Protocol of the Session on August 28, 2013

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Da waren wir alle schon!)

- Da waren Sie alle schon? Offensichtlich hat es nicht viel bewirkt.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Warum?)

- Ja, warum? Das frage ich Sie.

Glauben Sie, dass Sie, indem Sie die Infrastruktur einfach herunterfahren, ein Problem lösen? Nein, wir verlagern es. Ich habe es vorhin schon gesagt: Wir werden nicht ein Problem weniger haben, im Gegenteil, wir werden größere Probleme haben. Einen Kilometer Landesstraße zu sanieren kostet ca. 220 000 Euro, eine grundhafte Sanierung kostet 1 Million Euro. Da wissen wir, was wir aufschieben. Wir können nicht immer nur auf den Bund, auf EU-Gelder verweisen, sondern müssen schon die Verantwortung für die Baulast, die wir tragen, auch wahrnehmen. Das heißt Mittelaufstockung, wenn es die Möglichkeit gibt.

(Jürgens [DIE LINKE]: Nennen Sie mal Zahlen!)

Das tun wir in sehr bescheidenem Maße von lediglich 50 Millionen Euro.

(Beifall CDU)

Ich denke, das ist für die Infrastruktur mehr als angemessen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Genilke. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Kircheis hat dazu Gelegenheit.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schwarz ist die Farbe der Nacht. Immer gleich schwarzsehen auch die Pessimisten unter uns, und schwarz sehen die Kollegen von der CDU-Fraktion, wenn ich mir Ihren Antrag so durchlese. Sie malen ein grundsätzlich schwarzes Bild vom Zustand der brandenburgischen Landesstraßen. Da ist die Rede von einem „besorgniserregenden Zustand“, von einer „maroden Landesinfrastruktur“ und vom „Werteverzehr der brandenburgischen Infrastruktur“. Da kann einem so richtig angst und bange werden.

In den vergangenen 20 Jahren ist sehr viel Geld in die Modernisierung, den Neubau und die Instandhaltung des Straßennetzes geflossen. Diese Aufbauphase ist jetzt im Wesentlichen abgeschlossen. Ja, das muss man berücksichtigen, wenn man vom Zustand der brandenburgischen Landesstraßen spricht. Das Land Brandenburg hat von der DDR eine ziemlich veraltete Straßeninfrastruktur übernommen. 40 Jahre lang wurden die Straßen immer wieder nur notdürftig geflickt, wichtige neue Straßenbauprojekte immer wieder verschoben. Selbst die Autobahn nach Cottbus wurde nie richtig fertig.

Aber ja, die Diagnose stimmt grundsätzlich. Wir brauchen mehr Geld für die Bestandserhaltung unserer Landesstraßen. Das sehen wir in der SPD-Fraktion genauso. Aber um dauerhaft den erreichten Stand zu erhalten, müssten wir jährlich etwa 50 Millionen Euro mehr Landesmittel herbeizaubern.

Welche Möglichkeiten haben wir denn, das notwendige Geld aufzubringen, wo es doch in der Vergangenheit mehrfach gekürzt wurde? Ja, die Mittel für den Landesstraßenbau wurden von damals 96,1 auf 39,7 Millionen Euro gekürzt. Und sie werden weiter gekürzt, wie Sie das richtig beschreiben. Aber warum werden die Mittel gekürzt? Weil sie schlicht und einfach nicht mehr zur Verfügung stehen, denn wie wir alle wissen, bewirkt der bald endende Solidarpakt einen Verlust von einer Milliarde Euro im Landeshaushalt - fehlendes Geld, das bis jetzt beim gezielten Aufbau der Infrastruktur in Brandenburg hilft, auch wenn es nicht auf den Cent genau zweckgebunden ist. Das Auslaufen des Solidarpaktes bedeutet, dass wir uns mit einem Weniger begnügen müssen. Zudem zwingt uns die Schuldenbremse auf Bundesebene zur Konsolidierung.

Was noch? Noch einmal weniger Geld. Brandenburg ist nicht mehr Ziel-1-Gebiet für eine europäische Förderung, und die EU nimmt immer weniger Geld von den Mitgliedsstaaten ein.

Das heißt, mit der neuen EU-Strukturfondsperiode ab 2014 stehen Brandenburg nochmals deutlich weniger Fördermittel zur Verfügung. Fördermittel, die in der Vergangenheit auch für den Straßenbau in unserem Lande verwendet wurden. Bleiben also als Finanzierungsquelle für Ihr Sonderprogramm Straßenbau nur die Steuermehreinnahmen vom I. Quartal 2013 in Höhe von 477,2 Millionen Euro. Aber sie sind ebenfalls schon verplant. Also doch ein über geborgtes Geld finanziertes Sonderprogramm, wieder neue Kredite für Brandenburg und damit finanzielle Verpflichtungen für die nachfolgende Generation wollen Sie das wirklich?

