Protocol of the Session on March 20, 2013

(Senftleben [CDU]: Fast alles!)

- Alles, Herr Senftleben. Kommen Sie vorbei. Wir erklären und erzählen Ihnen alles, was Sie wissen wollen.

Zweitens, Herr Wichmann, zu den Hygienebarometern: Vor zweieinhalb Jahren wurde das hier in Potsdam mit allen Länderministern beschlossen. Die Frau Bundesministerin ist in Ihrer Bundesregierung gescheitert. Das alles wissen Sie. In Bezug auf die Hygienebarometer brauchen wir eine bundesweit einheitliche gesetzliche Regelung.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Dann werden alle Länder agieren und Hygienebarometer für Lebensmittelbetriebe und Gaststätten öffentlich machen. Da haben Sie eine Chance, sich zu engagieren. Nutzen Sie sie, und dann kommen wir wieder zusammen.

(Görke [DIE LINKE]: Das können wir auch allein!)

- Wir machen das allein.

Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Der Abgeordnete Folgart spricht.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich möchte versuchen, die Emotionen wieder ein bisschen herunterzufahren, und deutlich machen, dass wir in Brandenburg und in Deutschland insgesamt so schlecht nicht aufgestellt sind, wenn man die Situation bei uns mit der auf der übrigen Welt vergleicht. Das ist die Überschrift, die ich hier nutzen möchte.

(Beifall SPD)

Wir haben heute schon wieder einen bunten Strauß an Argumenten gehört, bis hin zur Ausgestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik, Herr Jungclaus, weil die bisherige Agrarpolitik daran schuld war, dass wir hier nicht gut aufgestellt waren.

Meiner Ansicht nach leben wir momentan in einer Welt, die komplizierter, komplexer und von der Wahrnehmung her sogar ungesünder, eigentlich schlimmer geworden ist. Wir haben heute schon festgestellt, dass sich Handelsströme länderübergreifend bewegen. Ich denke daran, dass man Erdbeeren aus China einführen, aber auch Mais, der aus Serbien kommt, erwerben kann.

Auch diese Fülle an Informationen trägt dazu bei, dass der Verbraucher nicht mehr unterscheiden kann, was Wahrheit und was Unwahrheit ist, und das führt zu Verunsicherung. Die Konsumenten - ja, sie haben ein Recht darauf - sehnen sich nach Sicherheit. Sie sehnen sich auch nach Regionalität. Sie sehnen sich nach Transparenz und Überschaubarkeit. Sie wollen aber auch - das haben wir schon hier in diesem Hause diskutiert ein Angebot aus der ganzen Welt. Spargel im Winter ist hier genauso zu nennen wie Erdbeeren im Winter oder Ananas von Januar bis Dezember.

Zur Verunsicherung tragen dann auch Meldungen - darüber haben Frau Kircheis und Herr Wichmann hier schon richtigerweise berichtet - mit der Überschrift „Nur das darf drin sein, was auch draufsteht“ bei. Ja, das ist richtig. Wenn wir es auf das herunterbrechen, was davon in Brandenburg hängengeblieben ist, was Pferdefleisch, Aflatoxin und Bioeier angeht, stellen wir fest: gar nichts. Bei den Bauern ist tatsächlich nur die Bioeiergeschichte zu erwähnen, wo kriminelle Energie zu Umkennzeichnung geführt hat - aber das nachweislich nicht in Brandenburg. Insofern, Frau Ministerin, glaube ich schon, dass sowohl die Systeme der Wirtschaft als auch die Kontrollmechanismen Ihres Hauses und - begleitend - der kommunalen Einrichtungen richtig gelaufen sind.

Unsere feste Position ist, dass nicht der ehrliche Landwirt die Zeche zu zahlen hat, sondern der bestraft werden muss, der kriminell handelt.

