 800 Lehrkräfte weniger als zu Beginn dieser Le
gislaturperiode, und dies - ich betone es -, obwohl die Schülerzahl leicht gestiegen ist. Das ist eine Tatsache; auch hierbei sollten Sie endlich Mut zur Wahrheit haben.
Die große Unzufriedenheit der Lehrer, Eltern und Schüler spiegelt sich in massiven Protesten wider. Im Jahr 2011 demonstrierten Tausende vor dem Landtag und in einem Bildungscamp gegen die Einschnitte bei den freien Schulen. Im November des letzten Jahres haben 11 000 Lehrer ihren Unmut in noch nie dagewesenen Personalversammlungen zum Ausdruck gebracht.
Neben den Schulproblemen ist es auch so, dass an den Hochschulen viel Vertrauen zerstört wurde. Auch hier hat Frau Münch - damals noch als Wissenschaftsministerin - Versprechen und Verträge gebrochen. 10 Millionen Euro, die für wichtige Projekte und Profilierungen der Hochschulen gedacht waren, wurden einkassiert. Darüber hinaus müssen die Hochschulen seit 2011 jedes Jahr 12 Millionen Euro einsparen. Herr Ministerpräsident, ich hätte mir gewünscht, dass Sie in Ihrer Regierungserklärung mehr - oder überhaupt etwas - zur Hochschullandschaft in Brandenburg gesagt hätten, außer der Bemerkung, dass hier alles zum Besten bestellt sei.
Frau Ministerin Kunst setzt diesen Kurs beharrlich fort und hat über die Köpfe der Betroffenen hinweg die Zwangsfusion der Lausitzer Hochschulen verordnet. Das vollmundige Versprechen des Koalitionsvertrages, die Hochschulen zu stärken, steht also im krassen Widerspruch zur bisherigen Politik der Landesregierung.
Zwar wurde die ursprüngliche Polizeiabbaureform immer mehr zurückgenommen; das ändert aber nichts daran, dass es noch immer kein nachhaltiges Konzept gibt, um die Grenzkriminalität, die Wohnungseinbrüche und Autodiebstähle in den Griff zu bekommen. Und um vermeintlichen Argumenten meiner Nachredner zuvorzukommen: Ja, auch der ehemalige Innenminister Jörg Schönbohm hat die Entwicklung an der polnischen Grenze unterschätzt und falsch eingeschätzt. Dies ist aber kein Grund, weiterzumachen wie bisher. Handeln ist so gefragt, wie sich die Dinge entwickeln.
Es hört sich gut an, wenn der neue Ministerpräsident erklärt, dass die innere Sicherheit für ihn ein zentrales Anliegen bleibt. Er hat nun alle Möglichkeiten, die Polizei zu stärken und damit die Kriminalitätsbekämpfung zu verbessern. Ich möchte auf das Konzept der CDU-Fraktion verweisen. Darin haben wir schon vor fast drei Jahren konkrete Maßnahmen und Vorschläge unterbreitet - kommen Sie also bitte nicht damit, dass die CDU immer nur kritisiere und keine Vorschläge habe. Sie haben unseren Vorschlag abgelehnt.
Aber nicht nur bei der Polizei, sondern auch im Justizbereich besteht großer Handlungsbedarf. Gerichtsverfahren dauern in Brandenburg nach wie vor viel länger als in jedem anderen Bundesland. Auch hier kann und darf nicht am Personal gespart werden, denn es handelt sich um eine Kernaufgabe des Staates.
Die Kernaufgaben des Staates - das ist das, worauf wir uns zuallererst konzentrieren sollten, nicht aber auf Spielplätze politischer Art. Ich möchte es an dieser Stelle so deutlich sagen: Wer sich Schüler-BAföG, Mobilitätsticket und staatliche Beschäftigungsprogramme leistet, der muss auch die Kritik akzeptieren, dass an zentralen Stellen das Geld für notwendiges Personal fehlt.