Ein Sonderprogramm im Umfang von 50 Millionen Euro als Einmaleffekt ist viel zu kurz gegriffen. Wir müssen die Finanzierung für die Sanierung der Infrastruktur bundesweit und dauerhaft auf eine feste Grundlage stellen, denn fast alle Bundesländer kämpfen mit ähnlichen Problemen ihrer Infrastruktur.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Sie ist in den vergangenen Jahren auf Verschleiß gefahren worden, weil der Erhalt und die Bestandssicherung der Verkehrsinfrastruktur in ganz Deutschland unterfinanziert ist. Eine Ausgabenlücke von 7,2 Milliarden Euro haben die Landesverkehrsminister Ende 2012 entdeckt.

(Zuruf von der CDU: Aha!)

Möglichkeiten, Finanzierungsquellen: noch offen. Ob eine höhere Mineralöl- oder Kfz-Steuer oder gar eine Pkw-Maut eingeführt wird - nach der Bundestagswahl werden wir mehr wissen.

Was kann Brandenburg angesichts der fehlenden finanziellen Mittel tun? Wir haben die bisherige Finanzierungsbasis für die Instandhaltung unserer Straßen gesichert und als einziges Bundesland die Zweckbindung aus dem Entflechtungsgesetz gesetzlich fixiert. Das sichert uns jährlich 54 Millionen Euro. Wir sichern die Planungsmittel für Bundesstraßen in Höhe von jährlich 28 Millionen Euro und gewährleisten somit den ausgezeichneten Stand, den wir bei den Bundesstraßen erreicht haben - im Übrigen auch ein Grund, das Bild nicht so schwarz zu malen, wie Sie das tun -, und wir werden in den Beratungen für den Haushalt 2015 den Mittelansatz erhöhen. Ein Mehr von 50 Millionen Euro ist dabei aber kaum erreichbar. Wir in Brandenburg müssen versuchen, kleinere Lösungen zu finden und mit den veränderten finanziellen Gegebenheiten zu leben.

Zum Entschließungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nur so viel: Auch diesen werden wir ablehnen. Punkt 1a wird im Infrastrukturausschuss, der sich damit ja befassen soll, von der Landesregierung aufgegriffen, und der Rest ist ein bisschen die Kopie des CDU-Antrages, deshalb lehnen wir beide Anträge ab.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kircheis. - Wir kommen nunmehr zum Beitrag der FDP-Fraktion. Der Abgeordnete Beyer hat dazu die Gelegenheit.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst muss keiner Angst haben: Ich werde jetzt nicht erklären, welche Kolleginnen ich mag. Das hebe ich mir vielleicht für morgen für die „Mückenkiste“ auf, da passt es eventuell besser hin.

(Oh! von der SPD - Heiterkeit bei der SPD und der Frak- tion DIE LINKE)

Es freut mich aber, dass so viele Kolleginnen das jetzt als schade empfinden. Klasse! Lieber Kollege Bretz, lieber Kollege Genilke, keine Angst, ich habe natürlich den Antrag auch zutiefst intellektuell reflektiert

(Heiterkeit bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

und kann sagen: Er ist in der Tat richtig gut. Wir sind uns darin einig. Den Vogel schießen ohnehin die Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab, aber zu dem Entschließungsantrag komme ich gleich noch. Ich möchte auch nicht die gesamten Daten referieren, Herr Minister. Wir haben uns in diesem Hohen Hause schon häufig über die Defizite in der Unterfinanzierung der Landesstraßen unterhalten. Ich glaube, ich muss hier wirklich nicht die Daten verlesen.

Aber, Frau Kollegin Kircheis, eines möchte ich doch sagen: Ja, es ist so dramatisch, und es sind in diesem Bereich nun wahrlich keine Horrorszenarien, die an die Wand gemalt werden, sondern insbesondere der Landesstraßenbereich ist total unterfinanziert, und es muss immer wieder dazugesagt werden: Wir sprechen beim Landesstraßenbedarfsplan so gut wie nicht mehr von Neubau. Das Thema hat sich faktisch erledigt, was für sich genommen wirtschaftspolitisch schon eine Katastrophe ist. Aber wir schaffen es noch nicht einmal, von einer auch nur irgendwie ansatzweise ausfinanzierten Unterhaltung der Landesstraßen zu sprechen. Die Defizite sind bekannt, und ich halte das für dramatisch, denn Investitionen in eine gute Infrastruktur sind Wirtschaftspolitik im besten Sinne des Wortes, und hier haben wir Defizite, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall FDP)

Was wir leider zur Kenntnis nehmen müssen, ist ein dramatischer Werteverzehr. Das ist die Kehrseite der Medaille, nicht nur eine Unterfinanzierung als solche, sondern das Landesvermögen wird in diesem Bereich verzehrt, und das ist das zweite große Problem.