(Vereinzelt Beifall SPD, DIE LINKE sowie CDU)

Meine Damen und Herren, die Landwirtschaft in Brandenburg produziert nachhaltig; ich sagte es bereits: Wir sind in Brandenburg, ja in Deutschland so schlecht nicht aufgestellt. Die Landwirtschaft produziert nachhaltig, und sie produziert unter äußerst strengen Auflagen. Die meisten Verbraucher wissen das gar nicht. Selbst manchen Landwirten ist nicht mehr bewusst, unter welch strengen Auflagen wir hier produzieren. Für viele ist das selbstverständlich. Es rückt erst dann wieder ins Bewusstsein, wenn man Delegationen aus anderen Ländern aus China, Russland, Lateinamerika, Vietnam, aber auch aus den USA - empfängt. Da ist man schon darüber erstaunt, unter welch straffen Auflagen wir hier zu produzieren haben. Nicht umsonst haben wir, resultierend aus der BSE-Krise in Deutschland, Systeme in der Wirtschaft installiert, die wir als Qualitäts- und Sicherungssysteme bezeichnen - das QS-System hat sich bewährt -, denn all das, was wir jetzt festgestellt haben, hat mit den Kontrollmechanismen aus der Wirtschaft selbst zu tun und hat auch Rückverfolgbarkeit gesichert. Auch das lassen Sie uns heute einmal so herausstellen. Das Gleiche gilt für Milch, ich spreche hier das QM-System an.

Zum Glück hat es in den letzten Jahren nur - was heißt „nur“? gesundheitliche Beeinträchtigungen gegeben, etwa bei den verunreinigten Sprossen - sprich: EHEC - und bei den Noroviren auf den Erdbeeren, die aus China eingeführt wurden. Ich lege also darauf Wert, dass die Systeme hier auch funktionieren. Diesbezüglich sind manche Meldungen etwas überzogen und auch skandalisierend. Auch durch Grenzwertüberschreitung gibt es selten - wirklich selten - wirkliche Gefährdungen, da in der Regel ein Sicherheitsaufschlag um den Faktor 100 üblich ist. Das trägt zur Sachlichkeit und Ehrlichkeit bei.

Und, liebe Frau Niels - ich weiß nicht, ob sie hier ist -, mich hat ein wenig die Pressemitteilung aus Ihrer Fraktion mit der Überschrift „Verdacht auf giftige Rückstände in Brandenburger Futtermitteln und Gewässern bestätigt“ verunsichert - im wahrsten Sinne des Wortes. Diese Mitteilungen sind aus meiner Sicht alles andere als verbraucheraufklärend, denn eigentlich hätte bestätigt werden müssen, dass in allen Futtermittelproben die Grenzwerte eingehalten wurden und nur in einem Gewässer der Grenzwert überschritten wurde. Aber wenn die Ergebnisse nicht passen, werden manchmal andere Grenzwerte angesetzt. Das ist aus meiner Sicht nicht ehrlich.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, wie können und wie sollen wir dem Verbraucher helfen? Beratung und sachliche Aufklärung ist eine Möglichkeit. Transparenz ist zu schaffen, Rückverfolgbarkeit auf allen Stufen muss gegeben sein. Eigen- und Fremdkontrollen sind dabei ein wichtiger Bestandteil, und die bestehenden Regelungen müssen konsequent angewendet werden. Der Informationsfluss ist schlichtweg zu verbessern. Die Verbraucher haben in der Tat ein Anrecht darauf, nicht betrogen zu werden. Da helfen auch nicht mehr Labels, Siegel und Marken, sondern diese tragen manchmal noch zur Verunsicherung des Verbrauchers bei.

Die Verbraucherschutzdiskussion taugt aus meiner Sicht, Herr Jungclaus, auch nicht als Grundlage für eine Debatte um eine moderne Landwirtschaft. Zum Beispiel sind Tierbestandsgrößen nicht gleich ein Negativfaktum für das Tierwohl, wenn sie in großer Zahl daherkommen. Das hat unter anderem die Tierärztliche Vereinigung festgestellt.