Man kann sich, was den Antrag der Kolleginnen und Kollegen von der CDU anbelangt, natürlich über die Deckungsquelle unterhalten. Das ist sowieso immer das große Thema: Wo kommt am Schluss das Geld für all diese guten Sachen her?

Aber ich halte den Vorschlag, Investitionen in Infrastruktur und Straßen aus den Steuermehreinnahmen zu finanzieren, für richtig. Denn Werteverzehr des Landesvermögens bedeutet letzten Endes im Umkehrschluss, neue Schulden aufzunehmen. Von daher heißt 50 Millionen Euro Schulden aus den Steuermehreinnahmen zu nehmen letzten Endes zu investieren und durch diese Investition Schulden abzubauen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein paar Worte möchte ich noch zum Entschließungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜ

NEN sagen. Es geht vor allem um einen bestimmten Punkt. Bei den ganzen Berichtspflichten sind wir uns einig. Natürlich will ich einen genauen Überblick haben, wie es mit dem Werteverzehr aussieht. Da sind wir völlig d’accord, das sind wesentliche Grunddaten. Aber allen Ernstes den Vorschlag zu machen, den Werteverzehr zu stoppen, indem man die Landesstraßen schonen wolle, mutet sehr merkwürdig an. Wie soll man sich das vorstellen? Ich male einmal ein Bild: Zehn Autos dürfen fahren, das elfte Auto wartet bis zum nächsten Tag? Da kann ich nur sagen: Das ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Bankrotterklärung. Als ich das gelesen habe, habe ich mir das Schloss, also den neuen Landtag, vorgestellt. Ich weiß nicht, was die Frau Präsidentin sagen würde, wenn wir einfach sagen: „Wir machen im Jahr nur noch halb so viele Plenarsitzungen, denn dann ist der Werteverzehr des Gebäudes nicht ganz so hoch.“

(Zuruf der Abgeordneten Alter [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Damit haben Sie nun wirklich den Vogel abgeschossen.

Eines will ich bei dieser Gelegenheit ganz deutlich zu Protokoll geben: Wir bauen Straßen, damit sie genutzt werden. Das ist Infrastrukturpolitik, und da müssen wir hinkommen, dass das wieder ausfinanziert ist. - Vielen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP sowie vereinzelt CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beyer. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Frau Abgeordnete Wehlan hat das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag behandelt ein wichtiges Thema. Ich denke, dass das Thema Erhalt - nicht Neubau! - der Landesstraßen in seiner Grundsätzlichkeit unbedingt eine neue Schwerpunktsetzung mit den Haushaltsdebatten ab 2015 erfahren muss und auch erfahren wird. In der Tat ist die Finanzierung unseres man kann wohl berechtigt sagen: riesengroßen - Landesstraßennetzes ein sichtbares Problem. Wir haben hier eine große Hypothek übernommen, vor allem weil jahrelang der Neubau von Straßen favorisiert wurde.

(Senftleben [CDU]: Von wem?)

- Ich komme noch dazu, lieber Herr Senftleben; hören Sie schön zu.

Der Grundsatz „Erhalt vor Neubau“ wurde, wie Sie wissen, unter Rot-Rot formuliert. Das hat auch eine gefühlte Nähe zur Formulierung in Ihrem Entschließungsantrag, verehrter Herr Jungclaus, Neubaumaßnahmen auf das absolute Mindestmaß zu reduzieren. Ich bin sehr froh, dass selbst Herr Beyer sich heute von Neubaumaßnahmen distanziert hat.

Es ist bereits Regierungspolitik in Brandenburg, dass mit öffentlichen Mitteln geförderte Vorhaben im Bereich der Infrastruktur bereits im Vorfeld auf ihre Demografiefestigkeit und langfristige Wirkung hin zu überprüfen sind, damit absehbare,

spätere Anpassungsstrategien vermieden werden können, da wir wissen, dass diese auch nicht billig zu haben sind.

Ihr Antrag, verehrter Herr Genilke, widerspricht dieser Herangehensweise und hätte überdies in die Debatte zum Doppelhaushalt 2013/2014 gehört. Da aber war weder in der Fachdebatte im Einzelplan 011 von Ihnen solcherart zu lesen noch in den Haushaltsdebatten im Landtag. Die Zahlen, die Sie bemühen, waren damals wie heute keine anderen und wurden im Übrigen bereits zur Begründung des Antrages der FDP-Fraktion für den Haushalt 2013/2014, 10 Millionen Euro mehr Zuführung an den Landesbetrieb für Straßenwesen einzuplanen, angeführt. Der FDP-Antrag wurde ausführlich debattiert - daran darf ich erinnern - und, wie das Protokoll aussagt, bei einigen Enthaltungen mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Nun kommen Sie heute wie Kai aus der Kiste und versuchen pünktlich zu den Bundestagswahlen, noch ein wenig Lobbypolitik zu betreiben.

(Zurufe der Abgeordneten Genilke und Senftleben [CDU])