Pflanzenschutzmittel werden in Deutschland verantwortungsvoll eingesetzt. Auch hier gibt es keinen Einfluss der Betriebsgröße auf die Intensität. Das wurde in verschiedenen Monitorings festgestellt.

Ich glaube, meine Zeit läuft langsam ab.

(Oh! bei der Fraktion DIE LINKE - Heiterkeit bei der SPD)

- Für meine Rede. - Deshalb muss ich hier ein wenig kürzen.

Ich will noch drei Aspekte zur Regionalität ansprechen. Ja, meine Damen und Herren, Regionalität ist ganz wichtig. Jedoch stellen wir fest, dass wir, wenn wir Eigenversorgung im BerlinBrandenburger Raum organisieren wollen, beim Schweinefleisch nur bei 30 % liegen. Wir stellen fest, dass wir beim Eierangebot nur 56 % sichern können. In ganz Deutschland liegen wir diesbezüglich bei 63 %; Brandenburg liegt also noch darunter. Wir brauchen Importe aus anderen Ländern dieser Welt, bezüglich derer wir am Ende des Tages nicht wissen, ob das von dort kommende Ei nicht doch aus der Käfighaltung stammt.

Wie kaufen wir Deutschen ein? Wir kaufen in Discountern ein. 44 % der Lebensmittel werden in Deutschland bei Aldi und Co. eingekauft. 25 % des Marktanteils liegen bei den Supermärkten, und die Warenhäuser wollen jeden Tag mit großen einheitlichen Partien beliefert werden - und das Lieferung für Lieferung.

Meine Bitte ist, dass wir Prüfstellen und Behörden so ausstatten, dass wir diese Aufgaben auch weiterhin im Kontext der wirtschaftlichen Prüfsysteme, die ich vorhin beschrieben habe, bewältigen können. Das Thema Regionalität sollten wir dahingehend anpacken, dass wir, wie ich es schon immer gesagt habe, auch unsere Produktion und unser vieharmes Brandenburg dahingehend entwickeln, dass wir mehr Tierbestände in Brandenburg halten. Dann könnten wir auch im vor- und nachgelagerten Bereich etwas für uns tun. Die Diskussion dazu sollten wir in den zuständigen Fachausschüssen fortsetzen. - Ich bedanke mich.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Während für die Linksfraktion der Abgeordnete Luthardt an das Mikrofon tritt, begrüße ich unsere neuen Gäste, Schülerinnen und Schüler des Fläming-Gymnasiums aus der deutschen Wanderhauptstadt Bad Belzig. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Gäste! Sie stimmen mir sicherlich zu: Brandenburg hat eine

leistungsstarke Landwirtschaft. Hier werden gesunde Nahrungsmittel hergestellt, und der ökologische Landbau nimmt von der Fläche her den Spitzenplatz in Deutschland ein. Die landwirtschaftlichen Flächen, auf denen die Nutzpflanzen wachsen oder die Tiere weiden, sind in einzigartige Landschaften eingebettet.

Die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen mehr regionale Produkte; das ergab eine Umfrage im vergangenen Jahr. So sehen 45 % der Verbraucherinnen und Verbraucher die Regionalität als wichtigstes Kriterium beim Kauf von Lebensmitteln an. 22 % wollen ökologische Produkte, und für 21 % ist die Nachhaltigkeit wichtig. Das ändert sich nach jedem Lebensmittelskandal; diese Zahlen steigen ständig.

Im Segment der ökologischen Produkte gab es 2012 gegenüber 2011 eine Steigerung des Umsatzes um 6 %. Das hat zur Folge - das wurde eben auch gesagt -, dass die Nachfrage nicht mehr aus heimischen Produkten befriedigt werden kann. Es sind Importe von Ökolebensmitteln notwendig, die wiederum die Preise der heimischen Anbieter drücken. Es geht also um ökologische Lebensmittel aus der Region. Dabei handelt es sich bei dem Begriff „Region“ - das wurde auch schon gesagt - um einen sehr dehnbaren Terminus. Neulich habe ich Nudeln aus Riesa gekauft, die als regionales Produkt gekennzeichnet waren. Wir sprechen aber hier von der Region Brandenburg; die Sachsen mögen mir das nachsehen.

(Zurufe von der SPD)

Das klingt jetzt alles sehr positiv, und dabei könnte man es auch belassen, wenn es da nicht noch einen Pferdefuß gäbe nicht in der Lasagne.

(Heiterkeit bei der SPD)

Aus meiner Sicht gibt es in Brandenburg noch keine zufriedenstellende Verarbeitung und Vermarktung der landwirtschaftlichen Rohprodukte.

Wir haben es hier mit einer sehr kleinteiligen Lebensmittelverarbeitung zu tun. Es gibt in dieser Branche nur 152 Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten. Diesen kleinen und mittelständischen Betrieben stehen große Handelsketten gegenüber, was zu einer Unwucht führt bzw. dazu, dass die Produkte aufgrund der geringen lieferbaren Mengen nicht gelistet werden. Da fehlt ein wichtiges Glied in der Wertschöpfung.

Wenn die Weiterverarbeitung auch hier in Brandenburg stattfindet, spart das lange Transportwege, und damit tun sich auch weniger Schlupflöcher für Lebensmittelpanscher auf. Ich möchte nicht nur großen Industriebetrieben das Wort reden, doch wir brauchen hier auch leistungsfähige Schlachtund Verarbeitungsbetriebe, Veredelungsbetriebe für Obst und Gemüse usw. So schön und wichtig Hofläden und andere Direktvermarkter auch sind - es muss gelingen, mehr Produkte aus Brandenburg in die großen Lebensmittelketten zu bekommen.

(Beifall DIE LINKE, SPD sowie B90/GRÜNE)

Gute Beispiele gibt es bei Rewe, Edeka und neuestens auch bei Netto.

Mithilfe der Förderung des Landes ist es in den letzten Jahren gelungen, drei Biomolkereien an das Netz zu bekommen: in Münchehofe, Biesenthal und Brodowin. Ich nenne auch Hemme-Milch in Schmargendorf. Meine Damen und Herren, das alles sind auch Arbeitsplätze im ländlichen Raum.

(Beifall DIE LINKE, SPD sowie B90/GRÜNE)

In der neuen Förderperiode der EU ab 2014 muss es uns gelingen, durch die Kombination der Fonds EFRE und ELER hier einen Schritt weiterzugehen, besonders bei der Fleischverarbeitung und der Obst- und Gemüseveredelung, aber auch bei Zierpflanzen.

Sehr gut aufgestellt ist aus meiner Sicht der Verband „pro agro“. Davon konnten wir uns jüngst wieder bei der Internationalen Grünen Woche in der Brandenburghalle überzeugen. Er setzt sich besonders für die Vermarktung der gesunden Nahrungsmittel aus unserem Bundesland ein und kombiniert touristische Angebote damit. Ich denke nur an solche Projekte wie „Bauer sucht Koch“ oder die Marke „Natürlich Brandenburg“. Es ließen sich auch noch andere Initiativen nennen wie die Regionalmarke „Von hier“ oder „Landmarkt Brandenburg“.

Zum Schluss möchte ich noch Folgendes sagen: Neulich las ich in einem Beitrag zu diesem Thema etwas, was mit dem Titel „Glokalisierung“ definiert worden ist. Das meint den Ansatz, den wir aus dieser Aktuellen Stunde mitnehmen sollten: Global denken, lokal handeln! - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und guten Hunger auf Brandenburg!

(Beifall DIE LINKE, SPD sowie B90/GRÜNE)

Die Abgeordnete Kircheis erhält für zwei Schlusssätze noch einmal das Wort.